Resolution verabschiedet an der Jahrversammlung der JUSO Schweiz vom 09.02.2019, Bern.
Nach einem polarisierenden Wahlkampf unter dem Ausschluss des Ex-Präsidenten Lula, der gemäss aller Umfragen der Favorit für die Wahl war, wurde Jair Bolsonaro am 28. Oktober 2018 zum Präsidenten Brasiliens gewählt. Lula war nach einem rechtswidrigen Prozess von Richter Sergio Moro – mittlerweile der neue Justizminister der BolsonaroRegierung – inhaftiert worden. Der somit gewählte Präsident Bolsonaro fiel während seiner gesamten Politkarriere und seiner 28-jährigen Amtszeit als Abgeordneter des brasilianischen Parlaments wegen seiner hemmungslose Hetze gegen Frauen, Indigene, Afrobrasilianer*innen, Andersdenkende und queere Menschen, sowie einer Verherrlichung der brasilianischen Militärdiktatur und ihrer Foltermethoden auf.
Seit seinem Amtsantritt am 1. Januar 2019 zeigt sich, dass die Wirklichkeit die schlimmsten Befürchtungen übertrifft: Nach seinen «Säuberungen» in den brasilianischen Ministerien regiert ein präzedenzloses Gruselkabinett das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt. Sexistische Äusserungen seiner ultrakonservativen Minister*innen, die eine «neue Ära», in welcher «Jungs blau und Mädchen rosa» tragen, in Brasilien proklamieren, sind dabei noch das geringste Übel, kündigen sich doch fatale Folgen für Brasiliens Bewohner*innen, den Amazonas-Regenwald und den internationalen Klimaschutz an. Die LGBT+ Community wurde von der brasilianischen Menschenrechtsdirektive gestrichen, und Jean Wyllys, der einzig offene schwule Abgeordnete Brasiliens, musste kürzlich das Land verlassen, weil er wegen Morddrohungen um sein Leben fürchtet. Zudem wird sich Brasilien in Bälde aus dem UN-Migrationspakt zurückziehen. Die dem Landwirtschaftsministerium vorstehende Agrarlobby kann neu über die indigenen Territorien verfügen und hat vollkommene Kompetenz in Unweltfragen. Die Gewalt gegen Indigene, Afrobrasilianer*innen, Frauen* und Queers ist bereits stark gestiegen – allein im Januar 2019 wurden 107 Frauen* in Brasilien Opfer von Feminizid. Derweil pflegt die Justiz enge Beziehungen zum Militär, der Zugang und Besitz von Waffen wurde markant erleichtert, und es drohen massive Privatisierungen und ein weiterer Abbau der Arbeiter*innenrechte. Und dies nachdem bereits der Mindestlohn gekürzt wurde.
Seit Bolsonaros Wahl prägt offensichtliche Vetternwirtschaft die Amtsernennungen. Neben einem massiven Korruptions- und Geldwäscheskandal rund um ihn und seine Familie wurden in den letzten Wochen starke Indizien für die Verbandlung der Familie Bolsonaro mit dem organisierten Verbrechen und mächtigen Milizen in Rio de Janeiro, welche die Ermordung der Politikerin Marielle Franco vollzogen haben, publik. Da angesichts der parteiischen Justiz auf der nationalen Ebene mit keinen Folgen zu rechnen ist, sind die Brasilianer*innen auf Solidarität und internationalem Druck auf die BolsonaroRegierung angewiesen.
Die JUSO Schweiz fordert daher:
• Unbedingte Solidarität mit allen Opfern der nun politisch legitimierten Gewalt und Repression in Brasilien
• Die Gewährung politischen Asyls für Verfolgte in Brasilien
• Das Verbot von Waffen- und Munitionslieferungen nach Brasilien
• Das Aussetzen der Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit der MERCOSUR
• Die Freilassung des politischen Gefangenen und Ex-Präsidenten Lula