Verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 23. April 2016 in Delémont
Die letzte Kolonie Afrikas
Die Westsahara gilt als die letzte afrikanische Kolonie der Welt. Seit 1960 fordern die Vereinten Nationen die Dekolonisierung des Gebietes, welches damals noch unter spanischer Herrschaft stand. Nach jahrelangen Unruhen und Auseinandersetzungen beschloss der internationale Gerichtshof 1975, dass die einheimische westsaharische Bevölkerung – die Saharaui – in einem Referendum selbstständig über ihre zukünftige Staatsform und mögliche Unabhängigkeit entscheiden sollte. Doch noch bevor diese Abstimmung stattfinden konnte, annektierte der Nachbarstaat Marokko zwei Drittel des westsaharischen Territoriums.
Obwohl seither hunderte Resolutionen von verschiedenen internationalen Institutionen das Selbstbestimmungsrecht des saharauischen Volkes fordern, wird die marokkanische Okkupation bis heute aufrechterhalten. Marokko kontrolliert nicht nur alle Städte in der Westsahara, sondern verkauft auch die natürlichen Ressourcen des Landes zu seinem eigenen Profit. Die Saharauis wurden durch die Okkupation zu einer marginalisierten Minderheit in ihrem eigenen Land, welche gesellschaftlich und ökonomisch ausgegrenzt wird. Über 180'000 von ihnen sind aus der Westsahara geflohen und leben seither in Flüchtlingscamps in der algerischen Wüste. Währenddessen wird die Abstimmung über ein Referendum weiterhin blockiert, obwohl heute über 50 Staaten die Westsahara offiziell als Republik anerkennen und weder die Vereinten Nationen noch die Afrikanische Union Marokkos Gebietsansprüche akzeptieren.
Das Gdeim-Izik-Protestcamp
Im Oktober 2010 errichteten saharische Demonstrant_innen das Gdeim-Izik-Protestcamp in der Nähe eines von Marokko besetzten Gebietes. Was als kleines Zeltlager begann, wuchs schnell zu einem Massenprotest, bei dem über 5‘000 Personen aus der ganzen Westsahara und den besetzten Gebieten teilnahmen. Sie demonstrierten gegen die Diskriminierung und zahllosen Menschenrechtsverstösse gegen die einheimische Bevölkerung und gegen die grosse Armut, in welcher viele Saharauis leben. Natürlich wurde auch die Forderung des lange ignorierten Rechts auf Selbstbestimmung der westsaharischen Einheimischen laut.
Die marokkanische Polizei reagierte auf diesen Protest mit aller Härte. Bewaffnete Lastwagen, Helikopter und Armeefahrzeuge umkreisten das Camp und errichteten Checkpoints. Das Militär griff die Protestierenden immer wieder gewaltvoll an, wobei beim tragischsten Angriff – bei dem offen auf einen Lieferwagen gefeuert wurde, der laut den Protestierenden Wasser und Nahrung ins Camp transportierte – das Leben des 14-jährigen Nayem Elgarhi forderte.
Obwohl die Protestierenden trotz allen Angriffen friedlich blieben und den offenen Dialog mit den marokkanischen Autoritäten suchten, entschloss die marokkanische Regierung am 8. November das Camp mit Gewalt aufzulösen. Aktivist_innen, die sich im Camp befanden, berichteten vom Einsatz von Gummischrot, Wasserwerfern, Tränengas, Schlagstöcken, Steinen und Gewehren. Da Marokko bis heute allen internationalen Medien, unabhängigen Beobachter_innen und sogar dem UN-Friedenstruppen den Zugang zum Camp verweigerte, gibt es immer noch keine klaren Zahlen zu den Opfern des Gefechts. Klar ist nur, dass bis zu 3‘000 Demonstrant_innen dabei festgenommen wurden.
Viele der Gefangenen wurden seither aus der Haft entlassen, doch 21 junge Männer wurden von einem marokkanischen Militärgericht wegen ihrer angeblichen Tötung von Sicherheitskräften zu schweren Gefängnisstrafen von 20 Jahren bis lebenslänglich verurteilt. 13 von ihnen führen aktuell einen Hungerstreik durch, um gegen ihre unmenschlichen Haftbedingungen zu protestieren und auf die Ungerechtigkeiten in ihren Fällen aufmerksam zu machen.
Die JUSO Schweiz solidarisiert sich mit den politischen Gefangenen und ihrem Anliegen der westsaharischen Unabhängigkeit. Wir fordern darum:
- Solidarität mit den Gefangenen!
Die JUSO sucht den Austausch mit ihren Genoss_innen bei der UESARIO (Saharawi Student Union), welche mit den Gefangenen in Kontakt steht, und drückt ihre ungeteilte Solidarität mit ihrem Anliegen aus. Weiter appelliert die JUSO in einem Brief an die marokkanische Botschaft an die marokkanischen Autoritäten und fordert die Freilassung aller aus politischen Gründen inhaftierten Saharauis in marokkanischen Gefängnissen.
- Menschenrechte in den besetzten Gebieten!
Die JUSO fordert die Umsetzung der Menschenrechte in den von Marokko okkupierten Gebieten, speziell das Recht auf Versammlungs-, Protest-, Bewegungsfreiheit und freie Meinungsäusserung. Weiter muss Marokko unabhängigen Beobachter_innen, internationalen Medien und NGOs den freien Zugang zu den besetzten Gebieten gestatten.
- Ein Stopp der Ausbeutung!
Die JUSO fordert einen Stopp der illegalen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Westsahara durch ausländische Unternehmen, speziell auch europäische, die vom illegalen Okkupationszustand zu profitieren versuchen.
- Internationale Anerkennung der Westsahara!
Die JUSO steht dafür ein, dass die Schweiz unter Einsatz all ihrer aussenpolitischen Fähigkeiten die Umsetzung der UN-Resolution vorantreibt, welche ein Referendum zur Selbstbestimmung der Saharauis fordert. Die JUSO fordert weiter die volle staatliche Anerkennung der Westsahara durch die Schweiz und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.