Ein immer grösserer Teil des gesellschaftlich erarbeiteten Wohlstandes fliesst als Kapitaleinkommen in die Tasche der Superreichen. Die 99%Initiative soll diesen Missstand beheben.
Text: Christian Gross
Die Kassiererin in der Migros, der Krankenpfleger, der Lehrer oder die selbständige Handwerkerin – sie alle arbeiten, um ihr Einkommen zu erzielen. Es gibt aber auch Menschen, die nicht selbst für ihr Einkommen arbeiten müssen, sondern «ihr Geld für sich arbeiten» lassen, sei das durch Zinsen auf dem Bankkonto, Wertsteigerungen bei Immobilien oder Dividenden. Von diesen Kapitaleinkommen profitiert hauptsächlich das reichste Prozent der Gesellschaft. Ihr Profit wird durch die restlichen 99 % der Bevölkerung erarbeitet.
Einseitige Vermögensverteilung
Durch die Kapitaleinkommen wuchsen die Vermögen in den letzten Jahren rasant. So hat sich das Gesamtvermögen aller Schweizer_innen in den letzten zehn Jahren um über 60 % gesteigert. Doch die breite Bevölkerung hatte nicht viel davon, im Gegenteil: Personen mit unter 50’000 Franken Vermögen sind in derselben Zeit im Schnitt ärmer geworden. Die Bonzen profitierten derweil kräftig: Inzwischen sind schon über 40 % des gesamten Wohlstandes in den Händen des reichsten Prozentes konzentriert.
Aus diesen immer höheren Vermögen entstehen immer höhere Kapitaleinkommen. Die Superreichen horten schliesslich nicht Banknoten unter der Matratze, sondern legen ihr Geld zum Beispiel in Immobilien an. Mit Wuchermieten sorgen sie dann dafür, dass aus ihrem Geld noch mehr Geld wird. Oder sie kaufen sich Aktien und werden durch Dividenden noch reicher. Dabei hilft ihnen unser Steuersystem: Grossaktionär_innen müssen ihre Dividenden nur zum Teil versteuern, Einkommen aus Aktienverkäufen sind komplett steuerfrei. Einige wenige Superreiche profitieren so vom Wohlstand, für den die gesamte Gesellschaft gearbeitet hat.
Dies wirkt auf den ersten Blick einfach nur unfair – warum kann sich zum Beispiel Magdalena Martullo-Blocher jährlich fast 60 Millionen Dividenden ausbezahlen lassen, während andere täglich acht Stunden arbeiten müssen (und oft genug weit mehr), um knapp ihren Lebensunterhalt zu verdienen?
Steuerprivilegien für Superreiche abbauen
Für die Kapitaleinkommen in der heutigen Höhe gibt es letztlich keine Rechtfertigung. Die Arbeit vergangener Generationen war nötig, um das Kapital anzuhäufen. Die Arbeit der heutigen Generation erwirtschaftet die Rendite für die Superreichen.
Auf den zweiten Blick sind die Kapitaleinkommen aber nicht nur unfair, sondern brandgefährlich. Sie entstehen dort, wo bereits viel Geld vorhanden ist, also mehrheitlich bei den Superreichen. Die können diese enormen Summen kaum ausgeben – das Geld wird folglich der Realwirtschaft entzogen. Stattdessen fliessen Milliarden in die Finanzspekulation. Dabei kommt es regelmässig zu Spekulationsblasen und kurz darauf zu Krisen, deren Folgen dann wieder die breite Bevölkerung tragen muss.
Hier setzt unsere neuste Initiative an. Wir wollen die Privilegien der Superreichen beenden und Steuerschlupflöcher schliessen. Dazu schreiben wir auf Verfassungsstufe vor, dass alle Arten von Kapitaleinkommen steuerbar sind – also auch die oben erwähnten Aktienverkäufe. Mit der 99%-Initiative werden Kapitaleinkommen aber nicht einfach normal besteuert, sondern mit dem Faktor 1,5. Hohe Freibeträge sorgen dafür, dass Kleinsparer_innen nicht betroffen sind. Mit den Mehreinnahmen sollen tiefe Löhne entlastet werden. So wird unsere Initiative zum Gegenangriff auf die Bürgerlichen. Jahrelang war die Politik in der Schweiz nur darauf ausgerichtet, die Reichen noch reicher zu machen. Darunter zu leiden hatten die restlichen 99 % der Bevölkerung. Durch steigende Krankenkassenprämien und gleichzeitige Sparpakete hatten die Lohnabhängigen immer weniger Geld zum Leben. Damit ist jetzt Schluss! Die breite Bevölkerung muss endlich ihren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg zurückerhalten und soll nicht länger die Milliardenrenditen der Bonzen bezahlen müssen. Mit der 99%-Initiative holt sich die Bevölkerung zurück, was ihr gehört und lässt nicht mehr ein paar Superreiche bestimmen.
05.03.2017