Resolution verabschiedet an der JV vom 15./16. März 2014 in Bern
Die Sozialdemokratie ist eine internationalistische Bewegung. Das heisst, dass wir als Menschen gemeinsam für unsere Rechte einstehen und uns gemeinsam für unsere Werte einsetzen. Unser Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität macht nicht an nationalstaatlichen Grenzen halt. Denn egal woher wir kommen, wir sind alles Menschen. Allein aufgrund unseres Menschseins steht uns allen ein Leben in Würde und Freiheit, ohne Gewalt und Ausbeutung zu. Die Menschenrechte gelten für uns alle, universell.
Wir müssen Verantwortung übernehmen und international für unsere Rechte und Überzeugungen einstehen. Globale Probleme müssen auch global und demokratisch gelöst werden. Sozialdemokratische Politik muss die Staatsgrenzen und die mit ihr verbundene Staatszugehörigkeit in Frage stellen. Besonders darum, weil die Grenzen dazu dienen, die Rechte und Freiheiten der Menschen einzuschränken.
Im Rahmen der europäischen Integration hat Europa in den vergangenen Jahrzehnten grosse Fortschritte im Bereich der Friedensförderung und der Niederlassungsfreiheit gemacht. Aus diesem internationalistischen Anliegen heraus hat die JUSO Schweiz die bilateralen Verträge mit der EU immer unterstützt. Wir verstanden sie stets als Schweizer Weg hin zu einer europäischen Integration, hin zu einem demokratischen und solidarischen Europa – wenn auch in kleinen Schritten.
Wir haben die bilateralen Verträge unterstützt, obwohl die Bürgerlichen versucht haben, die europäische Zusammenarbeit nur für ihren eigenen wirtschaftlichen Nutzen zu beschränken und sie haben die innenpolitischen flankierenden Massnahmen – wo immer möglich – torpedierten. Gemeinsam mit den Gewerkschaften haben wir die Rechte der Arbeiter_innen stets verteidigt und kämpften gemeinsam für ein demokratisches und gerechtes Europa.
Neue Ausgangslage
Die Annahme der freiheitsfeindlichen „Initiative gegen Masseneinwanderung“ stellt diese Entwicklung in Frage. Während die SVP auf ihrer xenophoben Welle weiterreitet, versuchen die bürgerlichen Parteien mit ihr zu kooperieren, um die Privilegien ihrer gemeinsamen Klientel ins Trockene zu bringen. Sie kämpfen nicht für die Rechte der Menschen, sondern nur für jene des Geldes. Innenpolitische Reformen, Niederlassungsfreiheit und politische Mitbestimmung auf europäischer Ebene spielen dabei keine Rolle. Was zählt sind einzig die wirtschaftlichen Interessen der Schweizer Grosskonzerne.
Schlimmer noch: Die Verfassungsänderung vom 9. Februar gibt dem Bundesrat den Auftrag, Menschen mit der Einteilung in verschiedene Kategorien zu diskriminieren und Menschen ausländischer Herkunft einzig auf ihren wirtschaftlichen Nutzen für Schweizer Unternehmen zu reduzieren. Eine solche Bundesverfassung kann keine Basis sozialdemokratischer Regierungsp olitik sein.
Die JUSO Schweiz hat in einem früheren Grundlagenpapier ihre Haltung zur Kooperation mit bürgerlichen Parteien klar gemacht:
„Die SP darf sich nicht um jeden Preis an der Regierung beteiligen. Ein Minimalkonsens der beteiligten Parteien muss die Grundlage für eine gemeinsame Regierung sein. Dieser muss eine Gesellschaft der Demokra tie und Gleichberechtigung und Rechtsgleichheit beinhalten. Die SP muss für den Fall, dass keine solche Grundlage zustande kommen sollte oder diese massiv verletzt wird, immer auch eine Strategie für eine Politik ohne Regierungsbeteiligung bereithalten.“ ( Grundsatzpapier zu Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie "Für eine sozialdemokratische Politik Verantwortung übernehmen" vom 5. November 2011)
Dieser Grundkonsens ist nicht mehr gegeben. Die bürgerlichen Regierungsparteien haben kapituliert und versuchen nur noch, auf Grundlage einer diskriminierenden Bundesverfassung die Interessen ihrer Wirtschaftsklientel zu retten. Die Anliegen der Sozialdemokratie werden in diesen Bestrebungen keinen Platz finden. Die Gestaltung einer Schweiz in Europa, die nicht einfach wirtschaftlichen Interessen folgt, sondern die Freiheit und Demokratie für alle erkämpft, ist unmöglich geworden. Für die JUSO Schweiz ist deshalb klar: Es ist an der Zeit , ausserhalb der Regierungsverantwortung eine Alternative für eine offene, solidarische und tolerante Schweiz zu entwickeln. Eine Schweiz, wie sie immerhin von der Hälfte der Bevölkerung bereits heute mitgetragen wird. Auch wenn die Schweiz in der Vergangenheit immer wieder eine falsche Abzweigung genommen hat – die bilateralen Verträge haben es immer ermöglicht, den Weg in die richtige Richtung zu gehen. Mit der Verfassungsänderung vom 9. Februar beschreitet die Schweiz eine Sackgasse. Es gibt keinen Grund, das mit unserer Beteiligung im Bundesrat mitzutragen. Die Schweiz als Land mitten in Europa könnte sich auf die Seite der Menschen stellen, die ein gerechtes und demokratisches Europa wollen. Sie hat sich für die Isolation entschieden. Es hat keinen Sinn, Teil einer Regierung zu sein, wenn der Preis dafür ist, kein_e Sozialdemokrat_in mehr zu sein.
Für ein solidarisches und demokratisches Europa
Es ist unbestritten: Viele Jahre der wirtschaftlichen und sozialen Krisen mit verheerenden Auswirkungen in vielen Mitgliedsländern belasten die Integrität der EU. Die momentane Austeritätspolitik und die Sparpolitik haben die Krise nicht bekämpft, sondern verschärft. Aber wir kämpfen dagegen an: Gemeinsam mit den europäischen Jungsozialist_innen engagieren wir uns für ein gerechtes Europa der Menschen mit einer demokratischen EU im Dienste der Solidarität und Freiheit.