Resolution zur Altersreform 2020

11.03.2017

Verabschiedet an der Jahresversammlung 2017 der JUSO Schweiz

Die Bürgerlichen greifen die AHV seit Jahren an und reden sie schlecht. Dabei ist die AHV das gerechteste und stabilste Sozialversicherungssystem der Schweiz und baut als grösstes Sozialwerk des Landes auf dem Umlageverfahren auf: der erwerbstätige Teil der Bevölkerung leistet finanzielle Beiträge in Form von Lohnprozenten, die ihrerseits direkt als Rentenzahlungen an die Menschen im Ruhestand gehen. Dieses Prinzip verkörpert echte und reale Rückverteilung, die bestehende Lohnunterschiede mildert. Die AHV steht also für die Solidarität zwischen älteren und jüngeren Generationen und als solches ganz generell für die Solidarität unter den Menschen.

Die anstehende Rentenreform 2020 ist ein zweischneidiges Schwert: Der Ständerat will die AHV um 70 Franken erhöhen. Damit bricht er das bürgerliche Tabu der Rentenerhöhungen und geht einen winzigen Schritt auf dem einzig richtigen Weg: Der Stärkung der AHV. Gleichzeitig wird das Frauenrentenalter erhöht. Das ist weit mehr als eine „bittere Pille“, wie momentan oft zu hören ist: Die Befürworter*innen der Erhöhung plädieren unter dem Vorwand einer Gleichstellung, dass das Rentenalter der Frauen* angeglichen werden sollte. Dabei ignorieren sie, dass Frauen* nach wie vor weniger verdienen, sei dies wegen Lohndiskriminierung oder tieferen Löhnen in den traditionellen „Frauen*berufen“, dass Frauen* öfter Teilzeit arbeiten müssen, weniger Zugang zu gut bezahlter Arbeit haben und auch heute noch den grössten Teil der unbezahlten Care-Arbeit im Haushalt, in der Kindererziehung und in der Pflege tragen. Ebenfalls treten schon heute fast 40 Prozent der Frauen* frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurück, nicht zuletzt deshalb, weil von ihnen erwartet wird, dass sie die Pflege und Betreuung von Angehörigen oder Enkelkindern übernehmen. Alle diese Faktoren führen dazu, dass Altersarmut nach wie vor zum grössten Teil weiblich ist.

Wir als Jungsozialist*innen sehen aber auch, dass der Ständeratskompromiss die Lebensrealitäten – insbesondere von Frauen und einkommensschwachen Personen - real verbessern würde: Das bürgerliche Tabu von Rentenerhöhungen wird gebrochen und eröffnet so Spielraum für weiteren Fortschritt. Die unter Frauen* weit verbreitete Teilzeitarbeit wird besser versichert, die zweite Säule trägt endlich veränderten Erwerbsverläufen Rechnung. Weil der Anteil der AHV am gesamten Rentensystem zunimmt, wird dieses insgesamt solidarischer.

Dabei handelt es sich jedoch um minimale Verbesserungen, mit denen wir uns noch lange nicht zufriedengeben. Wir fordern deshalb:

  • Eine drastische Erhöhung der Renten durch eine solidarische Finanzierung über eine stärkere Besteuerung des Kapitals: Kapitaleinkommen sind nicht AHV-Pflichtig: Die, die am meisten haben, tragen nichts zur Finanzierung der AHV bei. Das muss sich ändern!
  • Abschaffung der 2. Säule: Die AHV ist die einzige solidarische Form der Rentenversicherung, alles andere muss weg!
  • Eine generelle Senkung des Rentenalters: Wenn durch die Digitalisierung Menschen immer produktiver werden, muss die Arbeitszeit verkürzt und nicht verlängert werden.
  • Eine Sanktionierung direkter Lohndiskriminierung an Frauen* durch den Bund, um endlich die tatsächliche Lohngleichheit zu erreichen. Lohngleichstellung ist ein Verfassungsauftrag und sollte dementsprechend konkret umgesetzt werden.
  • Die vollständige Anerkennung der unbezahlten Care-Arbeit. Auch Reproduktionsarbeit ist Arbeit.

Wir teilen viel der inhaltlichen Kritik mit den linken Referendumsergreifer*innen, ohne dabei die Augen vor den realen Verbesserungen zu verschliessen, welche diese Reform in der Ständeratsvariante mit sich bringt. Trotzdem wollen und müssen wir uns in den nächsten Monaten und Jahren auf die 99%-Initiative konzentrieren und mit dem Finger auf den grundsätzlichen Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital zeigen: Bei denen zu holen, die haben, ist der einzige Weg, die AHV langfristig solidarisch zu finanzieren. Über die Abstimmungsparole zu einem allfälligen Referendum entscheiden wir zu gegebenem Zeitpunkt.