Resolution verabschiedet an der Online-Delegiertenversammlung vom 06. Juni 2020
Die Zustände in den Flüchtlingslagern an der Balkanroute zeugen schon seit Jahren von einer humanitären Katastrophe an den Grenzen Europas. So herrschen auch in Bosnien seit Jahren menschenunwürdige Zustände: Geflüchtete Menschen leben in schlecht ausgestatteten Lagern ohne ausreichende medizinische Versorgung und Infrastruktur. An der kroatisch-bosnischen Grenzen sind illegale Pushbacks und systematische Polizeigewalt an der Tagesordnung - obwohl dies schon lange bekannt ist, schaut Europa untätig zu.
Für die bosnische Bevölkerung ist die Situation eine enorme Belastung. Die Gesellschaft ist stark gespalten und das Land ist geprägt von Korruption und Armut. Das Vertrauen in die Politik ist sehr schwach und die Perspektivlosigkeit stark verbreitet. Bosnien als finanzschwacher und kaum funktionaler Staat wird vom Rest Europas alleine gelassen. Die Schuld an dieser humanitären Katastrophe liegt entsprechend nicht bei den bosnischen Behörden alleine, sondern bei ganz Europa. Die illegalen Pushbacks und die Repression an den europäischen Aussengrenzen geschehen ganz im Interesse der verantwortungslosen und inhumanen Abschottungspolitik Europas. Europa drückt sich davor, Verantwortung für die eigens herbeigeführte humanitäre Krise zu übernehmen.
Weil die Institutionen und Regierungen in Bosnien und im Rest von Europa die Augen vor den menschenunwürdigen Zuständen verschliessen, haben in den letzten Jahren tausende Freiwillige und NGOs Aufgaben übernommen, welche eigentlich von staatlicher Seite und auch seitens der EU getragen werden müssten. Doch nun nimmt in Bosnien die Repression gegen diese freiwilligen Helfer*innen zu, im Kanton Una-Sana wurde privaten Hilfsorganisationen gar verboten, den Flüchtenden zu helfen.. Das bedroht direkt die bereits dürftige medizinische Versorgung der Lager, welche von einer NGO übernommen wurde.
Für die JUSO ist klar: Menschenrechte sind nicht verhandelbar, sie müssen auch an den Aussengrenzen Europas gelten, auch in Bosnien. Solidarität und Nothilfe sind keine Verbrechen.
Daher fordert die JUSO Schweiz:
- Keine Kriminalisierung von Hilfeleistungen zu Gunsten der Geflüchteten durch Privatpersonen und NGOs. Hilfe ist kein Verbrechen!
- Der Bundesrat soll Bosnien unmissverständlich zur Einhaltung der Menschenrechte auffordern, sowie Unterstützung anbieten: Finanzielle und organisatorische Hilfe beim Aufbau und Betrieb der Lager sowie die Aufnahme von Geflüchteten in die Schweiz.
- Angemessene Unterkünfte und Zugang zu medizinischer Versorgung in und um die Lager, der Zugang zu Essen, Schlafplätzen und Gesundheitsversorgung darf nicht als Repressionsmassmahme verweigert werden.
- Konsequente Aufklärung und Verfolgung von Gewalt gegen Geflüchtete durch die Polizei oder Sicherheitskräfte in den Lagern
- Griffige Massnahmen gegen illegale Pushbacks und Gewaltanwendungen der Polizei sind längst überfällig - auch hier darf die Schweiz nicht länger wegschauen
- Die Pressefreiheit der Journalist*innen, die vor Ort recherchieren wollen, ist zu gewährleisten
- Die Schweiz muss gemeinsam mit anderen europäischen Ländern legale Fluchtwege schaffen, sich für die Kündigung des Schengen-Dublin Abkommens einsetzen und die Etablierung einer solidarischen Migrationspolitik vorantreiben
- Die JUSO setzt sich in der SP dafür ein, dass diese sich ebenfalls für eine solidarische Migrationspolitik und die aufgelisteten Forderungen verpflichtet.
Leider sind diese Katastrophen Ausdruck eines fundamental ungerechten Wirtschaftssystems und deren Ende bedingt die Überwindung des Kapitalismus. Dennoch müssen wir uns auch in diesem System auf allen Ebenen dafür einsetzen, Menschen ein Leben in möglichst humanen Bedingungen zu ermöglichen.