Was die Krise zeigt

06.06.2020

Resolution verabschiedet an der Online-Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 6. Juni 2020.

Die Krise hat das Versagen des Marktes offengelegt

Die Marktwirtschaft ist (oder war) nicht fähig, auf die Krise vorbereitet zu sein. Selbst bürgerliche Regierungen mussten das einsehen und die staatliche Produktion von Atemschutzmasken einleiten. Die Marktmechanismen haben in der Krise nicht geholfen – im Gegenteil: Konkurrenz und Profitstreben führen zu Wucherpreisen und Lieferengpässen.

Eigenverantwortung kann im Kapitalismus nicht funktionieren

Obwohl die Gefahr der Pandemie offensichtlich war, stellten viele Geschäfte ihren Betrieb erst ein, als sie vom Bundesrat dazu gezwungen wurden. Das heisst aber nicht, dass all diese Geschäfte sich nicht um die Gesundheit ihrer Arbeiter*innen oder ihrer Kund*innen kümmerten. Selbst den raffgierigsten Unternehmer*innen ist klar, dass kranke Arbeiter*innen und Kund*innen schlecht fürs Geschäft sind.

Doch das Geschäft aus Eigeninitiative für den Schutz der Gesundheit zu schliessen, würde einen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Der Staat musste also eingreifen. Von sich aus konnten die privaten Unternehmen gar nicht reagieren. Auf das eigenverantwortliche Handeln der Unternehmen zu zählen ist sinnlos in einem System, in dem es durch den Zwang zum Wettbewerb nur wenig Freiheit zum eigenverantwortlichen Handeln gibt.

Der Staat schaut immer zuerst auf das Kapital

Die Massnahmen des Bundesrates und anderer Regierung folgten einem Ziel: Das System vor dem Zusammenbruch zu bewahren und die Kapitaleinkommen des reichsten 1% zu schützen. Dafür wurden Darlehen vergeben, mit denen Zinsen und Mieten bezahlt werden können. Das Bankensystem wurde wieder einmal von der öffentlichen Hand gerettet. Die Banken geschäften praktisch risikofrei, weil sie wissen, dass sie im Notfall vom Staat gerettet werden müssen. Aber wenn der Staat das Risiko sowieso übernehmen muss, soll er auch die Kontrolle über den Finanzmarkt erhalten.

Wir sitzen nicht alle im selben Boot

Während die Hilfen für Fluggesellschaften in Strömen flossen, warteten Kindertagesstätten ewig auf Unterstützung und Tausende Menschen müssen für ihr Essen Schlange stehen.

Mit der Krise ist der Bedarf nach unbezahlter Care-Arbeit massiv gestiegen und damit auch die Belastung für Frauen*. Und sie sind es auch, die in den Branchen arbeiten, die jetzt am stärksten betroffen sind.

Im öffentlichen Diskurs sind die Tausenden Menschen, die in den überfüllten Lagern in Griechenland eingesperrt sind, völlig untergegangen.

In der Krise ist es also umso wichtiger, jenen eine Stimme zu geben, die sonst keine haben. Privilegien und Intersektionalität sind in der Krise keine Nebensächlichkeiten.

Im Krisenstab des Bundesrates sitzen 12 Männer und 2 Frauen. Die Wirtschaftsverbände sind vertreten, die Pflege nicht. Die Massnahmen zur Unterstützung der Bevölkerung wurden vor allem aus dem Blickwinkel reicher alter Männer getroffen. Das haben all jene zu spüren bekommen, die diesem Profil nicht entsprechen.

Die Krise hat bestehende Probleme verstärkt

Der Lockdown hat der Monopolisierung (vor allem digitalen Konzernen) Vorschub geleistet. Grosse digitale Konzerne wie Amazon haben auf Kosten der kleineren Läden massiv von der Krise profitiert. Umso dringender wird es, diese unter demokratische Kontrolle zu stellen.

Solidarität

Der Bund hat es nicht fertiggebracht, Hilfe für die zu organisieren, die vom Shutdown direkt betroffen waren. Risikogruppen konnten sich dafür auf die Hilfe aus Solidaritätsgruppen verlassen, die sich überall in der Schweiz gegründet haben. In diesen spontanen und dezentralen Gruppen wurde extrem wichtige Arbeit geleistet, die eine zentrale Stelle nie so erbringen hätte können. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Organisation von unten statt von oben herab, aber die Verantwortung für diese Aufgaben liegt schlussendlich trotzdem bei der öffentlichen Hand.

Der Nationalstaat hat ausgedient

Zwar wurden die Grenzen geschlossen, doch gebracht hat das in der aktuellen Pandemie kaum etwas. Im Gegenteil: Der Konkurrenzkampf zwischen den Staaten um die Erforschung eines Impfstoffes oder die gegenseitige Blockade von Gesundheitsgütern verschlimmern die Situation zusätzlich. Grenzschliessungen können die Pandemie zwar eindämmen, aber niemals lösen. Die Krise hat offenbart, wie machtlos und handlungsunfähig der Nationalstaat eigentlich ist. Er ist Krisen wie einer Pandemie oder der Klimakatastrophe nicht gewachsen.