Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 8.12.2018 im St. Gallen.
Der Herbst war von einer beeindruckenden Gewerkschaftsbewegung geprägt: Generalstreiks von Maurer*innen erstreckten sich über die meisten Kantone der Schweiz, zwar oft kurzzeitig, aber mit viel Sprengkraft. Die Maurer*innen sind im Recht: Es ist sinnlos, nur mit den Arbeitgebenden zu diskutieren, ohne vorher ein ausreichendes Kräfteverhältnis hergestellt zu haben. Es war der Streik von 2008, mit welchem sie das Rentenalter 60 für sich erkämpft haben, und ebenfalls durch Streik konnten sie erreichen, dass die Arbeitgebenden ihre unwürdigen Versuche des Sozialdumpings aufgeben.
Dieses Gewerkschaftsaufleben ist nicht bloss marginal und unbedeutend. Im Gegenteil, sie ist vor allem symptomatisch für eines: das Ende der Illusion des Arbeitsfriedens in der Schweiz und die Wiedergeburt einer offensiven Gewerkschaftsbewegung. Wir befinden uns in einer neuen Phase, in der die Zahl der Streikenden gleich hoch ist wie am Ende des Zweiten Weltkriegs und damit viel höher als zwischen 1950 und 2000. Darüber hinaus geht der Streik nun über die Opposition gegen Arbeitgebende des Unternehmens oder der Branche hinaus, er hat den Anspruch, die Gesamtgesellschaft einzubeziehen und das bestehende System zu verändern. Ein Beispiel ist der für Sommer 2019 geplante Frauen*streik: Der Wunsch der streikenden Bevölkerung ist klar, es ist das System, das umgestürzt werden muss. Der Angriff auf eine bestimmte Gruppe ist sicherlich nützlich, aber auf lange Sicht wird sich wenig zum Besten entwickeln, wenn die berechtigte Wut nicht auf das Funktionieren des Gesellschaftssystems selbst gerichtet ist.
Durch einen Wandel des Kapitalismus, den Einzug des Neoliberalismus und die Globalisierung der Wirtschaft hat sich die Aktionärsform der in der Schweiz tätigen Unternehmen verändert. Der Wunsch nach einer Optimierung der Gewinnrate von Unternehmen ist unter den Kapitalisten stärker denn je, und der Druck auf die Arbeitsbedingungen ist spürbar, was die derzeitigen Schwierigkeiten der Gewerkschaften zeigt, ihre Tarifverträge (GAVs) ohne Schaden zu verlängern. Die Bosse haben keine Skrupel mehr. Sie greifen zuerst die Arbeiter*innenechte an und begeben sich anschliessend in die Opferrolle ̶ sobald die Gewerkschaften auf die Angriffe reagieren ̶ indem sie Streiks mit einem "sozialen Gift" vergleichen, in der Hoffnung, dass je öfter sie die Lüge wiederholen, desto eher glaubt ihnen die Bevölkerung.
Diese gewerkschaftliche Praxis, Konflikte mit Arbeitgebern zu suchen, um zu verhindern, dass die Arbeitsbedingungen verschlechtert werden, ist zu begrüßen. Das Ende der feigen Pantoffel-Gewerkschaftsbewegung begründete auf der Hoffnung, dass die Bosse in Verhandlungen den Arbeiter*innen entgegenkommen. Es lebe die kämpferische Gewerkschaftsbewegung. Arbeit ist nicht mit dem Kapital vereinbar: Es gibt immer jemanden, der*die verliert und jemanden, der*die gewinnt. Diesmal sind wir es, die 99%, die dank des sich anbahnenden Arbeitskampfes, welches wieder die Oberhand erhält, gewinnen werden.
Die JUSO Schweiz fordert:
- Dass die roten Gewerkschaften ihre Strategie fortsetzen, ein günstiges Machtgleichgewicht herzustellen, bevor sie in Verhandlungen treten.
- Einen neuen GAV, der den Namen auch verdient.
- Dass sich alle sozialistischen Genoss*innen jetzt in den Gruppen engagieren, die sich auf den Frauen*streik 2019 vorbereiten.
- Ein verbindlicheres Arbeitsrecht: Um das Kräfteverhältnis gegen die Bosse zu stärken, haben die Arbeiter*innen ein strengeres Gesetz, das sicherstellt, dass sie keine Rechte verlieren, wenn die Verlängerung eines guten GAVs scheitert.
- Unterstützung der JUSO-Sektionen in den verschiedenen Gewerkschaftskämpfen auf lokaler Ebene.