Was folgt dem USR3-Nein? Von Jonas Eggmann
Das Nein zum Unternehmenssteuer-Bschiss am 12. Februar 2017 war ein historischer Erfolg für die Linke. Die vereinte Front der Interessensvertreter*innen des Kapitals und ihre politischen Handlanger*innen kassierten eine Ohrfeige, die sie noch lange in Erinnerung behalten dürften. Die politischen Kräfte der Linken dagegen stellten ihre Vitalität, ihre Anschluss- sowie Durchsetzungsfähigkeit unter Beweis.
Denn das Nein war eben nicht einfach einer schlechten Kampagne der Befürworter*innen geschuldet. Im Gegenteil: Die Auswertungsumfrage zu den Abstimmungen macht deutlich, dass das Nein zur USR III eine Absage an immer neue Steuergeschenke für den Geldadel war. Genauso war es auch eine Absage an den Versuch, diese Umverteilungspolitik von unten nach oben mit Abbaupaketen quer durch die Schweiz zu finanzieren.
Diesen Unmut in der Bevölkerung gilt es nun zu nutzen, um das Grundübel der bürgerlichen Umverteilungspolitik zu benennen und zu bekämpfen: Der verheerende und undemokratische Steuerwettbewerb muss gestoppt werden! In kaum einem anderen Lebensbereich ist die neoliberale Ideologie so stark in den Köpfen der Menschen verankert wie beim Steuerwettbewerb: Nämlich die absurde Idee, dass es uns allen besser geht, wenn wir gegeneinander um einen möglichst grossen Anteil des Steuerkuchens streiten, anstatt gemeinsam für eine gerechte Besteuerung und Verteilung des gesamten gesellschaftlichen Reichtums zu sorgen.
Die Konkurrenz- und Wettbewerbslogik bei den Steuern zeitigt verheerende Wirkung: Jahr für Jahr werden in den Kantonen und Gemeinden Leistungen abgebaut, um die angeblich bedrohte „Standortattraktivität“ zu erhalten. Das führt zu weniger Prämienverbilligungen, teurerem ÖV, Spitalschliessungen, grösseren Schulklassen und in einigen Kantonen gar zu Zwangsferien! Dagegen haben vor einem Monat tausende Schüler*innen in der ganzen Schweiz demonstriert. Die Abbaumassnahmen in der Bildung sind nichts anderes als eine direkte Folge des Steuerwettbewerbs. Steuerwettbewerb und Abbaupolitik sind deshalb zwei Seiten der gleichen Medaille und müssen gemeinsam bekämpft werden.
Die Auswirkungen dieser neoliberalen Steuerdumpingpolitik lassen sich konkret beziffern. Seit dem Jahr 2000 ist das verfügbare Einkommen einer Verheirateten mit zwei Kindern in der Lohnklasse der untersten 10% um 110 Franken pro Monat gesunken, während es bei den obersten 10% um 70 Franken pro Monat gestiegen ist – das oberste Prozent ist gar um 480 Franken pro Monat entlastet worden! Der Steuerwettbewerb dient den Bürgerlichen so als technokratische Legitimation für ihre Umverteilungspolitik von unten nach oben.
Die JUSO fordert deshalb, die Neuauflage der USR III (getarnt als „Steuervorlage 17“) nach folgenden fünf Grundsätzen auszuarbeiten: Erstens darf es keine neuen Steuergeschenke, d.h. keine Instrumente aus der sog. Toolbox (zinsbereinigte Gewinnsteuer, Patentbox etc.), geben. Zweitens müssen die alten Steuergeschenke des USR II-Bschiss aufgehoben werden. Dies betrifft insbesondere die Aufhebung des Kapitaleinlageprinzips, mit dem bereits Milliarden an steuerfreien Dividenden ausgeschüttet wurden.
Drittens müssen die Forderungen der 99%-Initiative umgesetzt werden, d.h. eine höhere Besteuerung von Kapital- gegenüber Arbeitseinkommen eingeführt (konkret heisst das Dividendenbesteuerung im Umfang von 150%) sowie die steuerliche Unterscheidung von Kapitalerträgen und -gewinnen (bis anhin steuerfrei) aufgehoben werden. Viertens – und das ist die zentrale Forderung – braucht es eine materielle Harmonisierung der Unternehmenssteuern in der Schweiz. Mit einheitlichen Steuersätzen für Unternehmen muss dafür gesorgt werden, dass dem Steuerwettbewerb ein Ende bereitet wird.
Nicht zuletzt muss, fünftens, der Kampf gegen Steuerdumping, gerade aus und von der Schweiz, international geführt werden. Die neokolonialistische Steuerpolitik der Schweiz vernichtet jährlich Steuersubstrat in der Höhe bis zu 36 Milliarden Franken im Ausland. Dadurch wird die Umverteilung vom globalen Süden in den Norden verstärkt, anstatt sie abzubauen und Armut, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit breiten sich weiter aus. Eine andere Welt ist damit nur mit einer grundsätzlichen Abkehr vom Steuerdumping und -wettbewerb möglich. Eine Steuerharmonisierung auf internationaler Ebene weist auch hier den Weg zu einem solidarischen Miteinander und einer gerechten Zukunft für alle.
12.05.2017