Die Berufslehre gilt im In- und Ausland als Erfolgsmodell. Dabei geht vergessen, dass sie mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hat. Mit einer Kampagne nimmt sich die JUSO diesen Missstand vor.
Dieser Artikel erschien in der SP-Zeitung links im Juli 2015
Eine Bekannte, nennen wir sie Veronica, macht eine Ausbildung als Elektromonteurin. Ihre Arbeit interessiert sie und gefällt ihr grundsätzlich sehr. Mit ihrem Lehrbetrieb ist sie aber überhaupt nicht zufrieden. Nicht nur verdient sie weniger als ihre männlichen Kollegen. Berufsfremde Arbeit, unbetreute Arbeitsplätze und Überstunden gehören für sie zum Alltag. Im dritten Lehrjahr ist sie für den Betrieb eine grosse Hilfe – zu einem extrem niedrigen Lohn. Zu sagen hat sie dazu nichts.
Veronica ist kein Einzelfall. Gemäss einer Studie der Unia aus dem Jahr 2014 müssen 55 Prozent der Lernenden in der Schweiz verbotenerweise regelmässig mehr als neun Stunden pro Tag arbeiten. 57 Prozent werden mit ihrer Arbeit häufig alleine gelassen. Das Gesetz und in gewissen Fällen Gesamtarbeitsverträge stellen Lernende eigentlich unter einen besonderen Schutz. Dieser Schutz wird aber kaum gewährt. Mehr als die Hälfte der Lernenden hat noch nie eine Kontrolle in ihrem Betrieb erlebt. Zahlreiche Kantone kommen ihrer Aufsichtsfunktion sehr mangelhaft nach, was auch dem Leistungsabbau der bürgerlichen Mehrheiten geschuldet ist.
Zunehmende Entwertung der Lehre
Knapp zwei Drittel aller Jugendlichen in der Schweiz absolvieren eine Berufslehre. Für die grosse Mehrheit der jungen Menschen ist eine qualitativ hochwertige, attraktive und Ausbildung unter gerechten Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung. Das Bildungssystem in der Schweiz ist auf dem Papier sehr durchlässig. Viele Lernende haben aber trotz guten Leistungen keinen Zugang zur Berufsmaturität. Entweder weil ihnen neben der Lehre die Zeit fehlt oder weil es ihnen vom Lehrbetrieb schlicht verboten wird, sich entsprechend weiterzubilden. Fehlende Perspektiven und mangelnde Mitsprache entwerten die Lehre damit immer mehr.
Rechte verteidigen und ausbauen
Die JUSO Schweiz ist bestrebt, die Rechte der jungen Arbeitenden auf Mitsprache, eine qualitativ gute Ausbildung, auf angemessene Entlöhnung, ausreichend Ferien und eine gesicherte Zukunft zu verteidigen und weiter auszubauen. An der Jahresversammlung verabschiedeten die 250 Delegierten deshalb ein Positionspapier mit einem ausführlichen Forderungskatalog zur Berufsbildung. Mit einer Kampagne an den Berufsschulen sollen die Lernenden für den Kampf für eine Verbesserung ihrer Arbeitsverhältnisse mobilisiert werden. Mit Aktionstagen und einer Petition soll der Druck auf Bund, Kantone und Arbeitgeber erhöht werden, den Schutz und die Rechte der Lernenden auszubauen. Gemeinsam mit einer Generation, welche einen Anspruch auf ein gutes Leben in Freiheit und Menschenwürde hat und welche neue, gerechtere Formen des Wirtschaftens verdient, kämpft die JUSO für mehr Rechte für Lernende.
Weitere Informationen sowie die Petition finden sich unter www.fight-for-your-rights.ch.
02.07.2015