Der Klimakrise endlich den Kampf ansagen!

18.11.2024

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 17.11.2024 in Lausanne (VD)


Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaft, Linke und zivilgesellschaftliche Akteure vor der Klimakrise und setzen sich für ihre Bekämpfung ein. Währenddessen verteidigen rechte Mehrheiten in der Politik, unterstützt vom fossilen Kapital, den klimapolitischen Status quo. Die bisher erreichten klimapolitischen Kompromisse reichen bei weitem nicht. Klimaschutz ist in der Schweiz weiterhin nur dann erwünscht, wenn er den ökonomischen Interessen der Kapitalist*innen dient oder wenn er es dem reichsten Prozent ermöglicht, durch Greenwashing zu werben und noch mehr Profit zu erzielen.

Die Schweiz wurde verurteilt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Anfang April 2024 mit seinem Urteil zugunsten der KlimaSeniorinnen bestätigt, dass die Schweiz mit ihrer aktuellen Klimapolitik eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit sowie das Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK) darstellt. Die wenigen Massnahmen die bisher getroffen wurden sind ungenügend und verfolgen den falschen Ansatz. Statt Unternehmen oder Personen, die die Klimakrise weiter befeuern, zur Verantwortung zu ziehen, setzt die Schweiz auf Eigenverantwortung und Abgaben und Steuern, die die breite Bevölkerung treffen.

Die unmittelbare Reaktion der Bürgerlichen auf das Urteil war ein direkter Angriff auf den liberalen Rechtsstaat. Sowohl der Nationalrat, als auch der Ständerat verurteilten nämlich das Urteil und weigerten sich, es weiterzuverfolgen[1]. Dass sich Daniel Jositsch in der NZZ[2] zur Speerspitze dieser Revolte aufschwingt, ist beschämend. Der Bundesrat behauptet nun, dass die Schweiz mit dem vom bürgerlichen Parlament verwässerten CO2-Gesetz das Urteil bereits umsetze. Gleichzeitig will der Bund Subventionen für den Klimaschutz kürzen und Milliarden in den Autobahn-Ausbau investieren. Die JUSO verurteilt diese Angriffe auf unsere Zukunft und die europäischen Menschenrechte.

Die letzte Chance

Auf internationaler Ebene sieht es nicht besser aus. Der Emissions Gap Report 2024[3] des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zeigt das dramatische Versagen der globalen Klimapolitik. Die Versprechen und Gesetze der Staaten sind derzeit so unzureichend, dass die Welt auf einen Temperaturanstieg von 2,6 bis 3,1°C in diesem Jahrhundert zusteuert. Was das bedeutet, skizziert Klaus Wiegandt in seinem Buch[4]: Es käme zu einer kaum vorstellbaren Radikalisierung des Wettergeschehens mit Schäden, die jährlich 10% des Weltsozialprodukts übersteigen würden. Weite Teile der Erde würden unbewohnbar und Millionen Menschen zur Flucht gezwungen.
Jetzt ist unsere letzte Chance, unsere Zukunft zu retten. Mit einer radikalen Verschärfung der Klimapolitik ist laut Emissions Gap Report ein 1,5°C-Pfad technisch noch möglich. Dazu braucht es aber konsequentere Klimaschutzziele, eine Versechsfachung der Investitionen in den Klimaschutz, eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und eine Reform der globalen Finanzarchitektur.

Die nächsten Monate und Jahre werden daher entscheidend für die Zukunft der Menschheit sein! Deshalb brauchen wir jetzt eine soziale Klimapolitik, die die Privilegien der Superreichen und des fossilen Kapitals schonungslos angreift und so eine rasche Reduktion der Treibhausgase im In- und Ausland ermöglicht. Dazu fordern wir:

  • Gerechte Luxusverbote statt Abwälzung der Kosten auf alle: Oxfam zeigt in einem aktuellen Bericht[5], dass die Superreichen einer der Haupttreiber der Klimakrise sind. Deshalb braucht es ein Verbot von Privatjets, Superyachten, SUVs und Vielfliegerei.
  • Die Verursacher müssen zahlen: Die Initiative für eine Zukunft schlägt vor Erbschaften über 50 Millionen zu besteuern, um den Kampf gegen die Klimakrise zu finanzieren. Mit dieser Initiativefordern wir die grössten Profiteure der kapitalistischen Ordnung zur Kasse. Die Klimapolitik muss endlich das fossile Kapital zur Kasse bitten und so einen sozial gerechten Umbau finanzieren. Dafür sind entsprechende zielgerichtete und sozial gerechte Steuern zu erheben.
  • Grüne Industriepolitik: Die Schweiz braucht endlich eine grüne Industriepolitik. So muss das Stahlwerk Gerlafingen[6]als wichtiger Industriebetrieb für den ökologischen Umbau der Schweiz erhalten bleiben.
  • Klimaneutraler Finanz- und Rohstoffhandelsplatz: Statt Grossbanken und die Boni ihrer Manager zu retten, muss sich die Politik mit ambitionierten Gesetzen für einen klimaneutralen Finanz- und Rohstoffhandelsplatz einsetzen.
  • Eine gerechte globale Klimapolitik: Der Schuldenerlass für die Länder des Globalen Südens ist die einzige Möglichkeit, diesen Ländern zu ermöglichen, in ihren Kampf gegen die Klimakrise zu investieren, und die unverhältnismäßige Verantwortung anzuerkennen, die die Länder des Nordens tragen. Wir fordern außerdem, dass die Schweiz Wiedergutmachungsverfahren einleitet und Schweizer Unternehmen, die für die Klimakrise verantwortlich sind, streng reguliert.
  • Ernsthafte Klimadiplomatie für das 1.5°C-Ziel: Die Schweizer Diplomatie muss sich für eine klimaverträgliche Zukunft einsetzen. Die Schweiz muss die Bekämpfung der Klimakrise zu einer diplomatischen Priorität machen und sich entsprechend für eine ökosoziale Transformation einsetzen.

[1]https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2024/20240612100914619194158159026_bsd051.aspx

[2] Vonplon, D., & Gerny, D. (2024, April 17). SP-Ständerat Jositsch: Schweiz muss sich gegen Klima-Urteil wehren. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/schweiz/daniel-jositsch-zum-klima-urteil-die-schweiz-muss-im-europarat-klar-machen-dass-es-so-nicht-geht-ld.1826596

[3] United Nations Environment Programme (2024). Emissions Gap Report 2024: No more hot air ... please! With a massive gap between rhetoric and reality, countries draft new climate commitments. https://wedocs.unep.org/20.500.11822/46404.

[4] Wiegandt, K. (2022). 3 Grad mehr: Ein Blick in die drohende Heißzeit und wie uns die Natur helfen kann, sie zu verhindern.

[5] Carbon Inequality Kills: Why curbing the excessive emissions of an elite few can create a sustainable planet for all - Oxfam Policy & Practice. (2024, October 28). Oxfam Policy & Practice. https://policy-practice.oxfam.org/resources/carbon-inequality-kills-why-curbing-the-excessive-emissions-of-an-elite-few-can-621656/

[6] Mehr dazu: https://www.workzeitung.ch/2024/10/der-kampf-um-stahl-gerlafingen/