Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 30.04.2022 in La Roche (FR)
In der Nacht auf den 24. Februar änderte sich mit dem Einmarsch russischer Truppen in den souveränen Staat Ukraine das Selbstverständnis Europas, sich in einer Nachkriegszeit zu befinden. Seither erreichen die Welt Bilder von zerbombten Städten, Massakern an Zivilist*innen und flüchtenden Menschen, deren Zuhause keine Sicherheit mehr bietet.
Die schrecklichen Ereignisse hauchten der europaweiten Friedensbewegung neues Leben ein und führten zu einer grossen Solidaritätsbewegung mit Geflüchteten aus der Ukraine. So schön die neuentdeckte Solidarität ist, so offenbart sie auch den tiefverankerten Rassismus unserer Gesellschaft, der Mitgefühl und Solidarität mit anderen Geflüchteten blockiert.
Der Krieg hat auch die langjährigen verurteilenswürdigen Verstrickungen der Schweiz mit russischen Oligarch*innen und Rohstofffirmen in die Mitte des öffentlichen Bewusstseins katapultiert. Rechte Parteien haben die Schweiz in den letzten Jahren in ein Paradies für zwielichtige russische Geschäfte und einen sicheren Hafen für russische Oligarch*innen verwandelt. So haben heute unzählige russische Superreiche ihr Geld in der Schweiz versteckt und rund 80% des russischen Rohstoffhandels läuft über die Schweiz. Die Schweiz trägt damit eine enorme wirtschaftspolitische Verantwortung im Ukraine-Krieg. Eine entschiedene Kehrtwende weg vom Oligarchen-Kuschelkurs ist trotzdem nicht in Sicht. Während die europäische Staatengemeinschaft Sanktionen gegen Kremlabgeordnete und Oligarch*innen beschloss, zögerte die Schweiz die Übernahmen der Sanktionen sträflich lange heraus und setzt sie noch heute nicht wirksam um.
Die bürgerlichen Parteien und insbesondere die SVP verstecken sich hinter dem Feigenblatt der Schweizer Neutralität um auch in Zukunft von guten Beziehungen mit russischen Oligarch*innen zu profitieren. Dabei ist klar: Neutralität heisst nicht Gleichgültigkeit im Angesicht von Menschenrechtsverletzungen, sondern einen unparteiischen Einsatz für die Grundrechte aller Menschen.
Die bürgerlichen Parteien missbrauchen den Kriegs-Schock zudem, um ihre Aufrüstungspläne weiter voranzutreiben. Auch das ist kreuzfalsch und brandgefährlich. Wenn uns die Geschichte eines gelehrt haben sollte, dann dass Aufrüstung und Wettrüsten nicht zum Frieden führen. Die JUSO Schweiz verurteilt das Gebaren der Rechten, welches die Profite ihrer Klientel und die eigenen Aufrüstungsgelüste höher gewichtet als den Kampf gegen den Krieg und die bedingungslose Solidarität mit all seinen Opfern.
Damit die Schweiz sich von der Komplizin von Kriegstreibern auf der ganzen Welt zu einer Vorkämpferin für eine friedlichere und sicherere Welt entwickelt, sind umfassende Veränderungen nötig. Sicherheitspolitik darf nicht länger im engen Korsett der militärischen Landesverteidigung verhaftet bleiben. Wir brauchen eine international koordinierte Abrüstung und eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, die nicht auf militärischen Bündnis-Blöcken sondern auf auf internationalen Verträgen und der UNO und OSZE basiert. Wer langfristigen Frieden will, muss nicht in Panzer oder Kampfjets investieren, sondern in Friedensförderungsprojekte und eine Rückverteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes an die 99%. Weltweite soziale Gerechtigkeit ist der langfristig beste Schutz gegen einseitige Kriegspropaganda und Kriegstreiber, welche die Notlage von Menschen für ihre eigenen politischen Interessen missbrauchen. Hier trägt die Schweiz insbesondere als Finanz- und Rohstoffdrehscheibe, sowie als Steueroase eine grosse Verantwortung. Damit diese überhaupt wahrgenommen werden kann, muss die Schweiz auch Licht in den undurchsichtigen Finanzplatz bringen und das Bankengeheimnis vollumfänglich auflösen und Konzerne zur Offenlegung ihrer Besitzstrukturen zwingen. Genau das hat sich auch in den letzten Wochen gezeigt, in denen die Schweizer Verstrickungen mit Putins Regime noch nicht mal ansatzweise geklärt wurden.
Als wirtschaftliche Sofortmassnahmen fordert die JUSO zudem:
- Den Einsatz einer Task Force zur Aufspürung der Vermögenswerte von russischen Oligarch*innen
- Eine Verschärfung der Sanktionen gegen die russischen Eliten. Oligarchengelder gehören nicht nur Eingefroren, sondern schrittweise enteignet. Die eingezogenen Vermögen sollen für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden.
- Einen Importstopp von Erdöl und Gas aus Russland. Die Schweiz darf die Kriegskasse des Kremlsnicht weiter füllen. Um eine Energieversorgungskrise zu Verhindern muss der Ausbau von erneuerbaren Energieträgern massiv hochgefahren werden. Parallel braucht es Unterstützungsmassnahmen für Mieter*innen, deren Heizkosten sich durch ein Gas- und Öl-Embargo erhöhen.
In diesem Sinne ist für die JUSO auch klar: Wir lehnen jegliche Sanktionen ab, welche auf die Zivilbevölkerung in Russland zielen. Russ*innen, die selbst unter dem System Putin leiden, dürfen nicht den Preis für den herrschenden Krieg bezahlen. Unsere Solidarität gilt nicht einem Nationalstaat, sondern allen Menschen, die vom Krieg in der Ukraine, anderen kriegerischen Konflikten oder wirtschaftlichem Elend betroffen sind.