Gegen die Rückkehr zum Status quo: Für eine demokratische Wirtschaft

06.06.2020

Resolution verabschiedet an der Online-Delegiertenversammlung vom 6. Juni 2020

Pandemien können in jedem Gesellschaftssystem vorkommen. Doch der gesellschaftliche Kontext entscheidet, ob aus einer gesundheitlichen Krise eine gesamtgesellschaftliche Krise wird. Genau das geschieht heute vor unseren Augen mit dem Corona-Virus. Dabei ist wichtig zu wissen: Das Virus hat nicht zufällig eine Schwachstelle des Kapitalismus getroffen, sondern einmal mehr seine generelle Krisenanfälligkeit offenbart.

Das kapitalistische Wirtschaftssystem dirigiert Ressourcen, Geld und Arbeitskraft in jene Wirtschaftsbereiche, wo die Profitrate am höchsten ist. Jeder wirtschaftliche Zusammenbruch in einem bestimmten Bereich wird durch diese Logik massiv verschärft, denn wegen den sinkenden Profitaussichten fliesst auch das Kapital aus diesen bereits geschwächten Bereichen ab, die Krise wird verschlimmert und breitet sich aus. Damit drängen uns die Gesetze des Kapitalismus in die entgegengesetzte Richtung, als es die Bedürfnisse der Menschen vorgeben würden. In einer bedürfnisorientierten Wirtschaft wäre dagegen klar: Gibt es in einem wichtigen Wirtschaftsbereich einen Ausfall, müssen als Ausgleich mehr gesellschaftliche Ressourcen in diesen Bereich fliessen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Das heisst auch, dass Geld in einer Krise als Erstes in die Grundsicherung und zu den Ärmsten fliessen muss.

Doch im Kapitalismus bleibt das Kapital auch in einer Krise im Dienst der Profite. Um einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern, muss sich der Staat bei den Besitzenden verschulden und die 99% werden angehalten, die angeschlagenen Wirtschaftsbereiche mit ihren bescheidenen Einkommen zu retten, indem sie zum Beispiel vermehrt Blumen im lokalen Dorfgeschäft kaufen sollen. Der Grossteil des Geldes bleibt dabei in den Händen des reichsten Prozents und zieht in die andere Richtung.

Mit Rückverteilung aus der Krise

Es ist wahrscheinlich, dass sich die Corona-Pandemie deswegen in den nächsten Monaten in eine Wirtschaftskrise immensen Ausmasses verwandelt. Dabei drohen Massenarbeitslosigkeit, weitere Einkommensausfälle der 99% und der Konkurs zahlreicher kleiner Unternehmen. Für die JUSO ist klar: Die Kosten dieser Krise dürfen auf keinen Fall auf die 99% abgewälzt, sondern müssen von den Reichsten getragen werden, die in den letzten Jahrzehnten massiv profitiert haben vom herrschenden Gesellschaftssystem.
Um zu verhindern, dass die 99% die Rechnung zahlen, braucht es einen gewissen Ausgleich des Konsums, der wegen Corona nicht getätigt wird. Dazu braucht es eine gerechtere Verteilung des Geldes und staatliche Investitionen. Ohne diese Massnahmen droht eine zusätzliche Verschärfung der Krise und ein Massensterben von Kleinunternehmen, unter welchen jene am stärksten leiden werden, die schon heute ganz unten stehen.

Wichtigstes Mittel dagegen ist die Rückverteilung des Wohlstands an die 99%. Einerseits, weil die Menschen mit tiefen Einkommen so direkt ihre existenziellen materiellen Bedürfnisse decken können und andererseits, weil eine Verschärfung der sozialen Ungleichheit dazu führt, dass der Kapitalismus sich gewaltsam selbst zerfleischt. Wenn die 99% immer weniger zum Leben haben, bleibt nämlich auch fast niemand übrig, um den Besitzenden überhaupt Güter abzukaufen. Das Reichste Prozent muss diese Krise und den nötigen Umbau unserer Gesellschaft finanzieren, Mittel dazu sind eine einmalige Abgabe von 20% auf Vermögen über 10 Millionen, eine Erbschaftssteuer von 100% und die Umsetzung der 99%-Initiative.
Zusätzlich zur direkten Rückverteilung braucht es ein Konjunkturpaket zur Verhinderung einer vertieften Krise. Das Ankurbeln des Konsums durch den Staat darf aber nicht Selbstzweck sein, sondern muss den längst überfälligen Umbau unserer Wirtschaft einläuten. Ein Konjunkturpaket muss insbesondere Investitionen in einen grünen Umbau der Infrastruktur, Care-Einrichtungen und ein staatliches Gesundheitssystem umfassen und darf nicht einfach der Sicherung der Profite der Reichsten dienen.

Die Zukunft nach der Krise: Mitbestimmung und gute Arbeit für alle

Wir wollen nach dieser Krise nicht zurück zum Status quo, sondern fordern tiefergreifende und langfristige Veränderungen, die jetzt beginnen müssen. Um weitere Krisen zu verhindern, braucht es nicht nur eine Rückverteilung von Geld, sondern auch eine Rückverteilung von Macht in die Hände der 99%.

Dazu brauchen wir eine Demokratisierung der Wirtschaft, denn nur so können wir sicherstellen, dass gesellschaftliche Ressourcen in jedem Fall entsprechend der Bedürfnisse der 99% verteilt werden. In einer demokratischen Wirtschaft müssen existenzrelevante Bereiche wie die Gesundheitsvorsorge und die Kinderbetreuung in den Service Public überführt werden. Des Weiteren müssen die Arbeiter*innen in einer demokratischen Wirtschaft das Recht auf Mitbestimmung in ihren jeweiligen Betrieben haben. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse der Arbeiter*innen in einer Krise vor den Interessen der Kapitalbesitzer*innen stehen.

Um zu verhindern, dass die Menschen bei einem drohenden wirtschaftlichen Niedergang trotzdem unter Druck geraten, braucht es zudem eine staatliche Jobgarantie. Damit nehmen wir den Kapitalist*innen ihr wertvollstes Gut: Die Drohkulisse der Arbeitslosigkeit. Der Erhalt von Arbeitsplätzen darf kein Selbstzweck sein, stattdessen müssen wir als Gesellschaft gemeinsam entscheiden welche Arbeit notwendig ist und diese Arbeit gerecht aufteilen.
Wir wollen sinnvolle und gute Arbeit für alle und gerade in einer Krise ist es zentral, dass wir nicht nur Einkommen schützen, sondern auch sicherstellen, dass alle Menschen durch ihre Arbeitskraft die Gesellschaft real mitgestallten können. Eine Jobgarantie würde allen Menschen zu einem Mindestlohn eine Anstellung bei der öffentlichen Hand garantieren. Menschen, welche davon Gebrauch machen, könnten z.B. regionale Projekte zum ökologischen Umbau verfolgen.

Damit gute und gesellschaftlich sinnvolle Arbeit für alle Realität wird, braucht es zu guter Letzt auch einen massiven Ausbau der Weiterbildungsmöglichkeiten. Diese müssen kostenlos für alle zugänglich sein. Die finanzielle Absicherung während Weiterbildungen soll durch das Recht auf ein zweijähriges Sabbatical gewährleistet werden. Alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihre Lohnarbeit zwei Jahre lang niederzulegen und stattdessen einen staatlichen Lohnersatz zu beziehen. Das besagte Sabbatical soll dabei auch Teilzeit und über einen längeren Zeitraum bezogen werden können.

Wir müssen diese Krise im Sinne der 99% bewältigen und dafür kämpfen, dass der Kapitalismus endlich durch ein Wirtschaftssystem abgelöst wird, das die Bedürfnisse der 99% vor die Profitinteressen der Reichsten stellt. Unsere wirtschaftspolitischen Hauptpfeiler für echte Veränderung sind:

  • Eine Demokratisierung der Wirtschaft
  • Eine Jobgarantie für alle Menschen
  • Eine Ausweitung des Service Public auf existenznotwendige Wirtschaftsbereiche