Stopp der militärischen Zusammenarbeit der Schweiz mit Israel!

23.04.2024

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 21. April 2024 in Frauenfeld

Seit sechs Monaten wird der Gazastreifen unablässig bombardiert. Mittlerweile wurden deutlich mehr als 30’000 Menschen durch die Angriffe des israelischen Militärs getötet. Die Hintergründe darunter der tödliche Hamas-Angriff vom 7. Oktober und die Einordnung des laufenden Genozids an der Palästinensischen Bevölkerung findet sich in der JUSO-Resolution[1] der Jahresversammlung vom Februar 2024.

Die Israelische Armee funktioniert dank internationaler Hilfe und Rüstungskooperationen mit anderen Ländern[2]. Dazu zählt auch die Schweiz, die zwar kein klassisches Kriegsmaterial aber sogenannte Dual-Use-Güter nach Israel liefert. Zudem kauft die Schweiz in grossem Umfang israelische Militärgüter und finanziert damit deren Militärapparat mit.

Schweizer Militärgüter-Exporte nach Israel

Gewichtig sind die Exporte von sogenannten “Dual-Use-Gütern“, welche sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden. Typisch dafür ist beispielsweise die Luftfahrtelektronik[3]. Zwischen 1997 und 2021 wurden Dual-Use-Güter im Wert von 95 Millionen CHF aus der Schweiz nach Israel exportiert[4]. Dazu kommen nicht statistisch aufgeführte Güter mit Generalausfuhrbewilligungen, wie Elektromotoren eines Tessiner Unternehmens zeigen, die in israelischen Drohnen gefunden wurden[5]. Es zeigt sich: Auch wenn die klassischen Rüstungsexporte aus der Schweiz nach Israel überschaubar sind, tragen Schweizer Güter zum Funktionieren der Israelischen Kriegsmaschinerie bei.

Schweizer Importe aus Israel & Kooperationen

Bereits zwischen 1996 und 2005 kaufte die Schweiz für rund eine halbe Milliarde Franken Militärgüter in Israel[6]. Seit 2010 vergab der Bund weitere Grossbeschaffungsprojekte in der Summe von rund 600 Millionen Franken an die israelische Firma Elbit Systems[7]. Der Konzern ist global tätig und erwirtschaftet jährlichen einen Umsatz von etwa sechs Milliarden Dollar[8]. Das Unternehmen gilt als einflussreicher Hersteller von unbemannten Drohnen und ist führend in der Entwicklung von militärisch nutzbarer künstlicher Intelligenz (KI). In der Kritik stand Elbit Systems bereits, weil Militärgüter an despotische Regimes verkauft wurden und weil ihre Überwachungstechnologie an der Grenzmauer zum Westjordanland eingesetzt wurde[9]. Die Schweiz vereinbarte 2015 mit Elbit Systems den Kauf von sechs Aufklärungsdrohnen des Typs Hermes 900 für 250 Millionen Franken[10]. Dieser Drohnentyp ist umstritten, da er nicht nur zur Aufklärung, sondern auch für den Angriff tauglich ist[11]. Aktuell werden diese Drohnen im Krieg gegen Gaza und die palästinensische Bevölkerung eingesetzt[12]. Ins Gewicht fällt auch die Ersatzbeschaffung des Funksystems der Schweizer Armee für 300 Mio. Franken im Jahr 2019[13]. Elbit Systems hat seither eine Fabrik im Jura angekündigt. Der Konzern möchte über die Schweiz vermutlich den Eintritt in neue Märkte ermöglichen[14].

Fast wären noch zusätzliche 1.5 Milliarden Franken an israelische Rüstungskonzerne hinzugekommen. Die Schweiz hätte gerne ein US-Israelisches Boden-Luft-Verteidigungssystem gekauft. Der Kauf ist aufgrund der USA geplatzt[15]. Trotzdem bestehen noch weitere Kooperationen zwischen der Schweiz und dem israelischen Rüstungskomplex. Für “zivile” Drohnen gibt es eine Innovationspartnerschaft[16]. Auch öffentliche Hochschulen sind beteiligt. Problematisch daran: Innovationen, die scheinbar für den zivilen Bereich gemacht werden, können auch für militärische Zwecke verwendet werden, wie z.B. Fortschritte bei der Drohnentechnologie.

Schweiz, Israel und die Überwachung

In den vergangenen Jahren sind diverse Skandale zu Israelischer Überwachungssoftware aufgeflogen. Die “Predator Files” zeigten, wie ein Unternehmenskonsortium mit dem Namen “Intellexa”, wesentlich mitgegründet durch einen israelischen Ex-Militär, global Überwachungstrojaner an despotische Regimes verkauft17. Auch die Schweiz interessierte sich für die Software, wobei unklar ist, ob sie gekauft wurde. Sicher ist, dass der Drahtzieher hinter “Intellexa” aus der sicheren Schweiz heraus seine Geschäfte getätigt hat[17]. Beim Skandal rund um “Pegasus” wurde aufgedeckt, wie die gleichnamige Software gegen regimekritische Personen eingesetzt wurde, so auch gegen den ermordeten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi[18]. Die Schweiz hat die Software “Pegasus” ebenfalls gekauft und eingesetzt[19], nachdem die Schweiz bereits 2014 eine US-Israelische Überwachungssoftware gekauft hatte[20]. Es ist mittlerweile gut dokumentiert, wie israelische Überwachungssoftware an der palästinensischen Bevölkerung getestet und optimiert wird[21].

Schlussfolgerungen

Die Schweiz hat eine grosse Menge an Dual-Use-Gütern nach Israel exportiert, die dort mutmasslich für militärische Zwecke genutzt werden. Die genaue Zahl ist aufgrund des Fehlens von umfassenden Statistiken unklar. Beim Import israelischer Militärgüter zeigt die Schweiz noch weniger Zurückhaltung und bezahlt den israelischen Rüstungskonzernen hunderte von Millionen zur Aufrüstung der eigenen Armee mit unbemannten Drohnen, Funksystemen und Überwachungssoftware.

Mit dieser Zusammenarbeit stützt die Schweiz den tödlichen israelischen Militärkomplex. Für die JUSO ist klar: Das Massaker an der palästinensischen Bevölkerung und deren Unterdrückung im Gazastreifen und Westjordanland muss sofort enden und die Schweiz muss Verantwortung übernehmen – auch bei der Rüstungsindustrie!

Deshalb fordert die JUSO:

  1. Keine Exporte von Militärgütern und Dual-Use-Gütern aus der Schweiz nach Israel
  2. Die Aufhebung der ordentlichen Generalausfuhrbewilligung (keine unbemerkten Dual-Use-Güter mehr) sowie die lückenlose statistische Erhebung von Exporten
  3. Keine Geschäfte mit Israelischen und israelnahen Rüstungskonzernen durch die Schweizer Armee, den Geheimdienst oder die Polizei
  4. Keine Kooperation mit Elbit und anderen israelischen Rüstungskonzernen in den kommenden Jahren, weder zur Weiterentwicklung der konkreten Systeme noch zu Grundsatzforschung
  5. Keine Forschungskooperation der Universitäten und Hochschulen mit (israelischen) Rüstungskonzernen
  6. Den sofortigen Stopp der Verwendung von israelischer Überwachungssoftware

[1] https://juso.ch/de/positionspapiere/das-humanitare-desaster-muss-enden-freiheit-und-gerechtigkeit-fur-palastinenserinnen/

[2] https://www.cfr.org/article/us-aid-israel-four-charts

[3] https://www.woz.ch/2044/kontrolle-von-ruestungsguetern/die-milliardenblackbox-namens-ogb

[4] https://kriegsmaterial.ch/s/IL/d/1997/2021/v/10/1

[5] https://www.woz.ch/2044/kontrolle-von-ruestungsguetern/die-milliardenblackbox-namens-ogb

[6] https://mondoweiss.net/2023/12/boycott-switzerland-the-partner-in-genocide/

[7] https://www.efk.admin.ch/de/publikationen/sicherheit-umwelt/verteidigung-und-armee/beschaffung-aufklaerungsdrohnensystem-15-armasuisse.html, https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76838.html und https://www.woz.ch/2345/ruestungspolitik/heikler-transfer-von-know-how/!JFEH9FVVNVTE

[8] https://defence-network.com/jahresbericht-von-elbit-systems/

[9] https://www.woz.ch/2345/ruestungspolitik/heikler-transfer-von-know-how/!JFEH9FVVNVTE

[10]https://www.efk.admin.ch/images/stories/efk_dokumente/publikationen/_sicherheit_und_umwelt/verteidigung_und_armee/18352/18352BE_Endgueltige_Fassung_V04.pdf

[11] https://drones.rusi.org/drone-inventory/

[12] https://www.telegraph.co.uk/world-news/2023/12/15/at-the-helm-of-israels-lethal-eye-in-the-sky/

[13] https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76838.html

[14] https://www.woz.ch/2345/ruestungspolitik/heikler-transfer-von-know-how/!JFEH9FVVNVTE

[15] https://breakingdefense.com/2019/05/israel-chafes-as-us-reported-to-block-davids-sling-export-bid/

[16] https://www.innosuisse.ch/inno/de/home/aktuell/news/engere-zusammenarbeit-mit-israel.html

[17] https://www.woz.ch/2340/ueberwachung/die-predator-files/!SQSEPFPJ45YS

[18] https://www.theguardian.com/world/2021/jul/18/nso-spyware-used-to-target-family-of-jamal-khashoggi-leaked-data-shows-saudis-pegasus

[19] https://www.nzz.ch/technologie/pegasus-die-schweiz-hat-umstrittene-spionagesoftware-eingesetzt-ld.1640310

[20] https://www.swissinfo.ch/eng/swiss-politics/verint-to-supply-new-swiss-spying-system/37740006

[21] https://www.middleeasteye.net/opinion/israel-arms-industry-palestinians-guinea-pigs