Nein zu Studiengebühren!

22.05.2004

Verabschiedet von der Delegiertenversammlung vom 22. Mai 2004

1. Einleitung

Die Universität ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft – sie hat den Auftrag im Rahmen von Lehre, Forschung kritische Menschen auszubilden.

Der Zugang zur Universität und die damit verbundenen Chancen müssen allen gleichermassen offen stehen.

Die Hochschullandschaft steht heute im Wandel: auf gesamteuropäischer Ebene besteht das Ziel eine harmonisierte Bildungsstruktur mit dem Bologna Modell zu errichten. Die Bologna Deklaration führt das angelsächsische Zweistufenmodell ein (Bachelor/ Master): Diese Umstrukturierung ist mit manchen Gefahren für die Chancengleichheit verknüpft. Die stärkere Verschulung und die Straffung der Studienpläne machen unter anderem das traditionell schweizerische Teilzeitstudium praktisch unmöglich.

Diese Bestrebungen werden durch die GATS Verträge noch unterstützt: Das öffentliche Gut Bildung wird zunehmend zum Dienstleistungsangebot, welches den Gesetzen des neoliberalen Marktes unterwerfen werden soll.

2. Studiengebühren

Die Bildung ist (auch auf tertiärer Stufe) im Uno Pakt II ein Grundrecht: Artikel 13, Absatz 2c) sagt, dass: „der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss.“ Das wird präzisiert in 2e): „Die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen (ist) aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten (...)“. Die Schweiz hat den Pakt unterschrieben ohne Vorbehalte zum Artikel 13.

Es gilt also weltweit der Grundsatz, dass die Unibildung keine Elitebildung für die Kinder reicher Eltern sein soll, sondern ein Ausbildungsweg für alle sozialen Schichten sein muss.

Allerdings ist klar, dass ein Studium den Staat kostet - Die Ausbildung der Gesellschaft ist schliesslich auch keine „Äpfel und Birnen Rechnung“, sondern funktioniert komplexer; Folgende Punkte sind Antworten auf von bürgerlichen Kreisen postulierte Argumente, um die Idee der Studiengebühren zu rechtfertigen:

a) Studieren ist auch ohne Studiengebühren nicht gratis!

Die Lebensunterhaltungskosten einer oder eines Studierenden werden je nach Quelle auf etwas über rund SFr. 20`000.- pro Jahr geschätzt: Für diese Kosten (also zusätzlich zu angestrebten Studiengebühren) müssen entweder die Studierenden oder ihre Eltern aufkommen.

b) Private Studienfinanzierung ist ökonomischer Unsinn!

Humankapital (also Eigenschaften von Menschen, die nützlich für die Gesellschaft sind), welches durch Bildung erworben wird, ist eine der entscheidenden Grössen für das Wirtschaftswachstum. Ist eine Gesellschaft gut ausgebildet (selbstverständlich nicht nur auf tertiärer Stufe!), profitiert sie von mehr Wohlstand, weniger Sozialausgaben und weniger Arbeitslosigkeit: Bildung ist in diesem Sinne ein öffentliches Interesse. Kürzungen der Ausgaben im Bildungswesen und eine Verlagerung der Kosten auf die Studierenden ist in einer Kosten/ Nutzen Abwägung volkswirtschaftlicher Blödsinn.

c) Studiengebühren verunmöglichen die Chancengleichheit!

Wäre die Hochschulbildung privat zu finanzieren, besteht gemäss neoliberalen, ökonimisierungsfreudigen Kreisen eine formelle Chancengleichheit: Jede und jeder darf studieren, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Konfession - und alle finanzieren sich das Studium gleichermassen selber oder haben dieselbe Chance sich zu verschulden. Real ist das aber Unsinn: Kinder aus finanziell schwachen Familien finden schon heute (mit tiefen Studiengebühren) selten den Weg an die Universität. Es braucht die Möglichkeit auch ohne reiche Eltern ein Studium zu absolvieren, ohne sich enorm verschulden zu müssen.

d) Die Hochschulen werden nicht von den „Armen“ finanziert!

Um Studiengebühren zu rechtfertigen wird oft vorgebracht, dass die Hochschulbildung von SteuerzahlerInnen finanziert wird, also vor allem auch von wenig bis durchschnittlich Verdienenden, während der Nutzen des Studiums (ein manchmal höherer Lohn) den Einzelnen zukommt. Somit würde eine Umverteilung in die falsche Richtung stattfinden. Aber bei dieser Argumentation wird einiges ausser acht gelassen: Die Rendite der Hochschulbildung ist (anders als immer angenommen) übers Lebenseinkommen gesehen durchschnittlich nicht höher als bei einer Berufsausbildung. Zudem wird nicht berücksichtigt, dass die gut verdienenden AkademikerInnen durch das progressive Steuersystem später auch höhere Steuern bezahlen. Schliesslich ist das Argument in sich erschreckend, da es von der unverrückbaren Tatsache ausgeht, dass Kinder von AkademikerInnen an die Uni gehen und Kinder aus sozial schlechter gestellten Schichten ganz sicher nicht – und so auch nicht über Generationen gesehen eine Umverteilung stattfinden kann.

Studiengebühren machen schlussendlich auch keinen hohen Anteil am Budget der Universitäten aus: Erhöhungen sind daher nur ein Mittel um die soziale Selektion voranzutreiben. Grössenwahnsinnige Ideen von neoliberalen Ideenfabriken, die Mini-Harvards (notabene wie die andern angelsächsischen Eliteunis Privatuniversitäten) überall in der Schweiz postulieren, sind, falls sie tatsächlich ernst genommen werden, ein Affront an das soziale Gewissen der Schweiz.

3. Stipendien

Im Unopakt II wird nicht nur die Unentgeldlichkeit, sondern auch die Notwendigkeit eines funktionierenden, ausreichenden Stipendiensystems verankert.

Stipendien sind, wie bereits mehrfach angesprochen ein unverzichtbares Mittel für eine chancengleiche Universität: Die Situation dazu in der Schweiz ist ein Debakel. 26 verschiedene Systeme und keine Koordinationsstelle; zudem führen die Sparbestrebungen des Bundes und der Kantone statt zem geforderten, dringend notwendigen Ausbau, zu Abbau.

Universitäten und Studierenden fordern einhellig, gerade im Zusammenhang mit dem Bologna Modell ein Ausbau der Stipendien (und zwar auf Bacherlor und Master Stufe gleichermassen!) – Teilzeitarbeit wird ja mehr und mehr verunmöglicht.

Die Bestrebungen Stipendien durch Darlehensmodelle zu ersetzen, sind kontraproduktiv: Studien zeigen, dass gerade Leute aus sozial schlechter gestellten Schichten aus Angst vor Verschuldung Darlehen nicht aufnehmen. Das Argument, dass ja Chancengerechtigkeit gegeben sei, da sich ja alle gleichermassen verschulden können, ist blanker Hohn!

4. Fazit

In der Bildungspolitik profilieren sich im Moment Kreise, die Studiengebühren erhöhen wollen, die Stipendien durch Darlehen ersetzen wollen; Kreise, die nicht nur das angelsächsische Zweistufenmodell einführen wollen, sondern auch mit dem angelsächsischen Zweiklassenmodell liebäugeln.

Diese Entwicklung ist für die JUSO nicht akzeptabel: Wir fordern eine gute Ausbildung für alle, eine Ausbildung, die den jeweiligen Fähigkeiten und Neigungen gerecht wird, unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht oder Konfession.

Wir akzeptieren keine Argumentation, dass bei andern weiterführenden Ausbildungen auch gezahlt werden muss – Der universitäre Abschluss ist ein Erstabschluss und keine Weiterbildung! Und wenn andernorts gezahlt werden muss, sollte das im Sinne einer unentgeldlichen Bildung geändert werden, nicht umgekehrt!

Wir wollen keine Studiengebührenerhöhung, wir wollen einen Ausbau und eine Harmonisierung im Stipendienwesen! Für die Schweiz muss die Bildung ein öffentliches Gut bleiben – in diesem Sinn will die JUSO eine Universität für alle und nicht eine Elitereproduktionsstätte.