Für eine solidarische Altersvorsorge – Auf zur Volkspension!

19.02.2024

Resolution verabschiedet an der Jahresversammlung der JUSO Schweiz vom 17. und 18. Februar 2024 in Bern-Bümpliz

Unser heutiges Rentensystem beruht auf drei Säulen. Die erste Säule, die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) funktioniert aufgrund ihres Umlageverfahrens solidarisch und hat den Auftrag der Existenzsicherung. Die zweite Säule, die BVG (Berufliche Vorsorge) beruht auf dem Kapitaldeckungsverfahren und hat den Auftrag des Erhalts des Lebensstandards. Diese beiden Säulen sind obligatorisch, wobei man in die zweite Säule erst ab einem Einkommen von jährlich 22‘050.- (Eintrittsschwelle) einzahlen kann. Dies führt dazu, dass Personen mit Teilzeitpensen und sehr tiefen Einkommen kaum oder keine Ersparnisse in der zweiten Säule haben. Oft betrifft das Frauen, die einen Grossteil der unbezahlten Care-Arbeit leisten, weshalb die durchschnittliche Frauenrente (Fr. 2953.50) rund 1/3 tiefer ist als die durchschnittliche Männerrente (Fr. 4394.60)[1]. Altersarmut in der Schweiz ist daher sehr oft weiblich.[2] Die dritte Säule ist fakultativ und beruht auf individuellem Sparen. Momentan bezahlen nur 10% der Schweizer Bevölkerung den Maximalbetrag in die dritte Säule ein.[3] Sie ist eigentlich ein Geschenk an Gutbetuchte und Reiche, welche es sich leisten können, zusätzlich zur AHV und Pensionskassenbeiträgen weitere grössere Geldbeträge zu bevorzugten Zinsen anzusparen. Diese Beiträge können sie gar von den Steuern abziehen.

In den letzten Jahrzehnten blies die rechtsbürgerliche Rentenpolitik vor allem in eine Richtung: Stärkung der zweiten und dritten Säule und Schwächung der AHV. Die gewaltigen Mittel in den Pensionskassen werden möglichst gewinnbringend auf den Finanzmarkt ohne die Kontrolle der Versicherten angelegt, z.B. in Form von Aktien, Obligationen und Immobilien. Dies spült den privaten Pensionskassen und Banken jährlich 20 Milliarden Franken in die Kassen.[4] Diese Anlage ist zudem sehr krisenanfällig und zwingt die Bevölkerung sich am Casino der Finanzspekulation zu beteiligen.

Wer von einer Schwächung der ersten Säule profitiert und folglich ein Interesse daran hat, sind also die Banken und Versicherungen, da die Bevölkerung immer mehr ins Kapitaldeckungsverfahren der 2. und 3. Säule getrieben wird.

Die AHV hingegen ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Linken. Durch das Umlageverfahren geben Erwerbstätige einen Teil ihres Einkommens über die AHV direkt an Rentner*innen weiter. Ausserdem ist es die einzige Säule, die sowohl einen Teuerungsanpassung als auch Erziehungsgutschriften für unbezahlte Care-Arbeit kennt. Die AHV lindert gar die ungleiche Verteilung des Einkommens, da sie zum einen für alle obligatorisch ist, die Beiträge prozentual zum Einkommen berechnet werden und dann eine Ober- und Untergrenze bei den Rentenbeiträgen hat. Dies führt dazu, dass 92% mehr Geld aus der AHV erhalten, als dass sie einbezahlt haben.[5] Die AHV ist damit eine stabile und verteilungsgerechte Institution. Trotz alldem, erreicht sie ihr verfassungsmässiges Ziel – die Existenzsicherung – aber nicht.
Während die Rechtsbürgerlichen die AHV zu Gunsten der zweiten und dritten Säule angreifen, ist für uns klar; die AHV muss massiv gestärkt und die Renten erhöht werden. Wir müssen unser heutiges Rentensystem grundlegend überdenken und hin zu einem nachhaltig gerechten System, welches für alle Menschen ein würdiges Leben im Alter ermöglicht.

Wenn wir eine solidarische, gerechte und nachhaltige Altersvorsorge wollen, müssen wir mittelfristig vom Drei-Säulen-System wegkommen und eine einzige Kasse in Form einer Volkspension etablieren. Dafür sollen die zweite und dritte Säule abgeschafft und die erste Säule nach dem Grundprinzip der AHV beibehalten werden. Die Finanzierung soll weiterhin auf einkommensabhängigen Beiträgen basieren. Der Beitragssatz soll jedoch progressiv sein, damit Menschen mit hohen Einkommen auch proportional mehr beitragen als Menschen mit mittleren und tiefen Einkommen. Alle versicherten Beiträge der zweiten und dritten Säule sollen in die Volkspension überführt werden und damit einen stabilen Vermögensaufbau dieser garantieren. Ausserdem muss sich der Umfang und die Herkunft der Bundesbeiträge ändern. Heute werden diese unfairerweise durch die Besteuerung von Tabakwaren und Spirituosen finanziert. Diese Konsumsteuern treffen tiefe und mittlere Einkommen proportional stärker als hohe Einkommen. Daher fordern wir, dass diese Finanzierungsart aufgegeben wird, genauso wie bei den Erträgen aus der Mehrwertsteuer und den Spielbanken. Alleine schon mit der Überführung der heute bestehenden BVG-Abzüge sowie der gesamten BVG-Vermögen (rund 1000 Mrd.[6]) in die erste Säule und der Einkommensprogression des Beitragssatzes sollte die Finanzierung der Volkspension bereits zu guten Teilen gedeckt werden. Eine Bundessteuer auf grosse Vermögen oder auf Erbschaften kann bei Bedarf weitere Einnahmen generieren. Dazu soll schlussendlich auch eine neue Abgabepflicht auf Kapitalerträgen, wie Dividenden, Zinsen und weiteren Kapitalgewinnen als Finanzierungsquelle dienen. Diese sind heute von den Sozialversicherungsbeiträgen befreit.

So könnte für alle eine Mindestrente von CHF 5’000 gewährleistet werden, um so allen ein würdiges Leben im Alter garantieren zu können. Diese Beiträge müssten bei Einführung den aktuellen Preisumfeld angepasst werden und von einem ständigen Gremium bestehend aus Gewerkschaftsbund und Rentenorganisationen auf den Zweck der Existenzsicherung geprüft und allfällig nach oben angepasst werden.

Es ist klar, dass die Umsetzung der Volkspension nicht von heute auf morgen passieren kann. Deshalb schlagen wir eine Umsetzung in den nächsten 10 Jahren vor. In diesen 10 Jahren, soll die zweite und dritte Säule abgeschafft und deren Gelder in die erste Säule überführt werden. Dadurch soll die Grundlage für die Volkspension und damit ein solidarisches Rentensystem geschaffen werden. Um die Finanzierung der Volkspension zu sichern und ein sozial gerechtes System geschafft werden kann, müssen u.a. die oben genannten Massnahmen in 10 Jahren umgesetzt werden.

Mit diesem Paradigmenwechsel können wir ein sozial gerechtes Rentensystem schaffen. Ein System, das auf Generationensolidarität statt Individualismus setzt und ein gutes Leben auch in der Rente garantiert.

Auf zur Volkspension!


[1] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann/einkommen/pension-gap.html#:~:text=Im%20Jahr%202021%20betrug%20die,der%20M%C3%A4nner%2052%20735%20Franken.

[2] https://www.sgb.ch/themen/detail/dossier-157-frauen-in-der-altersvorsorge#:~:text=Die%20Zahlen%20sind%20deutlich%3A%20Frauen,von%20M%C3%A4nnern%20und%20Frauen%20aus.

[3] https://youtu.be/dZ8fiy3HWVw?si=nASgR0wFqeqeUtQk&t=610

[4] Vgl. Schlumpf 2022: https://www.blick.ch/politik/schweizer-rentendebakel-finanzindustrie-verspielt-200-milliarden-franken-vorsorgegelder-id18027300.html

[5] https://www.sp-ps.ch/artikel/mehr-ahv-rente-fuer-alle/

[6] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/soziale-sicherheit/berufliche-vorsorge.assetdetail.30026704.html