Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 14. November 2021, Sissach BL
Über 80 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Dies aus verschiedensten Gründen - Krieg, Vertreibung und Verfolgung. Faktoren wie die Entwicklung der Klimakrise, Armut und Perspektivlosigkeit verschärfen bestehende Konflikte und die Not der Menschen. Viele dieser Menschen fliehen nach Europa auf der Suche nach Sicherheit und Stabilität und hoffen, hier ein neues Leben aufzubauen. Die EU antwortet auf die Not der Geflüchteten mit einem rigorosen Grenzregime, welches Flüchtende gewaltsam abweist und ihnen ihr Recht auf Stellung eines Asylantrags verweigert. Ein entscheidender Player in dieses inhumanen Grenzregimes ist Frontex, die europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache.
Wie unter anderem in einem der letzten SRF-Rundschau-Berichte oder in anderen Untersuchungen von Menschenrechts-NGOs dargestellt wurde, werden Pushbacks unter anderem bei der Frontex und den kroatischen Sicherheitskräften angewendet. Die Frontex hat sogar laut der UNO die EU-Staaten bei Pushbacks von 40’000 Geflüchteten unterstützt, was zu etwa 2’000 Toten geführt hat.
Obwohl diese Pushbacks klar menschenrechtswidrig sind, werden sie von der Schweiz und der EU finanziell unterstützt. Bis zum Jahr 2027 will auch die Schweiz ihren Frontex-Anteil schrittweise von heute 24 Millionen auf 61 Millionen Franken erhöhen. Dagegen wurde zuletzt ein Referendum lanciert. Die Schweiz hat auch indirekt über den Schengen-Fonds für die innere Sicherheit (ISF) die kroatischen Sicherheitskräfte an der Grenze finanziert, indem sie schon 138 Millionen Franken in diesen Fonds eingezahlt hat.
Die Situation an den EU-Aussengrenzen ist schon länger untragbar, aber durch neueste Entwicklungen hat sie sich vor allem in den östlichen EU-Ländern verschärft. Der belarussische Machthaber Lukaschenko möchte nämlich die Flüchtenden für seine eigenen politischen Interessen nutzen. Darum schicken belarussische Behörden die Flüchtenden an ihre Grenzen mit der EU und begründen es unter anderem mit der Bewegungsfreiheit. Somit übt Lukaschenko Druck auf die EU aus, vor allem an Litauen, Lettland und Polen, welche wiederum Grenzzäune errichtet haben und wo es nun zu illegalen Pushbacks kommt, ohne den Geflüchteten ihr Recht auf das Stellen eines Asylantrags zu gewähren.
Im betroffenen Gebiet haben Lettland und Polen den Notstand ausgerufen und somit drastische, repressive Massnahmen ergriffen, Journalist*innen verbannt und die Armee mobilisiert. In Polen wurde gar ein Gesetz verabschiedet welches Pushbacks “legalisiert” und einen Kredit von 353 Millionen Euro für eine “Mauer” an der Grenze mit Belarus ermöglicht. Wir als JUSO verurteilen klar solche menschenrechtswidrige und repressive Massnahmen sowie die Aktionen der belarussischen Behörden und fordern, dass Konsequenzen von der Seite der Schweiz und der EU folgen.
Für die JUSO ist klar: Diese andauernde humanitäre Krise ist Ausdruck eines fundamental ungerechten Wirtschaftssystems, welches durch Ausbeutung Ungleichheiten und globale Konflikte schafft und fördert. Die Überwindung des Kapitalismus ist zentral für die Bekämpfung der Ursachen dieser Konflikte. Dennoch müssen wir uns auch in diesem System gegen die Ungerechtigkeiten in der Migrationspolitik einsetzen und uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass Menschen ein Leben in Würde und Sicherheit führen können.
Kurz- und mittelfristig fordern wir folgende Massnahmen:
- Es braucht innerhalb der EU-Kommission eine konsequente Untersuchung und Aufarbeitung der illegalen Pushbacks und Gewalthandlungen durch Frontex und nationale Sicherheitsbehörden - hierfür muss sich auch die Schweiz einsetzen
- Stopp von Zahlungen an das ISF-Grenzen Programm, wenn nötig auch mit Neuverhandlung dessen im Schengen-Abkommen
- Wiedereinführung des Botschaftsasyls
- Aufnahme von deutlich mehr Geflüchteten zur Entlastung der EU-Aussengrenzen
- Keine Finanzierung von Frontex, Unterstützung des Frontex-Referendums