Energieknappheit: Die 99% dürfen nicht unter den Fehlern der Rechten leiden

21.09.2022

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 17. September 2022 in Chur (GR)

Kurz nach dem Anfang des Krieges in der Ukraine begann die Angst vor Energieknappheit Schlagzeilen zu machen. Tatsächlich stammten vor dem Krieg 45% der Gasimporte der Europäischen Union (EU) aus Russland. Heute beläuft sich die Zahl eher auf ungefähr 15%. Was die Schweiz betrifft, so verfügt sie über keine eigenen Gasspeicher und ist daher komplett von Importen abhängig, vor allem aus Deutschland (und daher indirekt aus Russland). Eine Gasknappheit in der Europäischen Union hätte deshalb direkte Auswirkungen auf die Schweiz.

Auch im Stromsektor zeichnet sich eine Verknappung an. Einerseits, weil Gas heute notwendig ist zur Stromproduktion in Europa und die Schweiz direkt in den europäischen Strommarkt integriert ist. Andererseits, weil mehr als die Hälfte der französischen Atomkraftwerke, deren Strom in die Schweiz importiert wird, nach Sicherheitskontrollen abgeschaltet wurden.

Es ist wichtig, die kapitalistische Dimension dieser bevorstehenden Knappheit hervorzuheben. Der Krieg entspringt dem Kapitalismus ebenso, wie der Nicht-Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, der sich aus der Wichtigkeit von kurzfristigem Profit ableitet und uns in diese Abhängigkeit bringt. Hinzu kommt, dass der Strommarkt innerhalb der Europäischen Union liberalisiert ist, was Spekulation begünstigt, die Entwicklung erneuerbarer Energien behindert und eine Planung gemäss den Bedürfnissen der Bevölkerung verunmöglicht. Diese Knappheitssituation ermöglicht es den Gas-, Öl und Stromfirmen extreme Profite zu erzielen.

Was die Folgen dieser Knappheit angeht, rechnet man in erster Linie mit einem Anstieg des Strom-, Öl- und Gaspreises. Dieser Anstieg darf auf keinen Fall auf die 99% abgewälzt werden, insbesondere nicht durch höhere Belastung für Mieter*innen. Der Bundesrat hat bisher nichts unternommen um zu verhindern, dass die 99% für diese Krise bezahlen. Das muss sich ändern. Deshalb fordern wir die sofortige Einführung folgender Massnahmen:

  • Eine Deckelung der Kosten für Strom und fossile Brennstoffe auf dem Niveau vor der Krise, wobei der Staat die Differenz bezahlt.
  • Die Übernahme der zusätzlichen Heizkosten durch die jeweiligen Immobiliengesellschaften.
  • Eine zumindest temporäre Preisreduktion im öffentlichen Verkehr (1 CHF pro Tag und Tarifverbund).

Was die Massnahmen zur Einsparung von Energie betrifft, so müssen diese in erster Linie auf nutzlosen oder schädlichen Energieverbrauch abzielen. Die Massnahmen dürfen nicht auf dem Rücken der 99% ausgetragen werden. Ausserdem müssen sie auf gerechte Weise finanziert werden. Daher fordern wir:

  • Die Identifikation der Einheiten, die am meisten fossile Energie konsumieren, ihre Umrüstung unter ökologischen und energieeffizienten Gesichtspunkten, sowie die demokratische Planung ihrer Produktion
  • Das Verbot von Lichtwerbung und kommerzieller Beleuchtung ausserhalb der Öffnungszeiten
  • Das Verbot von energieintensiven Luxuspraktiken (z.B. beheizte private Swimming Pools)
  • Keine Massnahmen, die die Grundbedürfnisse der 99% treffen (z.B. Heizungsabschaltungen)
  • Finanzielle Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen, die aufgrund der steigenden Energiepreise in Schieflage geraten
  • Keine Erhöhung des Strompreise zur Finanzierung der Massnahmen gegen die Knappheit (z.B. Abwälzung der Kosten für die zusätzliche Wasserrückhaltung bei Staudämmen)
  • Die Einführung einer Steuer auf die Übergewinne der Unternehmen (Gas, Öl etc.), die von dieser Krise profitieren, um die Massnahmen gegen die Knappheit zu finanzieren

Es reicht aber nicht, Massnahmen zu ergreifen, um auf diese Knappheit zu reagieren. Es müssen auch Massnahmen ergriffen werden, damit sich dies nicht wiederholt. Denn diese Knappheit ist eine direkte Konsequenz der Abhängigkeit der Schweiz von fossiler Energieträgern. Deshalb fordern wir:

  • Eine staatliche Investition von 2 Milliarden, um die Anzahl Photovoltaikanlagen bis im Herbst 2023 massiv auszubauen
  • Die Ausbildung von genügend Personal für die Installation der Photovoltaikanlagen
  • Die Stärkung des Windkraftsektors und der Kapazitäten zur Speicherung der Windenergie
  • Das absolute Verbot der Erdgasproduktion in der Schweiz