Tech-Konzerne zerschlagen für ein freies Internet!

16.11.2021

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 14. November 2021 in Sissach (BL) .

Die Versprechen des Internets klangen paradiesisch: Informationen, globale Kommunikation, für alle zugänglich ohne Privilegisierung. Das Internet bot und bietet die Chance für mehr Gleichstellung und Demokratie. Denn, wenn Informationen erstmal im Netz sind, können sie mit verhältnismässig geringem Aufwand unbegrenzt geteilt werden. Genau diese positive Eigenschaft des Netzs, verdreht sich immer mehr ins Gegenteil. Mit dem Erfolg des Internets kam auch dessen Kommerzialisierung. Die ursprünglichen Hoffnungen mussten für Profitinteressen Platz machen. Heute wird das Internet dominiert von einzelnen Konzernen, die in ihrer Sparte ein Quasi-Monopol innehaben. Das ist kein Zufall: Für die meisten digitalen Dienstleistungen spielt der Netzwerkeffekt eine massive Rolle. Die FAANG-Konzerne (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google) sorgen auch dafür, dass diese Netzwerkeffekte möglichst stark spielen. Sie schränken dazu z. B. die Austauschbarkeit und Durchlässigkeit ihrer Dienstleistungen ein.

Bestes Beispiel dafür liefert der Vergleich zwischen E-Mail und modernen Chat-Apps: Bei E-Mail spielt es kaum eine Rolle, bei welchem Anbieter man ist, man kann mit allen anderen kommunzieren. Bei den Chats ist das anders. Auf WhatApp kann man nur mit anderen Nutzer*innen von WhatsApp kommunizieren. Das müsste nicht so sein, aber es ist klar, dass es den Profitinteressen der Chats dient, dass das so ist. Gäbe es E-Mail nicht bereits, könnte es sich heute nicht mehr durchsetzen.Dazu kommt die grundsätzliche Monopolisierungstendenz, welche wir immer beobachten können, wenn digitale oder physische Güter zwar hohe Entwicklungskosten aufweisen, aber praktisch kostenlos vervielfältigt werden können. Das führt zu einem “winner takes it all”-System, in der es für das zweitbeste Produkt keinen Grund gibt.

Die Tech-Konzerne schrecken auch nicht davor zurück ihre Macht zu nutzen, um ihre Monopolstellung abzusichern und auszubauen: Google hat absichtlich Seiten von Dritten über ihr Werbenetzwerk verlangsamt, um ihre eigene Technologie schneller erscheinen zu lassen.

Mit ihrer Grösse haben diese Konzerne einen riesigen Einfluss auf die Meinungsbildung. Was bei Google nicht auftaucht, wird nicht gefunden. Wer von Facebook gepusht wird, erreicht die Massen. In den Facebook-Leaks wurde zudem vor Kurzem bekannt, dass Facebook mit ihren Algorithmen absichtlich die Polarisierung der Gesellschaft, die Verbreitung von Fake News und damit Hate-Speech fördert. In Ländern des globalen Südens, wo Facebook einen enorm hohen Stellenwert bei der Informationsbeschaffung hat, sind die Folgen noch verheerender. So wird Facebook von der UNO massgeblich für den Völkermord an den Rohingya verantwortlich gemacht. Das perfide Ziel hinter den Handlungen von Facebook und Co.: Nutzer*innen sollen möglichst viel Zeit auf den Plattformen verbringen und den Konzernen damit Profite durch Datensammlung und (personalisierte) Werbung auf die Konten spülen. Privatspärerichtlinien sind den Konzernen dabei egal. Das funktioniert am besten durch das Schüren von Hass und Empörung. Facebook hat zudem offen zugegeben, dass sie auch Falschaussagen ausspielen werden, solange dafür bezahlt wird.

Damit werden Demokratien massiv gefährdet. Die Werbegewinne der Konzerne, werden dabei grösstenteils von den Nutzer*innen generiert und nicht von den Unternehmen selber, welche lediglich Infrastruktur zur Verfügung stellen. Erst der Content der Nutzer*innen macht Plattformen wie Facebook oder Instagram attraktiv. Zusätzlich zu dieser Mehrwertabschöpfung zahlen die Menschen für die Nutzung der Plattformen mit ihren Daten, die weitere politische Manipulationen ermöglichen.

Die Gefährlichkeit wird der Politik und Bevölkerung zunehmend bewusst, doch die Grösse der Konzerne stellt die Souveränität der Staaten in Frage. Selbst supranationale Strukturen, wie die EU tun sich schwer damit, die Tech-Konzerne wirksam zu regulieren. Der Grund dafür ist nicht fehlende Machbarkeit, sondern das selbstauferlegte Korsett des Neoliberalismus, das höchstens minimale Eingriffe in die Privatwirtschaft erlaubt. Deshalb wird versucht, die Probleme durch Zensur oder andere absurde Massnahmen zu lösen, statt Fake-News-fördernde Algorithmen einzuschränken.

Für echte Veränderungen müssen wir die Monopolisierung und Kommerzialisierung im Internet beenden. Das Internet muss Teil eines globalen, für allezugänglichen Service Publics sein. Plattformen sollen ab einer bestimmten Anzahl Nutzer*innen dezentralisiert und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.

Deshalb fordern wir:

  • Die Verheissung des Internets muss erneuert werden: Es braucht dezentrale Dienstleistungen, die interoperabel funktionieren.
  • Zerschlagung der FAANG-Konzerne
  • Schaffung von technischen Standards für digitale Dienstleistungen, so dass diese durch diverse Anbieter*innen erbracht werden können
  • Das Internet als globaler Service Public für alle

Kurzfristig fordern wir:

  • Digitale Besteuerung der Konzerne international
  • Public Money - Public Code, Public Data: Alle mit öffentlichen Geldern finanzierten Dienstleistungen und erhobenen Daten müssen öffentlich zugänglich sein.
  • Transparenz bei Funktionsweise von Algorithmen der Tech-Konzerne
  • öffentlich zugängliche Notice und Takedown Datenbanken
  • Einsatz einer Wettbewerbsbehörde, die Monopolisierungen verhindern kann