Freiheit und Grundrechte verteidigen: Nein zur Vorratsdatenspeicherung!

26.02.2015

Offener Brief der JUSO Schweiz und der Jusos Deutschland.
Lieber Sigmar, lieber Christian
Die weltweite Überwachung der Bürgerinnen und Bürger hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden wissen wir, in welchem Ausmass Geheimdienste und andere staatliche Behörden überwachen. Alleine 2013 erfassten die britischen Geheimdienste 600 Millionen Telefonverbindungen – pro Tag. Und mit der Überwachung von behördlichen Einrichtungen auch in Deutschland und der Schweiz ist das öffentliche Bewusstsein für die Risiken der Schnüffelei auch bei uns angelangt.
Wir sind überzeugt: Mehr Überwachung bringt nicht mehr Sicherheit, sondern primär einen Verlust von Freiheit. Zu Recht hat sich deswegen die Sozialdemokratie in ihrer langen Geschichte für die Schaffung und den Erhalt der Grundrechte als Abwehrrechte des einzelnen Menschen vor Willkür und Unterdrückung eingesetzt. Nur dank dem Kampf unzähliger Genossinnen und Genossen in der Vergangenheit gibt es die Grundrechte in ihrer heutigen Form überhaupt. Und oft war es unsere Bewegung, die unter Spitzelei und anderen Formen der Willkür gelitten hat.
Als junge Menschen wissen wir um die Chancen der neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Das Internet und die Telekommunikation brachten uns einen enormen Freiheitsgewinn. Sie erlauben es uns Arbeit, Studium und Freizeit einfacher und besser zu organisieren und uns mit Menschen auf der ganzen Welt zu vernetzen. Sie ermöglichen es, dass Menschen auf der ganzen Welt zusammenkommen und ihre gemeinsamen Werte und Interessen austauschen. Damit sind sie auch Voraussetzung für neue Formen der Demokratie und des Protests. Internet und Telekommunikation sind Werkzeuge der Unterdrückten gegen die Macht der Herrschenden. Dies haben der Arabische Frühling und andere Bewegungen eindrücklich gezeigt. Und solche Werkzeuge sollen sie auch bleiben. Gerade deshalb dürfen wir nicht in Kauf nehmen, dass unser alle Freiheitsrechte wegen des Missbrauchs durch einige Wenige eingeschränkt werden. Das gehört zu einer freiheitlichen Gesellschaft. Daher wären präventive Einschränkung der freien Meinungsäusserung, der Privatsphäre und der sicheren Kommunikation eine Abkehr von einer offenen und verantwortlichen Gesellschaft, für die die Sozialdemokratie steht.
Es gilt deshalb vielmehr diese Freiheiten und Chancen unserer Zeit zu verteidigen. Nur wenn Privatsphäre, die informationelle Selbstbestimmung und damit die freie Meinungsäusserung – ja die Grundrechte als solche – auch im 21. Jahrhundert und unter den Bedingungen fortschreitender Digitalisierung gelten, ist der technische Fortschritt auch ein sozialer Fortschirtt für alle. Wir wehren uns deshalb gegen die geplante Verschärfung der Überwachung durch die Vorratsdatenspeicherung, wie sie im Moment diskutiert wird. Denn wir befürchten damit Sicherheit und Freiheit zu verlieren. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2014 sehen wir unsere Einschätzung bestätigt. Zudem stellt die Vorratsdatenspeicherung jeden Bürger und jede Bürgerin unter einen Generalverdacht, der jedes Vertrauen in die Menschen über Bord wirft.
Die Grundrechte sind universell, unteilbar und gelten für alle. Sie müssen deshalb auch international durchgesetzt werden. Gegen die weltweit zunehmenden Tendenzen zur Überwachung. Hierin sehen wir eine historische Aufgabe der Sozialdemokratie. Wir, die sozialdemokratischen Jugendorganisationen aus Deutschland und der Schweiz, appelieren deshalb an euch, die Freiheit und die Grundrechte zu verteidigen und euch innenpolitisch aber auch innerhalb der sozialdemokratischen Familie gegen die Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
Mit solidarischen Grüssen,
Johanna Uekermann
Vorsitzende Jusos Deutschland
Fabian Molina
Präsident JUSO Schweiz