Dem rechten Parlament nicht vertrauen, Widerstand von unten bauen

13.11.2023

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 11. November 2023 in Luzern

Die Nationalen Wahlen 2023 haben wie befürchtet einen Rechtsrutsch im Parlament mit sich gebracht. Die SP konnte zwar um 1,5 Prozentpunkte zulegen und hat damit zwei neue Sitze im Nationalrat gewonnen, dennoch hat die Linke insgesamt verloren. Die Grünen machten bei diesen Wahlen nur noch 9,8% und verloren damit 5 Sitze im Nationalrat. Mitte-Rechts dagegen gewinnt ganze 12 Sitze dazu, davon gehen 9 der neuen Sitze an die SVP. Damit rückt der Nationalrat wieder bedeutend nach rechts und auch im Ständerat verändern sich die Mehrheiten nicht zugunsten der 99%.

Das neue Parlament ist nicht nur deutlich rechter geworden, es ist auch männlicher und älter. Im Nationalrat erhöht sich das Durchschnittsalter beinahe um ein Jahr, der Frauenanteil dagegen sinkt von 42% auf 38,5%. Neu sitzen also nur noch 77 Frauen in der grossen Kammer. Nichtbinäre oder trans Personen sind noch immer überhaupt nicht vertreten. Genauso dürftig sieht es bei der Repräsentation von rassifizierten Menschen oder Menschen mit Behinderungen aus, selbst wenn in dieser Hinsicht einzelne Wahlerfolge gelangen.

Gewonnen hat vor allem die SVP und dies mit einem Wahlkampf, in dem sie auf aggressivste Art und Weise gegen Minderheiten gehetzt haben und offen mit Rechtsextremen anbandelten. Dass die SVP bei diesen Wahlen nun wieder dazu gewonnen hat, darf auf keinen Fall als simple Rückkehr zu den gewohnten Mehrheitsverhältnissen von vor den Wahlen 2019 abgetan werden. Die Stärke der SVP im Parlament darf genauso wenig als Normalität akzeptiert werden wie ihre menschenfeindliche Ideologie.

Das bürgerliche Parlament bringt uns noch näher an den Abgrund

Diese Wahlresultate haben schwerwiegende Folgen, wenn es um die Bekämpfung der Krisen dieser Zeit geht. Die rechtsbürgerliche Mehrheit hat bereits in der letzten Legislatur enormen Schaden angerichtet. So ging bereits die erste Vorlage zum CO2-Gesetz zu wenig weit in Sachen Klimaschutz, trotzdem hat die SVP dafür gesorgt, dass der Gesetzesvorschlag vor dem Stimmvolk scheiterte. Bei der noch weniger griffigen Revision des Gesetzes, hat der Ständerat nicht mal versucht, das Gesetz besser zu machen. Auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit wurde kaum vorwärts gemacht, im Gegenteil – die Covid-Pandemie warf uns bei Gleichstellungsfragen um Jahre zurück. Das Parlament politisierte mit dem selben Trend: Erhöhung des Frauenrentenalters, mit der Umsetzung der Istanbul-Konvention lässt man sich Zeit und Rechte nach körperlichen Selbstbestimmung von trans Personen lassen auf sich warten. Nach jahrelangem zögerlichem Aufwärtstrend werden wir nun von einem Backlash konfrontiert.

Währenddessen wurde in den letzten Jahren alles teurer: Krankenkassenprämien, Mieten, Strompreise, Lebensmittel und Fortbewegungskosten. Die Realeinkommen hingegen sinken immer weiter. Immer mehr Menschen können sich das Leben schier nicht mehr leisten.

Die noch stärkere bürgerliche Mehrheit wird das Leben der 99% die nächsten vier Jahre schwer machen. Statt im Interesse der Mehrheitsbevölkerung zu handeln, wird das Parlament noch stärker im Sinne der Reichsten und ihrem Kapital politisieren. Die Schweiz wird jegliche Klimaziele um Weiten verpassen, die Vermögensungleichheit wird weiter steigen, wenn wir das so akzeptieren. Die Frage wie wir Veränderung voranbringen können, bevor noch mehr Menschen an diesen Zuständen zu Grunde gehen, wird immer dringender. Klar ist: das bürgerliche Parlament wird niemals für die 99% politisieren. Für eine grundlegende Veränderung des Aufbaus unserer Gesellschaft, brauchen wir neue und wirklich demokratische Strukturen auf allen Ebenen des Zusammenlebens und keine alte weisse reiche, rechte Männer, die nach dem Geld der Wirtschaftslobby lefzen.

Vorwärts und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht!

Leider konnte die Linke in den letzten Jahren keine fundamentalen Erfolge erzielen. In Anbetracht der multiplen Krisen, kann es sich die Linke nicht leisten, in gleich niedrigem Tempo weiterzufahren. Pflästerlipolitik reicht niemals aus, um die grossen Wunden dieser Zeit zu heilen. Die grossen linken Parteien müssen wieder systemkritischer auftreten und visionäre Perspektiven schaffen. Dabei sind Zusammenhalt und Zusammenarbeit innerhalb der Linken essenziell. Nur zusammen schaffen wir es, die Massen zu mobilisieren, um unseren Kampf wieder gemeinsam auf der Strasse führen.

In den letzten Jahren haben die rechts-bürgerlichen Kräfte alles versucht, um uns zu spalten. So gaukeln sie der Bevölkerung beispielsweise vor, dass Migrant*innen schuld seien, wenn die Löhne der Arbeiter*innen sinken und die Mieten steigen. Sie behaupten, dass mehr Rechte für Queers den restlichen Teil der Gesellschaft bedrohen würden und zusätzlich wollen die Reichen und Rechten uns eintrichtern, wir seien selbst schuld, wenn es uns finanziell und gesundheitlich nicht gut geht. Mit dieser Strategie versuchen Kapitalist*innen und ihre Verbündete, uns Zugehörige der Arbeiter*innenklasse gegeneinander auszuspielen, damit wir um uns und gegen unten treten, statt gegen die eigentlichen Profiteur*innen des kapitalistischen Systems. Wir werden mit aller Stärke dagegenhalten, denn für uns ist klar, es gibt nur einen Graben: den zwischen oben und unten.

Die Linke muss aufzeigen, dass unsere Kämpfe zusammengedacht werden und dass wir uns einen im Ziel, Kapitalismus, Patriarchat, Rassismus und alle weiteren Unterdrückungs- und Ausbeutungsstrukturen zu überwinden, um danach eine freie und gerechte Gesellschaft aufbauen zu können. Wichtig zu zeigen ist nicht nur wogegen, sondern vor allem wofür wir kämpfen. Wir müssen in die Offensive gehen, statt uns ständig zu verteidigen. Dafür brauchen wir jedoch klare Ziele, auch wenn wir noch so weit von ihnen entfernt sind. Wir müssen den Menschen alternative Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme näherbringen und den Weg dahin skizzieren.

Die Linke muss in kommender Zeit ihre Präsenz an allen Orten des Zusammenlebens ausbauen, um an Stärke zu gewinnen. Wir müssen uns alle und überall organisieren: in den Betrieben, in unserer Nachbar*innenschaft, an den Schulen, als prekarisierte und marginalisierte Gruppen. Zusammen müssen wir ein neues Klassenbewusstsein fürs 21. Jahrhundert schaffen, eine Identifikationsgrundlage für die 99%, die unsere verschiedenen Arten unterdrückt zu werden nicht gegeneinander ausspielt, sondern die Notwendigkeit kennt, alle Unterdrückungsstrukturen zu überwinden und eine Einigkeit als Arbeiter*innen, die sich von den Fesseln ihrer Ausbeutung lösen wollen.

Um das zu erreichen, müssen wir den Menschen aufzeigen, wer für sie und ihre Zukunft einsteht, was das konkret bedeutet und vor allem, dass wir für den radikalen Bruch des Status quo alle brauchen. Als JUSO müssen wir bereits existierende Bewegungen, Vereine und ausserparlamentarische Gruppen stärken, unterstützen und zusammenbringen. Bevor wir den Kapitalismus überwinden können, gilt es momentan die wiederkehrende Gefahr des Faschismus zu bannen. Dafür brauchen wir eine antifaschistische Allianz mit gleich oder ähnlich gesinnten Bewegungen, Parteien und Gruppen.