An einer Medienkonferenz informierte das Bündnis „Gemeinsam gegen TTIP, TISA & Co.“ heute über die drohenden Gefahren für die Schweiz durch die anstehenden Freihandelsabkommen. Der mit ihnen verbundene Demokratie-Abbau hätte gravierende Auswirkungen. Die breite Allianz aus Parteien, NGO, Gewerkschaften und Verbänden lancierte deshalb einen offenen Brief an Bundespräsident und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann.
„Voraussichtlich dieses oder Anfang nächstes Jahr werden die beiden Freihandels-abkommen TTIP („Transatlantic Trade and Investment Partnership“) und TISA („Trade in Services Agreement“) abgeschlossen“, erklärte Tamara Funiciello, Präsidentin der JUSO Schweiz, an der Medienkonferenz. Eine breite politische Debatte über die drohende Konzerndiktatur an Stelle der Demokratie sei deshalb dringend notwendig. In einem offenen Brief fordern die unterstützenden Organisationen von Wirtschaftsminister Schneider-Ammann deshalb endlich Transparenz über den Inhalt der Verhandlungen und die zwingende Möglichkeit zur Volksabstimmung bei beiden Abkommen.
Greenpeace-Geschäftsführer Markus Allemann wies auf die Gefahren für die Umwelt durch TTIP und TISA hin und stellte klar: „Die über Jahrzehnte in Europa und der Schweiz erarbeiteten Umweltstandards und die Erfolge der Klimaverhandlungen in Paris im vergangenen Dezember dürfen nicht durch Abkommen wie TTIP oder TISA zunichte gemacht oder gefährdet werden!“
Die Grüne-Nationalrätin Maya Graf betonte den Abbau von Lebensqualität für die Menschen in der Schweiz: “Qualitätsstandards würden mit TTIP unterlaufen, Konsumentenrechte ausgehebelt und die bäuerliche Landwirtschaft von industrieller, umwelt- und klimaschädigender Agrarindustrie bedroht.“
„Freihandelsabkommen, mit dem Ziel die Standards zu harmonisieren, führen zwingend zu einem Verlust von Arbeitsplätzen in jenem Land, welches die höchsten Standards hat“, warnte Jean Christophe Schwaab, Nationalrat der SP, vor den Gefahren für die Arbeitnehmenden in der Schweiz.
Für Stefan Giger, Generalsekretär der Gewerkschaft VPOD, ist TISA ein Frontalangriff auf den Service Public. So schreibe TISA vor, „dass die Regulierungsbehörde keine Anteile „an Telecomfirmen halten darf. Diese Regulierungsbehörde ist in der Schweiz der Bund („Comcom“). Die Swisscom müsste also vollständig privatisiert werden. Gleiches steht im Anhang zu Postdiensten: Der Bund müsste auch die Post vollständig privatisieren.“
Diese Gefahr für den öffentlichen Dienst unterstrich auch Caroline Beglinger, Co-Geschäftsleiterin des VCS: „Wir erwarten die Garantie, dass die demokratischen Prozesse in unserem Land eingehalten werden, was nicht mehr der Fall wäre, wenn TTIP und/oder TISA unterzeichnet würden. Kurz: Selbst wenn der öffentliche Verkehr von den Abkommen ausgenommen würden – was wir prioritär fordern – wäre der Einfluss auf die Mobilität zu gross.“
Aber auch der Datenschutz wäre von TTIP und TISA betroffen. „Internationale Firmen können sich damit ganz einfach über die in irgendeinem Land demokratisch beschlossenen Regeln des Datenschutzes hinwegsetzen, indem sie die Daten einfach in einem Land mit schwächeren Datenschutz-Regeln bearbeiten“, so Norbert Bollow, Präsident der Digitalen Gesellschaft.
Schliesslich wies Isolda Agazzi, Dossierverantwortliche bei AllianceSud, auf die Folgen der beiden Abkommen für die Länder des Südens hin: „TISA, TTIP und die anderen Megadeals zielen darauf ab, neue internationale Normen einzuführen, die früher oder später auf sämtliche Länder angewandt würden, auch auf jene, die nicht an ihrer Ausarbeitung mitgewirkt haben. Die Entwicklungsländer werden am meisten darunter leiden.“
Das „Bündnis gegen TTIP, TISA & Co.“ wird sich deshalb mit aller Kraft gegen den Abbau der Demokratie und die damit verbunden negativen Auswirkungen auf die Schweizer Arbeitsbedingungen, den Service Public, die Umwelt, die Gesundheit und den Datenschutz sowie für Transparenz in Bezug auf anstehende Freihandelsabkommen einsetzen.
21.06.2016