Das transformative Potential des Internets nutzen

31.10.2015

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 31. Oktober 2015 in Luzern

Mit der Entstehung des Internets hat sich unsere Gesellschaft grundlegend verändert. Das Netz treibt die Globalisierung zusätzlich an und ermöglicht global einen sozialen und kulturellen Austausch, wie er in der Geschichte noch nie bestand. Das Internet ist prädestiniert für neue, kollektiv-demokratische Eigentumsverhältnisse und bietet die Grundlage für eine sozialistische Politik. Denn es ermöglicht soziale Innovation und lässt eine neue Form der Solidarität entstehen. Dieser gesellschaftliche Wandel muss politisch und demokratisch gestaltet werden. Dabei treffen die Interessen der Besitzenden, der Grosskonzerne, die nach privater Aneignung der neu geschaffenen Werte und Profitmaximierung streben, auf die Interessen der Menschen, der Nutzenden, die in neuen Gemeinschaftsformen Wissen und Kultur geschaffen haben und auch weiterhin schaffen und verbreiten werden wollen.

Freies Recht auf Information und Kommunikation

Das Netz bietet die Möglichkeit, einen gleichberechtigten Zugang zu Wissen für alle, unabhängig von Herkunft und finanzieller Möglichkeiten, zu schaffen. Das Netz ist dabei Mittel zum Zweck für eine gerechtere Gesellschaft. Die Infrastrukturen müssen dafür unter öffentlicher Kontrolle und unabhängig von privatwirtschaftlichen Interessen sein, um das Recht auf Information und Kommunikation zu gewährleisten. Dazu gehört neben der Umstrukturierung des Urheberrechts auch das Verbot von Netzsperren.

Die kapitalistisch bedingte globale Ungleichheit äussert sich auch in technologischer Ungleichheit: der Zugang zu Internet ist längst nicht allen Menschen gegeben. Hier droht zusätzlich soziale und wirtschaftliche Isolation, die es zu beheben gilt, ganz im Sinne eines Service-Public-Auftrags.

Ein freies Internet

Ein freies Internet ist die Grundvoraussetzung für die Meinungs- und Redefreiheit, für Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Netzneutralität muss als Grundlage dafür umgesetzt werden, Daten müssen gleichberechtigt und neutral übermittelt werden, unabhängig von Herkunft, Inhalt und Anwendung. Als Sozialist_innen wehren wir uns gegen ein Zwei-Klassen-Internet, in dem z.B. Daten gegen höhere Gebühren schneller übertragen werden. Denn dafür würde eine Durchleuchtung der Daten (Deep Packet Inspection) nötig, was für politische Repression und Zensur missbraucht und regimekritische Stimmen und zivilgesellschaftliche Initiativen unterdrücken würde. Es braucht deshalb in der Schweiz eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.

Umstrukturierung des Urheberrechts

Das Urheberrecht schränkt die freie Kommunikation und den Austausch von Kultur und Wissen ein, obwohl diese gemeinschaftlich geschaffen und genutzt werden. Heute orientieren sich digitale Eigentumsrechte weder an den Interessen der Produzierenden, noch an denen der Nutzer_innen, sondern in erster Linie an den Interessen der Verwertenden, den Grosskonzernen, -verlegern und Besitzenden. Für uns Jungsozialist_innen ist deshalb klar, dass es umstrukturiert und dem digitalen Zeitalter angepasst werden muss, im Wissen, dass der rechtliche Schutz sowie die faire Entlohnung der kulturschaffenden Arbeitenden gesichert sein müssen. Dabei sind staatliche Unterstützungsmodelle oder Umverteilungsmechanismen zwischen kommerziellen und nicht-kommerziellen Kulturbranchen jedoch effektiver. Als Jungsozialist_innen wehren wir uns zudem gegen Verträge, bei denen Nutzungsrechte ohne räumliche und zeitliche Begrenzung an Verwerter verkauft werden können. Wir wollen, dass Leistungen von Kunstschaffenden angemessen vergütet und dadurch als wertschaffende Arbeit anerkannt werden und gleichzeitig der digitale Austausch und kreative Weiterverarbeitung möglich bleibt. Weder dürfen Kulturschaffenden ihrer Existenz beraut, noch dürfen private Nutzer_innen kriminalisiert werden.

In einer globalisierten Gesellschaft braucht es für gerechte Lösungen internationale Kooperation. Als Sozialist_innen wehren wir uns aber konsequent gegen Handelsabkommen wie Acta, die einzig dazu dienen, die Absicherung der Marktmacht und -expansion der Besitzenden zu gewährleisten. Das Internet muss politisch und demokratisch gestaltet werden und darf nicht von autokratischen Regimes und intransparenten Verhandlungen eingenommen werden.

Stärkung der Nutzer_innenrechte

Der Schutz der Privatsphäre und der Schutz vor Überwachung sind angesichts der digitalisierten und global vernetzten Gesellschaft extrem wichtig. Alle müssen mit ihren Daten und Informationen selbstbestimmt umgehen können. Grosskonzerne wie Amazon, Google und Facebook verfügen aufgrund der gespeicherten Daten über detailliertes und umfassendes Wissen über Dynamiken in der Gesellschaft – und das in Echtzeit. Dabei handelt es sich um klassisches Herrschaftswissen, denn es ermöglicht Eingriffe und Einflussmöglichkeiten für sehr mächtige Unternehmen. Dabei können Strukturen der Kommunikation und das soziale Handeln stark beeinflusst werden, was vermehrt auch wieder Einfluss auf die reale Lebenswelt abseits des Internets hat.

Die Nutzer_innenrechte zu stärken heisst auch, der Überwachung im Internet einen Riegel zu schieben. Ein freies Internet beinhaltet auch das Recht auf Vergessen und den anonymen Zugang. Das Überwachen und Anhäufen von Daten durch Konzerne und Staaten muss global sehr restriktiv geregelt und eingeschränkt werden.

Medienkompetenzen stärken

Der kompetente Umgang mit Medien gehört heute zu Grundkompetenzen, ohne die den Menschen soziale Isolation in der Gesellschaft droht. Dazu gehört insbesondere der Umgang mit der Masse an Informationen, die wohl die meisten Menschen erst einmal überfordert. Der Wunsch nach Komplexitätsreduktion kann zu politisch und wirtschaftlich genutzter Fremdsteuerung und einer Verengung der Wahrnehmung führen. Das Bewusstsein solcher Mechanismen ermöglicht einen unabhängigen Umgang mit Informationen. Die Befähigung von Nutzer_innen im Umgang mit den neuen Medien ist wichtig, um sie über Potential und Nutzungsmöglichkeiten zu informieren, aber auch vor Gefahren zu warnen.

Die JUSO Schweiz setzt sich auf Grundlage dieser Grundsätze für eine sozialistische Netzpolitik ein. In diesem Kampf nimmt die SP Schweiz ein zentrale Rolle ein und die JUSO begrüsst es deshalb, dass sie sich hierfür eine programmatisches Fundament gibt. Die JUSO wird sich in dieser Debatte zu Wort melden und fordert insbesondere:

  • Den Einsatz für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.
  • Die Ablehnung von politischer Zensur und aller Instrumente der Massenüberwachung, wie Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner und Kabelaufklärung.
  • Den Kampf für ein neues Urheberrecht, das Konsumierende entkrimininalisiert, Kulturgüter schützt, die Verwertenden entmachtet und somit dem digitalen Zeitalter angepasst wird.
  • Das Engagement für den weltweiten Zugang zum Internet als Service Public.