Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 19. November 2022 in Basel (BS)
1. Gründe des Steuerwettbewerb zwischen Kantonen
In der Schweiz beruht das Steuersystem auf Wettbewerb. Die Steuerhoheit liegt bei den Kantonen und der Bund gibt nur die Leitplanken zur formellen Harmonisierung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinde vor. Laut Bundesrat würde sich eine politische Begrenzung des interkantonalen Steuerwettbewerbs erst dann aufdrängen, wenn dieser als ruinös bezeichnet werden kann. Dies sei dann der Fall, wenn die Kantone dazu gezwungen werden, die Steuern auf ein Niveau zu senken, welches die Finanzierung der öffentlichen Leistungen verunmöglicht.
Die Probleme dieses Steuersystems zeichnen sich schon seit den 1990er Jahren ab. Denn der interkantonale Steuerwettbewerb führt automatisch zu einem Steuersenkungswettbewerb. Dies bedeutet, dass die Kantone die Steuern nach und nach senken, um möglichst viele “gute” Steuerzahler*innen für sich zu gewinnen. Auch wenn die Steuersenkung temporär sei, wurde der Steuerfuss nie wieder auf das vorherige Niveau erhöht.
2. Folgen des Steuerwettbewerb für die Bevölkerung
Dies mit verheerenden Konsequenzen. Denn Steuersenkungen helfen weder dem Gewerbe noch den 99%. Sie dienen allein den Superreichen und Grosskonzernen. Sie schränken die politische Möglichkeit zur Rückverteilung von Einkommen und Vermögen erheblich ein und ermöglichen so eine extreme Akkumulation von Vermögen bei einzelnen Personen.
Das Resultat daraus ist ein schleichender Zerfall der Infrastruktur. Denn ein grosser Teil der Ausgaben von Kanton und Gemeinden sind Transferleistungen wie Prämienverbilligungen und Sozialhilfe, aber auch Investitionen in den Service public.
Doch durch Abbaumassnahmen, welche eine Folge der Steuersenkung sind, kommt es zu einem kontinuierlichen Leistungsabbau in allen Bereichen des Service public. Dies in Kombination mit steigenden Wohnkosten, da ein Zuzug von reichen Menschen dazu führt, dass Immobilien zu Investitions- und Spekulationsobjekten werden und die Mietpreise steigen.
Am Ende des Tages profitieren von Steuersenkungen nur das reichste 1%, während die Abbaumassnahmen und Konsequenzen von den 99% getragen werden. Denn statt die daraus resultierenden finanziellen Mittel für die soziale Wohlfahrt der Bevölkerung zu verwenden, werden sie als Anreiz genutzt, um den reichsten 1% weitere Steuergeschenke zu machen.
Die Steuerdumping-Spirale, welche in der Zentralschweiz besonders gut ersichtlich ist, kostet Kantone und Gemeinde Milliarden. Denn mit jeder zusätzlichen Steuersenkung wird der Steuerwettbewerb weiter angeheizt. Dies führt dazu, dass die effektive Steuerlast für Einkommen in der Schweiz degressiv ist. Der Wohnort hat einen beachtlichen Einfluss auf die Steuerrechnung und die reichsten 1%, welche den Anreiz haben, möglichst wenig zu den Leistungen der öffentlichen Hand beizutragen, nutzen dies zu ihrem Vorteil.
3. OECD Mindeststeuer
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat zusammen mit den G-20-Staaten im Oktober 2021 Eckwerte zur künftigen Besteuerung von grossen und international tätigen Unternehmen vereinbart. Über 130 Staaten weltweit haben sich auf einen Mindeststeuersatz von 15 Prozent für international tätige Unternehmen mit Umsätzen über 750 Millionen Euro geeinigt. Falls die Schweiz diese nicht übernehmen sollte, dürfen andere Länder die fehlende Besteuerung nachholen. Da der Bundesrat den Abfluss von Steuersubstrat verhindern möchte, hat er beschlossen, die vereinbarte Mindeststeuer mit einer Verfassungsänderung umzusetzen. Basierend darauf soll eine temporäre Verordnung sicherstellen, dass die Mindeststeuer auf den 1. Januar 2024 in Kraft treten kann. Die Abstimmung über die Verfassungsänderung findet am 18. Juni 2023 statt. Unklar ist hierbei, wie die Mehreinnahmen von Bund und Kantonen verwendet werden sollen. Im Raum stehen Prämienverbilligungen, der Ausbau der Kinderbetreuung, Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung der Unternehmen, oder Kompensationsmassnahmen bei anderen Steuern und anderen Abgaben.
Darum fordern wir:
- eine politische Begrenzung des Steuerwettbewerbs durch den Bund und stärkere Massnahmen, um den interkantonalen Steuerwettbewerb einzudämmen;
- keine Abbaumassnahmen auf Kosten der Qualität des Service public und den Bedürfnissen der 99%;
- finanzielle Mittel sollen für die soziale Wohlfahrt eingesetzt werden, statt für weitere Steuergeschenke für die reichsten 1%:
- eine nationale Übernahme der OECD Mindeststeuer, ohne Kompensationsmassnahmen bei anderen Steuern und Abgaben;
- dass die Mehreinnahmen, welche durch die OECD Mindeststeuer eingenommen werden, für die soziale Wohlfahrt der 99% verwendet werden;
- ein sozial gerechtes Steuersystem, welches nicht die Interessen der Reichen und Mächtigen über die Bedürfnisse der 99% stellt.