Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 15.11.2025 in Zug
Klimapolitische Verhandlungen versagen
Seit der ersten Vertragsstaatenkonferenz (COP1) im Jahr 1995 in Berlin haben sich die COP als zentrales Gremium für internationale Verhandlungen rund ums Klima ergeben. Trotzdem, 30 Jahre später, wird festgehalten: Die globalen CO2-Emissionen sind seit 1990 mehr als 60% gestiegen, die Konzentration in der Atmosphäre lag 2024 auf einem Rekordhoch von 423,9 ppm[1].
Trotz wiederholter Alarmsignale des Weltklimarats haben es die COP nicht erlaubt, den Kurs der Entwicklungen zu ändern. Die COP15 in Kopenhagen im Jahr 2009, als « letzte Chance, um das Klima zu retten» verkauft, schnitt mit einem grossen Versagen ab. Kein verbindlicher Vertrag wurde adoptiert und der sogenannte globale Norden zwang dem sogenannten globalen Süden zum Unterschreiben[2]. Sogar das Pariser Abkommen, entstanden an der COP21 im Jahr 2015, verlässt sich auf freiwilliger Beteiligung, ohne Sanktionsmöglichkeiten. Die Welt ist aktuell auf Kurs einer Erwärmung von +2,6 bis +3,1°C bis 2100[3].
Die COP sind zu Anlässen von diplomatischem Greenwashing geworden, an welchen der sog. globale Norden technokratische und neoliberale Lösungen wie CO2-Aktien, -Kompensierung oder -Speicherung vorschlägt. Diese treiben das ausbeuterische zum sog. globalen Süden voran und lässt die historischen Verantwortungen aus dem Bild. Des Weiteren sind sie ineffizient,
Die COP sind zu Anlässen von diplomatischem Greenwashing geworden, an welchen der sog. globale Norden technokratische und neoliberale Lösungen wie CO2-Aktien, -Kompensierung oder -Speicherung vorschlägt. Diese treiben das ausbeuterische zum sog. globalen Süden voran und lässt die historischen Verantwortungen aus dem Bild. Des Weiteren sind sie ineffizient, fehlen an Transparenz und verletzen Menschenrechte[4].
Versinnbildlicht wird diese Unwirksamkeit durch die massive Präsenz von Fossil-Lobbyist*innen: An der COP28 in Dubai waren 2'456 Vertreter*innen fossiler Energie registriert, dazu kommen weitere nationale Delegation. Lobbyist*innen von Shell, TotalEnergies, BP oder ExxonMobil waren Teil der offiziellen Delegationen von Ländern wie Frankreich oder Italien[5]. Der Präsident der, war selbst Direktor des nationalen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emiraten, Adnoc.
Die COP sind also gescheitert, der Dringlichkeit der Klimakrise nachzukommen. Sie sind von Interessen des sog. globalen Nordens und Fossilkonzernen dominiert und hinterfragen das ausbeuterische, kapitalistische System, der Ursprung der Krise, erst recht nicht. Sie marginalisieren die Stimmen des sog. Globalen Süden, sozialen Bewegungen und indigene Bevölkerungen – eine Politik, die weder der Klimagerechtigkeit noch der notwendigen Gesamtumbau unserer Wirtschaft dient, vorantreibend.
10 Jahre Pariser Klimaabkommen: Eine enttäuschende Bilanz
Im Jahr 2015 nahmen am COP21 196 Staate das Pariser Abkommen an, ein angeblicher Meilenstein im Kampf gegen die Klimakrise. Hauptziel des Abkommens war es, die globale Erwärmung « gut unter 2°C » und, idealerweise, unter 1,5°C im Vergleich zu vorindustriellen Werten zu halten[6]. Zehn Jahre später ist dieses Abkommen ein Versagen. Die Erwärmung schwankt heute schon zwischen 1,35°C und 1,55°C – auf Kurs zwischen +2,5 und +3°C bis 2100[7].
Stand Februar 2025 haben 97% aller Staaten weder ihre Ziele für die Reduktion ihrer Emissionen aktualisiert noch eine Strategie im Einklang mit den im Abkommen vorausgesetzten Fristen präsentiert[8]. Die globalen Treibhausgasemissionen sind seit 2015 um nur 7% gesunken, wobei einen Rückgang um 45% bis 2030 notwendig wäre, um auf Kurs für 1,5°C zu bleiben[9]. Der sog. globale Norden engagierte sich mit 100 Milliarden Dollar jährlich an der Unterstützung des sog. Globalen Südens bei der Energiewende. Die tatsächlich ausgezahlten Gelder liegen jedoch oft 30 bis 40 % unter den versprochenen Beträgen. Schlimmer noch: Ein Grossteil dieser Gelder wird als Darlehen vergeben, was die Schuldenlast ohnehin schon angeschlagener Länder weiter verschärft[10].
In dieser Zeit sind die Bevölkerungen des sog. globalen Südens drastisch gewachsen – indigene Völker, die vulnerabelsten – leiden unter den schlimmsten Folgen der Klimakrise. Obwohl sie 80 % der globalen Biodiversität schützen, erhalten sie weniger als 1% der internationalen Klimafördergelder[11]. Sie werden oft aus Verhandlungen weggelassen, durch aufgezwungene « grüne » Projekte verdrängt, oder in politischen Entscheidungen marginalisiert. Die Klimakrise betrifft auch ihre psychische Gesundheit, ihre Lebensmittelsicherheit und ihre territoriale Unabhängigkeit[12].
Zehn Jahre nach dem Enthusiasmus der COP21 hat sich das Pariser Abkommen – eine vermeintliche Kehrtwende – als zahnloser Kompromiss erwiesen, keineswegs fähig, Klimagerechtigkeit zu schaffen.
COP30: Zwischen ausbeuterischen Widersprüchen und Hoffnungen der Öffentlichkeit
Die COP30, die im November 2025 in Belem, im Herzen des Amazonas, stattfindet, wird von der brasilianischen Regierung als Meilenstein für die Klimapolitik geworben. Präsident Lula da Silva möchte aus dieser Konferenz ein Symbol des Leadership des sog. Globalen Südens und des Kampfs gegen Abholzung machen[13]. Doch hinter den öffentlichen Reden sind die Widersprüche eklatant.
Während sich Brasilien als Vorantreiberin der ökologischen Transition positioniert, treibt sie Offshore-Ölprojekte in der Region des « Äquatorialrand » voran, nur 160 km von der Mündung des Amazonas entfernt. Diese Projekte werden von Petrobras, brasilianischer Ölkonzern, unterstützt und vom Amt für Umwelt, IBAMA, genehmigt und könnten bis zu 10 Milliarden Barrel Öl liefern[14]. Lula rechtfertigt diese Politik damit, dass die Erträge aus dem Öl die Energiewende finanzieren würden – eine Logik, die von NGOs als gefährlich und paradox eingestuft wurde[15].
Die Abholzung, während sie, seit Lula wieder an der Macht ist, wieder abgenommen hat, bleibt dennoch eine grosse Herausforderung. Waldbrände, Infrastrukturprojekte und die Landwirtschaftsindustrie bedrohen weiterhin den Amazonas-Urwald[16].
Viele NGOs und soziale Bewegungen verurteilen die Zweiseitigkeit der brasilianischen Regierung. Mehrere Organisationen haben den Präsidenten für seine fehlende Ambitionen und Kohärenz, besonders bezüglich neuen Öl-Lizenzen, kritisiert[17]. Eine Studie von Urgewald deckte auf, dass seit dem Pariser Abkommen über 930 000 km2 für die Gewinnung fossiler Energie in Lateinamerika freigegeben wurden, mit massiven Investitionen von internationalen Banken wie Santander, JPMorgan und Deutsche Bank[18].
In diesem Kontext organisiert sich die Zivilgesellschaft. Das Gipfeltreffen der Völker wird zur gleichen Zeit wie die COP30 stattfinden, vereint indigene, feministische, antirassistische und ökologische Bewegungen, um eine radikale Stimme nebst den offiziellen Verhandlungen laut zu machen. Die indigenen Bevölkerungen des Amazonas-Beckens, im Juni 2025 wiedervereint, haben klargemacht, dass es keine ökologische Zukunft ohne ihre ganzheitliche Teilhabe geben wird. Sie fordern, dass das Wissen ihrer Völker, seit Generationen weitergeben, in die Entscheide miteingebunden wird, und dass ihre Gebiete als für den Planeten notwendige CO2-Lager geschützt werden[19].
Daher stellt diese JUSO Schweiz folgende Forderungen für einen ökosozialistischen Bruch mit dem System der COP:
1. Die sofortige Ausschliessung von Fossilkonzernen bei Klimaverhandlungen und die Gewährleistung keiner Interessenskonflikte unter den offiziellen Delegationen;
2. Die Anerkennung der historischen Verantwortungen, welche die Länder des sog. globalen Nordens tragen, das Einrichten von Reparaturzahlungen in Form von Spenden statt Darlehen sowie die Streichung der Verschuldung der Länder des sog. globalen Süden;
3. Ein Ende des diplomatischen Greenwashings: Die COP können nicht weiter als Schaufenster für jene Staaten dienen, die fossile Energie Finanzieren;
4. Ein weltweites Moratorium auf neue fossile Projekte (Öl, Gas, Kohle) und eine koordinierte Planung des Ausstiegs aus fossilen Energien;
5. Politische Unterstützung und Finanzierung von indigenen und öffentlichen Aufständen sowie die Integration ihres Wissens und Forderungen mit Klimapolitischen Entscheidungen;
6. Die Schaffung eines unabhängigen Internationalen Gerichtshof fürs Klima, um über die Klimaverbrechen von Staaten, Konzernen und finanzielle Institutionen zu urteilen;
7. Die Verwirklichung einer ökologischen Transformation, beruhend auf:
- Die demokratische Planung der Wirtschaft
- Die Verlegung von Produktion
- Unabhängigkeit bei Energie und Lebensmittel
- Die Reduktion sozialer und ökologischer Ungleichheiten;
8. Verbindliche Massnahmen, um das Einhalten internationaler finanzieller Verpflichtungen (insb. des sog. globalen Nordens an den sog. globalen Süden) zu garantieren;
9. Die Demokratisierung der COP: Eine grundlegende Miteinbeziehung von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, NGOs, indigene Völker und marginalisierte Gemeinschaften im Entscheidungsprozess;
10. Eine Abspaltung vom grünen Kapitalismus und technokratischen Scheinlösungen (CO2-Markt, -Kompensierung oder -Speicherung), welche ein ausbeuterisches System predigen.
[1] « Populations autochtones : résumé des risques associés aux changements climatiques | INSPQ », Institut national de santé publique du Québec, 26 novembre 2024, https://www.inspq.qc.ca/changements-climatiques/vrac-parc/populations-autochtones; Zone Environnement- ICI.Radio-Canada.ca, « Les Autochtones sévèrement touchés par l’anxiété climatique », Radio-Canada, Radio-Canada.ca, 21 octobre 2025, https://ici.radio-canada.ca/espaces-autochtones/2201169/autochtones-eco-anxiete-feux-banquise-climat.
[2] Direction Webmaster, COP30 au Brésil, entre ambitions climatiques et contradictions politiques - Nouveaux Espaces Latinos, 11 juin 2025, https://www.espaces-latinos.org/archives/127845.
[3] « Brésil : Lula promeut un méga-projet pétrolier, tout en préparant la COP30 | Connaissances des énergies », 8 février 2025, https://www.connaissancedesenergies.org/afp/bresil-lula-promeut-un-mega-projet-petrolier-tout-en-preparant-la-cop30-250208; « Brésil: Lula défend l’exploration pétrolière en Amazonie malgré les critiques des écologistes », RFI, 9 février 2025, https://www.rfi.fr/fr/am%C3%A9riques/20250209-br%C3%A9sil-lula-d%C3%A9fend-l-exploration-p%C3%A9troli%C3%A8re-en-amazonie-malgr%C3%A9-les-critiques-des-%C3%A9cologistes.
[4] Jean Delaunay, « Lula du Brésil défend l’exploration pétrolière en Amazonie comme un moyen de financer l’énergie verte », L’Observatoire de l’Europe, 17 février 2025, https://www.observatoiredeleurope.com/lula-du-bresil-defend-lexploration-petroliere-en-amazonie-comme-un-moyen-de-financer-lenergie-verte_a61823.html.
[5] @NatGeoFrance, « La déforestation ralentit en Amazonie brésilienne », National Geographic, 31 janvier 2024, https://www.nationalgeographic.fr/environnement/bresil-actualites-la-deforestation-ralentit-en-amazonie-bresilienne.
[6] « COP30: les ONG dénoncent “l’ambivalence” du Brésil », 22 octobre 2025, https://www.linfodurable.fr/environnement/cop30-les-ong-denoncent-lambivalence-du-bresil-53288.
[7] Alexandre Leclerc, « Vue de COP30: Noms d’étude Noms Donors for Extractivisme en Amérique latine », Mouvement Démocratie Nouvelle, 2 octobre 2025, https://www.democratienouvelle.ca/vue-de-cop30-noms-detude-noms-donors-for-extractivisme-en-amerique-latine/30866/.
[8] COP28 : à Dubaï, présence massive des lobbyistes des énergies fossiles, 5 décembre 2023, https://www.lemonde.fr/planete/article/2023/12/05/cop28-a-dubai-presence-massive-des-lobbyistes-des-energies-fossiles_6203988_3244.html.
[9] « COP21 : engagements et bilan 10 ans après l’Accord de Paris », 18 juin 2018, https://selectra.info/energie/guides/environnement/cop21.
[10] « Climat : le GIEC publie son dernier guide de survie pour la planète | ONU Info », 20 mars 2023, https://news.un.org/fr/story/2023/03/1133417; Commissariat général au développement durable, « Scénarios et projections climatiques », Chiffres clés du climat 2024, consulté le 22 octobre 2025, https://www.statistiques.developpement-durable.gouv.fr/edition-numerique/chiffres-cles-du-climat/fr/4-scenarios-et-projections-climatiques.php.
[11] Encore loin du compte : l’Accord de Paris, 10 ans après - Climatoscope 360, Le Climatoscope, 30 septembre 2025, https://climatoscope.ca/encore-loin-du-compte-laccord-de-paris-10-ans-apres/.
[12] Échec de l’engagement climatique de l’Accord de Paris dix ans plus tard - CO24, Monde, 7 octobre 2025, https://co24.ca/fr/echec-engagement-climatique-accord-paris/.
[13] « COP 29 ».
[14] « Les peuples autochtones, gardiens de la nature, tenus à l’écart dans la lutte contre le changement climatique | ONU Info », 25 avril 2025, https://news.un.org/fr/story/2025/04/1155046.
[15] Jean Delaunay, « Qu’est-ce que l’article 6 et pourquoi est-il controversé ? Les militants réagissent à l’adoption de règles sur les crédits carbone », L’Observatoire de l’Europe, 12 novembre 2024, https://www.observatoiredeleurope.com/quest-ce-que-larticle-6-et-pourquoi-est-il-controverse-les-militants-reagissent-a-ladoption-de-regles-sur-les-credits-carbone_a50942.html.
[16] « Les niveaux de dioxyde de carbone battent des records en 2024 », Organisation Météorologique Mondiale, 14 octobre 2025, https://wmo.int/fr/news/media-centre/les-niveaux-de-dioxyde-de-carbone-battent-des-records-en-2024.
[17] « Conférence de Copenhague de 2009 sur les changements climatiques — Wikipédia », consulté le 22 octobre 2025, https://fr.wikipedia.org/wiki/Conf%C3%A9rence_de_Copenhague_de_2009_sur_les_changements_climatiques.
[18] « Climat : les objectifs de l’Accord de Paris sont toujours à portée de main, selon le chef de l’ONU | ONU Info », 19 mars 2025, https://news.un.org/fr/story/2025/03/1154071.
[19] COIAB, « DÉCLARATION POLITIQUE DES PEUPLES AUTOCHTONES DU BASSIN AMAZONIEN ET DE TOUS LES BIOMES DU BRÉSIL POUR LA COP30 », s. d., https://coiab.org.br/wp-content/uploads/2025/06/FR_DECLARATION-POLITIQUE-DES-PEUPLES-AUTOCHTONES_COP30.pdf.