Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 15.11.2025 in Zug
Es ist eine der schlimmsten humanitären Katastrophen dieser Zeit. Die Kriegshistorie im Sudan reicht weit zurück. Seit der Unabhängigkeit des Staates 1956 sind immer wieder Bürgerkriege und Unruhen ausgebrochen, 2003 kam es zu einem Genozid in der Region Dafur.[1] Seit April 2023 wird der Sudan von einem erbitterten und blutigen Krieg zwischen der sudanesischen Armee (SAF) unter General Abdel Fattah al-Burhan und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), angeführt von General Mohamed Hamdan Dagalo, erschüttert.
Dieser Machtkampf hat nicht nur mindestens 150’000 Menschenleben gefordert, sondern auch mindestens 14 Millionen in die Flucht getrieben und eine humanitäre Katastrophe unvorstellbaren Ausmasses hervorgerufen. [2] In den letzten Monaten hat sich die Lage weiter zugespitzt. Die Bevölkerung leidet unter zunehmender Gewalt und Massaker.
Am 26. Oktober hat die RSF die Stadt Al-Faschir nach einer monatelangen Belagerung eingenommen. Bis zu diesem Tag litt die Bevölkerung bereits an einer Lebensmittelknappheit und an katastrophalen Lebensbedingungen. Nach der Einnahme der Stadt hat die RSF innerhalb weniger Tage tausende Menschen systematisch ermordet und massenhaft Verbrechen an der Bevölkerung begangen. Das genaue Ausmass der Katastrophe ist bisher zu wenig bekannt. Das Humanitarian Research Lab hat jedoch Satellitenaufnahmen veröffentlicht, auf denen grosse Blutlachen in der Stadt Al-Faschir zu erkennen sind. Der Bericht lässt das Ausmass des Massakers erahnen.[3] Im ganzen Land wird sexualisierte Gewalt, Hunger und Massaker an der Zivilbevölkerung als Waffe eingesetzt. Der Sudan-Gesandte von Unicef berichtet über gezielte Gewalttaten an ethnischen Gruppen und den Zusammenbruch jeglicher Ordnung. [4]
Der internationale Strafgerichtshof spricht von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und hat Ermittlungen eingeleitet. Die gezielten Angriffe gegen verschiedene ethnische Gruppen und die massive Gewalt lassen den Schluss zu, als dass im Sudan ein Genozid verübt wird.
Massaker im Namen der wirtschaftlichen Interessen
Im Jahr 2019 wurde die damalige Regierung unter der Herrschaft von Omar Al-Baschir gestürzt. Statt die demokratischen Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung zu unterstützen, haben westliche Staaten wiederholt autoritäre Regime gefördert, um geostrategische und wirtschaftliche Interessen zu sichern. Staaten wie Russland, China, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate liefern massenhaft Waffen in den Sudan, die von der SAF und RSF gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. [5] Länder des globalen Norden mischen sich direkt oder indirekt in den Konflikt ein, um ihre Interessen zu schützen. Im Sudan gibt es grosse Mineral- und Ölvorkommen; Grosskonzerne aus dem globalen Norden, wie Chevron (USA) oder Lundin Energy (Schweden), haben wirtschaftliche Interessen in der Region und finanzieren Milizen um ihre Ölvorkommen und ihre Infrastruktur zu schützen.[6] Auch die Vereinigten Arabischen Emirate finanzieren und unterstützen die RSF und schmuggeln Waffen nach Darfur. [7] Gemäss Daten der sudanesischen Zentralbank wurden zudem 90% des exportierten Golds in die VAE importiert. So ermöglicht die VAE ebenfalls die indirekte Finanzierung der RSF durch Geldwäscherei und profitiert gleichzeitig vom Import von Gold. [8]
Die Schweiz profitiert ebenfalls von dieser Unterstützung und trägt zur indirekten Finanzierung der RSF bei. Eine Studie zeigte, dass die Schweiz häufig Gold aus Dubai importiert. Dubai ist eine wichtige Drehscheibe für geschmuggeltes afrikanisches Gold, darunter auch Gold aus Konfliktregionen oder das mit Menschenrechtsverletzungen oder Sklaverei in Verbindung steht. [9]
Zudem verkaufte die Schweiz im Jahr 2024 Waffen im Wert von fast 5 Millionen Franken an die Vereinigten Arabischen Emirate. [10] Bisher ist nicht belegt, ob Schweizer Waffen an die RSF geliefert werden, aber da die VAE in der Vergangenheit bereits Schweizer Waffen in Konfliktländer geliefert hat, [11] ist davon auszugehen, dass Schweiz Waffen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an die RSF geliefert werden. Somit macht sich die Schweiz für die Massaker an der sudanesischen Bevölkerung mitverantwortlich oder nimmt dieses Risiko zumindest im Namen des Profits in Kauf.
Die Zusammenarbeit der EU mit der RSF im Rahmen der Migrationskontrolle verdeutlicht, dass politische und wirtschaftliche Interessen des globalen Nordens systematisch über Menschenrechte gestellt werden. Im sogenannten Khartoum-Prozess arbeitete die EU eng mit sudanesischen Sicherheitskräften zusammen, um Menschen daran zu hindern, nach Europa zu flüchten. Im Rahmen des Khartoum-Prozess finanziert die EU regionale Projekte, um den Umgang mit Migration zu “verbessern”. Eine Studie zeigte jedoch, dass nur 3% der Finanzierung durch die EU im Sudan für sicherere Fluchtrouten und gegen Menschenhandel eingesetzt wurde. [12]
Verantwortung übernehmen!
Es ist an der Zeit, in Solidarität mit der sudanesischen Bevölkerung zu handeln. Um die Krise im Sudan nachhaltig zu bewältigen und den Weg für eine gerechte und demokratische Zukunft zu ebnen, ist entschiedenes politisches Handeln auf internationaler Ebene nötig. Europäische Staaten dürfen ihre Profitinteressen nicht länger über Menschenleben stellen und ihre neokolonialen Aktivitäten sofort unterbinden. Der globale Norden muss sich auf die Seite der Menschenrechte stellen und Verantwortung übernehmen!
Wir fordern:
- Einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand
- Ein sofortiges Ende aller Waffenlieferungen in die Region und an die Vereinigten Arabischen Emiraten und eine strikte Kontrolle des internationalen Waffenhandels
- Ein sofortiger Exportstopp von Schweizer Kriegsmaterial in alle Welt
- Die Aussetzung des Schweizer Freihandelsabkommens mit den VAE
- Die Aufnahme von Geflüchteten und umfassende humanitäre Hilfe vor Ort
- Die Sicherung von Fluchtrouten
- Strenge Kontrollen multinationaler Konzerne und Schaffung rechtlicher Grundlagen um Konzerne in die Verantwortung zu ziehen
- Sanktionen gegen Staaten, die Menschenrechtsverletzungen im Sudan unterstützen und finanzieren
- Die Unterstützung der Sudanesischen Zivilbevölkerung im Aufbau eines demokratischen Staates und einer demokratischen Kontrolle über ihre Rohstoffe
[1]: https://frieden-sichern.dgvn.de/konflikte-brennpunkte/sudan
[2]: https://edition.cnn.com/2025/10/28/africa/sudan-rsf-takes-el-fasher-intl
[3]: Humanitarian Research Lab, Atrocity Alert - RSF Closed Berm Exit and Ongoing Body Disposal Operations in El-Fasher, 6. November 2025.
[4]: https://www.zeit.de/politik/ausland/2025-11/sudan-buergerkrieg-unicef-sheldon-yett-gxe
[5]: https://www.amnesty.org/en/latest/research/2024/07/new-weapons-fuelling-the-sudan-conflict/.
[6]: Luke A. Patey, A Complex Reality: The Strategic Behaviour of Multinational Oil Corporations and the New Wars in Sudan, DIIS Report 2006:2.
[7]: https://www.bbc.com/news/articles/c3w1nzpg5dgo
[8]: https://www.swissinfo.ch/eng/international-geneva/sudan-war-uae-gold-trade-geneva/90284839
[10]: SECO, Bericht: Ausfuhr von Kriegsmaterial im Jahr 2024, 11. März 2025
[11]: https://www.amnesty.ch/de/laender/naher-osten-nordafrika/jemen/dok/2019/schweizer-handgranaten-von-den-emiraten-an-miliz-im-jemen-geliefert, Lieferungen durch die VAE an den Jemen.
[12]: https://migration-control.info/en/blog/how-the-european-union-finances-oppression/