Pflegenotstand bekämpfen
Resolution verabschiedet an der Online-Jahresversammlung vom 20. Februar 2021
Die Coronapandemie zeigt uns, welche Berufe unsere Gesellschaft wirklich zusammenhalten. Das verdeutlicht sich auf dem Arbeitsmarkt. Aktuell suchen die Pflegeinstitutionen nach Fachkräften wie nie zuvor. Die offenen Stellen in der Pflege sind auf einem Rekordniveau. Im Jahr 2020 waren es rund 6742 gesuchte Personen (Wirtschaftsmagazin ECO). Bei diesem enormen Mangel muss das Personal überlastet sein. So bleibt meistens keine Zeit auf die Patient*innen und Klient*innen einzugehen, sondern die Arbeit muss möglichst effizient erledigt werden.
Eine Ausbildung in der Pflege ist nicht attraktiv: Die Löhne in den Praktika während der Ausbildung an der Fachhochschule sind zu niedrig und man ist allgemein in der Lehre und Ausbildung einer hohen emotionalen Belastung ausgesetzt. Unregelmässige Arbeitszeiten führen zu fehlender Freizeit und Einschränkungen der sozialen Kontakte im Privatleben. Der Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen und mit Erkrankungen (Beispielsweise: Menschen mit Beeinträchtigung, psychischen Krankheiten oder Menschen im Alter) kann zudem psychisch belastend sein.
Auch ausgebildete Pflegekräfte werden zu schlecht bezahlt. In keinem Land der Welt, ausser Lettland und Litauen, ist der Durchschnittslohn der Pflegefachpersonen in Spitälern im Vergleich zum nationalen Durchschnittslohn so tief wie in der Schweiz. Er beträgt 85%. Die intensive und anspruchsvolle Arbeit bringt Verantwortung mit sich und rechtfertigt diese schlechte Bezahlung nicht. Applaus reicht nicht. Würden im Gesundheitswesen anständige Löhne bezahlt, müssten die Saläre essentiell steigen. Das systematische Schlechterstellen von Frauen*berufen zeigt sich in dieser Branche, in der knapp 90% Frauen* arbeiten, deutlich.
Durch den momentanen Mangel an qualifiziertem Pflegefachpersonal sind die Angestellten in Spitälern und Heimen überarbeitet. Aktuell werden vermehrt arbeitsrechtliche Vorgaben missachtet um der Arbeitslast Stand zu halten (einberechnete Überstunden, 7-Arbeitstageblöcke etc.). Zu lange Arbeitszeiten und psychische Belastung können zu schweren gesundheitlichen Schäden beim Personal führen.
Neben den gesundheitsrechtlichen und finanziellen Baustellen in der Branche fehlt es grundsätzlich an der Anerkennung der Wichtigkeit dieses Berufes. Pflege bedeutet viel mehr als die Unterstützung bei der Körperpflege, dem Applizieren von Medikamenten oder dem Wechseln von Verbänden. Es bedeutet auch das Begleiten durch den Alltag, durch herausfordernde Lebenssituationen und das soziale Stützen der Menschen.
Die JUSO Schweiz fordert daher:
- eine essentielle Erhöhung der Pflegelöhne
- höhere Praktikumslöhne während der Ausbildung an einer Fachhochschule
- eine demokratische Mitsprache des Personals in den Pflegefachbetrieben
- die Verkürzung der zulässigen Arbeitszeiten in der Pflege
- die vermehrten Kontrollen auf Einhaltung des Arbeitsrechtes in Pflegebetrieben
- die Gewährleistung des Schutzes von Personen in Ausbildung
- die Vereinbarkeit von Privatleben und Ausbildung/ Beruf
Quellen:
https://www.srf.ch/news/wirtschaft/beruf-mit-hoher-belastung-pflegefachkraefte-so-gesucht-wie-nie