Steuerkriminalität stoppen - Banken demokratisieren

13.03.2010

Verabschiedet von der Jahresversammlung vom 13. und 14. März 2010 in Bern

Die Krise, in der die Schweizer Finanzwirtschaft heute steckt, ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer weltweiten, neoliberalen Politik. Das 20. Jahrhundert war in der Geschichte Europas und der Schweiz einzigartig. Es war die Periode des historischen Klassenkompromisses und der Hochkonjunktur. Mit den beiden Ölkrisen der 70er Jahre fand diese Phase jedoch ihr Ende. Die Profitraten der Industrieunternehmen brachen weltweit ein. Die neoliberale Revolution unter Führung Grossbritanniens und der USA sorgte für die Öffnung neuer Märkte: Das Ende des Bretton Woods-Systems läutete die Geburt des liberalisierten, globalen Finanzkapitalismus ein. Die Finanzindustrie bot den KapitaleigentümerInnen hochrentable Anlagen praktisch ohne staatliche Kontrollen. Die Macht des Finanzkapitals wuchs in der Folge massiv: Einerseits gegenüber der Realwirtschaft und andererseits gegenüber der politischen Demokratie. Die neue Mobilität des Kapitals verschärfte den internationalen Standortwettbewerb. Plötzlich konnten Banken ganze Staaten unter Druck setzen. Den vorläufig perversen Endpunkt dieser Entwicklung haben wir in den letzten drei Jahren erlebt: Praktisch alle Staaten des Nordens waren gezwungen, ihre Banken mit Milliardenkrediten zu retten.

Was ist passiert?

Neoliberale Globalisierung bedeutete insbesondere die Liberalisierung der Finanzmärkte:

  • Der weltweite Abbau von Kapitalverkehrskontrollen
  • Die Abschaffung der fixen Wechselkurse
  • Die Einführung neuer Finanzvehikel wie zum Beispiel Hedge Fonds
  • Die Entwicklung immer neuer Finanzprodukte (Derivate)
  • Der Verlust der staatlichen Kontrolle über die Finanzmarktakteure

Die neoliberalen Programme sorgten weltweit und in den einzelnen Staaten für eine Verschärfung der Ungleichverteilung zwischen Nord und Süd, Arm und Reich, Arbeitsund Kapitaleinkommen. So besitzen heute 10% der gesamten Weltbevölkerung 85% des gesamten Vermögens. In der Schweiz besitzen die 10% Reichsten bereits über 73% der Vermögen. Diese Entwicklung führt zu einer massiven Konzentration von Kapital in den Händen weniger. Gleichzeitig verlieren kleine und mittlere Einkommen an Kaufkraft. Das wiederum macht die Finanzmärkte noch attraktiver – die Spirale beginnt sich zu drehen. An ihrem Ende steht die so genannte „Überakkumulationskrise“ – das ist das, was wir gerade erleben.

Während früher also die Finanzwirtschaft Zudienerin der Realwirtschaft war, hat sich heute das Verhältnis umgekehrt. Die Finanzwirtschaft diktiert ihre kurzfristigen Pläne. Die neue Macht des Kapitals verschärft den Standortwettbewerb und setzt die ArbeitnehmerInnen und die Demokratien weltweit unter Druck. Die neoliberale Politik hat zu einem regelrechten Ausverkauf der Staaten an die Privatwirtschaft geführt, in dem beispielsweise grosse Teile der öffentlichen Vorsorge dem Finanzkapital zugeschachert wurden (Pensionskassen, private Lebensversicherungen, etc.). Die gekauften bürgerlichen Parteien spielen dieses üble Spiel mit: Die Vorherrschaft der Demokratie wird Stück für Stück an die KapitalbesitzerInnen verkauft.

Das Problem ist der Kapitalismus

In der Schweiz hat die neoliberale Neuorientierung der Banken etwas später eingesetzt. Die neoliberalen Ideen des Share-Holder-Value sind hier erst Anfang der 90er Jahre so richtig angekommen. Das Ergebnis war jedoch dasselbe: Die Banken sind zu einer Bedrohung für die wirtschaftliche Stabilität und die Demokratie geworden. Zusätzlich sind sie Teil einer enormen Umverteilungsmaschinerie. Ein immer grösserer Teil des gesellschaftlichen Reichtums geht nicht mehr in die Portemonnaies der Lohnabhängigen, sondern wird in Kapitalgewinnen erwirtschaftet.

Diese Entwicklung ist eine Folge der kapitalistischen Logik. Die Banken und ihre ManagerInnen sind gezwungen unter der Bedingung von internationaler Konkurrenz und Privateigentum immer risiko- und ertragsreichere Geschäfte zu tätigen. Die privaten AktionärInnen streben nach Kapitalgewinnen und Dividenden. Die Konkurrenz mit andern Banken zwingt zum Wachstum ohne soziale oder ökologische Schranken. Die Diskussion die heute um Boni und die Reformen des Finanzmarktes geführt werden, sind Scheindiskussionen.

Besonders pervers: Das Bankgeheimnis

Das Schweizer Bankgeheimnis und die scheinheilige Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ist eine besonders abartige Form dieser Profitgier. Es hat bis heute im Wesentlichen dazu gedient, dass Despoten aus aller Welt und Steuerkriminelle ihr Geld in der Schweiz verstecken konnten. Diktatoren wie Hitler, Mobutu (Zaire), Marcos (Philippinen), Montesinos (Peru), Jean-Claude Duvalier (Haiti), Charles Taylor (Liberia), Kim Jong Il (Nordkorea) oder auch das Südafrikanische Apartheidregime wussten die „Diskretion“ der Schweizer Banken zu schätzen. In den Tresoren der Schweizer Banken lagern heute rund 860 Milliarden Franken an Geldern aus europäischen Ländern. Gerade mal 20% davon wurden laut Studien in ihren Herkunftsländern versteuert. Es ist deshalb weder überraschend noch verwerflich, wenn Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Kanada in Zeiten der Wirtschaftskrise zu drastischen Mitteln greifen. Auch für die Schweiz sind die Zahlen erschreckend: Bis zu zehn Milliarden Schweizer Franken werden jährlich von superreichen Steuerkriminellen hinterzogen, die Zeche zahlt in beiden Fällen die Mehrheit der Bevölkerung mit ihren Steuern.

Abzockerei auch bei den Banken

Die schamlose Selbstbereicherung der Manager und Aktionäre macht auch vor den Banken nicht halt – im Gegenteil. Ein immer grösserer Teil der Gewinne geht an die exorbitanten Löhne der Manager und Topkader. Weder die Minder-Initiative noch die laufende Aktienrechtsrevision werden dieses Problem lösen. Der einzige Vorschlag, welcher die Realität zu verändern mag ist die 1:12-Initiative der JUSO Schweiz!

Schluss mit den neoliberalen Dogmen!

Bisher hat auch die Linke oftmals nicht gewagt, den Finanzplatz offen zu kritisieren. Zu stark war auch in unseren Köpfen das Dogma verhaftet, dass jede Kritik an den Banken ein Verrat am Wohlstand der Schweiz sei. Das ist grundlegend falsch. Die von der Bankiervereinigung in die Welt gesetzten Phantasiezahlen über die Bedeutung des Finanzplatzes für die Schweizer Wirtschaft sind völlig übertrieben. Der Finanzplatz machte bis vor einigen Jahren über 12% des gesamten BIP aus, heute sind es noch knapp 6%. Der Finanzplatz Schweiz ist attraktiv, weil das Land eine weltweit einzigartige politische Stabilität aufweist. Wenn sich hier irgendwer bei irgendjemanden bedanken muss, dann die Banken beim Volk!

Die JUSO Schweiz fordert endlich ein Ende der Bankendiktatur. Konkret heisst das:

  • Die Doppelbesteuerungsabkommen mit den reichen Ländern des Nordes reichen nicht: Das Bankgeheimnis ist abzuschaffen, wir fordern eine nationale Weissgeldstrategie! Kein Diktatorengeld oder Geld von Steuerkriminellen soll je wieder seinen Weg in einen Schweizer Bankentresor finden.
  • Keine Kuscheljustiz für Steuerkriminelle: Qualifizierte Steuerhinterziehung ist auch im Inland wie Steuerbetrug zu ahnden – und aktiver zu verfolgen.
  • Der Finanzmarkt muss international streng reguliert werden: Finanzinstrumente sind nur noch dann zulässig, wenn sie nachweislich einen volkswirtschaftlichen Nutzen bringen. Dafür braucht es eine Finanzmarkt-Kontrolle (z.B. „FinanzmarktTÜV“), die im Gegensatz zur Finma diesen Namen verdient. Der Finanzmarkt braucht eine unabhängige Aufsichtsbehörde. Die heutige Finma ist nicht in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Es kann nicht sein, dass ehemalige Topbanker, die wie der aktuelle Finma-Präsident Eugen Haltiner noch im Sold ihrer Bank stehen, diese kontrollieren sollen.
  • International muss eine Finanzmarkttransaktionssteuer (auch Tobin-Steuer genannt) eingeführt werden.
  • Das Problem muss an der Wurzel gepackt werden: Alle Banken – ausser den bestehenden Genossenschaftsbanken - sind zu vergesellschaften. Diskussionen um die Grösse der Banken (too big to fail) gehen zu wenig weit und bringen schlussendlich nicht viel: Die Banken werden sich erst wieder auf ihre volkswirtschaftliche Aufgabe konzentrieren, wenn die Gesellschaft ihr Eigentümer wird.
  • Schluss mit Schmiergeldzahlungen: Es ist den Banken untersagt, politische Parteien, sowie einzelne PolitikerInnen finanziell zu unterstützen.