Der feige Anschlag auf die linke Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“ ist ein frontaler Angriff auf die Demokratie, die freie Meinungsäusserung und die Pressefreiheit und hat uns alle schockiert. Die grosse Solidarität, die sich jetzt in zahlreichen Ländern formiert, macht Mut, denn sie ist ein Beweis dafür, dass Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte unverhandelbar sind. Bereits nutzen gewisse Kräfte den Anschlag allerdings, um für den Aufbau des Schnüffelstaates zu werben, wie es zwei Gesetze, die momentan im Parlement diskutiert werden, vorsehen. Das revidierte Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldewesens (BÜPF) und das neue Nachrichtendienstgesez würden uns dem Überwachungsstaat aber einen grossen Schritt näher bringen, wie zu Zeiten der Fichen, der seinerzeit fast eine Million unbescholtener Menschen bis ins Privateste überwachte.
Dabei kann man zur Verhinderung von Terror und religiöser Gewalt viel aus einem anderen Teil der Geschichte der modernen Schweiz lernen: Seit Gründung des Bundesstaates 1848, nach dem Sonderbundskrieg, hat es die Schweiz geschafft, die verschiedenen Konfesionen und Religionen erfolgreich zu integrieren und damit Gewalt und Diskriminierung einzudämmen. Im Gegensatz zu Frankreich hat es die Schweiz geschafft durch mehr Demokratie, Ghettos zu verhindern und die Chancengleichheit zu verbessern. Diesem besten Puffer gegen extremistische Gewalt gilt es sorge zu tragen.
Wer jetzt aber die Grundrechte über den Haufen werfen möchte und die Privatsphäre und die Freiheit von uns allen in Fragen stellt, nutzt diesen grausamen Anschlag für politische Ziele. Einerseits werden falsche Versprechungen gemacht, in dem suggeriert wird, mehr Überwachung verhindere Anschläge. Dabei ist bekannt, dass die beiden Terror-Brüder Kouachi längst unter Überwachung des starken französischen Geheimdienstes standen. Zweitens, und viel wichtiger, macht man den Terroristen damit den grössten Gefallen in dem man die Fehler der USA nach 9/11 wiederholt und die Freiheit einschränkt. Die Terroristen wollen uns in Angst versetzen und hinter die Menschenrechte, hinter die Aufklärung und die Demokratie zurückbomben. Diesen gefallen sollten wir ihnen nicht tun. Oder, um es mit den Worten des Schriftstellers Navid Kermani zu sagen: „Tun wir, was den Tätern am meisten missfällt und den Opfern am meisten entspricht: Bleiben wir frei.“
Fabian Molina, Präsident JUSO Schweiz
22.01.2015