10 Jahre Weltwirtschaftskrise

15.09.2018

Verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 15. September in Bellinzona

Dieses Papier dient zur Analyse und definiert die Forderungen der JUSO Schweiz bezüglich der Finanzkrise von 2008. Diese Krise, auch Weltwirtschaftskrise genannt, hatte ihren Ursprung in riskanten Hypothekarkrediten. Bevor diese die Welt auf den Kopf stellten, brachten sie die ganze US-Wirtschaft ins Wanken. Bereits 2007 zeigten sich Probleme am US-Immobilienmarkt. Diverse Banken kamen in finanzielle Schwierigkeiten, es zeigt sich, dass diverse Papiere faktisch nichts mehr wert sind. Die Zentralbanken ergriffen erste Massnahmen. Im September 2008 geht mit Lehmann Brothers eine der grössten Investmentbanken der USA Konkurs und die Krise erreicht schlagartig eine breitere Öffentlichkeit. Die Krise zeigte so die Fragilität der Weltwirtschaft: Ein paar nicht mehr bediente US-Hypotheken weiteten sich in nur einem Jahr zu einer globalen Krise aus.

Krise und Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Das Auftreten einer Krise wie im Jahr 2008 muss uns keineswegs erstaunen. Denn ihr Ursprung liegt im kapitalistischen System selbst. Um seine Güter abzusetzen, benötigt der Kapitalismus eine hohe Nachfrage. Gleichzeitig bedingt die Maximierung der Profite der Reichen und Mächtigen tiefe Löhne. Eine Kürzung der Löhne wiederum drückt die Kaufkraft und reduziert die Nachfrage. Dieser Widerspruch verursacht Überproduktion und eine Schwächung des Wachstums. Um dem gegenüberzutreten erlebte der Konsumkredit in den letzten 40 Jahren einen massiven Aufschwung. Die Konsequenz davon: Eine riesige Verschuldung der Konsument*innen, was später die uns bekannte Krise nach sich zog. Weil die Krise eine Folge unseres Wirtschaftssystems ist, muss auch dieses, zusammen mit der Finanzwirtschaft, kritisiert werden.

Weltwirtschaftskrise: Der Crash des Neoliberalismus

Wie bereits erwähnt zwingt dieses System die Kapitalisten die Produktionskapazitäten fortwährend auszubauen. Das funktioniert nur so lange, wie neue Märkte erschlossen werden können, in die der Mehrwert gewinnbringend reinvestiert werden kann. Der Kredit spielt dabei die Rolle einer künstlichen Erweiterung des Marktes. Er schafft eine künstliche Nachfrage, indem er das Problem der Überproduktion einfach in die Zukunft verlagert. Gleichzeitig eröffnet die Vermehrung von Kreditgeld die Möglichkeit für allerlei spekulative Operationen. Je weniger realwirtschaftliches Wachstum jedoch den spekulativen Gewinnen entsprechen, desto instabiler wird die Börse. Irgendwann platzt die Spekulationsblase, und die Krise tritt umso verheerender ein. Die Instabilität der Finanzwirtschaft ergibt sich also direkt aus den systemischen Gesetzen des Kapitalismus. Momentan geht der globale Kapitalismus in eine groteske Richtung: Die Investitionen sind nicht auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet.

Ein gutes Beispiel ist der Dienstleistungssektor, denn hier sind die Gewinnaussichten nicht so gross. Investitionen werden, sofern sie in der Realwirtschaft verbleiben, in Bereiche mit hohem Wachstum, wie zum Beispiel Technologie gemacht, oder direkt in die Finanzmärkte. Daher besteht ein deutlicher Druck auf die Finanzderegulierung. Es lässt sich also einfach erkennen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen Finanz- und Industriekapital gibt.

Im Gegenteil, wenn die Investitionen in der Realwirtschaft bleiben, strömen sie in Bereiche mit hoher Wachstumsrate, die aber sozial wenig nützlich sind. Oft ist dies die Technologiebranche oder sogar direkt die Finanzwirtschaft. Somit gibt es einen klaren Druck in Richtung einer Deregulierung der Finanzbranche. Ohne Schwierigkeiten kann man sagen, dass es zwischen Finanz- und Industriekapital mächtige Verbindungen gibt. Aber das Wichtigste ist, zu verstehen, dass die Finanzwirtschaft nicht gezügelt oder stabilisiert werden kann, ohne dass die Überproduktion in der Realwirtschaft aus dem Weg geschaffen wird. Denn das ist die Grundlage für ihre Übermacht und Instabilität.

Die Finanzkrise von 2008 wurde von den Finanzmärkten und den führenden Ökonom*innen weder vorhergesehen noch verstanden. Die Probleme, die den Crash von 2008 letztendlich verursachten, wurden noch 2007 von der US-Zentralbank als gelöst betrachtet.

Die Finanzwelt gaukelte uns seit jeher die Möglichkeit des ewigen Wachstums vor. Dieser Traum war in den USA noch präsenter: Alle träumten vom Eigenheim. Gleichzeitig begannen die Banken mit Unterstützung von Ratingagenturen sowie von als Versicherungen getarnten Spekulant*innen einen Handel mit den Schulden anderer. Kurzfristig öffneten sie damit den Menschen das Tor zu ihren Konsumträumen. Der freie Kapitalverkehr schuf jedoch starke Abhängigkeiten zwischen Banken und verschiedenen Ländern, sodass die Finanzinstitute unter Missachtung jeder demokratischen Ordnung transnationale Macht erlangten. Die Finanzwelt spekulierte und

schöpfte beeindruckende Summen aus der Realwirtschaft ab. Als sie jedoch realisierte, dass viele der komplizierten Finanzprodukte über keinen echten Wert verfügten, stürzte diese Welt in sich zusammen. In dieses Geschäft verwickelte Grossbanken mussten auf Kosten der Allgemeinheit gerettet werden, in der Schweiz wie den Vereinigten Staaten. Privatisierung der Gewinne und Kollektivierung der Verluste – der Liberalismus zeigt sein wahres Gesicht.

Um die Krise in ihrem ganzen Umfang verstehen zu können, müssen wir aber in der Geschichte zurückspulen. In den 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg fand ein beachtliches Wirtschaftswachstum statt. Man nennt diese Jahre auch die „Trente Glorieuses“. Gemäss den Vorschlägen des Ökonomen John Maynard Keynes, die er skizzierte, um eine mit 1929 vergleichbare Krise zu verhindern, stieg der Lebensstandard der Länder des globalen Nordens. Wohlfahrtsstaate entwickelten sich, die wirtschaftliche Ungleichheit war moderat und die Arbeiter*innen organisierten sich.

Bald aber veränderte sich das Machtgefüge in den Marktgesellschaften: Die Entwicklung der Nachkriegsjahre begann an Fahrt zu verlieren. So musste die herrschende Klasse handeln, um ihre Profite zu sichern. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Staat als bewahrendes Organ vor dem räuberischen Kapitalismus betrachtet. Nun jedoch wurde der Staat als Hindernis für die Entfaltung des freien Marktes angesehen. Die neoliberale Politik breitete sich aus, Wirtschaftslobbys entwickelten sich, das Finanzsystem gewann an Bedeutung und die Arbeiter*innenschaft wurde zermürbt und zerschlagen, teilweise auch mit Hilfe der Sozialdemokratie. Dies führte zwangsläufig zu einer desorganisierten Arbeiter*innenschaft. Die neoliberale Utopie ist die real gewordene Dystopie. Löhne stagnierten, um den herrschenden Klasse weiteres Wachstum zu bescheren. Drei Aspekte dieser Gegenbewegung sind entscheidend:

  • Explosion der Ungleichheit

Die Reichen wurden reicher, die Armut existierte weiterhin. Das Vermögen, in den Händen einer kleinen Gruppe konzentriert, wurde mehr und mehr in das Finanzsystem gepumpt, weil in der Realwirtschaft die profitablen Anlagemöglichkeiten ausgingen, und machte die Finanzwirtschaft noch mächtiger. Die stagnierenden Wirtschaftsräume des Nordens konnten nur durch Kredite ihren Lebensstandard halten.

  • Zentralbanken ohne demokratische Kontrolle

Die Zentralbanken wandten sich vom Ziel des Allgemeinwohls ab und wurden zu Institutionen, die den Interessen der Reichen dienen. Früher unter demokratischer Kontrolle, wurden die Entscheidungsprozesse technokratisiert und verschwanden aus der öffentlichen Debatte.

  • Immer wichtigere Finanzwelt

Speziell auf dem Immobilienmarkt wurden die Kreditanforderungen gelockert. Während dies der Unter- und Mittelklasse einen gewissen Lebensstandard garantierte, setzte es sie auch der Gewalt des neoliberalen Systems aus. Durch die Globalisierung wurde die Finanzwelt international zu der politischen Schlüsselfigur.

Krisen sind ein Bestandteil des Kapitalismus. Nur wenn wir das System grundlegend verändern, können sie eingedämmt oder verhindert werden. Nichtsdestotrotz hat uns der Neoliberalismus in eine Situation zurückgeworfen, die nach dem Zweiten Weltkrieg als überwunden betrachtet wurde. Soziale Spannungen selten gesehenen Ausmasses wuchsen über Jahrzehnte. Heute sind sie in aller Stärke sichtbar. Massnahmen werden aber keine ergriffen, nicht einmal gegen eine drohende nächste Krise.

Folgen der Krise von 2008

Institutionell

Nach dem No-Bailout der Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 haben die Regierungen entschieden, systemrelevante Banken zu retten. In der Schweiz hat der Bundesrat der UBS 60 Milliarden öffentliches Geld überwiesen. Zudem haben alle Staaten, zum Wohle der Menschen, antizyklisch in die Wirtschaft investiert. Allerdings haben diese Massnahmen stark variiert und sind insgesamt schwach geblieben.

Die Reaktion auf die Rezession war hauptsächlich monetärer Natur. Um Investitionen zu fördern, haben die grossen Zentralbanken zuerst die Leitzinsen gesenkt und sich der Untergrenze von null genähert. Der ausbleibende Erfolg dieser Politik hat aber nicht zu einem Umdenken geführt, und die SNB und Konsorten haben eine andere Technik gefunden, um das Gleiche zu machen: das Quantitative Easing[1]. Dieses Mittel ist allerdings doppelt zum Scheitern verurteilt: Einerseits geht es davon aus, dass das Wohlergehen der Banken auch das der Leute ist. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Das Quantitative Easing verschärft die Ungleichheit und verursacht gravierende Probleme für Pensionskassen und andere Teile des Wohlfahrtsstaates. Andererseits ist die Vergrösserung der Geldmenge keine Antwort auf die Liquiditätsfalle. In einer solchen ist zwar viel Geld verfügbar, allerdings wird dieses aufgrund der pessimistischen Gesamtlage primär in die Finanzmärkte investiert – eine Stagnation kann endlos dauern.. Diese Massnahmen, die in den Jahren von 2008-2010 getroffen wurden, konnten da-mals das Schlimmste verhindern. Eine Rezession wie in den 1930er-Jahren trat nicht ein – die globale Wirtschaft rutschte «lediglich» in eine Stagnation. Sobald sich jedoch die Situation der Banken und damit des globalen Kapitals stabilisiert hatte, wurden nur noch wenige weitergehende Massnahmen zur Bekämpfung der Krise und insbesondere auch zur Verbesserung der Situation der Lohnabhängigen getroffen.

Nur Fiskalpolitik kann diese Probleme lösen. Die uneingeschränkte und undemokratische Macht der Zentralbanken hat das Leben von Millionen Menschen geprägt, den Regierungen wichtige Entscheidungen vorweggenommen und der Finanzindustrie noch mehr politischen Einfluss verschafft. Diese ignoriert dabei ihre vernichtende Rolle in der Krise.

Bald schon wurden die antizyklischen Massnahmen, die kurz nach der Krise ergriffen worden waren durch eine Austeritätspolitik abgelöst. In der Eurozone hat die EZB die Panik genutzt, um den Demokratien, die bereits ihre Währungssouveränität verloren hatten, Budgetkürzungen aufzuzwingen – ein Angriff auf die Arbeitenden. Der deutsche Neoliberalismus nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein: Der hohe Handelsüberschuss dieses Landes geht mit der Verschuldung der Peripherie einher. Die Promotion der Austerität durch Merkel hat nur zum Ziel, dieses ungerechte und instabile System aufrechtzuerhalten. Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich in diesen Massnahmen nicht von der sie umgebenden Währungszone unterschieden.

Sozioökonomisch

Die Schweiz wurde schwächer als andere Länder von der Krise getroffen. In den Vereinigten Staaten hingegen fanden sich fast eine Million Menschen auf der Strasse wieder. In Europa ist die Zahl von Armut bedrohter Personen in nur fünf Jahren von 6 auf 120 Millionen gestiegen. Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich in einigen Ländern der 50%-Marke genähert und ist noch immer katastrophal hoch.

Diese aufkommende Krise hat in der Schweiz letztlich doch zu Konsequenzen geführt: Der Druck auf die sozialen Errungenschaften hat zugenommen und Sparmassnahmen wurden gang und gäbe. Austeritätspolitik verfolgt ein präzises Ziel: die Steuern im Interesse der Reichen tief zu halten. Dadurch konnten die Reichen ihren Lebensstandard erhöhen, währenddem der der restlichen Bevölkerung stagnierte.

Dazu kommt, dass die zahlreichen Firmenwegzüge der letzten Jahre zeigen, dass die Politik sogar ihr eigenes Ziel verfehlt: Der bürgerliche Block benützt das Argument des internationalen Drucks, um sich aus der Verantwortung für ihre Politik zu ziehen.

Die anderen europäischen Länder fanden so schnell keinen Weg aus der Krise: Die Menschen haben weiterhin unter der Austerität gelitten. Die seit Krisenbeginn explodierte Suizidrate ist davon der tödlichste und der empörendste Indikator.

Diese Länder haben ihr Vertrauen in die regierenden Parteien verloren und sich anderen zugewendet: Wo die Linke zersplittert ist, ist eine neue, nationalistische Rechte entstanden. Sie ist der Macht näher gekommen und spielt dabei mit der Angst und den Fehlern der Linken, die zu lange mit dem Neoliberalismus kollaboriert hat. Die Arbeiter*innenklasse hat sich dort einer anderen Linken zugewendet, wie wir es in Spanien und Griechenland sehen können. Wo noch eine kämpferische Linke existierte, punktete die extreme Rechte nicht.

Von der Finanz- zur Staatsschuldenkrise

Nachdem als Ursache für die Krise zuerst die Finanzmärkte ausgemacht wurden und Regulierung diskutiert wurden, haben es die Neoliberalen in einer bemerkenswerten Kampagne geschafft, die Schuld auf die Staaten abzuwälzen. Die explodierenden Staatsschulden wurden als Ursache der Krise betitelt; die Krise wurde nicht mehr als Finanz- oder Bankenkrise, sondern als Staatsschuldenkrise bezeichnet. Dabei wurde gekonnt ausgeblendet, dass die Banken durch die Finanzspekulation die Krise herbei-geführt haben und die Staatsschulden unter anderem durch die Bankenrettungen an-stiegen. Mit dieser Diskursverschiebung wurde die Verantwortung explizit vom Finanz-system zu den einzelnen Regierungen geschoben.

10 Jahre später: Sind wir vor einer erneuten Katastrophe geschützt?

Nach der Krise 2008 versuchten alle westlichen Staaten, das Finanzsystem zu kontrollieren. Der wichtigste Versuch dazu waren die Basel III-Verträge, mit denen versucht wurde, die Regulierungen auf internationaler Ebene durchzusetzen.

Da das Finanzkapital reguliert werden muss, ist jeder kohärente Versuch begrüssenswert. Nichtsdestotrotz müssen wir uns der Mängel dieser Verträge bewusst werden:

  • Basel III sieht die grosse Herausforderung in der Messung von Risiken. Orthodoxe Ökonom*innen sprechen dabei von value at risk und verstehen darunter eine sektorabhängige Messung der eingegangenen Risiken. Davon ausgehend soll im Anschluss das benötigte Eigenkapital bestimmt werden. Da aber einer der Gründe der Krise von 2008 in der falschen Risikobewertung durch Ratingagenturen liegt, ist diese Massnahme zumindest kurios.
  • Basel III geht nicht weit genug: Die Forderung einer risikogewichteten Eigenkapitalquote von 7% für Geschäftsbanken, die sie vor dem Ruin schützen soll, bleibt zu moderat. Diese Mindestquote, früher bei 2%, ist für die Verhinderung einer erneuten Krise praktisch nutzlos.
  • Basel III umgeht das Schattenbanking (spekulative Fonds, ein Teil der Vermögensverwaltung, etc.), das ein reelles Risiko darstellt und ständig wächst.

Anstatt es zu wagen, die Finanzindustrie anzugreifen, hat die Politik den Kompromiss bevorzugt. Die Massnahmen waren durchgehend schwach. Auch in den Vereinigten Staaten wurden die nach der Krise 2008 eingeführten Regulierungen schon wieder stark abgeschwächt. Das zeigt eine immer grössere politische Macht der Finanzindustrie, die vermehrt straf-frei handelt und somit frei mit unserem Schicksal spielen kann.

Auch wenn wir uns noch nicht einmal von der Weltwirtschaftskrise befreien konnten, kündigt sich die nächste bereits an. Es gab im Verlauf der letzten zwei Jahre mehrere Instabilitätsperioden, wie die Ereignisse um die Monte dei Paschi di Siena, der ältesten Bank der Welt, der Fall des Dow Jones im Januar 2018 aufgrund Prognosen von Lohnerhöhungen oder der schwindelerregende Fall des Börsenwertes von Facebook.

Zudem ist zentral, dass die in der Finanzwirtschaft angelegten Summen weiterhin wachsen. Spekulative Finanzprodukte haben weiterhin Hochkonjunktur, die Investitionen in die Realwirtschaft sinken weiterhin, die Lohnquote sinkt und die Kapitaleinkommen nehmen zu. Globale Konzerne bezahlen kaum Steuern und investieren ihre Gewinne auch nicht – diese gewaltigen Summen fliessen folglich als Dividenden zu einigen Superreichen und verschärfen die Ungleichheit massiv. Krisen und Krisenherde sind feste Bestandteile des kapitalistischen Systems und lassen sich nicht innerhalb diesem System lösen.

Obwohl sie keine Weltkrise hervorgerufen haben, haben solche Momente das Potenzial dazu, denn sie motivieren wirtschaftliche Akteure dazu, gehandelte Finanzprodukte genauer zu untersuchen. Wenn sie herausfinden, dass sie nicht der wirtschaftlichen Realität entsprechen und eine massive Blase existiert, implodiert alles: Liquidität und Solvenz einiger Banken fallen und systemische Risiken materialisieren sich.

Im Jahr 2018 werden zahlreiche Finanzprodukte verdächtigt, nicht der wirtschaftlichen Realität zu entsprechen. Es seien hier die Catastrophe bonds, die subprimes der Automobilindustrie, die deep subprimes, die Garam und die Gefahr der Praxis des leverage buy out als Beispiele erwähnt. Alle diese Gefahren stehen für die Zerbrechlichkeit unseres Wirtschaftssystems.

Die Schweizer Wirtschaft ist stärker als je zuvor an internationale Banken gebunden und ist entsprechend besonders verletzlich. Wir müssen folglich schnell starke Massnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass wir uns in einer Situation wie vor zehn Jahren wiederfinden.

Die JUSO Schweiz fordert somit kurzfristig die Konstruktion eines stabileren Finanzregimes und ist sich dabei bewusst, wie paradox dieses Unterfangen innerhalb des Kapitalismus ist.

Langfristig müssen wir eine demokratische Finanzwirtschaft anstreben, die den Interessen der breiten Bevölkerung dient.

Die JUSO Schweiz stellt folgende Forderungen : Kurzfristig :

Wir fordern ambitioniertere Bankenregulierungen :

  • Die Trennung von Investment- und Geschäftsbanken. Die Ersparnisse der 99% dürfen nicht von der Gier der Banken und ihrem Spekulationswahn gefährdet sein.
  • Das Aufteilen aller too big to fail -Banken in Einheiten, die ein kleineres Risiko darstellen.
  • Eine Eigenkapitalquote von mindestens 30% des Totals der Passiva zu verordnen.
  • Den verbriefbaren Teil von Kreditportfolios auf 5% zu limitieren.

Die Währungspolitik muss sich ändern:

Selbst in einer sozialistischen Wirtschaft ist Währungspolitik von zentraler Bedeutung. Sie muss jedoch demokratisch kontrolliert sein :

  • Demokratisierung der Schweizerischen Nationalbank : Die SNB muss gemäss den Bedürfnissen der Bevölkerung handeln. Ihr Mandat muss ausgeweitet werden auf Arbeitslosigkeit, Ethik und Nachhaltigkeit.
  • Stopp des Dogmas der Preisstabilität : Ein zu tiefer Inflationssatz kann kontraproduktiv sein und die Ungleichheit des Reichtums erst recht zuspitzen. Im Gegensatz dazu fügt eine Inflation zwischen 3 und 8 Prozent keine Schäden zu und hilft uns, gegen dieses Phänomen zu kämpfen.
  • Kreierung einer geteilten Währungspolitik bestehend aus Leitsätzen, die von der Partizipation der Banken in der Realwirtschaft oder der Finanzwirtschaft abhängen.

Für eine wirklich progressive Steuerpolitik

Die 99%-Initiative ist nötig, um die Ungleichheit mithilfe einer stärkeren Rückverteilung zu reduzieren. Aber sie wird nicht alles retten. Wir fordern daher :

  • In jedem Unternehmen die Lohnschere auf 1:12 zu reduzieren.
  • Auf nationaler Ebene eine Finanztransaktionssteuer einzurichten, um schädlichen Spekulationsströmen gegenüberzutreten. Dieser Massnahme müssen Bestrebungen um ein internationales Abkommen folgen.
  • Den Profit der SNB an Eidgenossenschaft, Kantone und Gemeinden zu verteilen.
  • Zugunsten der AHV die zweite und dritte Säule letztlich abzuschaffen. Dass die Pensionskassen den Launen der heutigen Finanzmärkte unterstellt sind, gefährdet die Rente eines*r jeden. Die Renten sollen ins Umlageverfahren überführt werden.
  • Die Steuer auf Unternehmen nach derer Profitnutzung ausrichten: Je mehr der Profit die Realwirtschaft umgeht, desto höher die Steuer.
  • Mindesthaltefristen für Finanzprodukte

Damit die Finanzwirtschaft den Interessen der Bevölkerung dient

Um das Krisenrisiko zu minimieren, braucht es einen tiefliegenden Wandel des Finanzsystems. Damit von diesem nicht mehr nur eine Minderheit profitiert, fordern wir eine echte Finanzdemokratie:

  • Die volkswirtschaftlich relevanten Teile Konkurs gegangener Banken müssen aufgekauft werden, um sie in Genossenschaften umzuwandeln. In einer sozialistischen Wirtschaft sollte der Staat nicht die Kontrolle über alle Geschäftsbanken haben. Vielmehr sollten diese unter Einbezug der Arbeiter*innen privat, aber kollaborativ funktionieren.
  • Verstaatlichung der Ratingagenturen. Heute sind diese systematisch voreingenommen: Sie haben ein Interesse an den Unternehmen, die sie bewerten. Da ihre Ratings danach den Markt bestimmen zögern sie nicht, diese teilweise zu instrumentalisieren.
  • Dem freien Kapitalverkehr muss ein Ende gesetzt werden. Dieser nützt nur den Besitzenden und hat besonders im globalen Süden enormes Leid zur Folge.
  • Verbot von Finanzprodukten, die nur der Spekulation dienen.

[1] Quantitative Easing ist eine Form der expansiven Geldpolitik, bei der Zentralbanken in grossem Ausmass private und insbesondere staatliche Vermögenswerte aufkaufen. Dadurch sollen die langfristigen Zinsen gesenkt werden.