Kampf den Grossverteilern und dem Kapital: Für das würdige Leben von Landwirt*innen!

19.02.2024

Resolution verabschiedet an der Jahresversammlung der JUSO Schweiz vom 17. und 18. Februar 2024 in Bern-Bümpliz

Die Landwirt*innen in ganz Europa kämpfen gegen den Preisdruck, die steigenden Anforderungen an sie und die Auswirkungen der Klimakrise. Die konventionelle Landwirtschaft, ausgebeutet von der Agrar- und Ernährungsindustrie, dem Freihandel und der Spekulation, befindet sich in einer Sackgasse. Langfristig sinkende Preise, sowie der Druck, sich verschulden zu müssen, führen zum Verschwinden vieler landwirtschaftlicher Betriebe. Oft betrifft es jene, die finanziell schlecht gestellt sind. Die Anzahl grosser Betriebe mit mindestens 30 Hektaren landwirtschaftlich genutzter Fläche nehmen zu, während die Anzahl der kleinen Betriebe stark sinkt.[1] Die Lage ist klar: Die konventionelle Landwirtschaft führt zu einem Verlust eines würdigen und respektierten Lebens von Bäuerinnen und Bauern. Der nötige ökologische und soziale Wandel in unserer Gesellschaft ist unmöglich, wenn wir innerhalb der alten Muster weitermachen. Angelehnt an die fünf Schwerpunkte von Swissaid (Bäuerinnen, Biodiversität und Saatgut, verschiedene Einnahmequellen, Anpassung an den Klimawandel, Netzwerke und Wissenstransfer), müsste die Landwirtschaft unbedingt auf Agrarökologie umgestellt werden![2] Ausserdem ist es zu verurteilen, dass die Landwirtschaft finanziell den orangefarbenen Handelsriesen unterworfen ist.

Die Schweizerische Kleinbauern-Vereinigung äussert Forderungen nach einem fairen Markt und geteilte Gewinnmargen zwischen Produzent*innen und Händler*innen.[3] Für die Vereinigung ist Folgendes wichtig: Faire Einkommen für die Bäuerinnen und Bauern und eine Landwirtschaft, die das Klima und die Biodiversität schützt, sind kein Widerspruch. Beide sind unumgänglich, wenn wir die Lebensmittelproduktion langfristig erhalten wollen. Ausserdem kritisiert sie den Schweizer Bauernverband, dessen Lösungsvorschläge «Alibi-Aktion[en] um die Kontrolle über die Proteste zu behalten» seien, und der sich «vor den Karren der Konzerne spannen» lässt.

Laut der Confédération Paysanne[4] muss in Frankreich sofort ein Grundeinkommen für Bäuerinnen und Bauern eingeführt werden, da der Kern der bäuerlichen Unzufriedenheit aus ihrer Sicht in der Entlöhnung der bäuerlichen Arbeit liegt. Sie fordert daher die Einstellung aller Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen und unter anderem die Einführung von Mindestpreisen, welche die Betriebskosten, die Löhne und Sozialbeiträge der Beschäftigten decken.

Diese Proteste der Bäuerinnen und Bauern für die Würde der Arbeiter*innen müssen von der JUSO Schweiz ernstgenommen werden. Daher muss unsere Partei aktiv ihre Forderungen des Positionspapiers, angenommen von der Delegiertenversammlung des 5. Mais 2021, wiederaufnehmen und auf die Vollendung ihrer landwirtschaftspolitischen Vision hinarbeiten. Ihre Kommunikation zu dieser wichtigen sozialen Bewegung muss ausserdem aktiv sein. Die JUSO Schweiz fordert in erster Linie:

  • Die staatliche Kontrolle der von den Händler*innen erhobenen Margen, damit diese auf einen deutlich niedrigeren Satz als heute gesenkt werden. Ebenso muss der Beitrag, der den Betrieben zufliesst, deutlich erhöht werden;
  • Die faire Verteilung der Gewinne zwischen Landwirt*innen und Händler*innen;
  • Die Festlegung von Mindestpreisen für den Aufkauf von Waren von landwirtschaftlichen Betrieben durch die grossen Handelsketten sowie von Höchstpreisen für den Weiterverkauf von Lebensmitteln;
  • Einen Lohn und somit einen sozialen Schutz für Bäuerinnen und Bauern;
  • Die Erhöhung der Minimal-AHV-Rente, um die Lebenssituation der pensionierten Bäuerinnen und Bauern zu verbessern;
  • Die Vereinfachung des Verwaltungsaufwands, der quantitativ gesenkt werden muss, ohne dass dies auf Kosten des ökologischen Schutzes geht;
  • Mehr staatliche Begleitung bei den administrativen Schritten, die von den Bäuerinnen und Bauer verlangt werden
  • Den sofortigen Stopp neuer Verhandlungen über das Freihandelsabkommen und die Infragestellung der bereits etablierten Abkommen;
  • Eine massive Erhöhung der staatlichen administrativen und finanziellen Unterstützung beim agrarökologischen Übergang;
  • Einen effizienten Schutz landwirtschaftlich genutzter Flächen angesichts der Urbanisierung, des Ausbaus der Autobahnen und der Monopolisierung durch Grossbetriebe;
  • Die Einführung einer sozialen und ökologischen Agrar- und Ernährungspolitik

[1] https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/fr/home/actualite/newsroom/2020/exploitations-agricoles-suisse.html

[2] Definition Swissaid: «Die Agrarökologie ist unser Werkzeug, um ein nachhaltiges, gerechtes und gesundes Ernährungssystem zu erreichen. Der vielschichtige Ansatz basiert auf natürlichen Kreisläufen, schont die Ressourcen und verringert die Abhängigkeit von externen Faktoren wie chemischen Düngemitteln. Zudem stärkt die Anbauweise den Boden - und schützt so vor Stürmen, Starkregen oder Dürrezeiten.»

[3] https://www.kleinbauern.ch/bauernproteste/

[4] https://confederationpaysanne.fr/actu.php?id=14129