Keine Diskriminierung und keine Kontingente – ohne Kompromisse!

13.03.2016

Resolution verabschiedet an der Jahrversammlung der JUSO Schweiz vom 12-13. März 2016, Bern.

Am 9. Februar 2014 wurde die SVP-Initiative „gegen Masseneinwanderung“ (MEI) mit 50.3 Prozent der Stimmen knapp angenommen. Die Initiative verlangt eine Begrenzung der Zuwanderung in die Schweiz, ohne dabei eine fixe Zahl zu nennen. Die Schweiz wurde durch die Annahme der MEI europa-, wirtschafts- und migrationspolitisch in eine schwere Krise gestürzt. Europapolitisch ist der Weg zu einer weiteren politischen Integration verbaut. Wirtschaftspolitisch ist der Ausbau der flankierenden Massnahmen (FLAM), die alle Arbeitenden in der Schweiz vor Lohndumping schützen, in weite Ferne gerückt und es droht ein weiterer Verlust von Arbeitsplätzen. Migrationspolitisch droht eine massive Prekarisierung aller in der Schweiz wohnhaften Menschen ohne Schweizer Pass.

Die JUSO hat die MEI immer und in aller Form abgelehnt und entschieden bekämpft. Ausländerinnen und Ausländer dürfen nicht zu Sündenböcken für wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten gemacht werden. Die Annahme der MEI, wie auch der aktuell vorherrschende Rechtspopulismus, sind eine Folge der ökonomischen Ungerechtigkeiten – in der Schweiz genauso wie in Europa. Die Folgen der neoliberal-kapitalistischen Weltordnung sind für die Menschen katastrophal und führen zu Angst, Wut und Frustration. Verantwortlich für überteuerten Wohnraum, fehlende Infrastruktur und Lohndumping ist aber die herrschende Wirtschaftsordnung sowie die bürgerliche Politik im Interesse der Herrschenden. Die Interessengegensätze verlaufen nicht zwischen Ausländer_innen und Schweizer_innen; sie verlaufen zwischen unten und oben.

Unmittelbar nach Annahme der MEI forderte die JUSO Schweiz an ihrer Jahresversammlung 2014 in der Resolution „Europa statt Isolation“ den engagierten Kampf der Sozialdemokratie „für ein Europa der Menschen, ein Europa der Demokratie und des Friedens, und ein Europa der Freiheit und Solidarität.“ Diese Forderungen haben seither nichts an Aktualität verloren. Die politische Krise der MEI hat die SVP der Schweiz eingebrockt – deshalb sozialdemokratische und sozialistische Grundsätze aufzugeben, kommt nicht in Frage.

Im Frühjahr 2016 präsentierte der Bundesrat nun seinen Vorschlag für die Umsetzungsgesetzgebung zu Art. 121a der Bundesverfassung (MEI). Der bundesrätliche Vorschlag ist ein Kompromiss zwischen der SVP, den bürgerlichen Parteien und den neoliberalen Wirtschaftsverbänden. Die politische Linke sowie die Gewerkschaften wurden komplett ignoriert. Um den verschiedenen Interessen von Besitzenden und rechten Parteien Rechnung zu tragen, geht die vorgeschlagene Umsetzung einseitig zu Lasten der Arbeitenden; insbesondere derer ohne Schweizer Staatsbürger_innenschaft. Er sieht eine Umsetzung über Kontingente und Höchstzahlen für Arbeitende ohne Schweizer Pass vor und gefährdet damit die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union. Er diskriminiert Migrant_innen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt massiv und öffnet Tür und Tor für ein neues „Saisonnier-Statut“.

Einen solchen faulen Kompromiss von Wirtschaftsverbänden, bürgerlichen Parteien und SVP darf die Linke auf keinen Fall mittragen. Da auch die Personenfreizügigkeit inklusive FLAM mehrfach deutlich von der Stimmbevölkerung unterstützt wurden und politisch und rechtlich gegenüber der MEI mindestens als gleichwertig beurteilt werden müssen, wäre eine Umsetzung von Art. 121a BV auch ohne Kontingente und Diskriminierung, über innenpolitische Massnahmen sowie über eine Stärkung der FLAM möglich gewesen. Der vorliegende Vorschlag ist aber keine Diskussionsgrundlage und muss in aller Entschiedenheit bekämpft werden.

Die JUSO Schweiz fordert deshalb von der SP Schweiz:

  • Das Nicht-Eintreten auf das europa-, wirtschafts- und migrationspolitisch gefährliche Umsetzungsgesetz und die Ergreifung des Referendums dagegen.
  • Die kompromisslose Ablehnung von Kontingenten und Obergrenzen für Migrant_innen.
  • Den Kampf für einen Ausbau der FLAM und für sozialdemokratische Fortschritte bei der europäischen Integration.