Für eine starke und sichtbare antifaschistische Bewegung!
Resolution verabschiedet an der Online-Jahresversammlung vom 20. Februar 2021
Die Vorfälle anfangs Januar 2021 um das amerikanische Kapitol empörte die halbe Welt. Nur die wenigsten waren aber wirklich erstaunt – allen ist mittlerweile bewusst, wie weit sich das mach- und sagbare in den letzten Jahren nach rechts verschoben hat. In den letzten eineinhalb Jahren kamen in Deutschland dreizehn Personen durch antisemitische und rassistisch motivierte Attentate um. Hinzu kommen tägliche Attacken und Übergriffe.[1] Trotzdem ist immer wieder von «Einzelfällen» die Rede, auch wenn längst klar ist, dass es weitreichende Netzwerke sind, welche die Täter*innen mit Waffen oder Knowhow versorgen. Ideologisch angetrieben werden sie durch organisierte Strukturen wie beispielsweise die in mehreren europäischen Ländern aktive ‘Identitäre Bewegung’, die nach einer ethnisch-kulturellen Säuberung der ‘europäischen Kultur’ verlangt.
Auch in der Schweiz wurden in den letzten Jahren immer wieder rechtsradikale und faschistische Organisationen aufgedeckt. Aktuell bekannte Beispiele sind die Nationale Aktionsfront oder die ‘Eisenjugend’ aus der Region Winterthur. In der Öffentlichkeit treten diese Strukturen bisher meist noch zurückhaltend auf. Dies macht sie allerdings nicht weniger gefährlich. Viele von ihnen sind bewaffnet und bekennen sich in Texten zu Gewalt.
Besonders wichtig für Rechtsextreme ist jedoch die liberale Schweizer Gesetzgebung. Kampfgruppen wie Combat 18[2], welche in Deutschland verboten sind, dürfen hier bestehen. Ebenso wenig verboten ist die Verwendung von rechtsradikalen oder faschistischen Symbolen. Diese Ausgangslage macht die Schweiz zu einem attraktiven Treffpunkt für rechtsextreme Netzwerke.
Noch blieb die Schweiz von rechtsextremer Gewalt relativ verschont – auch dank der antifaschistischen Arbeit, welche tagtäglich geleistet wird. Wenn die aktuellen Tendenzen aber nicht unterbunden werden können, ist es nur eine Frage der Zeit. Rechtsradikale sind nämlich längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Pandemie verschärft diese Situation zusätzlich. Die neu entstandene Bewegung gegen die gesundheitspolitischen Massnahmen – die selbsternannten Corona-Rebell*innen – bieten einen optimalen Nährboden für Antisemitismus und Radikalisierung nach rechts. Es ist höchste Zeit für eine Reaktion.
Rechte Radikalisierung
Die Radikalisierung nach rechts ist in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Neben den klassischen Wegen von Untergrundtreffen mit klaren faschistischen Symbolen und entsprechender Rhetorik werden Menschen vermehrt auch in den sozialen Medien, mit Memes oder über Chats radikalisiert. Dabei stehen zwar immer noch antisemitische, völkische und rassistische Inhalte im Vordergrund, allerdings werden sie nicht mehr direkt und ausschliesslich mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Ein Beispiel dafür ist der Ethnopluralismus der ‘Identitären Bewegung’. Dies macht den Faschismus und den Rechtsradikalismus zugänglicher für verschiedene Altersgruppen und soziale Schichten.
Für eine starke und sichtbare antifaschistische Bewegung!
Die notwendige Reaktion darauf muss divers und sichtbar erfolgen. Ziel ist es, den weiteren Rechtsrutsch der gesellschaftlichen Hegemonie zu stoppen. Um für diesen Kampf möglichst viele Menschen zu gewinnen, muss Antifaschismus zugänglich sein. Der JUSO ist bewusst, dass Rechtsextreme und Faschismus aktuell eine reale Gefahr darstellen und sie übernimmt deshalb weitere Schritte.
Folgende Massnahmen werden umgesetzt:
- Neue antifaschistische Allianz
2021 jährt sich das rechtsradikale Massaker von Utøya an den norwegischen Jungsozialist*innen zum zehnten Mal. Ein Ereignis, das nicht vergessen werden darf. Die JUSO Schweiz nimmt den Jahrestag zum Anlass, mit einer breiten Gruppe von linken Parteien und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen über die Möglichkeiten einer neuen & sichtbaren antifaschistische Struktur zu diskutieren. - Direkte Hilfe bei Angriffen
Gemeinsam mit bestehenden Organisationen wie ‘NetzCourage’ und innerhalb der eigenen Strukturen baut die JUSO Schweiz das Unterstützungsnetzwerk gegen rassistische, antisemitische, rechtsradikale, homo- und transphobe Attacken in den sozialen Netzwerken aus. Damit sollen Hetzkampagnen abgewehrt und Mitglieder sowie weitere Personen geschützt werden können. - Schluss mit dem internationalen Rechtsextremismus in der Schweiz
Die JUSO Schweiz macht weiterhin auf die Leerstellen im schweizerischen Rechtssystem aufmerksam, welche den rechtsradikalen Bewegungen zu viel Spielraum erlauben.
[1] https://www.woz.ch/-afd7 (29.01.2021).
[2] 18 steht für die Initialen A.H.