Verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 6.Mai 2017 in Wohlen AG
Der Leistungsauftrag der SRG fordert, dass Radio und Fernsehen zur Bildung, kulturellen Entfaltung, freien Meinungsbildung und Unterhaltung beitragen. Dies unter Berücksichtigung der Themenvielfalt, der Unabhängigkeit von Wirtschaft und Politik, sowie aller vier Sprachregionen und den Bedürfnissen von gehörlosen oder hörverhinderten Menschen. Die «No-Billag-Initiative» will diesen Leistungsauftrag aus der Bundesverfassung streichen und ein privates Finanzierungssystem für Radio und Fernsehen einführen – damit steht die Zukunft der SRG auf dem Spiel. Denn was die Initiant*innen verschweigen: Fallen die Billag-Gebühren weg, entfallen der SRG 75% ihrer Einnahmen. Es ist offensichtlich, dass ein Unternehmen nach solch einem Verlust nicht mehr existenzfähig ist und es ist illusorisch, anzunehmen, die SRG könne sich privat einzig aus Werbegeldern finanzieren. «No Billag» heisst im Grunde «No SRG». Für die JUSO ist das aus verschiedenen Gründen problematisch.
An erster Stelle muss bei privaten Medien der Profit stehen – Inhalte, Strukturen etc. werden diesem untergeordnet. Das hat verheerende Auswirkungen auf das gesamte Mediensystem. Die allermeisten Produktionen der SRG lassen sich ohne Gebühren niemals finanzieren, dazu sind diese zu aufwändig und zu teuer. Gerade Bildungs- und Informationssendungen, sowie Inhalte für kleinere Sprachregionen werfen oftmals nur einen kleinen oder sogar keinen Profit ab. Dementsprechend werden diese bei privaten Medien in den Hintergrund gestellt und teils überhaupt nicht mehr produziert. Dasselbe gilt für die Untertitelung und Gebärdensprachsendungen für Menschen mit Sinnesbehinderungen. Die SRG investiert jährlich alleine für die rätoromanische Ausgabe der Tagesschau – mit einem Zielpublikum von ein paar Tausend Menschen – rund 2.1 Millionen CHF. Dass sich das für private Unternehmen nicht lohnt, dürfte auf der Hand liegen. Ein Wegfall der TV-Gebühren hätte zur Folge, dass der Leistungsauftrag der SRG nicht mehr erfüllt werden könnte und rund 6000 Arbeitsplätze in Gefahr wären. Zusätzlich wären viele Inhalte, wie etwa Sport-Anlässe oder Spielfilme nur noch mittels Pay-TV erhältlich – ein Luxus, den sich nicht alle Menschen leisten könnten.
Private Medien finanzieren sich hauptsächlich über Werbeeinnahmen, dies wirkt sich direkt auf die Berichterstattung aus. Kritische Inhalte bergen die Gefahr, dass wichtige Geldgeber*innen ihre finanzielle Unterstützung beenden und werden folglich immer weniger produziert werden. Der starke Wettbewerb zwischen den Medien führt gleichzeitig zu enormem Zeitdruck. Wer Informationen als erstes publizieren kann, streicht den grössten Gewinn ein – Recherche- und Analysearbeit bleiben auf der Strecke. Die Folgen privat finanzierter Medien, lassen sich am Schweizer Pressesystem veranschaulichen: Der grösste Teil der Pressetitel befindet sich in der Hand einiger weniger privaten Unternehmen. Boulevard- und Sensationsjournalismus sind die Folge, sowie zunehmend schlechtere Arbeitsverhältnisse für die Journalist*innen – so haben beispielsweise bei der Tamedia seit kurzem Klickzahlen Einfluss auf den Lohn. Die SRG ist aktuell durch die Billag-Gebühren mehrheitlich von dieser Marktlogik befreit und hat somit die Möglichkeit, unabhängige und kritische Berichterstattung zu gewährleisten.
Von Links, wie auch von Rechts, wird immer wieder Kritik laut, dass die SRG den Verfassungsauftrag der Unabhängigkeit nicht erfülle – eine private Finanzierung würde dieser geforderten Unabhängigkeit allerdings endgültig den Todesstoss versetzen. Zusätzlich sind zurzeit mehrere Motionen im Parlament hängig, die dem Parlament mehr Mitspracherecht bei den Rahmenkonzessionen geben wollen. Dies ist demokratietechnisch gefährlich – die SRG darf nicht zum Spielball parteipolitischer Auseinandersetzungen werden. Nichtsdestotrotz ist Kritik an der Einhaltung des Leistungsauftrags wichtig und oftmals auch berechtigt. So besteht beispielsweise beim Bildungsangebot noch viel Luft nach oben. Gerade in der Schweiz, mit einer halbdirekten Demokratie, wäre ein ausgebautes politisches Bildungsangebot notwendig – speziell eines, das auch junge und politisch desinteressierte Menschen anspricht.
Ohne die Billag-Gebühren könnte die SRG nicht überleben. Für Wenigverdienende, Lernende, Rentner*innen und Studierende sind 450 CHF jährlich jedoch eine beachtliche Summe. Zu kritisieren ist aber nicht die Finanzierung im Allgemeinen, sondern das unsolidarische System der Gebühreneintreibung ohne Rücksicht auf die finanzielle Situation der zahlenden Menschen.
Wir fordern daher:
- Die JUSO setzt sich aktiv für eine Ablehnung der «No-Billag-Initiative» ein und bringt die Thematik auch in der SP ein
- Keine Privatisierung oder Abbau des Service Public
- Solidarischem, einkommensabhängige Billag-Gebühren oder eine Finanzierung der SRG mittels Steuereinnahmen
- Kein Einfluss von Politik und Wirtschaft auf das Programm der SRG
- Ausbau des Bildungs- und Kulturangebots im Programm der SRG, sowie des Angebots für Menschen mit Sinnesbehinderungen
- Rücksichtnahme auf sämtliche Altersgruppen bei der Programmausarbeitung