Für ein solidarisches, gerechtes und emanzipatorisches Gesundheitssystem!

14.10.2024

Positionspapier der JUSO Schweiz verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 28. September 2024 in Giubiasco (TI)


1. Definition von Gesundheit

Zunächst einmal: Was ist Gesundheit? Die am weitesten verbreitete Definition ist die der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der zufolge Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens ist und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen bedeutet“.1 Es handelt sich also um eine positive Definition, die sich auf die Selbstentfaltung konzentriert. Dies steht im Widerspruch mit der Realität, mit der wir im Gesundheitssystem konfrontiert sind, welche auf die Heilung oder auch Linderung von Beschwerden ausgerichtet ist.

Daraus ergibt sich eine Kategorisierung von Menschen als „krank“ oder „gesund“. Diese Kategorisierung in „gesunde“ oder „kranke“ Menschen ist jedoch nicht naturgegeben, sondern das Ergebnis einer historischen Entwicklung: der Individualisierung von Gesundheit und der direkten Verbindung von Gesundheit und Arbeit.2 Mit der Industrialisierung der Gesellschaft wurde Gesundheit mit der Fähigkeit zu arbeiten gleichgesetzt.3 Demnach besteht in einer kapitalistischen Gesellschaft das Hauptziel des Gesundheitssystems darin, die Arbeitskraft zu erhalten und sicherzustellen, dass die Arbeiter*innen produktiv bleiben können.

Diese Kategorien spiegeln die Machtverhältnisse unserer Gesellschaft wider und klammern die Frage des Wohlbefindens aus. Sie zeigen, wie das Gesundheitssystem zur Aufrechterhaltung und Schaffung von Normen beiträgt, die festlegen, wie ein Mensch zu sein, zu funktionieren und auszusehen hat. Die kritische Betrachtung des individuell-medizinischen Modells von Behinderungen4 macht diese generalisierte Einteilung nochmals deutlich: Dieses Modell fokussiert sich auf einen angeblichen Mangel an sensorischen, mentalen und physischen Fähigkeiten und geht von einem als gesund und nicht behindert definierten Körper aus. Es führt somit zu einer entmenschlichenden Sichtweise. Das Ziel innerhalb dieses Modells ist es, Behinderungen aus nichtbehinderter Perspektive zu reduzieren oder „richtigzustellen“ und Menschen einem nicht-behinderten Ideal einer möglichst produktiven Arbeitskraft näherzubringen. Menschen mit Behinderungen werden über ihre vermeintliche „Nicht-Normalität“ definiert und so kategorisiert; das Individuum wird gar als „Opfer“ oder „Problem“ dargestellt und somit nicht als “vollwertige Arbeitskraft” angesehen. Dies führt beispielsweise bei der Lohnarbeitzur Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen vomArbeitsmarkt und dient zur Legitimation der Überausbeutung auf dem “zweiten Arbeitsmarkt”. In den dazugehörigen Betrieben wird unter dem Vorwand der Inklusion ein weitaus unterdurchschnittlicher Lohn ausgezahlt - es kommt also zur erwähnten Überausbeutung.

2. Wie der Kapitalismus uns krank macht - Eine Schweizer Perspektive

Die Definition von Gesundheit ist also mit dem Kapitalismus verknüpft. Und auch die Aufmerksamkeit, die der Gesundheit gewidmet wird, wird durch das kapitalistische System im Interesse der herrschenden Klasse diktiert. Ein Beispiel dafür ist die COVID-Krise. Insbesondere die Zurückhaltung der Regierungen bei der Einführung gesundheitspolitischer Massnahmen, welche der Wirtschaft schaden könnten. Doch die Gesundheit ist nicht nur dem Erhalt des Kapitalismus untergeordnet, sondern wird auch direkt und negativ von wirtschaftlichen Aktivitäten beeinflusst.

Die Arbeiter*innen im kapitalistischen System werden durch Lohnarbeit und/oder un(ter)bezahlte Care-Arbeit immer maximal ausgebeutet, was zu einer wachsenden Belastung der Gesundheit der Arbeiter*innen führt. Im neoliberalen Zeitalter sind die Arbeitsverhältnisse zudem von Instabilität und Unsicherheit noch verstärkter geprägt, als dies bereits im Kapitalismus der Fall ist. In diesem System wurde auch die Diagnose “burn-out” erschaffen, um den Zeitpunkt zu benennen, an dem ein*e Arbeiter*in der körperlichen und/oder seelischen Erschöpfung durch die Arbeit nicht mehr standhalten kann. Auch wenn der Begriff die Problematik individualisiert5, sind die Zahlen zu Burnouts ein Indikator für die gesundheitlichen Folgen der Arbeit. In einer Umfrage vom SRG im Jahr 2023 haben 17 % der Menschen angegeben, bereits an einem Burnout erkrankt zu sein und 25 % der Arbeiter*innen haben angegeben, das Gefühl zu haben, durch ihre Arbeit besonders Burnout gefährdet zu sein. Je tiefer das Einkommen, desto höher die Gefahr, ein Burnout zu erleiden.Der Kapitalismus fördert zudem den Individualismus und die Entfremdung, was zu sozialer Isolation führt. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit an psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen zu erkranken deutlich erhöht.6 Chronischer Stress hat neben psychischen auch physische Auswirkungen. So erhöht er beispielsweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und Entzündungskrankheiten.7,8,9

Leider gibt es in der Schweiz keine offiziellen Statistiken über die Sterblichkeit nach sozialer Schicht oder nach Klasse, da eine Motion, die in diese Richtung ging, im Nationalrat abgelehnt wurde. Allerdings zeigen die Zahlen aus Ländern, die der Schweiz wirtschaftlich ähnlich sind, dass es diesen Zusammenhang tatsächlich gibt.10,11,12 Andere Studien zeigen eine zunehmende Differenz der Lebenserwartung bei guter Gesundheit je nach Bildungsniveau.13 Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau haben nicht nur eine geringere Lebenserwartung, sondern verbringen auch einen grösseren Teil dieser Jahre in schlechter Gesundheit.14 Arbeit ist auch direkt mit Sterblichkeit verbunden: In der Schweiz sterben jährlich etwa 200 Menschen an Arbeitsunfällen.15 Wenn man auch die nicht-tödlichen Berufsunfälle berücksichtigt, wurden im Jahr 2022 250'000 Unfälle registriert.16 Die Risiken stehen in direktem Zusammenhang mit der Art der Beschäftigung und sind im Baugewerbe oder bei Zeitarbeitsverträgen deutlich höher.17

Abgesehen von den direkten Schäden schafft der Kapitalismus auch krisenhafte Zustände, die sich auf die Gesundheit auswirken. Zum Beispiel führt die Klimakrise zu zusätzlichen gesundheitsschädlichen Bedingungen. Hitze, extreme Wetterereignisse, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sowie Kriege um Ressourcen verursachen Gesundheitsschäden, verkürzte Lebensspannen und führen in einem bedeutsamen Ausmass auch teilweise direkt zum Tod.18 Neben der Klimakrise beeinträchtigen auch andere Phänomene wie Wohnungsnot, Schwierigkeiten beim Zugang zu gesunder Ernährung und allgemein der Mangel an Zeit, sich um sich selbst zu kümmern, die menschliche Gesundheit. Es ist also klar, dass Kapitalismus und schlechte Gesundheit grundlegend miteinander verbunden sind. Darüber hinaus prägt die kapitalistische Logik zutiefst die Funktionsweise und Finanzierung des Gesundheitssystems.

3. Schweizer Gesundheitssystem

Ungleiche Finanzierung und Leistungen

In der Schweiz besteht für alle Menschen mit Wohnsitz im Land die Pflicht, eine Grundversicherung bei einer privaten Krankenkasse abzuschliessen. Diese privaten oder aus der Zivilgesellschaft hervorgegangenen Versicherungskassen entwickelten sich ab dem 19. Jahrhundert. Im Jahr 1994 wurden sie durch das Krankenversicherungsgesetz (KVG) für obligatorisch erklärt und harmonisiert.19 Heute gibt es rund 50 vom Bund anerkannte Krankenkassen, die alle dieselben Leistungen in der Grundversicherung anbieten müssen. Andere Länder, wie beispielsweise Dänemark, haben nur eine staatliche Krankenkasse, welche über die Einkommenssteuer finanziert wird. In der Schweiz muss jede*r Versicherte eine monatliche Prämie zahlen, deren Höhe von mehreren Faktoren abhängt.20 Bei den Zusatzversicherungen werden Personen, die potenziell höhere Kosten verursachen würden, wie Menschen mit Behinderungen, manchmal abgelehnt.21Dies steht in krassem Widerspruch zu einem Verständnis des Gesundheitswesens als öffentliche Dienstleistung, die für alle Menschen, einschliesslich der vulnerabelsten Gruppen, zugänglich ist und ihnen faire Leistungen bietet.

In einem System, das zwischen obligatorischer Grundversicherung und Zusatzversicherung unterscheidet, ist es wichtig zu wissen, welche Behandlungen als „Grundversorgung“ gelten und vergütet werden und welche nicht. Ein erschreckendes Beispiel ist die Zahnversorgung: Diese ist nicht in der Grundversicherung enthalten, obwohl sie von sehr hoher Bedeutung ist. Denn unbehandelte Zahnprobleme können schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit haben. In einer kapitalistischen Gesellschaft werden allerdings nur jene Behandlungen erstattet, die dazu dienen, die Arbeitskraft der Bevölkerung zu erhalten. Nach dieser Logik sind Zahnbehandlungen auf den ersten Blick daher nicht notwendig.

Oben wurde bereits erwähnt, dass das heutige Gesundheitssystem in erster Linie auf die Heilung von Beschwerden abzielt und nicht auf die Selbstentfaltung der Menschen. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Kostenübernahme für Geschlechtsangleichungen wider. Diese erfolgt nämlich nur, wenn eine Geschelchtsinkongruenz diagnostiziert wird – das heisst, wenn ein Krankheitsbild festgestellt wird. Dennoch werden die Kosten auch dann nicht für alle Angleichungen übernommen, wenn überhaupt das entsprechende “Krankheitsbild” ausgestellt wird. So werden beispielsweise für nonbinäre trans Menschen, welche nicht eine binäre Transition durchführen möchten, die Kosten für einzelne Massnahmen immer wieder nicht übernommen. Dazu kommt auch, dass bei einem beträchtlichen Teil des Gesundheitspersonals Bildung im Bereich der Transgeschlechtlichkeit fehlt und jene Arbeiter*innen, die über solche Bildung verfügen, oft überlastet sind, was zu immer längeren Wartefristen führt. Das Beispiel der Geschlechtsangleichung, bei dem das Bedürfnis nach einer Angleichung allein nicht ausreicht, um Zugang zu medizinischer Behandlung zu erhalten, zeigt ausserdem, dass das Gesundheitssystem der körperlichen Selbstbestimmung keine Priorität einräumt. Diese Tatsache zeigt sich auch am Beispiel von Menschen mit einer Gebärmutter, die sich freiwillig sterilisieren lassen wollen, denen dies aber allzu oft verwehrt wird. So ist das Gesundheitssystem durch seine Finanzierung und Funktionsweise nicht auf die Selbstentfaltung der Arbeiter*innen ausgerichtet, sondern auf die Behandlung von Erkrankungen, die ihre Produktivität beeinträchtigen könnten. Genau so wenig wie auf die Selbstentfaltung der Menschen, fokussiert sich das momentane Schweizer Gesundheitssystem auf die Prävention von Erkrankungen. Die schwache Finanzierung von Prävention und der geringe Stellenwert, der ihr im gesetzlichen Rahmen eingeräumt wird, zeigt diese Problematik.22 Prävention zahlt sich nicht nur finanziell aus, sondern ermöglicht vor allem, Leid zu vermeiden, noch bevor es entsteht, anstatt es erst zu behandeln, wenn es auftritt.

Wie bereits erwähnt, wird das schweizerische Gesundheitssystem weitgehend durch sogenannte Kopfprämien finanziert, welche in der Realität aufgrund des Krankenkassenobligatoriums einer degressiven Steuer ähneln, also einer Steuer, die im Verhältnis zum Einkommen sinkt. Somit werden Menschen mit tieferen Einkommen durch die Krankenkassenprämien viel stärker belastet. Nur 36 % der Ausgaben des Gesundheitssystems werden durch Steuern und Lohnbeiträge gedeckt, während es im EU-Durchschnitt 76 % sind.23 Dadurch entsteht ein zutiefst ungerechtes System: Da die Versicherungen in eine Vielzahl von Privatunternehmen aufgeteilt sind und die Prämien nicht auf dem Einkommen der*des Einzelnen basieren, gibt es keinen Umverteilungsmechanismus. Das Ergebnis ist ein System, in dem der Zugang zur Gesundheitsversorgung ungleich verteilt ist und die Gesundheitskosten für die Einzelnen eine grosse Belastung darstellen können. Seit 1997 sind die Prämien um 158 % gestiegen, die Löhne dagegen nur um 12 %.24 Ein Viertel der Bevölkerung muss daher auf ärztliche Behandlungen verzichten25, während für die Wohlhabenderen diese Einschränkungen nicht existieren. Um die Fehlfunktion des Systems auszugleichen, erhalten 25% der Schweizer Bevölkerung Zuschüsse in der Form von Prämienverbilligungen.26 Diese Hilfen, die nicht automatisch ausgezahlt werden, sind mit vielen Hürden verbunden und können ein zutiefst ungerechtes System nicht ausgleichen. Die Prämienverbilligungen (PV) wurden bei der Einführung des Krankenkassenobligatoriums als Kompromiss von den Bürgerlichen vorgeschlagen, um an Kopfprämien und privaten Krankenkassen festhalten zu können und mittlere Einkommen zu entlasten. Aufgrund langjähriger Sparpolitik der für die Verbilligungen zuständigen Kantone, wurden die PV jedoch lediglich zu einem unzureichenden Unterstützungsmechanismus. Hinzu kommt, dass neben den Prämien auch eine Franchise bezahlt werden muss, bevor die Krankenkasse die Kosten übernimmt, was vor allem tiefere Einkommen belastet. Menschen mit vielen Behandlungen stehen vor der Wahl zwischen höherer Prämie oder maximaler Franchise. Diese Ungerechtigkeiten sprechen für eine staatliche, kostenfreie Gesundheitsversorgung.

Im medialen, von der Rechten dominierten Diskurs ist häufig von einer „Explosion der Gesundheitskosten“ die Rede. Die Statistiken zeigen jedoch, dass die Gesundheitskosten zwar steigen, dies jedoch proportional zum BIP geschieht. Es gibt also keine Kostenexplosion. Diese Rhetorik wird jedoch zur Rechtfertigung zahlreicher Reformvorschläge verwendet, die den Service public weiter schwächen. Als Beispiel sei hier die Kostenbremse-Initiative der Mitte genannt, die es dem Parlament überlassen hätte, die Gesundheitskosten nach Belieben zu senken, potenziell auch auf Kosten der Arbeiter*innen. Die FDP hingegen schlägt eine neue „Low-Cost“-Grundversicherung mit einer geringeren Qualität der Versorgung vor. Diese würde sich primär an Menschen in wirtschaftlich prekären Verhältnissen richten, während die Reicheren nicht auf die Qualität ihrer Versorgung verzichten müssten. Andere sprechen sogar davon, die obligatorische Krankenversicherung abzuschaffen.27 Im November 2024 wird die Schweizer Bevölkerung ausserdem über die „EFAS“-Reform abstimmen, welche die Verwaltung der öffentlichen Gesundheitsgelder (und damit eine grosse Macht) in die Hände der privaten Krankenkassen legen würde, mit der sie ihren eigenen Profit steigern könnten. Dies könnte auch dramatische Auswirkungen auf die Prämien haben, die für einen Teil der Bevölkerung schon jetzt weitgehend unbezahlbar sind. Ausserdem wird damit das Gesundheitssystem schrittweise vom öffentlichen Dienst in kapitalistische Unternehmen überführt, wodurch Gesundheit auch vermehrt der demokratischen Kontrolle entzogen wird.

Diese unsozialen Reformen und Vorschläge verschleiern die wahren Probleme bei der Finanzierung des Schweizer Gesundheitssystems: die mangelnde Solidarität und die Priorisierung des Profits. Die kapitalistische Logik, der das System derzeit folgt, ist geprägt von Sparmassnahmen, Budgetkürzungen und Privatisierung. Sie bürdet der Bevölkerung die Last auf und schränkt den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen in wirtschaftlich prekären Verhältnissen immer weiter ein.

Gewinnerzielung im Gesundheitssystem

Unsere Gesundheitsversorgung ist profitorientiert. Im Zuge des Neoliberalismus wurden nicht nur die Arbeitsverhältnisse der Menschen , sondern auch der Sozialstaat und die sozialen Infrastrukturen, einschliesslich der Gesundheitsversorgung angegriffen. Einerseits wurden vermeintliche Kostensenkungen und Sparpolitik durchgesetzt, aber vor allem, weil das Gesundheitswesen nach einer Profitlogik reorganisiert wurde, um Profite zu ermöglichen.

Die Privatisierung des Gesundheitssystems hat es ermöglicht, dieses stärker auf privaten Profit auszurichten. Sie hat eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, der Löhne und der Gesundheitsversorgung zur Folge und führt zu einer schlechteren Pflegequalität, höheren Kosten für die Patient*innen sowie einer Schwächung der demokratischen Kontrolle des Staates28, während der grösste Schweizer Konzern in diesem Bereich, die Hirslanden-Gruppe, einen Jahresumsatz von zwei Milliarden erzielt.29

Die Pharmaindustrie ist ein weiterer zentraler Akteur, der auf Kosten der Gesundheit nach Profit strebt. Sie ist ein grosser Teil der Schweizer Wirtschaft: Allein in der Schweiz sind über 1000 Unternehmen in der Chemie- und Pharmaindustrie tätig. Dazu gehören auch Novartis und Roche, zwei der grössten Pharmaunternehmen der Welt.30 Im Jahr 2022 wurden 40 % der nationalen Exporte im Wert von 109 Milliarden Franken von der Pharmabranche getätigt.31 Auch Novartis erzielt immer mehr Gewinn; so konnte die Firma ihre Dividenden, die sie pro Aktie auszahlt, in den letzten 20 Jahren verdreifachen.32

Ein wichtiges Mittel der Pharmaindustrie im Konkurrenzkampf um mehr Profit sind Patente. Patente auf Medikamente sind zeitlich begrenzt. Ist das Patent auf ein Medikament abgelaufen, können andere Firmen sogenannte Generika produzieren. Generika sind grundsätzlich billiger als die Originalarzneimittel und bringen den Konzernen weniger Umsatz ein. So stieg seit 2018 der weltweite Umsatz durch Originalpräparate von 675 Milliarden auf 964 Milliarden Dollar, der Umsatz von Generika lediglich von 75 auf 80 Milliarden Dollar.33

Die Verwendung von Patenten durch Unternehmen aus dem imperialen Zentrums, wie der Schweiz, stellt für alle anderen Länder, vor allem in der globalen Peripherie, wie die Schweiz, mehrere Probleme dar. Da ein Patent nicht nur auf den Wirkstoff selbst, sondern unter anderem auch auf Produktionsweisen oder Anwendungsgegenstände (wie eine Insulinspritze) erhoben werden kann, haben die meisten Konzerne mehrere Patente auf ein Produkt. Zudem ist es eine gängige Praxis, kurz vor Ablauf eines Patentes kleine Änderungen an einem Arzneimittel vorzunehmen, um auf die neue Version dann erneut ein Patent zu beantragen. Dies macht zum Beispiel der Pharmakonzern Eli Lilly mit Insulin, weshalb Insulin Preise in den USA lange für einige unbezahlbar hoch waren.34

Doch auch in der Forschung werden Kosten vom Beginn der Forschung bis zum überteuerten Vertrieb der Arzneimittel auf die breite Bevölkerung abgewälzt, während die Profite lediglich einzelnen Kapitalist*innen zugutekommen.. Eine Studie der Jama Network Open untersuchte beinahe 2000 Studien zu Covid-19-Behandlungen und -Impfungen aus den Jahren 2020 und 2021. Von den betrachteten Studien wurden über die Hälfte öffentlich finanziert und etwas mehr als ein Viertel von der Pharmaindustrie.35 Dennoch sind es private Firmen wie Pfizer, die mit der mRNA-Impfung gegen Covid-19 Rekordgewinne erzielen – eine Technologie, die ohne jahrzehntelange öffentliche Forschung nicht zustande gekommen wäre.36 Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass die Kosten vom Beginn der Forschung bis zum überteuerten Vertrieb der Arzneimittel auf die breite Bevölkerung abgewälzt werden, während die Profite einzelnen Kapitalist*innen zugutekommen.

Abschliessend lässt sich sagen, dass die Pharmaindustrie ihre essenzielle Position im Gesundheitswesen ausnutzt. Dies geschieht auf Kosten der Öffentlichkeit und der Gesundheit von Patient*innen. Es ist höchste Zeit, dem Einhalt zu gebieten.

4. Arbeit im Gesundheitssystem

Wer arbeitet im Gesundheitssystem?

Zunächst einmal muss erwähnt werden, dass das Funktionieren des Gesundheitssystems auf der immensen unbezahlten Care-Arbeit in der Schweiz beruht, die mehrheitlich von FLINTA-Personen geleistet wird.37 Aufgrund der Privatisierungen, Einsparungen und fehlender Investitionen, sowie dem gleichzeitigen Wachstum des Pflegebedarfs durch die Steigerung der Lebenserwartung, wird Care-Arbeit weiterhin vom bezahlten Gesundheitssystem auf von FLINTA-Personen geleistete unbezahlte Care-Arbeit verlagert. Dabei bedient man sich am patriarchalen Argument, dass weiblich gelesene Personen von Natur aus dazu neigen würden, Care-Arbeit zu leisten - auch unbezahlt. Somit wird die Überausbeutung bei der Care-Arbeit durch ein angebliches und falsches Naturgesetz begründet und legitimiert. Überausbeutung bezieht sich dabei nicht nur auf die unbezahlte Care-Arbeit - wo sie am stärksten ist - sondern auch auf die unterdurchschnittliche Entgeltung der bezahlten Care-Arbeit im Gesundheitssystem. Diese schlechten Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die Unsichtbarmachung der Care-Arbeit sind in den weniger angesehenen Bereichen des Gesundheitssystems besonders stark ausgeprägt.

Im Gesundheitswesen machen Pflegekräfte einen grossen Anteil der Arbeiter*innen aus.38 Ein weiterer grosser Sektor sind die Reinigungskräfte, die oftmals vergessen werden, wenn vom Gesundheitssektor die Rede ist. Sie sind jedoch sehr wichtige Akteur*innen, da Sauberkeit und Hygiene in Gesundheitseinrichtungen von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit der Klient*innen sind. In diesen Sektoren arbeiten überdurchschnittlich viele migrantische FLINTA-Personen, wobei bereits im ganzen Gesundheitswesen Frauen drei Viertel der Arbeiter*innen ausmachen. 39 40 Zu den wenigen Ausnahmen gehören Ärzt*innen, bei welchen Männer mehr als die Hälfte ausmachen.42 Auch hier ist die patriarchale Hierarchisierung im Gesundheitssystem, wo Ärzt*innen die oberste Schicht bilden, erneut sichtbar. Sie haben den elitärsten und exklusivsten Ausbildungsweg und sind die einzigen Personen, die befugt sind, Rezepte auszustellen und haben das letzte Wort über die Versorgung der Patient*innen. In den Führungsetagen der Schweizer Akutspitäler ist der Frauenanteil mit 28 % ebenfalls extrem klein, was erneut auf eine patriarchale Hierarchie hinweist.
Diese patriarchalen Strukturen und Auswirkungen zeigen gut auf, wieso eine linke Analyse vom Gesundheitssystem unbedingt einer feministischen Perspektive bedarf. Eine weitere Perspektive ist die internationalistische, welche vor allem in einer globalisierten Welt nicht untergehen darf. Mehr als 20% des Schweizer Gesundheitspersonals haben einen ausländischen Abschluss, mit grossen Unterschieden zwischen den Kantonen.42 Die Einwanderung von Gesundheitspersonal ist derzeit entscheidend für den Personalzuwachs.43 Das kann jedoch zu Personalmangel im Ausland führen, z. B. in den französischen Grenzregionen, wo die Schweiz den Mangel an medizinischem Personal verschlimmert. Diesem Mangel in Frankreich wird wiederum mit Personal aus beispielsweise Osteuropa entgegengewirkt, dem darauffolgenden Mangel in Osteuropa mit Personal von ausserhalb Europas und so weiter. Diese Entwicklung führt zu weiteren Mängel und somit sogenannten “Care-Ketten”, welche am Schluss die globale Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung verstärken.

Arbeitsbedingungen

Egal ob als Pflegefachperson in einem Altersheim, als Psycholog*in in einer Praxis, als Ärztin*Arzt in einem Spital oder als Apotheker*in; die Belastung und Herausforderungen sind gross und vielfältig. Nacht- und Schichtarbeit schadet der Gesundheit und der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Die ohnehin schon starke Arbeitsbelastung wird durch den chronischen Fachkräftemangel zusätzlich verstärkt. Der Fachkräftemangel führt zu überlangen Arbeitszeiten, Zeitdruck während der Arbeit und einem erhöhten psychischen Druck.43,44

Die Löhne in vielen Bereichen des Gesundheitswesens sind völlig unzureichend. Es gibt zwar Unterschiede je nach Bereich und Profession, doch die schlechte Bezahlung im ganzen Gesundheitsbereich führt dazu, dass viele Arbeiter*innen mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfen.45 Der Kostendruck im Gesundheitswesen führt dazu, dass die Löhne niedrig gehalten werden, um die Ausgaben zu kontrollieren. Diese schlechten Arbeitsbedingungen in Kombination mit der schlechten Bezahlung führen zu vermehrtem Berufsausstieg, was wiederum den Fachkräftemangel verstärkt. Der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen im Betrieb ist insbesondere im Gesundheitswesen schwierig, da das Streiken in Form einer Arbeitsniederlegung im Gesundheitssystem mit moralischen Schwierigkeiten verbunden ist. Arbeiter*innen sind mehr oder weniger direkt für die Gesundheit und das Leben ihrer Patient*innen verantwortlich, weshalb sie nicht einfach ihre Arbeit niederlegen können. Eine demokratische Kontrolle aller gesundheitlichen Einrichtungen ist deshalb ein zentraler Punkt für die Besserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen.

Auch in den Ausbildungen sind die Arbeitsbedingungen ähnlich schlecht. Zusätzlich müssen die Auszubildenden oft schon bald nach Beginn der Ausbildung viel Verantwortung übernehmen und die Regelungen in Bezug auf Pausen oder Freitage werden oftmals missachtet aufgrund der prekären personellen Situation in den Betrieben.

Insbesondere in Anbetracht all dieser Belastungen und schlechten Arbeitsbedingungen sind die Ausbildungslöhne völlig unzureichend oder inexistent.46,47.

Patient*innen-Sicht

Auch aus der Perspektive der Patient*innen kann das Gesundheitssystem Ursprung vieler Probleme sein. Zunächst einmal ist das Gesundheitssystem aus vielen Gründen unzugänglich: finanziell, aufgrund des Franchisenmodells, aber auch wegen Sprachbarrieren, Ableismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Fettfeindlichkeit49, oder medizinischer Wüsten50. So gibt es in ländlichen Gemeinden nur halb so viele Ärzt*innen in der Grundversorgung pro Einwohner*in wie in der Stadt.51 Gleichzeitig wird seit Jahren die Debatte über die Schliessung von Regionalspitälern geführt. Die Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheit spiegeln ausserdem die Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaft wider: Migrant*innen haben oftmals mit Sprachbarrieren, einem niedrigen Einkommen und mangelnden Kenntnissen über das komplexe Schweizer Gesundheitswesen zu kämpfen.52 Für Asylbewerber*innen oder Menschen, die in Rückkehrzentren leben, ist der Zugang zum Gesundheitssystem praktisch unmöglich und erfordert in gewissen Fällen eine juristische Intervention.

Wenn es den Menschen dennoch gelingt, Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erhalten, ist das System oft nicht in der Lage, ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Zu Behinderungen oder chronischen Krankheiten fehlen oftmals Fachkenntnisse oder Forschung.

In der medizinischen Forschung und klinischen Praxis besteht eine erhebliche Diskrepanz, da die Grundlage für die meisten Studien einen weissen, nichtbehinderten, endogeschlechtlichen und cismännlichen Körperdarstellt. Die Vernachlässigung geschlechtsspezifischer Unterschiede hat direkte Folgen für die Gesundheitsversorgung. Menschen ausserhalb der beschriebenen Norm zeigen oft andere Symptome und reagieren anders auf Behandlungen, was zu spät oder falsch diagnostizierten Krankheiten führen kann. Besonders bei Erkrankungen wie Endometriose, die nur Menschen mit Uterus betreffen, ist dies stark ausgeprägt – trotz ihrer Häufigkeit sind sie schlecht erforscht und unterdiagnostiziert.

Patient*innen sind im Schweizer Gesundheitssystem immer wieder Gewalt ausgesetzt. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür sind Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie53, die mitunter auch tödlich enden können.54,55,56 Auch in anderen Fachbereichen ist Gewalt ein häufiges Problem, wie zum Beispiel in der Gynäkologie und Geburtshilfe oder in den Kontakten zwischen dem Gesundheitssystem und TINA-Personen. FLINTA-Personen und rassifizierte Menschen werden oft weniger ernst genommen und ihre Schmerzen heruntergespielt, was die Versorgung dieser Menschen verschlechtert.

Gewalt gegen Patient*innen hängt zum Teil mit Personalmangel zusammen, aber auch mit der Entmenschlichung und Stigmatisierung von Patient*innen sowie mit dem Machtgefälle zwischen Patient*innen und Gesundheitspersonal. Obwohl es, wie bereits erwähnt, innerhalb des medizinischen Personals Hierarchien gibt, kommt es in allen Berufsgruppen zu Gewaltausübung gegenüber den Patient*innen. Die Klient*innen in psychiatrischen Institutionen leiden am stärksten unter der Entmenschlichung und der Verweigerung der Selbstbestimmung, die dem derzeitigen System innewohnen.

5. Vision eines sozialistischen Gesundheitssystems

Die Diskussionen über das Schweizer Gesundheitssystem drehen sich weitgehend um mögliche Wege, es zu reformieren. Ziel dieses Papiers ist es daher auch, zu skizzieren, wie ein grundlegend anderes und nach sozialistischen Prinzipien organisiertes Gesundheitssystem aussehen könnte.

Zunächst einmal ist klar, dass ein Gesundheitssystem dieser Art nur im Kontext einer sozialistischen Wirtschaft existieren kann. Die Voraussetzung für die Verwirklichung eines solchen Systems ist daher die Überwindung des Kapitalismus. In diesem neuen System muss die Gesundheit im Mittelpunkt der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Organisation stehen. Die Organisation der Arbeit müsste entsprechend angepasst werden, mit einer drastischen Arbeitszeitverkürzung und einer hohen Sicherheit am Arbeitsplatz. Generell sollte die Gesellschaft so organisiert werden, dass Stress, Erschöpfung und Unfälle so gering wie möglich gehalten werden. Das wichtigste Ziel dieses Systems sollte die Selbstentfaltung aller Menschen sein.

Neben der Bereitstellung von human resources für die Arbeit in der Pflege hängt ein sozialistisches Gesundheitssystem auch von einer geplanten Produktion von Gütern ab, die für das Gesundheitssystem benötigt werden. Vor allem die profitorientierte Pharmaindustrie muss verschwinden und Patente müssen abgeschafft werden. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung müssen vergesellschaftet werden, um einen am Gemeinwohl orientierten Fortschritt zu fördern. Die Produktion von Ressourcen, die für die menschliche Gesundheit unerlässlich sind, darf nicht länger den wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen untergeordnet werden, sondern muss sich an den menschlichen Bedürfnissen orientieren.

Darüber hinaus sollte die Medikamentenproduktion vergesellschaftet werden, um sicherzustellen, dass die Versorgung auch bei Unterbrechungen der globalen Lieferketten gewährleistet bleibt.

Ein weiteres Merkmal dieses Gesundheitssystems wäre, dass es keine privaten Dienstleistungen und Einrichtungen mehr gäbe. Die gesamte Gesundheitsversorgung wäre also öffentlich, und das gesamte medizinische Personal würde von einer demokratischen Führungsstruktur angestellt. Es gäbe keine Möglichkeit mehr, für unterschiedliche oder zusätzliche Leistungen zu bezahlen, sodass alle Menschen kosten freien Zugang zu qualitativ hochwertiger und ihren Bedürfnissen angepasster Pflege hätten.

Ohne Wettbewerb und Gewinnorientierung könnte das Gesundheitssystem ausschliesslich von demokratischen Prinzipien geleitet werden. Die internen Strukturen des Systems, sei es auf der Ebene einer Einrichtung oder auf Systemebene, müssten demokratisch sein, und auch die Verteilung der Ressourcen müsste von der Bevölkerung, die die nötige Bildung erhalten hat, auf demokratische Weise geplant werden.

Ein sozialistisches Gesundheitssystem sollte auch die Selbstbestimmung der Patient*innen ermöglichen. Dazu gehört ein gutes Bildungsniveau für die gesamte Bevölkerung, aber auch eine symmetrische und horizontale Beziehung zwischen Patient*innen und medizinischem Personal. Hierzu wäre eine entsprechende Schulung des medizinischen Personals erforderlich, in der die Bedeutung von informierter und freiwilliger Zustimmung betont wird. Neben dem gegenseitigen Respekt zwischen denjenigen, die Pflegeleistungen erbringen, und denjenigen, die sie erhalten, müssten auch die Machtdynamiken innerhalb des medizinischen Personals verschwinden, um eine gleichberechtigte Wertschätzung jeder Berufsgruppe zu ermöglichen. Jede Form von Diskriminierung innerhalb des Personals oder gegenüber Patient*innen müsste konsequent bekämpft werden. Die Pflegeleistungen würden an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst und nicht durch individuelle Merkmale bedingt oder begrenzt sein. Das Ziel jeder Behandlung müsste die Selbstentfaltung der Person sein und nicht nur die Heilung von Beschwerden oder die Aufrechterhaltung der Arbeitsproduktivität. Um schlechte Gesundheit so weit wie möglich zu reduzieren und die Lebensqualität zu erhöhen, müsste die Prävention ein Grundpfeiler des Gesundheitssystems sein.

Zu guter Letzt existiert die Schweiz nicht losgelöst von der Welt. Der Aufbau eines sozialistischen Gesundheitssystems muss daher auch aus einer internationalistischen Perspektive erfolgen. Dies erfordert die Überwindung der heutigen Macht-, Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen dem imperialen Zentrum und der globalen Peripherie und ein globales Ende der Marktlogik im Gesundheitsbereich. Wir müssen die Krisen unseres heutigen Systems wie die Care-Krise mitsamt ihrer Auswirkungen wie der Entstehung von Care-Ketten sowie die Klimakrise auf globaler Ebene bekämpfen, um die katastrophalen Folgen dieser Krisen für die Menschen in der globalen Peripherie abzumildern und gerechte Lösungen für die gesamte Weltbevölkerung zu finden.

6. Forderungen

Wie bereits erwähnt, kann ein sozialistisches Gesundheitssystem nicht in einer kapitalistischen Wirtschaft existieren. Es gibt jedoch auch Massnahmen, die die Gesundheit der Bevölkerung innerhalb unseres heutigen Systemsverbessern könnten. Wir fordern daher, dass die folgenden Massnahmen so schnell wie möglich umgesetzt werden:

  • Einführung einer staatlichen Einheitskasse
  • Abschaffung von Kopfprämien und Finanzierung des Systems durch progressive Steuern
  • Rückführung aller Spitäler in die öffentliche Hand, weg von (halb-) privat finanzierten Spitäler
  • Gesundheitsleistungen besonders in Randregionen sicherstellen
    • Einführung einer Grundversorgung
    • Erhöhung finanzieller Unterstützung von Hausärzt*innen auf kantonaler Ebene zur Bekämpfung vom Leistungsabbau
  • Radikale Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem
    • Einführung eines Mindestlohns in der Ausbildung, Berufslehre und Praktika
    • Ein Mindestlohn von 5000 CHF
    • Arbeitszeitverkürzung auf 25 Stunden pro Woche bei 100% ohne Lohnkürzungen
    • Gesundheitsschutz des Personals, Prävention psychosozialer Risiken
    • Eigenständige Festlegung der Arbeitszeiten durch die Belegschaft
    • Automatischer und rückwirkender Teuerungsausgleich
    • Eine angemessene und schweizweit geregelte Personalausstattung, die der Anzahl und den Bedürfnissen der Patient*innen entspricht.58
  • Wissenschaftliche Forschung, die sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert
    • Geschlechtergerechte Forschung
    • Das Ende von Forschungspartnerschaften mit Privatunternehmen
  • Das Recht auf Selbstbestimmung in der Pflege
  • Stärkere Priorisierung der Prävention
  • Totalrevision von “Invaliden”-Renten und dem Sozialversicherungssystem57
  • Komplette Kostendeckung aller medizinischen Leistungen inlusive psychiatrisch-psychologischen Therapien, sowie von Zahnbehandlungen
  • Strenge Regulierung und Kontrolle der Sicherheit am Arbeitsplatz
  • Eine weitgehende demokratische Mitbestimmung des Gesundheitspersonals
  • Aufbau einer demokratisch kontrollierten, öffentlichen Medikamentenproduktion
  • Öffentlich-gesellschaftlich organisierte Care-Arbeit
  • Die Abschaffung des Numerus Clausus und eine Ausweitung der Studienplätze
  • Wirksame Bekämpfung der Klimakrise
    • Einführung einer Steuer auf alle Erbschaften über 50 Millionen, um den Kampf gegen die Klimakrise zu finanzieren
    • Anpassung der Arbeitsbedingungen an Hitzewellen
    • Der Hitze angepasste Stadtplanung

Quellen

  1. WHO, Basic Documents, 2020
  2. https://hls-dhs-dss.ch/fr/articles/016312/2013-12-19/ und https://hls-dhs-dss.ch/fr/articles/016593/2012-12-06
  3. idem
  4. https://dista.uniability.org/glossar/das-individuell-medizinische-modell-von-behinderung/
  5. Karger H. J., «Burnout as Alienation», Social Service Review, Vol. 55, No. 2 (Jun., 1981), pp. 270-283.
  6. Umfrage SRG 2023
    ​​​​​​​https://www.gfsbern.ch/wp-content/uploads/2023/10/222053_wie-gehts-schweiz_hauptbefragung_schlussbericht-publikation_v3_def.pdf
  7. The effects of chronic stress on health: new insights into the molecular mechanisms of brain–body communication
    Agnese Mariotti
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5137920/
  8. Work stress and cardiovascular disease: a life course perspective
    Jian Li, Adrian Loerbroks, Hans Bosma, Peter Angerer
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5356969/
  9. Association of psychosocial risk factors with risk of acute myocardial infarction in 11119 cases and 13648 controls from 52 countries (the INTERHEART study): case-control study
    Annika Rosengren, Steven Hawken, Stephanie Ounpuu, Karen Sliwa, Mohammad Zubaid, Wael A Almahmeed, Kathleen Ngu Blackett, Chitr Sitthi-amorn, Hiroshi Sato, Salim Yusuf 2004
  10. https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/?contentid=10007.844678&porta-l=svportal
  11. https://www.wiwo.de/politik/deutschland/renteneintrittsalter-welche-berufsgruppe-am-wenigsten-von-einer-rente-ab-68-haette/27522952.html
  12. https://www.cairn.info/revue-retraite-et-societe1-2009-3-page-194.htm
  13. https://www.socialchangeswitzerland.ch/?p=3043
  14. https://ssp-vpod.ch/news/2022/age-de-la-retraite-et-esperance-de-vie-attention-trompe-l-il/
  15. https://www.rts.ch/info/suisse/2024/article/plus-de-200-deces-lies-au-travail-en-suisse-chaque-annee-une-reflexion-est-a-faire-28574672.html
  16. https://www.rts.ch/info/suisse/14183131-la-grande-majorite-des-personnes-accidentees-peut-reprendre-le-travail.html
  17. https://www.rts.ch/info/suisse/2024/article/les-employes-interimaires-ont-50-d-accidents-au-travail-de-plus-que-les-fixes-28485998.html
  18. Climate change
    https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-and-health
    2023
  19. https://www.histoiredelasecuritesociale.ch/risques/maladie
  20. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-versicherte-mit-wohnsitz-in-der-schweiz/besondere-versicherungsformen/modelle-eingeschraenkte-wahl.html
  21. https://www.inclusion-handicap.ch/fr/actualite/actualite_0/news-archiv/discrimination-des-personnes-handicapees-dans-le-domaine-des-assurances-privees-184.html
  22. https://www.revmed.ch/view/884152/7124402/583-8_44240.pdf
  23. https://primes-abordables.ch/
  24. https://primes-abordables.ch/
  25. https://www.rts.ch/info/suisse/14474323-franchises-elevees-ces-assures-qui-renoncent-a-se-faire-soigner-faute-de-moyens.html
  26. OFSP Statistique de l'assurance-maladie obligatoire, https://dashboardassurancemaladie.admin.ch/nombre_de_beneficiaires.html
  27. https://ssp-vpod.ch/news/2023/choc-des-primes-enfumage-et-privatisation/
  28. Einige Quellen, um die Auswirkungen der Privatisierung besser zu verstehen: https://syna.ch/aktuell/privatisierung-geht-weiter; https://ssp-vpod.ch/site/assets/files/0/21/721/ssp_16_web.pdf; https://www.evenement.ch/articles/non-la-privatisation-du-nettoyage ; https://basel.vpod.ch/news/2016/08/privatisierung-der-oeffentlichen-spitaeler-auf-keinen-fall-gemeinsame-spitalgruppe-ja-aber-1/
  29. https://www.blick.ch/wirtschaft/er-setzt-spitaeler-auf-diaet-der-konzern-hinter-der-massenkuendigung-in-einsiedeln-id17783042.html
  30. https://www.eda.admin.ch/aboutswitzerland/de/home/wirtschaft/taetigkeitsgebiete/chemie-und-pharma.html
  31. https://www.interpharma.ch/blog/medienmitteilung-die-pharmabranche-ist-der-motor-der-schweizer/
  32. https://www.novartis.com/ch-de/investoren/kennzahlen-und-analyse/dividendenentwicklung
  33. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/311686/umfrage/weltweiter-arzneimittelumsatz-von-verschreibungspflichtigen-generika-und-originalpraeparaten/
  34. https://time.com/6336840/patent-manipulation-insulin-prices/
  35. https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2795180?utm_source=For_The_Media&utm_medium=referral&utm_campaign=ftm_links&utm_term=081622
  36. https://jacobin.com/2022/05/pharmaceutical-industry-pfizer-covid-vaccines-patents
  37. Mehr zum Thema Care-Arbeit findet man in unserem Positionspapier: https://juso.ch/de/standpunkte/feminismus/grundlagenpapier-care-arbeit/
  38. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitswesen/beschaeftigung-berufe-gesundheitsbereich.html
  39. BFS Gesundheit Taschenstatistik 2024
  40. Es ist hier jeweils die Rede von Frauen, da es sich um binäre Statistiken handelt.
  41. https://ind.obsan.admin.ch/indicator/pflemo/personal-mit-auslaendischem-abschluss
  42. https://www.obsan.admin.ch/sites/default/files/2021-08/obsan_bulletin_2016-12_f.pdf
  43. https://ssp-vpod.ch/themes/sante/une-sante-qui-vacille/
  44. https://sbk-asi.ch/de/kampagnen/kampagnen/die-eidg-volksinitiative-fuer-eine-starke-pflege/geschichte
  45. VPOD Zürich Löhne im Gesundheitswesen 2024 Stephanie Fuchs
  46. VPOD Artikel Gesundheitswesen
  47. Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen mit Fokus auf den Gesundheitsschutz der Pflegekräfte Niklaus Seline 2022
  48. https://www.praktischarzt.ch/magazin/news-und-politik/umfrage-medizinstudierende-abbruch/
  49. Devaux, A., „La grossophobie médicale pèse sur la santé des patients“ (Die medizinische Grossophobie belastet die Gesundheit der Patienten), La Côte, 8. März 2023.
  50. https://www.swisshealthweb.ch/fileadmin/assets/SAEZ/2024/bms.2024.1478116889/bms-2024-1478116889.pdf
  51. Bundesamt für Statistik. 2023. “Medizinische Grundversorgung: Halb so viele Ärztinnen und Ärzte pro Kopf auf dem Land wie in der Stadt”. 24. November 2023. (https://www.bfs.admin.ch/asset/de/29105538).
  52. Tzogiou, Christina. 2021. “Was erklärt die Ungleichheiten in der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zwischen Migranten und Schweizern?”. Gesundheitsökonomie @ ZHAW, 8. April 2021.
  53. (https://blog.zhaw.ch/gesundheitsoekonomie/2021/04/08/was-erklaert-die-ungleichheiten-in-der-inanspruchnahme-von-gesundheitsleistungen-zwischen-migranten-und-schweizern/ ).
  54. Haldemann, Muriel. 2023. “Stationäre Psychiatrie: Wirksame Behandlungen und weniger Freiheitsbeschränkende Massnahmen im Jahr 2022”. ANQ, 17. Oktober 2023. (https://www.anq.ch/de/medienmitteilungen/stationaere-psychiatrie-wirksame-behandlungen-und-weniger-freiheitsbeschraenkende-massnahmen-im-jahr-2022/).
  55. Roth, Rafaela. 2024. “Der Tod eines 18-jährigen Autisten in der Klinik Königsfelden wirft Fragen auf: Warum musste Theo W. sterben?”. NZZ, 13. April 2024. (https://www.nzz.ch/report-und-debatte/der-tod-eines-18-jaehrigen-autisten-in-der-klinik-koenigsfelden-wirft-fragen-auf-warum-musste-theo-w-sterben-ld.1825101).
  56. Nikolic, Tijana. Küttel, Kilian. 2022. “«Schwere Fehler» bei Zwangsmedikation: Wie die Klinik Zugersee immer wieder gegen das Gesetz verstösst”. Zuger Zeitung, 2. Juli 2022. (https://www.zugerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/zuger-psychiatrie-neue-vorwuerfe-an-klinik-zugersee-ich-konnte-nicht-mehr-hinter-dem-stehen-was-dort-ablaeuft-ld.2298882)
  57. SRF investigativ. 2024. “Psychiatrische Kliniken. Fixiert und eingesperrt. Wie Zwangsmassnahmen junge Menschen in der Schweiz traumatisieren”. SRF, 1. Mai 2024. (https://www.srf.ch/news/schweiz/missstaende-in-der-psychiatrie-sechs-tage-festgebunden-und-mit-medikamenten-ruhiggestellt).
  58. Mehr Informationen dazu in unserer Resolution für eine 13. IV-Rente: https://juso.ch/fr/publications/positions/une-13e-rente-pour-toutes-et-tous-les-rentiereers-du-1er-pilier/
  59. https://ind.obsan.admin.ch/indicator/pflemo/nurse-to-patient-ratio, https://www.pflege-pbs.ch/wp-content/uploads/2021/09/2_PflegeOutcomesNurse-Pat-Ratio_MSimon-Kopie.pdf
Für ein solidarisches, gerechtes und emanzipatorisches Gesundheitssystem!