Boden muss allen gehören!

09.07.2011

Verabschiedet an der DV vom 9. Juli 2011 in Sarnen

Boden ist eine Lebensgrundlage wie Luft oder Wasser. Jede Sekunde verschwindet in der Schweiz 1m2 fruchtbarer Boden, was pro Jahr einer Fläche des Walensees entspricht. Weil er sich nicht vermehren lässt und jede und jeder Boden braucht, ist er ein knappes und gefragtes Gut. Deshalb lautet die alles entscheidende Frage für eine sozialistische Boden- und Wohnpolitik: Wem soll Boden gehören?

Heutzutage gehört er entweder dem Staat oder jenen, die Kapital besitzen. Boden ist längst ein begehrtes Spekulationsobjekt geworden, bei dem nicht das Wohnen im Mittelpunkt steht sondern die Gewinnmaximierung.

Dieser verantwortungslose Umgang mit der Ressource Boden hat verheerende Folgen für Mensch und Natur: die zunehmende Zersiedelung und Zubetonierung der Landschaft zerstören unsere natürliche Lebensgrundlage. Um dem Einhalt zu gebieten, braucht es ein nachhaltiges Konzept für die optimale Nutzung des vorhandenen Bodens.

Die ungleiche Reichtumsverteilung hat zudem massive Auswirkungen auf die Verteilung des Bodens. Der Wohnflächenverbrauch pro Kopf steigt stetig und immer mehr Reiche leisten sich Luxus- und Zweitwohnungen. Die Miet- und Kaufpreise sind für sie dabei selten ein echtes Kriterium; wenn es sein muss, werden auch völlig überrissene Preise bezahlt.

Die Immobilienpreise und Mieten werden so für alle in die Höhe getrieben. Dadurch können sich viele Menschen mit mittlerem und tiefem Einkommen ihre Wohnung nicht mehr leisten. Sie werden aus ihren Quartieren verdrängt, es kommt zu einer sozialen Entmischung.

Für die JUSO ist klar, dass die prekäre Wohnraumsituation nicht primär durch Zuwanderung verursacht wird. Sie ist vielmehr Ausdruck einer verfehlten Raumplanungs- und Bodenpolitik, die den Boden schutzlos dem freien Markt und somit der Spekulation überlassen hat.

Deshalb stellt die JUSO die Frage nach den Eigentumsverhältnissen ins Zentrum der Bodenpolitik. Gerade weil sich Boden nicht vermehren lässt, muss er der Gesellschaft gehören und somit der Gewinnmaximierung und Spekulation entzogen werden. Boden soll nur noch zum Eigengebrauch bei nachgewiesenem Bedarf oder zur Bereitstellung von Wohnraum zur Kostenmiete erworben werden können.

Raumplanung ist das gezielte Einwirken auf die Entwicklungen in unserem Lebensraum. Diese Entwicklungen können wir nicht ein paar wenigen modernen GrossgrundbesitzerInnen überlassen. Alle Menschen müssen über ihre Lebensgrundlage mitbestimmen und sie mitgestalten können.

1. Demokratisierung des Bodens

Heute sind grosse Teile des Bodens in Privatbesitz (Privatpersonen, Firmen, Burgergemeinden), die daraus mit überhöhten Mietpreisen Profit schlagen wollen. Dieses Eigentum an Boden ist nicht nur höchst undemokratisch, sondern führt auch zu einer auswuchernden Bebauung, Zersiedelung und sozialer Entmischung.

Forderungen

Boden als Allgemeingut muss der Allgemeinheit gehören und so demokratisch kontrolliert sein. Boden, der zurzeit im Privatbesitz ist, soll in die öffentliche oder gemeinnützige Hand überführt werden. Um Gewinnmaximierung auf den Boden zu verhindern, soll die Kostenmiete obligatorisch eingeführt werden.

Weil jede und jeder Boden zum Leben braucht, sollen die Menschen den Raum mitgestalten und mitbestimmen können. Es sind geeignete Instrumente zu schaffen, mit Hilfe derer alle betroffenen Menschen die Raumplanung mitgestalten können.

2. Qualitative Verdichtung statt neue Einzonungen

Unsere Baulandreserven würden noch fast zwei Millionen zusätzlichen Menschen Wohnraum bieten. Diese befinden sich aus raumplanerischer Sicht jedoch oft an ungünstigen Stellen, die nicht ausreichend erschlossen sind. An vielen Orten liegen Brachen oder eingezontes Bauland inmitten von Siedlungsgebieten brach, weil GrundeigentümerInnen ihr Bauland horten. Gleichzeitig wird stets neues Land eingezont.

Forderungen

Ein nachhaltiger Umgang mit dem Boden kann nur gelingen, wenn dichter gebaut wird und die Pendelwege reduziert werden. Es braucht eine dezentrale Verdichtung. In den grossen Städten und deren Nachbargemeinden soll der Bau zusätzlicher Wohnungen gefördert werden, während in Kleinstädten und äusseren Agglomerationsgemeinden die Verdichtung generell gefördert werden muss. Bauland, das innert nützlicher Frist nicht bebaut wird, soll entweder ausgezont werden oder in öffentliches Eigentum übergehen. Bevor neues Land eingezont werden darf, müssen die Brachflächen genutzt werden.

Gleichzeitig müssen alle Gemeinden Flächen für öffentliche Projekte sowie für Projekte zukünftiger Generationen freihalten. Zudem bleibt nur wenn gut und dicht gebaut wird auch Platz für Grünflächen für alle frei.

Verdichtetes Bauen darf dabei nicht zu einer Maximierung der Renditen und einer noch stärkeren Verteuerung der Mieten führen. Die Gemeinden dürfen eine höhere Ausnutzungsziffer (Arealbonus) nur unter der Auflage gewähren, dass die Immobilien nach Kostenmiete vermietet werden.

3. Abschöpfung von Mehrwert!

Wenn Land zu Bauland eingezont wird, kommen die BodenbesitzerInnen in den Genuss einer massiven Wertsteigerung. Eigentlich können die Kantone schon heute den entstehenden Mehrwert bei Einzonungen abschöpfen, was aber kaum umgesetzt wird. Gleichzeitig werden Aus- oder Abzonungen oft nicht getätigt mit dem Argument, es fehle das Geld für die Entschädigung der BesitzerInnen.

Die GrundeigentümerInnen profitieren nicht nur bei Einzonungen, sondern auch bei Auf- und Umzonungen sowie anderen Aufwertungen des Raums (z.B. Neuerschliessung für den Verkehr). Die Kosten für die Investitionen tragen wir alle, die Gewinne aber werden privatisiert.

Forderungen

Die öffentliche Hand soll verpflichtet werden, den Mehrwert, der bei Einzonungen sowie Auf- und Umzonungen entsteht, vollständig abzuschöpfen und den Teil, der nicht für Aus- und Abzonungen verwendet wird, der Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus zu Gute kommen zu lassen.

4. Aktive Bodenpolitik in den Gemeinden

Viele Gemeinden versuchen mit ihrer Boden- und Wohnpolitik attraktive SteuerzahlerInnen anzuziehen, indem sie u.a. neues Land einzonen und Bauland an Meistbietende verkaufen. Häufig planen die Gemeinden nur für sich anstatt gemeinsam an einer regionalen Raumplanung zu arbeiten.

Forderungen

Es braucht eine regionale Zusammenarbeit in der Raumplanung, die demokratisch abgestützt ist. Die Gemeinden müssen sich überregional als Ganzes verstehen, damit gemeinsam Naherholungszonen etc. erstellt werden können.

Gemeinden sollen zudem in der Bodenpolitik aktiv werden, indem sie einerseits aktiv Land kaufen und andererseits kein Land mehr an renditeorientierte InvestorInnen verkaufen dürfen. Land darf nur an gemeinnützige Bauträger im Baurecht abgegeben werden.

5. Mehr gemeinnütziger Wohn- und Gewerberaum

Der Genossenschaftsanteil auf dem Wohnungsmarkt ist in vielen Gemeinden nahezu null und in keiner Stadt ausreichend. Im Gegensatz zu gewinnorientierten AnbieterInnen wirtschaften gemeinnützige Genossenschaften und Bauträger nach dem Grundsatz der Kostenmiete. Ihre Mietpreise orientieren sich nicht an einer Profitmaximierung, sondern an den effektiven Kosten und sind daher massiv günstiger. Genossenschaften sind aber nicht nur aufgrund ihrer tieferen Mieten attraktiv, sie fördern oftmals auch alternative Wohnformen und die soziale Durchmischung, erfüllen soziale Funktionen und ermöglichen eine hohe Wohnqualität. Aber auch bei gemeinnützigen Bauträgern besteht das Problem, dass die Wohnfläche nicht immer genügend ausgelastet wird.

Forderungen

Die Gemeinden müssen gemeinnützige Bauträger unterstützen, indem sie nur noch an sie Boden im Baurecht abgeben und Neugründungen von Genossenschaften fördern. Bei der Vermietung von gemeinnützigen Wohnungen soll die Wohnungsgrösse an die Anzahl der BewohnerInnen geknüpft sein. Nach einer Änderung der persönlichen Situation der genossenschaftlichen MieterInnen, soll ein Umzugsentscheid verhältnismässig erfolgen. Andere Wohnungen sollen dann zugeteilt werden, wenn sie im selben Quartier angeboten werden können und ein Umzug vertretbar ist.

6. Schluss mit Luxus-Zweitwohnungen

Zweitwohnungen verdrängen in touristischen Zentren zunehmend die EinwohnerInnen und treiben die Mietpreise in die Höhe. Zwischen 1988 und 2000 wuchs die Siedlungsfläche um 13 Prozent, das entspricht der Fläche des Kantons Schaffhausen. Die schlechte Ausnutzung von Zweitwohnungen führt gleichzeitig dazu, dass die Gemeinden grosse Infrastrukturkosten haben, ohne dass die hohe Anzahl Wohnungen zu einem höheren Steuereinkommen beitragen würde.

Forderungen

Die Gemeinden sollen verpflichtet werden, einen maximalen Anteil der Zweitwohnungen am Gesamtwohnungsbestand festzulegen. Die JUSO unterstützt damit auch die Initiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“ (max. 20 Prozent Zweitwohnungen pro Gemeinde). Die Lex Koller darf nicht aufgehoben werden.

7. Soziale Durchmischung

Die ungleiche Reichtumsverteilung hinterlässt auch im Raum ihre Spuren. Während es Wohnzonen gibt, die sich nur Reiche leisten können, werden Menschen mit tiefem Einkommen an den Rand gedrängt. Es findet eine zunehmende soziale Entmischung und Ghettoisierung statt. Bei Neueinzonungen werden zudem oft Zonen mit einer tiefen Ausnutzung (Einfamilienhauszonen) geschaffen, die für den gemeinnützigen Wohnungsbau meist unerschwinglich sind.

Forderungen

Die JUSO lehnt Villenzonen und Zonen mit tiefer Ausnutzung ab. Zonen sind prinzipiell als gemischte Zonen zu planen, sodass sich Wohnen, Arbeit und Freizeit am gleichen Ort abspielt. Die Gemeinden sollen bei Neubauten und Sanierungen bestimmte prozentuale Anteile an sozialem Wohnungsbau, Studierendenwohnungen, Alterswohnen etc. vorschreiben.

8. Keine Siedlungen ohne Leben

Die bisherige Zersiedelung hat nicht nur Landschaften zubetoniert, massive Erschliessungskosten für die öffentliche Hand verursacht, sondern auch zu Siedlungen ohne Quartierleben geführt. Es wurde bei der Erstellung nicht dafür gesorgt, dass man an diesen Orten auch leben kann.

Aber nicht nur Siedlungen brauchen viel Raum: Strassen verschlingen Unmengen an Fläche und tragen ausserdem zu noch mehr Individualverkehr bei. Im Sinne einer Politik der kurzen Wege ist es deshalb auch wichtig, dass Wohnen, Arbeiten und Erholung so nahe wie möglich beieinander liegen. Ein Ort ist dann attraktiv, wenn er gut erreichbar ist und ein grosses Angebot an Gewerbe, Arbeitsplätzen, Kultur und Wohnen miteinander vereinen kann.

Forderungen

Neuüberbauungen sollen nur zugelassen werden, wenn die Erschliessung durch öffentliche Infrastruktur und Bauten gewährleistet ist und ein Quartierleben mit Freizeitangeboten ermöglicht wird. Die Investoren müssen dazu verpflichtet werden, sich an den Erschliessungskosten zu beteiligen.

Bei Neuüberbauungen soll ein Verkehrskonzept erstellt werden, welches den motorisierten Individualverkehr minimiert und den öffentlichen und Langsamverkehr bevorzugt.

Die Gemeinden müssen mit einer vielfältigen Zonenplanung dafür sorgen, dass ein breites Angebot entsteht, um dem Anspruch der kurzen Wege zwischen Arbeit, Wohnen und Freizeit gerecht zu werden.