Erdogans Pläne durchkreuzen! - Für eine sozialistische Perspektive in der Türkei und dem Nahen Osten

19.09.2015

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 19. September 2015 in Liestal

Den brutalen und feigen Bombenanschlag auf eine Veranstaltung der Föderation der sozialistischen Jugendverbände der Türkei (SGDF) im türkischen Suruç nahm der türkische Staatspräsident Erdogan zum Anlass mit seinen Gegner_innen im Innern aufzuräumen. Im Fahrwasser des widerwärtigen Angriffs, dem 34 Menschen zum Opfer gefallen waren und der vermutlich vom islamischen Staat (IS) ausgeführt worden war, begann Erdogan, dessen Regierungspartei AKP einen Monat zuvor eine herbe Wahlniederlage erfahren hatte, mit Attacken auf die kurdische Untergrundorganisation PKK unter dem Deckmantel des "Kampfes gegen den Terrorismus". Die PKK hatte zusammen mit ihrer syrischen Schwesternorganisation YPG ihre Hauptaktivitäten in den Monaten zuvor auf die Bekämpfung des IS gelegt und dadurch einen grossen Zuwachs an Zustimmung in der Türkei verzeichnen können. Ebenfalls wichtig war für den Druck von der Strasse, dem sich die Regierung gegenüber sieht, waren die Gezi-Proteste 2013. Diese Kämpfe machten die HDP zu einem Anziehungspunkt der weit über die rein kurdischen Wähler_innen hinausgeht.

Die durch die Nato unterstützten Angriffe Erdogans auf die kurdische Unabhängigkeitsbewegung werten wir als Versuch vor den Neuwahlen, die als Folge der gescheiterten Regierungsbildung für November angesagt wurden, den Machterhalt der bürgerlichen AKP zu garantieren und die Protestbewegung an ethnischen Grenzen zu spalten. Der Kampf Erdogans gegen die PKK hat in der jüngsten Vergangenheit zu Grenzverletzungen der türkischen Armee im Nordirak geführt. Die Befürchtungen, dass die Türkei in Syrien intervenieren und das fortschrittlich-demokratische Gesellschaftsprojekt in Rojava niederschlagen könnte, drohen sich zu bewahrheiten. Wegen Erdogans Attacken auf die kurdische Bewegung steht die Türkei nun an der Schwelle zu einem Bürgerkrieg und in vielen Städten der Türkei wiederholen sich die Szenen der Gezi-Proteste von 2013. Dazu kamen hinterhältige Angriffe durch AKP-Anhänger auf Einrichtungen der HDP in den letzten Tagen. Der Erdogan-Administration ist daran gelegen aus dem Klassenkonflikt, der in der Türkei gärt, einen ethnischen Konflikt zu konstruieren, in dem Türk_innen gegen Kurd_innen kämpfen. Dieser willkürlichen Spaltung der Unterdrückten müssen wir Sozialist_innen entschlossen entgegen treten!

Wir erklären uns solidarisch mit den fortschrittlichen Kräften in der türkischen Gesellschaft und insbesondere mit der HDP, die sich als progressivste Massenorganisation in der Türkei erwiesen hat. Wir plädieren für das Recht der Kurd_innen sich vor staatlichem Terror durch die Regierung Erdogans zu verteidigen. Die Forderung nach einer Entwaffnung der kurdischen Bewegung halten wir vor dem Hintergrund des Einsatzes der türkischen Armee im Innern zur Zerschlagung der Opposition für gefährlich. Den individuellen Terror der PKK, der den Angriffen der AKP Tür und Tor geöffnet hat, lehnen wir hingegen ab. Eine Lösung der Kurd_innenfrage und damit die Verhütung eines offenen Bürger_innenkriegs ist nur möglich durch die Einheit der Werktätigen und aller Unterdrückten der Türkei. Ebenso stehen wir hinter dem fortschrittlichen Gesellschaftsprojekt in Rojava. Eine langfristige Lösung des Konflikts wird aber nur im Rahmen eines Gesellschaftsentwurf möglich sein, in dem es nicht mehr kleinen privilegierten Seilschaften möglich ist den Widerspruch zwischen den Klassen mithilfe der Spaltung der Ausgebeuteten zu verdecken – Eine Lösung der Kurd_innenfrage kann es nur im Rahmen eines sozialistischen Gesellschaftsentwurfs im Nahen und Mittleren Osten geben.

Wir fordern:

  • Internationale Solidarität mit der YPG und der PKK im Kampf gegen den IS!
  • Die Unterstützung der HDP als fortschrittlichster ernst zu nehmender oppositioneller Kraft in der Türkei!
  • Keine Entwaffnung der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung zur Verhütung von Racheakten der türkischen Armee!
  • Keine militärische Intervention der türkischen Armee im kurdischen Autonomiegebiet in Rojava!