Ist Feminismus obsolet? In den letzten Tagen hat eine Forderung der JUSO für Aufsehen gesorgt. Die Debatte nimmt ihren Anfang im Sommerlager der JUSO Schweiz. Dort führten wir einen Workshop zum Thema «Gleichstellung heute» durch. Der Workshop bildet die Basis einer Neu-Positionierung der JUSO in Sachen Gleichstellung. Eine solche Neu-Positionierung erachten wir aus zwei Gründen als notwendig: Erstens muss sich die Gleichstellungspolitik weiter entwickeln: Viele Feministinnen früherer Generationen betreiben Gleichstellungspolitik mit anderen Schwerpunkten als wir das tun.
Zweitens beobachten wir heute einen gesellschaftlichen Backlash in Sachen Gleichstellung: Beispiele sind die Resonanz auf frauenfeindliche Äusserungen von SVP-Vertretern oder die kürzlich lancierte Anti-Abtreibungsinitiative. Wo solche Fragen auftauchen, wo es immer wieder heisst, Feminismus sei obsolet, im Gegenteil seien es ja die Frauen, die heute bevorzugt würden, da ist es für uns JungsozialistInnen an der Zeit, Position zu beziehen und eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema zu führen.
Für uns ist klar: Von Gleichstellung der Geschlechter kann keine Rede sein. Weder ökonomisch noch gsellschaftlich. Als JUSOs kämpfen wir für eine Gesellschaft, in der alle frei und selbstbestimmt leben können. Dazu gehört nicht nur die Befreiung von wirtschaftlichen Zwängen. Dazu gehört die Selbstbestimmung der Menschen als Ganzes, dazu gehört auch eine selbstbestimmte Sexualität, die sich nicht an Stereotypen orientiert.
Sexualerziehung ist notwendig für eine selbstbestimmte Sexualität
Verschiedene Studien zeigen, dass eine Mehrheit der Jugendlichen zwischen 11 bis 14 Jahren schon einmal pornographische Bilder gesehen hat. Handys mit Internetzugang machen das Herunterladen pornographischer Inhalte problemlos möglich. Wie im 20 Minuten zu lesen verzeichnet auch Pro Juventute einen rasanten Anstieg von Anfragen von Jugendlichen im Zusammenhang mit Pornos (Artikel 20 Min). Die Jugendlichen sind dabei mit Bildern konfrontiert, die Fragen aufwerfen und verstören können
Der Fokus des Aufklärungsunterrichts aber liegt auf biologischen Kenntnissen. Eine umfassende Sexualerziehung findet nicht statt. Die Jugendlichen bekommen keine Möglichkeit über ihre sich entfaltende Sexualität zu sprechen. Sie werden alleine gelassen mit vielen Fragen und sie werden alleine gelassen mit Porno-Bildern, beginnen das, was sie da sehen, nachzuahmen und übernehmen die Geschlechter-Stereotypen, die ihnen in den Filmen vorgelebt werden. Vergewaltigungen von Jugendlichen an Kindern sind nur die schlimmste Folge davon, wenn solche Themen im Aufklärungsunterricht nicht angesprochen werden. Die JUSO fordert daher eine umfassende Sexualerziehung an den Schulen durch externe ExpertInnen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit der sexuellen Identität, Homosexualität, gesellschaftlichen Rollenbildern, der Beziehung zum eigenen Körper, sexueller Gewalt und eben auch Pornographie.
Unsere Forderung hat heftige Reaktionen ausgelöst. Wir begrüssen, dass wir damit eine Debatte um eine altersgerechte Sexualerziehung ausgelöst haben. Über die Heftigkeit der Reaktionen sind wir dennoch erstaunt. Unsere Forderung ist nichts Neues und findet Unterstützung in breiten Kreisen! Sie basiert auf dem Bericht der Eidgenössichen Kommission für Kinder-und Jugendfragen (EKKJ). Die EKKJ fordert eine aktive Thematisierung und Auseinandersetzung mit Pornographie. Genauso unterstützen Experten unsere Forderung wie z.B. der Sexualpädagoge Bruno Wermuth. Auch die SP Frauen äussern sich positiv (siehe Artikel 20 Minuten).
Jugendliche sollen ihre Sexualität frei entfalten können, ohne von Pornos und Geschlechter-Rollenbildern unter Druck gesetzt zu werden. Unsere Forderung ist ein Schritt hin zu einer Sexualerziehung, die mit den Jugendlichen auch das bespricht, was sie beschäftigt. Ein Schritt hin zu mehr Selbstbestimmung und zu mehr Gleichheit.
Die erste Sitzung zur Ausarbeitung des Positionspapiers findet am 7. November in Bern statt.