NEIN zum Schnüffelstaat – Gegen den Sicherheitswahn und den Ausbau der Überwachung

10.05.2014

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 10. Mai 2014 in Basel

Bundesbern beschäftigt sich derzeit mit der Revision des Bundesgesetzes betreffend der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) und einem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG). Gemäss Bundesrat müssen die Möglichkeiten der Strafverfolgung „an die technische Entwicklung der letzten Jahre und, im Rahmen des Möglichen, an die künftigen Entwicklungen in diesem Bereich angepasst“[1] werden und „Tätigkeit, Beauftragung und Kontrolle des Nachrichtendienstes“[2] gesetzlich geregelt werden. De facto zielen die neuen Gesetze aber auf einen starken Ausbau der Überwachung der Bürger_innen. Besonders erstaunlich ist die unkritische Haltung gegenüber dem Nachrichtendienst: Nach der ersten und der zweiten Fichenaffäre wäre zu erwarten, dass die Tätigkeit des Staatsschutzes einer Prüfung unterzogen wird, die Aufsicht gestärkt wird und die gefährliche und unkontrollierten Anhäufung von sensiblen Daten ein Ende bereitet wird. Stattdessen werden die Kompetenzen des Nachrichtendienstes drastisch erweitert. Aus den Missbräuchen im Bereich der Gesinnungs-Schnüffelei wurde nichts gelernt.

Die zentralen Neuerungen des BÜPF und des NDG:

  • Trojaner: Künftig sollen Computer mit dem Einsatz von Trojanern ausspioniert werden können. Auf alle Informationen eines Computers kann zugegriffen werden. Die Betroffenen müssen auch nachträglich nicht informiert werden.
  • Vorratsdatenspeicherung: Wer wann mit wem wie lange von wo aus telefoniert oder gemailt hat, soll zwölf statt nur sechs Monate auf Vorrat gespeichert werden müssen.
  • Ausweitung des Anwendungsbereichs: Bisher waren nur Fernmelde- und Internetanbieter dem Gesetz unterstellt. Neu fallen auch Betreiber von Webhosting und WLANs unter die gesetzlichen Bestimmungen. Die Überwachung wird damit ausgeweitet.
  • Personen-Überwachung: Die Überwachung von Personen an nicht allgemein zugänglichen Orten (z.B. Wohnungen, Büros) wird ermöglicht - mittels Einbruch oder technischer Überwachungsgeräte.
  • V-Leute: Sogenannte „Vertrauens-Leute“ sollen etabliert werden – trotz katastrophaler Erfahrungen in anderen Ländern.
  • Bedenkliche rechtliche Definitionen: Die Definition der Bedrohung der inneren Sicherheit soll unklar geregelt werden und kann breit interpretiert werden kann. (z.B. Organisationen die „Gewalttaten befürworten“[3] )

Hinter den Verschärfungen versteckt sich die Prämisse, dass mehr Überwachung zu mehr Sicherheit führt. Sie ist ein Trugschluss. Unkonformes Verhalten und Gewalt waren immer Teil der Gesellschaft, und werden es auch immer sein. Der Sicherheitswahn baut aber nicht nur auf falsche Annahmen, er ist auch gefährlich: Unter der Illusion von mehr Sicherheit werden unsere fundamentalen Rechte, die Grundrechte, aufgegeben. Der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz, insbesondere die Garantie des Privatlebens nach Art. 13 Abs.1 BV sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, verankert in Art. 13 Abs.2 BV, werden praktisch sinnentleert, wenn man den Strafverfolgungsbehörden und dem Nachrichtendienst derartige Kompetenzen zuspricht.

Die Grundrechte sichern die Freiheit des Bürgers und der Bürgerin. Für diese Freiheit hat sich die Sozialdemokratie stets mit voller Überzeugung eingesetzt. Wir wehren uns dagegen, dass jede und jeder unter Generalverdacht gestellt wird und bekämpfen den fortschreitenden Ausbau der totalen Überwachung.

Die JUSO Schweiz fasst daher folgende Beschlüsse:

  • Die JUSO Schweiz bekämpft mit aller Kraft die Revision des BÜPF und das neue NDG. Falls notwendig wird auch das Ergreifen von Referenden geprüft.
  • Die JUSO Schweiz setzt sich innerhalb der SP dafür ein, dass sie sich unserer Position anschliesst und sich dem Ausbau der Überwachung widersetzt.

[1] Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vom 27. Februar 2013, S. 2685.

[2] Botschaft des Bundesrates zum Nachrichtendienstgesetz, vom 19. Februar 2014, S. 2.

[3] Nachrichtendienstgesetz (NDG) Entwurf, S. 141.