Solidarität mit dem Libanon

05.09.2020

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 5. September 2020 in Bussigny (VD).

Am 4. August 2020 gab es im Hafen von Beirut eine riesige Explosion, welche Hunderte Todesopfer forderte; Tausende wurden verletzt und grosse Teile der Stadt zerstört. Doch die Situation im Libanon ist schon lange prekär: Das Land ist in verschiedene Religionsgemeinschaften zersplittert, die korrupten Eliten klammern sich seit Jahrzehnten an die Macht und der Israel-Palästina-Konflikt sowie der Krieg in Syrien trieben 1.5 Millionen Menschen in den Libanon, die zum Teil bis heute in Lagern ohne richtige Infrastruktur und ohne Sicherheit leben. Aber auch ausserhalb der Lager ist die Infrastruktur mangelhaft: Eine angemessene Trinkwasserversorgung ist inexistent und jeden Tag fällt der Strom für mindestens drei Stunden aus. Aufgrund all dieser Missstände und vieler mehr gingen die Libanes*innen ab Herbst 2019 auf die Strasse: Es bildete sich eine Massenbewegung gegen die politische Elite. Doch dann brach die Corona-Pandemie aus und es wurde ein strenger Lockdown verordnet. Die libanesische Lira, die schon vorher an Wert verloren hatte, sackte komplett ab, Tausende stehen ohne Einkommen da und ein grosser Teil der Bevölkerung leidet Hunger.

Infrastruktur und Arbeitsplätze

Der Libanon braucht Unterstützung. Die völlig ungenügende Infrastruktur wurde durch die Explosion noch massiv geschädigt. Dies verschlechtert nicht nur die Lebensbedingungen der Bevölkerung, das explosive Klima könnte auch der Hizbollah in die Hände spielen – welche bereits in früheren Krisenzeiten massiv an Unterstützung gewonnen hat. Die Leute brauchen echte Alternativen und Perspektiven – zum Beispiel durch Arbeitsplätze, welche durch Aufbauprojekte geschaffen werden können. Doch solche Projekte brauchen Geld, welches im Libanon fehlt - auch durch den korrupten Staat.

Die JUSO fordert deshalb von der Schweiz finanzielle Unterstützung von Infrastrukturprojekten, die von nicht-profitorientierten libanesischen NGOs durchgeführt werden.

Korrupte Gelder

Seit dem Anfang der Proteste sind grosse Mengen an Geld aus dem Libanon ins Ausland geflossen - unter anderem 2 Milliarden Dollar in die Schweiz. Es handelt sich dabei um korrupte Gelder, die hier in Sicherheit gebracht wurden. Dieses Geld fehlt der libanesischen Bevölkerung, die es aber gerade jetzt bitter nötig hätte.

Die JUSO Schweiz fordert deshalb die sofortige Einleitung von Untersuchungen und das Einfrieren von korrupten Geldern auf Schweizer Kontos.

Geflüchtete

Die Anzahl von Geflüchteten ist gewaltig: auf circa 4.5 Millionen Einwohner*innen gibt es circa 1.5 Millionen Geflüchtete im Land. Dies belastet einerseits das Land, drückt die Löhne und verstärkt Spannungen. Andererseits ist die Situation der Geflüchteten unhaltbar und sie wurden sowohl durch Corona als auch durch die Explosion noch viel stärker getroffen als alle anderen.

Die JUSO Schweiz fordert deshalb die sofortige Aufnahme von mindestens 30'000 Geflüchteten aus dem Libanon.

Kafala -System

In Ländern des globalen Südens wird Frauen* versprochen, sie erhielten eine gute Arbeit im Libanon. Dort erwartet sie allerdings praktisch Sklaverei: Sie arbeiten täglich fast rund um die Uhr als Hausangestellte für meist unter 200 Dollars pro Monat. Es handelt sich um das sogenannte Kafala-System: Die Hausangestellten haben Bürg*innen, welche die komplette Kontrolle über sie haben. Sie dürfen sich nicht frei bewegen und ihre Pässe werden von den Bürg*innen eingezogen. Sie dürfen das Land erst wieder verlassen, wenn der*die Bürg*in dies will. Sie können sich bei Übergriffen, welche zur Tagesordnung gehören, nicht wehren. Aufgrund der Corona-Pandemie und dem sinkenden Wohlstand wurden viele dieser Angestellten einfach auf die Strasse gestellt - ohne Habseligkeiten, ohne Pass, ohne Möglichkeit heimreisen zu können und ohne Perspektiven. Dieses menschenverachtende, patriarchale und kapitalistische System darf nicht weiter bestehen bleiben.

Die JUSO Schweiz fordert deshalb, dass sich der Bundesrat in der internationalen Gemeinschaft konsequent gegen das Kafala -System einsetzt und auf dessen Abschaffung hinarbeitet.