Resolution verabschiedet an der Jahresversammlung vom 22./23. Februar 2020, Bern
Vor der Einführung des Zivildienstes 1996 gab es für dienstpflichtige Personen mit einem Gewissenskonflikt genau zwei Wege, wie sie den unsinnigen Militärdienst vermeiden konnten: Entweder liessen sie sich von Psychiater*innen ihre Dienstuntauglichkeit bestätigen und nahmen die damit einhergehende gesellschaftliche Stigmatisierung in Kauf, oder aber sie verweigerten den Militärdienst und mussten mit Gefängnisstrafen sowie massiven zivilgesellschaftlichen Schikanen rechnen. Die Einführung des Zivildienstes ermöglichte somit sowohl die Entkriminalisierung der Militärdienstverweigerer als auch einen wertvollen Ersatzdienst, der unserer Gesellschaft viel mehr bringt als das Herumspielen mit Gewehren und Panzern.
Seit der Einführung des Zivildienstes wird dieser jedoch auch von rechter Seite bekämpft. So bezeichnete der ehemalige SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz Zivildienstleistende als «traurige Weicheier», «Hosenscheisser» und «Pseudopazifisten», die im Ernstfall nicht bereit seien, die Menschen in der Schweiz zu verteidigen. Dasselbe veraltete Denkmuster findet sich auch bei der geplanten Revision des Zivildienstgesetzes, bei der acht Massnahmen zur Einschränkung der Zivildienstzulassungen verabschiedet werden sollen. Das Ziel der Revision ist klar: Die Bestandszahlen der Armee sind rückläufig. Statt sich damit abzufinden, dass immer weniger junge Menschen bereit sind unnötigen Militärdienst zu leisten, wollen die Rechten das Problem des Militärs lösen, indem sie den Zivildienst unattraktiver machen.
Nebst einer Mindestanzahl von 150 Diensttagen im Zivildienst – unabhängig davon, wie viele Diensttage im Militär schon geleistet wurden – soll der dienstverlängernde Faktor 1.5 neu auch für Unteroffizier*innen und Offizier*innen gelten. Diese müssen bereits mindestens 510 Tage Militärdienst leisten, mehr als doppelt so viele wie regulär Dienstpflichtige. Dauert der Zivildienst bei ihnen nun ebenfalls anderthalb Mal länger, so stellt dies eine krasse Benachteiligung dar. Weiter ist eine Wartefrist von einem Jahr geplant für all jene, die die Grundausbildung bereits abgeschlossen haben. Angehörige der Armee mit keinen Restdiensttagen sollen neu gar nicht erst zum Zivildienst zugelassen werden. Zudem soll der Einsatz von Mediziner*innen in ihrem erlernten Arbeitsbereich verboten werden. Auch im organisatorischen Bereich wird alles gegeben, um den Zivildienst möglichst unvereinbar mit Familie und Beruf zu machen: Neu soll eine jährliche Einsatzpflicht gelten und der lange Einsatz muss spätestens im Kalenderjahr nach der rechtskräftigen Zulassung abgeschlossen sein. Die letzte Massnahme ist der Wegfall von Einsätzen im Ausland.
Diese Änderungen sind für die Betroffenen schikanös. Wer aus Gewissensgründen keinen Militärdienst leisten will, darf dafür keinesfalls bestraft werden. Mit dem geplanten Massnahmenpaket geschieht aber genau das. Wenn die Armeebefürworter*innen mehr Armeedienstleistende wollen, dann sollen sie diesen Dienst attraktiver gestalten und nicht die Hürden zum Zivildienst erhöhen. Die JUSO Schweiz stellt sich vehement gegen die Verschlechterung des Zugangs zum Zivildienst und wird das Referendum dagegen unterstützen.