Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 14. November 2021 in Sissach (BL).
Anfangs Oktober hat ein internationales Netzwerk aus Journalist*innen, das sogenannte Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) die Erkenntnisse aus einem riesigen Datenleck veröffentlicht. Dabei ging es erneut um Steuervermeidung und Geldwäscherei. Aus den Unterlagen von verschiedenen Offshore Vermögensdienstleistern und Unternehmen wurde klar wie Vermögende – drunter vierzehn Staatschefs – ihr Geld an den Steuerbehörden vorbeischleusen um tiefere Steuern zu bezahlen und es reinzuwaschen.
Die Medienlandschaft reagierte mit fetten Schlagzeilen auf die Enthüllungen. Die Problemanalyse verlief in der bürgerlichen Presse jedoch zu einfach: diese Geschichte gebe es nur wegen einem Gesetzesloch im Geldwäschereigesetz. Eine breitere Analyse fand man kaum, obwohl klar war, dass eine Systematik hinter diesen Skandalen steht. Zeitungen wie der TagesAnzeiger äusserten vor allem Sorge über das Image des ‘sonst so vertrauenswürdigen’ Finanzplatzes. Genau der Finanzplatz, der seit Jahrzehnten weltweit zu Steuerflucht und Missbrauch verhilft. Die JUSO sieht die Pandora Papers in einem grösseren Kontext. Sie sind nur die Spitze des Eisbergs. Das reichste 1% hat die Mittel, mit Briefkastenfirmen und dubiosen Netzwerken Steuervermeidung (oder Steuerflucht) zu betreiben, während der grösste Teil der Bevölkerung brav Steuern bezahlt. Es liegt auf der Hand, dass es mit der weiter steigenden Ungleichheit auch zukünftig immer wieder Leaks zu neuen Gaunereien geben wird.
Neben der schreienden Ungerechtigkeit zeigen sich die Konsequenzen auch ganz real: Durch die Steuerflucht fehlen den Staaten Gelder für wichtige staatliche Aufgaben. In der Schweiz wurden Leistungen abgebaut, um Steuerausfälle zu kompensieren, die durch Steuergeschenke verursacht wurden. In weniger demokratischen Ländern müssen die Schäden noch viel gravierender sein.
Die Rolle der Schweiz
Im Fokus stehen die Anwaltskanzleien und Treuhandbüros. Neben Zypern ist die Schweiz das einzige Land in Europa, welches massgeblich beteiligt ist. Eigentlich war sich der Bundesrat dem Problem nach Veröffentlichung der Panama Papers bewusst. Im Vorfeld der Revision des Geldwäschereigesetzes urteilte ein Expert*innenbericht 2017: «Die Beratungs- oder Verwaltungstätigkeit von Geschäftsanwälten, Notaren oder Treuhändern ist insbesondere im Bereich der Gründung von schweizerischen oder ausländischen Sitzgesellschaften hochgradig anfällig.1» Die entsprechende
Schliessung der Gesetzeslücke durch die Ausweitung der Meldepflicht auch für Anwält*innen fand im rechtsbürgerlichen Parlament dann aber keine Mehrheit. Die
Brancheder(Wirtschafts-)Anwält*innen,dievondiesenGeschäftenteilweisebisheute profitiert, wehrte sich und sprach von einem «bereits lückendichten Modell2». Das ist ein Skandal. Das reichste 1% nimmt damit direkt Einfluss auf den Gesetzesprozess. Wir müssen aber anerkennen, dass das Problem der Steuervermeidung nicht durch eine Lückenschliessung gelöst sein wird. Die Schweiz ist und bleibt ein Zentrum für die globale Steuerflucht. Ein grosser Teil des Schweizer Wohlstands steht auf den Provisionen bei Steuerflucht von Autokrat*innen und Multimillionär*innen.
Die JUSO fordert deshalb Veränderungen:
- Anpassung Geldwäschereigesetz: Die bekannte Gesetzeslücke muss sofort geschlossen werden.
- Transparenz schaffen: Der Staat und die Öffentlichkeit müssen wissen, wer hinter einem Unternehmen steht. Die JUSO fordert deshalb ein
Transparenzregister der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen, welches international genutzt werden kann - Stärkung der Steuerbehörden: Die Steuerämter haben zu wenig Ressourcen, um die raffinierten Konstrukte des reichsten 1% aufzudecken, dies muss sich ändern.
- International gegen Steuerflucht: Es braucht eine neue internationale Institution ähnlich der IAO (Internationale Arbeitsorganisation), welche
ausschliesslich gegen Steuerflucht kämpft. Die Schweiz muss diese auch einfordern. - Kampf gegen die Ungleichheit & den Kapitalismus: Steuerflucht von Vermögenden ist die logische Konsequenz der herrschenden Ungleichheiten.
Das einfachste Mittel dagegen: Gerechtigkeit für die 99%.