Klassenkampf von oben

03.02.2010

Ende letzter Woche ist wieder einmal das jährliche Treffen des World Economic Forum (WEF) zu Ende gegangen. In den 40 Jahren seiner Existenz hat das WEF zwar relativ wenig zu seinem selbstgewählten Slogan „comited to improving the state of the world“, dafür umso mehr zum Gegenteil beigesteuert. Den Geist, den „spirit of Davos“, den dieses Forum in den letzten Jahrzehnten alljährlich verbreitet hat, nennen wir heute gemeinhin Neoliberalismus. Die Bilanz des Neoliberalismus, ist schrecklich: Heute sind über 1000 Millionen Menschen chronisch unterernährt (diese Zahl hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht), 40 Millionen von ihnen sterben jährlich an Hunger – in einer Welt, die täglich locker Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen herstellen könnte. Dafür hat sich auf der anderen Seite der Skala das reichste Prozent 40% des Gesamtvermögens gesichert, die reichsten 10% besitzen bereits 85%!

Klassenkampf bei den Löhnen...

Auch in der Schweiz schreitet dieser Klassenkampf von oben munter voran. Das Bruttoinlandprodukt (die Summe aller in der Schweiz erzielten Einkommen) ist von 1991 bis 2007 um 27 % gewachsen. Der Wohlstand sollte also für alle zunehmen. Weit gefehlt. Die krasse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer hat kein anderes Einkommen als den monatlichen Lohn. Diese durchschnittlichen Reallöhne sind in der selben Zeitspanne um knapp 6% gewachsen – wo ist denn der Rest hin? Einerseits haben ihn die Aktionäre abgeschöpft und andererseits die obersten Manager mit ihren Millionenlöhnen. Die Wahrheit ist: Heute versteuern 3% der SchweizerInnen so viel Einkommen, wie der ganze Rest zusammen!

...Vermögen...

Auch bei den Vermögen sieht es nicht besser aus. Das Bundesamt für Statistik erhebt alle paar Jahre die Vermögenssituation der SchweizerInnen. Die letzte Erhebung stammt von Ende 2005. Wer bis jetzt geglaubt hat, die Schweiz sei ein Land, in dem alles ein bisschen gerechter zugeht, als im Rest der Welt, der wird gleich böse erwachen: Das reichste 1% der Schweizer Bevölkerung besitzt über 36% des gesamten Vermögens, die 10% reichsten besitzen schon 73% des gesamten Vermögens. Für den ganzen Rest, also uns 90% Normalsterbliche, bleiben mikrige 27% des Kuchens. Ach ja, und das Verhältnis hat sich in den letzten Jahren nicht etwa gebessert, sondern sogar massiv veschlechtert. Nur ein Beispiel: Die reichsten zehn Personen im Kanton Zürich haben ihr Reinvermögen von 1991-2003 vervierfacht, von 2.8 auf 8 Milliarden pro Kopf! Wann war schon wieder Ihre letzte Lohnerhöhung?

...und beim Wohnen.

Und zu guter Letzt knöpfen sie uns auch noch bei der Miete alles ab, was sie können. Die Mietpreise explodieren schweizweit fast im Monatstakt. Am schlimmsten ist es in den Agglomerationen, dort trifft es vor allem Familien und Junge. Die abenteuerlichsten Gründe werden herumgereicht: Zu teure Renovationen, die Personenfreizügigkeit etc. Fakt ist: Gemäss einer Studie des Bundes knöpfen die Mieter den VermieterInnen jährlich sage und schreibe 3000 Millionen Franken zu viel Mieten ab – Mieten für die es keinen gesetzlich zulässigen Grund gibt. Das hat in den vergangenen 15 Jahren zu einer Umverteilung von 50 Milliarden Franken von unten nach oben geführt.

Letzte Etappe: Den Sozialstaat zerschlagen!

Unsere Vorväter und -mütter haben diese Ungerechtigkeiten des Kapitalismus auch bereits bemerkt. Darum haben sie sich bemüht, den Sozialstaat aufzubauen, der den Menschen eine sichere Zukunft und zumindest eine leichte Korrektur der Ungerechtigkeiten bringt. Den Klassenkämpfern von oben, ist dieser Sozialstaat natürlich ein Dorn im Auge. Sie müssen sich an etwas beteiligen, dass sie zutiefst verabscheuen, an der gesellschaftlichen „Solidarität“. Darum haben ihre politischen Wasserträger, die bürgerlichen Parteien, entschieden, im Jahr 2010 zum Grossangriff gegen den Sozialstaat zu blasen: Am 7. März sollen die Renten gekürzt werden, dann die Arbeitslosenversicherung abgebaut, die AHV zerschmettert und die Unfallversicherung zu Lasten der Arbeitnehmer umgebaut werden. Der Klassenkampf ist nicht tot, er kommt jetzt von oben.