Herzlose Bundesrätin - Menschen mit Behinderung gehen in der Schweiz zu oft vergessen

26.02.2018 - Cem Kirmizitoprak

Text von Cem Kirmizitoprak, Inklusionsagent bei der Beratungsstelle für Inklusion und Mitglied der JUSO St. Gallen
Die SBB erhält neue Züge. Leider sind diese Züge nicht behindertengerecht, unter anderem sind die Rampen von Türe zu Perron für Rollstühle zu steil und die Türöffner sind aus dem Rollstuhl unmöglich zu erreichen. Bereits im November 2017 aber hat das Bundesamt für Verkehr eine Betriebsbewilligung für die Züge erteilt, obwohl die neuen Transportmittel für Menschen mit einer Behinderung nicht selbstständig benutzbar sind. Auch die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard hat kein offenes Ohr für Inklusionsanliegen.
Für die SBB und den Hersteller "Bombardier" hagelte es deshalb viel Kritik in den letzten Tagen. Unbegleitete Reisende mit einer Behinderung stossen einfach auf zu viele Hindernisse, um die Züge selbstständig benutzen zu können. Das Behindertengleichstellungsrecht wird im öffentlichen Verkehr klar nicht eingehalten. Dies ist für uns inakzeptabel. Menschen mit Behinderung gehen in unserer Gesellschaft ohnehin schon viel zu oft vergessen. Sie sind voll-wertige Mitglieder unserer Gesellschaft und sollten auch so behandelt werden. Ein Plädoyer für Inklusion.

Wir haben das Schweizer Behindertengleichstellungsgesetz im Jahr 2004 verabschiedet und die UN-Behindertenrechtskonvention 2014 ratifiziert. Nun aber geben Sie der SBB den Auftrag, alle neuen Züge und Bahnhöfe nur nach den EU-Richtlinien zu bauen und das Behindertengleichstel-lungsgesetz nicht zu beachten.
Damit verstosst ihr genau gegen unser eigenes Schweizer Recht. Hiermit bestraft ihr 1,6 Millionen Schweizer Bürger*innen und lügt sie noch an. Macht es euch Spass zuzusehen, wie Menschen mit Behinderungen bei Zugfahrten immer noch auf Drittpersonen angewiesen sind? Ich weiss, was ihr braucht um das alles endlich zu verstehen: Einen Rollstuhl oder einen Blindenstock.
Es darf nicht sein, dass ihr sogar im Jahr 2018 1,6 Millionen Menschen mit Behinderungen den Zugang zum öffentlichen Verkehr erschwert und somit 13 Prozent der Gesamtbevölkerung noch behinderter macht, als sie sind. Die neuen Züge erschweren die gesellschaftliche Inklusion von Menschen im Alter, Menschen im Rollstuhl sowie Menschen mit Sehbehinderungen. Habt ihr euch mal vorgestellt, wie ihr reagieren würdet, wenn ihr auch jeweils eine Stunde vor Zugabfahrt anrufen müsstet, um in den Zug ein- und aussteigen zu können trotz gültigem Ticket? Das, was hier passiert, hat nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun. Ich wünsche euch eine gute Besserung!