Ein Bericht von Vera Diener, Mitglied Geschäftsleitung
Eine hochinteressante Jahresversammlung ging am 18. März zu Ende. Angefangen wurde am Samstagmorgen früh (früh zumindest, wenn man am Abend vorher im Ausgang war) schon mit einem Antrag an die Traktandenliste, welcher lebhaft diskutiert wurde.
Darauf folgte eine spannende Rede der Berner Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer über Realpolitik und Utopien, bevor der wohl utopischste Teil unserer Jahresversammlung begann: Während rund zwei Stunden wurden fast 60 mögliche Forderungen für das 100 Jahre Generalstreik-Jubiläum vorgestellt und diskutiert. In einer lebhaften Diskussion wurden Vor- und Nachteile verschiedener Forderungen abgewägt, bevor die Stimmzettel für den ersten Wahlgang verteilt wurden und sich alle entscheiden mussten - keine leichte Sache, es gab viele sehr gute Forderungen und nun musste man sich genau überlegen, welche davon zur Jahrhundertforderung taugen würden.
Ein kleiner Jahresrückblick in Bildern hat anschliessend zur Auflockerung gezeigt, was für ein grossartiges Jahr hinter uns liegt und die darauf folgende Rede von Tamara Funiciello sorgte für stehenden Applaus. Wir haben allen Grund, uns zu feiern!
Nach einigen neuen und alten Informationen rund um unsere 99%-Initiative berichtete unsere internationale Gästin, Aissa, über sozialistische Politik in Mali und die Herausforderungen die es mit sich bringt, jung in der Politik aktiv zu sein. Gebannt hörten die Jusos ihr zu, man hört schliesslich nicht jeden Tag etwas über Politik in Mali!
Von Mali ging es thematisch zurück in die Schweiz, wo unser ehemaliger Präsident und neuer Nationalrat Fabian Molina über Steuerpolitik sprach und auf die globalen Zusammenhänge zwischen unserer Steuerdumping-Strategie und Hunger und Ausbeutung in den armen Ländern hinwies. Seine Rede war passend zu unserem nächsten Traktandenpunkt, der Verabschiedung einer Resolution zuhanden der SP, in der es um einen 10-Punkte-Plan für die SP in Sachen Steuerpolitik ging.
Darauf folgte der wohl emotionalste Teil der ganzen Jahresversammlung: Einige Frauen* der JUSO hatten als Überraschung eine wahnsinnig bewegende Rede an Tamara, in der sie ihr für all das feministische und politische Engagement bedankten und für ihren Mut, sich immer wieder dem Hass der bürgerlichen Gesellschaft zu stellen. Es war ein wunderbares Zeichen der Solidarität gegen all die Hassnachrichten und Wutbürger*innen. Der ganze Saal stand ein zweites Mal an diesem Tag für Tamara auf und bedankte sich bei ihr und vor allem auch bei Nadia, Lorena und Andrea für die gelungene Überraschung. Auch Tamara war überwältigt, eine kleine Träne konnte nicht zurückgehalten werden. Nach diesem berührenden Zwischenspiel war es umso brutaler, wieder zurück ins politische Tagesgeschäft zurück zu müssen.
Die ergriffene Stille dauerte jedoch nicht allzu lange, dafür gab es einfach zu interessante und umstrittene Anträge an unsere Statuten. Währenddem einige Anträge ohne grosse Diskussionen angenommen oder abgelehnt wurden, wurde bei anderen eine hitzige Debatte geführt. Frauen*- oder FLINT*quote im Vizepräsidium? Alkoholverbot an Delegiertenversammlungen? Dieser Partei gehen die interessanten Themen nicht aus.
Nicht weniger interessant waren auch die Resolutionen, die anschliessend diskutiert wurden. Von Cannabis bis AHV, für alle waren spannende Themen dabei!
Und obwohl es auch hier noch einmal heiss zu und her ging, schlossen wir tatsächlich zum ersten mal seit langem einen Tag der Jahresversammlung vor dem geplanten Ende ab anstatt zu überziehen. Und das gleich eine halbe Stunde!
So hatten wir gut Zeit, aufzuräumen bevor das Essen geliefert wurde. Und auch hier kam noch einmal Frauen*power ins Spiel. Weil es sonst allzuoft die Frauen* waren, die aufräumten und abwuschen, streikten diese am Samstagabend.
Nach dem Abendessen war der Tag jedoch noch nicht fertig, ganz im Gegenteil, jetzt fing der Spass erst richtig an! Das Abendprogramm startete mit einem lustigen Quiz über alles was uns im politischen Alltag so beschäftigt. Von historischen Anekdoten über Trump-Zitate bis zu Fun-Facts über GL-Mitglieder war alles dabei. Die Gewinner*innen-Gruppe verdienten sich mit deutlichem Vorsprung ein Diplom.
Anschliessend wurde ein noch viel grossartigerer Sieg gefeiert: In drei Kantonen gewann die JUSO dieses Jahr eine Initiative! Die Mitglieder von Schwyz, Fribourg und Luzern wurden jubelnd auf der Bühne begrüsst und mit Konfettikanonen gefeiert. Ein grossartiger Erfolg!
Bevor unsere DJs die Party so richtig anheitzten, kam noch ein weiteres Highlight: Eine Show mit drei grossartigen Drag Queens, die vor begeistert staunendem Publikum eine wunderbare Performance ablegten. Sie beherrschten das Spiel mit Geschlechterklichees so fesselnd, dass sich wohl fast alle im Publikum eine Zugabe gewünscht hätten. Dann begann jedoch die Party und nach anfänglichem Zögern war die Tanzfläche bald voller glücklicher Menschen. Viel zu bald war halb Eins und es musste aufgeräumt werden. Danach zog es doch schliesslich die Meisten ins Bett und nur die besonders Tanzverrückten zog es noch vor die Reitschule.
Am nächsten Morgen gab es trotz vereinzelten Katermenschen schon wilde Diskussionen. Schliesslich stand der zweite Wahlgang für die 9 Forderungen ganz zuoberst auf der Traktandenliste! Nachdem alle aus den 18 übrigen ihre 9 Forderungen gefunden hatten und dies auf den Wahlzetteln vermerkt war, verabschiedeten sich die Stimmenzähler*innen und weiter ging es etwas ruhiger, Jahresrechnung und Budget waren zum Glück nicht umstritten. Auch die Wahlen verliefen ohne grössere Überraschungen, schliesslich waren es nur Wiederwahlen ohne Gegenkandidaturen. Einzig bei der Wahl des neuen Vizepräsidiums kam es kurz zu Diskussionen.
Irgendwann dazwischen wurde auch mit grossem Trara die 9 neuen Forderungen zum 100jährigen Jubiläum des Generalstreiks verkündet, verzögert nur dadurch dass die Geschäftsleitung zuerst herausfinden musste wie man eine Facebook-live-Übertragung machen kann. Schliesslich möchten alle sofort wissen was unsere neuen Forderungen für die nächsten 100 Jahre (oder am besten schon für Übermorgen) werden.
Die Parolenfassung für die beiden kommenden Abstimmungen bewies einmal mehr, dass linke Politik nicht immer eindeutig Ja oder Nein heisst. Bei beiden geplanten Gesetzesänderungen gab es überzeugte Befürworter*innen und Gegner*innen und nach einer engagierten Diskussion einigte man sich auf ein sozialistisches Ja zur Vollgeldinitiative und, im Namen der Netzfreiheit, auf ein Nein zum Geldspielgesetz.
Auch wenn der Tag schon viel zu früh angefangen hatte, war er noch lange nicht fertig. Denn es wollten noch sechs Resolutionen besprochen werden! Währenddem es sehr unbestrittene Resolutionen wie das zu den Panama Papers oder zu Afrin zügig angenommen wurden, gab es beispielsweise zu den Studierendenprotestresolutionen heftige Debatten, ebenso zu der über Klassen-Reproduktion.
Und nachdem unsere beiden langjährigen DV-Vorsitzenden, Dea und Henä, mit Bertils Socken in bester Harry Potter-Manier aus ihrem Amt verabschiedet wurden, blieb uns nicht mehr viel mehr zu tun, als zum Abschluss noch die Internationale zu singen und uns (natürlich erst nach dem Aufräumen) in alle Winde zerstreut auf den Heimweg zu machen. Eine weitere grossartige JUSO-Versammlung ging so zu Ende.
04.04.2018
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Vera Diener