Programm

03.03.2007

Verabschiedet von der Delegiertenversammlung vom 03. März 2007.

Das vorliegende Programm ersetzt das Programm der JUSO Schweiz vom 21. Juni 2003. Mit der Aktualisierung des Programms wurde ein Steuerungsausschuss bestehend aus Annina Aeberli, Mathias Reynard und Patrick Angele eingesetzt. An der Überarbeitung einzelner Kapitel haben mitgewirkt: Gaël Bourgeois, Arnaud Bouverat, Andreas Cassee, Thomas Cassee, Luca Cirigliano, Michael Kraft, Marguerite Meyer, Jon Pult, Line Rouyet. Übersetzung, Korrekturen, Layout: Nathalie Tosato, Benoît Gaillard, Carol Ribi, Peter Lauener, Cédric Wermuth, Arnaud Thièry

Vorwort

Die kapitalistische Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Neoimperialismus und Globalisierung

Das Ende des Kalten Krieges hat entgegen den Erwartungen der neoliberalen und neokonservativen Ideologen der herrschenden Klassen nicht zum „Ende der Geschichte“ geführt, sondern zu einer globalen Destabilisierung. Ein neues imperialistisches Wettrüsten um Absatzmärkte, insbesondere aber um immer knapper werdende fossile Ressourcen ist in Gang gekommen. Besonders augenfällig wird dieser Wandel in den USA, wo ein auf zweifelhafte Art gewählter Präsident die Interessen des Monopolkapitalismus, insbesondere der Öl- und Rüstungsindustrie weltweit rücksichtslos durchsetzt. Deren kurzfristigen Interessen wurde (v.a. im Irak-Krieg) in den letzten Jahren alles geopfert, inklusive der globalen Reputation des US-Imperialismus; die längerfristigen Erfolgsaussichten für den US-Imperialismus sind daher klar schlechter geworden. Dem US-Imperialismus steht ein europäischer Imperialismus gegenüber, der jedoch schwächer ist, im politischen und vor allem im militärischen Sinn (gleiches gilt für Japan). Eine Fortführung der gegenwärtigen US-Politik kann zu einem stärkeren Zusammenrücken Europas führen, verbunden mit einer massiven Aufrüstung. V.a. mit Blick auf den rasant steigenden Energiekonsum und eine drohende Überproduktionskrise ist klar, dass der Aufstieg Chinas zur Weltmacht mit staatskapitalistischen Strukturen bereits vorhandene Konfliktkonstellationen eher verschärfen wird. In Russland ist es der Regierung Putin gelungen, die staatliche Autorität wiederherzustellen, es ist mit einem weiteren Erstarken des Energie- und Landriesen Russland zu rechnen. In Lateinamerika wurde die Stellung des US-Imperialismus ebenfalls geschwächt; und es sind in mehreren Ländern auf demokratischen Weg sehr unterschschiedliche, z.T. radikale Linksregierungen an die Macht gekommen. Ihre zukünftige weltpolitische Rolle ist im Moment nicht klar einzuschätzen.

Als Sozialisten erstreben wir eine multilaterale und globale Friedens- und Entspannungspolitik; diese kann und darf sich nicht in Abrüstungsappellen erschöpfen; vielmehr müssen die wahrscheinlichsten Ursachen für zukünftige blutige Auseinandersetzungen beseitigt werden: Dazu gehören die globale Umweltproblematik (insbesondere die Ressourcenfrage) sowie die zunehmende und unkontrollierte Macht Trans- und Multinationaler Konzerne, die durch die Deregulierungspolitik neoliberaler Regierungen gefördert wird. Die in Europa dominierende kleinstaatliche neoliberale Austeritätspolitik (die durch Standortdenken geprägt ist) nützt nicht nur den neoliberalen Eliten; sie hemmt gleichzeitig die ökonomische Entwicklung und verhindert eine Beschleunigung der ökologischen Modernisierung. Voraussetzung für einen gerechtere Globalisierungsprozess ist eine Linkswende in Europa und ein radikaler Bruch mit der bisherigen neoliberalen Dominanz.

Schweizer Rechtswende

Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten gab es in der Schweiz als Hochburg des internationalen Finanzkapitalismus weder im „kurzen“ 20.Jahrhundert noch in jüngerer Vergangenheit auf parlamentarischer Ebene auch nur annähernd eine politische Mehrheit für eine sozialistische Politik oder – etwas weiter gefasst – für die politische Linke. Die direkte Demokratie und das ab 1959 praktizierte Konkordanzsystem haben eine grundlegende Veränderung der politischen Mehrheiten zugunsten der politischen Linken unter Führung der Sozialdemokratie zusätzlich erschwert, ihr aber in einigen politischen Themenfeldern eine Vetomacht zur Blockierung rechter „Reformen“ sowie gewisse Mitgestaltungsmöglichkeiten verschafft.

Diese Mitgestaltungsmöglichkeiten sind in den letzten Jahren aber deutlich schwächer geworden. Denn in den letzten Jahren ist es zu schwerwiegenden Änderungen im Schweizerischen Politsystem gekommen; die Rechtsentwicklung innerhalb des bürgerlichen Lagers gipfelte in der Bundesratswahl 2003; diese hat besonders rechtsnationalistische und ultraliberale Teile der Bourgeoisie an die Schalthebel der Macht im Bundeshaus gemacht. Die Linke konnte zwar in den letzten Jahren an der Urne wichtige „Reformideen“ der ultraliberalen Rechten stoppen. Aber dennoch erstreben die neoliberalen Eliten ebenso wie auf internationaler Ebene auch in der Schweiz weiter „Reformen“, deren Umsetzung die Ungleichgewichte in der Reichtumsverteilung und im Klassenkampf zwischen Arbeit und Kapital weiter verschärfen würden.

Strategie

Die JUSO Schweiz ist eine demokratisch-sozialistische Organisation. Sie verfolgt das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft auf friedlichem, demokratischem Wege. Sie nutzt dabei die Mittel der parlamentarischen und direkten Demokratie sowie andere, ausserparlamentarische Politikformen. Dazu zählen besonders Demonstrationen, Strassenaktionen, usw. Ziviler Ungehorsam und politische Streiks sind für die JUSO legitime Protest- und Politikformen, sofern die bestehenden Missstände nicht mit den Mitteln der bürgerlichen Demokratie behoben werden können. Die Verhältnismässigkeit von Ziel und Mittel muss dabei gewährleistet sein. Gewaltanwendung ist in Staaten mit einem funktionstüchtigen Rechtsstaat und einer politischen Demokratie kein legitimes Mittel der Politik. Diese Situation ist in der Schweiz klar gegeben; daher lehnt die JUSO Schweiz Gewalt gegen Personen und Sachbeschädigungen grundsätzlich ab.

Allianzen

Die JUSO Schweiz vereinigt Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in den demokratisch-sozialistischen Idealen wieder erkennen. Die JUSO Schweiz ist die Jugendorganisation der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz. Diese ist deshalb die natürliche Allianzpartnerin der JUSO Schweiz. Auf internationaler Ebene sind die politischen Partner der JUSO die internationalen Dachorganisationen IUSY (International Union of Socialist Youth) und ECOSY (Young European Socialists) sowie die angeschlossenen Schwesterorganisationen. Die JUSO ist ein Teil der internationalen ArbeiterInnenbewegung, deshalb sind die Gewerkschaften für die JUSO wichtige Verbündete. Im Kampf für eine nachhaltigere Verkehrs- und Energiepolitik sind verschiedenste Umweltverbände wichtige Bündnispartner. Daneben schliesst sich die JUSO von Fall zu Fall mit anderen Organisationen und Parteien zusammen, um bestimmte politische Ziele zu erreichen. Solche kurzfristigen Bündnisse schliessen eine grundsätzliche Gegnerschaft in Bezug auf die gesamtgesellschaftlichen Ziele nicht aus.

Programm

Das vorliegende Programm wurde von der ordentlichen Jahresversammlung am 3. und 4. März in Bern verabschiedet. Es ersetzt das zuvor gültige Programm aus dem Jahre 2003. In den 17 Kapiteln werden die wichtigsten politischen Themen behandelt. Alle Kapitel beinhalten eine Analyse, eine gesellschaftliche Vision und konkrete Forderungen.

1. Arbeitswelt und Wirtschaftsdemokratie

Sichere Arbeit für alle?

Die Arbeitswelt ist in den letzten Jahren unsicherer geworden. Konnte man früher oft das ganze Leben lang darauf vertrauen, die gleiche Stelle inne zu haben, wird heute vermehrte Flexibilität und Mobilität des Einzelnen gefordert. Man muss sich auf eine ständige Änderung der Lebenssituation einstellen. Die Zukunft ist so weniger planbar geworden.

Arbeit auf Abruf nimmt zu, ebenso die Nachtarbeit - ArbeitnehmerInnen haben ihren Arbeitgebern ständig zur Verfügung zu stehen. Die Arbeitnehmenden akkumulieren Überstunden und wenn die Nachfrage sinkt, sind sie es, die vorübergehend oder auf Dauer ihre Arbeit verlieren. Am härtesten trifft es dauerhaft Temporärbeschäftigte, die nie wissen, was sie morgen erwartet. Neben der Flexibilisierung nimmt die Intensität der Arbeit zu, dies ohne eine Kompensation wie Arbeitszeitverkürzungen. Ganz im Gegenteil: Die Zahl der Überstunden steigt selbst in Zeiten, in denen Arbeitslosigkeit herrscht. Die Schweiz gehört immer noch zu den europäischen Staaten mit der höchsten Wochenarbeitszeit. So existiert in der reichen Schweiz eine immer grösser werdende Gruppe von Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können. Das Phänomen der Working Poor betrifft insbesondere sozial schwächer gestellte Personen, wie Alleinerziehende oder AusländerInnen.

Aus Angst vor einem sozialen Abstieg nehmen die ArbeitnehmerInnen viele Abstriche in Kauf, ohne sich weiter zu wehren. Gesundheitliche Schäden, welche von der Arbeit herrühren, haben sich zu einem breiten gesellschaftlichen Problem entwickelt: Mobbing, Berufskrankheiten oder Stress sind alltäglich geworden. Man lernt mit diesen Belastungen zu leben, um die Arbeit trotz internationalem Konkurrenzdruck behalten zu können.

Besonders zu spüren bekommen diese Veränderungen jugendliche und ältere ArbeitnehmerInnen. Weil sich die Betriebe weigern, Ausbildungsgänge zu finanzieren, werden Jugendliche oft gar nicht erst in den Arbeitsmarkt integriert. Die Älteren hingegen werden schon ab 50 Jahren in die IV oder AHV abgeschoben und gelten trotz ihrer Erfahrung als Belastung. Dadurch geht der Arbeitswelt wichtiges Know-How verloren. Schliesslich ist auf die schwierige Situation von AusländerInnen und SansPapiers hinzuweisen, die oft unter sehr prekären Bedingungen arbeiten und in der Arbeitswelt besonders benachteiligt sind.

Nach wie vor sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt untervertreten und sehen sich oft in untergeordnete Berufsbereiche abgedrängt. Die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau ist nach wie vor in weiter Ferne. Zudem lässt sich bis heute leider auch Beruf und Familie für viele Frauen nur schlecht vereinen, da entsprechende Unterstützungsangebote zu spärlich vorhanden sind.

Innerhalb der Unternehmen sind die Arbeitsbeziehungen autoritär strukturiert. Die Angestellten sind kaum in die Entscheidungsprozesse involviert. Ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten verspüren die ArbeitnehmerInnnen nur wenig Motivation, sich voll zu engagieren und ihr Bestes zu geben.

Für eine solidarische und demokratische Arbeitswelt

Arbeit ist heute nicht mehr für jede/n selbstverständlich zugänglich. Das Ziel sollte eine Gesellschaft sein, in der alle einer Arbeit nachgehen können, die ihnen entspricht und ihnen eine ein Selbstwertgefühl vermitteln kann. Mit Arbeit verdient man nicht nur sein Geld, sondern sie ist auch ein wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Integration. Mit entsprechenden Rahmenbedingungen soll das Ziel „Arbeit für alle“ ermöglicht werden, unter anderem durch eine Verkürzung der Arbeitszeit.

Die Bevölkerungsentwicklung macht es unumgänglich, dass junge und ältere ArbeitnehmerInnen gleichermassen in den Arbeitsprozess integriert werden und dadurch die Generationensolidarität erhalten bleibt. Um für ältere Personen einen geregelten und fairen Übergang in die Rente zu gewährleisten, braucht es eine Flexibilisierung des Rentenalters abhängig von der Art der Arbeit. Es sollen nicht allein Gutverdienende früh in den Ruhestand gehen können, sondern auch schlechter Verdienende oder Leute, deren Arbeit körperlich oder psychisch belastend ist.

Die Arbeitsbedingungen müssen rasch verbessert, der Mensch mehr respektiert und so die Unsicherheiten vermindert werden. Wir bekämpfen die Lohnungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Die Einkommensunterschiede zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden einerseits und diejenige zwischen Berufsgruppen mit unterschiedlichen Qualifikationen andererseits sollen drastisch reduziert werden.

Die Arbeitsbeziehungen müssen demokratisiert werden, damit die ArbeitnehmerInnen wieder die Kontrolle über ihre Arbeit erlangen können. Alternative Arbeitsformen sind zu fördern. Die ArbeitnehmerInnen selbst sollen am Gewinn beteiligt werden, Entscheidungen mittragen und bei der Besetzung von wichtigen Posten mitreden können.

In der Geschichte konnten soziale Errungenschaften nur dank der Kämpfe der ArbeitnehmerInnen errungen werden. Doch brauchen diese auch die Mittel, um diesen Kampf führen zu können. Dafür ist eine Gesamtrevision des Arbeitsrechts nötig, worin die Kompetenzen der ArbeitnehmerInnen und der Gewerkschaften erweitert werden. Diese Massnahmen müssen auch auf internationaler Ebene durchgesetzt werden.

Im Kapitalismus verliert der Mensch die Kontrolle über seine Arbeit. Tatsächlich kontrolliert er seine Arbeitsbedingungen nicht mehr und wird von seinem Arbeitgeber abhängig und dessen Willkür ausgeliefert. Die Ausbeutung des Menschen erreicht ihren Höhepunkt in der verstärkten Arbeitsteilung, sie setzt die ArbeiterInnen zueinander in Konkurrenz. Ihre Arbeit wird sinnentleert. Es ist also an der Zeit, die Arbeitsverhältnisse umzukehren und den ArbeiterInnen die Gewalt über ihre Arbeit wieder zurück zu geben. Die ArbeitnehmerInnen sollen an den Gewinnen beteiligt werden, die Entscheidungen mittragen und bei der Vergabe wichtiger Posten mitreden können. Ohne die Möglichkeit mitbestimmen zu können und dem autoritären Klima in den Betrieben ausgeliefert, verlieren die ArbeiterInnen ihre Motivation und setzen sich nicht mehr voll für ihre Arbeit ein. Die Übernahme der Betriebe durch die Arbeitnehmerschaft ist ein unvermeidlicher Schritt auf dem Weg zur Überwindung des Kapitalismus.

Die Forderungen der JUSO:

1. Jede und jeder hat das Recht auf Arbeit.

2. Ein Mindestlohn, der ein würdiges Leben erlaubt, muss garantiert werden.

3. Die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern muss endlich erreicht werden.

4. Die Lohnunterschiede unter den Beschäftigten innerhalb eines Betriebes und zwischen verschiedenen Betrieben sollen über den Gesetzesweg massiv reduziert werden.

5. Aus Gründen der Transparenz soll eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung von Löhnen und weiteren Einkünften eingeführt werden.

6. Die Wochenarbeitszeit soll auf 30 Stunden verkürzt und die Tagesarbeitszeit reduziert werden. Doch dies darf nicht durch Kürzung der Sozialleistungen oder Lohnkürzungen finanziert werden.

7. Die Arbeitszeit darf nicht weiter flexibilisiert werden. Eine Ausweitung der Sonntags- und Nachtarbeit ist abzulehnen.

8. Der Kampf gegen die Schwarzarbeit muss verstärkt werden. Arbeitgeber, die gegen die entsprechenden Gesetze verstossen, müssen bestraft werden.

9. Die Kontrolle der Arbeitsschutzbedingungen muss verbessert und verstärkt werden.

10. Job-Sharing und Teilzeitarbeit müssen ohne Benachteiligung bei den Sozialversicherungen möglich sein und gefördert werden.

11. Überstunden müssen streng beschränkt werden und baldmöglichst als Ferien kompensiert werden.

12. Jungen und ältere ArbeitnehmerInnen sowie MigrantInnen sind in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ältere Menschen dürfen nicht in die AHV und die IV abgeschoben werden.

13. Der Jugendschutz ist auszubauen, insbesondere in den Bereichen Arbeitsplatzsicherheit, Überzeit sowie Nacht- und Sonntagsarbeit. Verstösse dagegen sind streng zu ahnden.

14. Der Staat muss Unternehmungen enteignen können, wenn sich dieser an der Zerstörung des industriellen Erbes beteiligen.

15. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch entsprechende Angebote (Kinder- und Säuglingsbetreuung) muss unterstützt werden.

16. Die Arbeitswelt muss für behinderte Personen geöffnet werden. Bei gleichen Qualifikationen sollen Behinderte bei der Einstellung bevorzugt werden.

17. Es müssen an die Bedürfnisse von behinderten Personen angepasste Arbeitsplätze eingerichtet werden. Dies erleichtert ihre Integration in die Arbeitswelt.

18. Gesamtarbeitsverträge sollen in allen Branchen durchgesetzt werden; das Streikrecht ist auszuweiten.

19. Die ArbeiterInnen sollen das Anrecht auf zehn bezahlte Weiterbildungstage pro Jahr erhalten.

20. Die gewerkschaftlichen Rechte sollen gestärkt werden. Die VertreterInnen der Gewerkschaften sollen besser gegen Mobbing und Kündigungen geschützt werden.

21. Die Angestellten sollen bei den Entscheidungsprozessen in den Betrieben miteinbezogen werden. Die Entscheidungen in einer Unternehmung sollen einer obligatorischen Abstimmung unter der Belegschaft unterstellt werden. Die ArbeiterInnen sollen über die Hierarchie, den Arbeitsplan, die Arbeitszeiten, die Löhne, die Führung der Unternehmung und über ihre Strategie entscheiden können.

22. Für Unternehmen mit Rekordgewinnen soll eine hohe Unternehmensgewinnsteuer eingeführt werden. Unternehmen mit hohen Gewinnen dürfen keine Angestellten entlassen.

23. Betriebsauslagerungen in Regionen, in welchen auf Kosten der ArbeitnehmerInnen oder der Umwelt billiger produziert werden kann, oder aufgrund von Steuererleichterungen sind zu verhindern.

24. Bei der Vergabe von Staatsaufträgen sind sozial und ökologisch nachhaltige Firmen zu bevorzugen.

25. Die Freiwilligenarbeit und private Tätigkeiten (Kindererziehung, Hausarbeit, usw.) müssen als Arbeit für die Gesellschaft anerkannt werden und diese Arbeitsformen sollen in die Sozialversicherungen integriert werden.

26. Genossenschaftsgründungen sollen durch Kredite öffentlicher Banken erleichtert werden.

27. Alle sozialen Schichten sollen die Möglichkeit des flexiblen Rentenalters nutzen können. Dafür soll die Finanzierung für alle und nicht nur für die Reichsten gesichert werden. Es soll möglich sein, schrittweise in Rente zu gehen, in dem die Arbeitszeit kontinuierlich reduziert wird, ohne dass dabei die Rente gesenkt wird.

28. Kartelle müssen bekämpft werden.

2. Service public

Die Ursprünge von Privatisierung und Liberalisierung

Mitte der 70er Jahre geriet der Kapitalismus in eine strukturelle Krise, die durch einen bedeutenden Rückgang der Profite und eine Verlangsamung der Kapitalakkumulation geprägt war. Weil traditionell keynesianische Mittel versagten, wurden neue Methoden angewendet, um neue Märkte zu erschliessen. Die Offensive, die man als „neoliberal“ bezeichnet, wurde durch folgende Elemente charakterisiert: Es fanden grosse Privatisierungswellen bei Firmen und öffentlichen Diensten statt. Diese Politik wurde durch eine breit angelegte ideologische Kampagne begleitet, mit dem Ziel, die Legitimität des Service public und des Staates zu untergraben. Gleichzeitig wurden Begriffe wie Konkurrenz und Markt glorifiziert. Von den Privatisierungen beim Service public waren zuerst die Netzbetriebe (Wasser, Energie, Telekommunikation, Post, Transport) betroffen. Dann erreichte die Welle den Service public in den Gemeinden, die neuen Technologien, das geistige Eigentum, die Gesundheit und die Bildung. Hier handelt es sich um eine eigentliche Plünderung von öffentlichem Eigentum zugunsten privater Firmen. Diese Bewegung wurde verstärkt und beschleunigt durch internationale Übereinkommen wie etwa dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und dem Übereinkommen zum Handel mit geistigem Eigentum (TRIPS). Das GATS ist der Schlüssel zur Liberalisierung der Dienstleistungen auf der ganzen Welt. Sein Ziel ist die Liberalisierung aller Dienstleistungen in allen Sektoren.

In der Schweiz zeigen die Beispiele Post, Swisscom und Energieversorgung das Verlangen auf Seiten der Besitzenden, welche die Profite privatisieren und die Verluste vergesellschaften wollen, indem sie ihre wirtschaftliche und politische Vorherrschaft ausnutzen. Die Liberalisierung des Poststellennetzes führt zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Angestellten, zum Rückzug aus den Randregionen, zu einer Tariferhöhung und weniger Leistungen. Die gleiche Tendenz ist bei der Swisscom zu beobachten. Trotz der Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetzes EMG steht die Liberalisierung des Energiesektors wieder auf der Traktandenliste des Parlaments.

Fadenscheinige Vorwände und Einschränkungen der BürgerInnenrechte

Auch wenn sich die Neoliberalen vorläufig durchgesetzt haben, sind ihre Argumente dennoch schwach. Sie behaupten, dass der Markt effizienter sei als der Staat, und dass der Wettbewerb die Preise senke. Das Gegenteil ist der Fall. Liberalisierung ist ein Synonym für tiefere Qualität und weniger Sicherheit, für die Schwächung der KonsumentInnenrechte und eine verstärkte Prekarisierung der Arbeit. Dadurch, dass die neoliberale Ideologie ihre Bewertung von sozialem Wohlergehen einzig auf das Kriterium der wirtschaftlichen Effizienz reduziert, lässt sie Werte wie die gerechte Verteilung des Reichtums, Umweltschutz, Friedensförderung, öffentliches Gesundheitswesen oder die soziale Gerechtigkeit ausser Acht. Die Neoliberalen betrachten den Service public als eine Ware, welche dem Diktat von Angebot und Nachfrage unterstellt werden muss. Die BürgerInnenrechte werden ausser Kraft gesetzt und die Leistungen für jene beschränkt, die über wenig finanzielle Mittel verfügen. Man kann eine Tendenz zum Rückzug aus den Randregionen beobachten. Nicht nur die ArbeitnehmerInnen sind davon betroffen, sondern auch die KonsumentInnen. Während die öffentlichen Monopole überall abgeschafft werden, erleben wir auf der internationalen Ebene eine Konzentration des Kapitals zugunsten einer kleiner werdenden Gruppe von transnationalen Unternehmen und Finanzmärkten. Solches spielt sich vor allem bei der Energie, der Post, bei der Telekommunikation und beim Wasser ab und dehnt sich mehr und mehr auf alle öffentlichen Dienstleistungen aus. Auf diese Weise verlieren ParlamentarierInnen wie BürgerInnen den Einfluss über diese Bereiche. Nach ersten Protesten von ArbeitnehmerInnen haben die Neoliberalen ihre Diskurse ein wenig angepasst, indem sie eine subtile, aber heuchlerische Unterscheidung zwischen Privatisierung (Verkauf eines öffentlichen Betriebs an die Profitwirtschaft) und Liberalisierung (Öffnung eines Marktes für private Akteure) vornehmen.

Die Demokratie ist ein Wert für die Zukunft!

Der Service public, welcher auf dem Solidaritätsbegriff fusst, muss der gesamten Bevölkerung zu Gute kommen. Wir müssen den BürgerInnenrechten zu einer neuen Identität verhelfen, nachdem sie von den Neoliberalen untergraben wurden. Verschiedene Grundrechte, welche nicht der Marktlogik, sondern derjenigen einer BürgerInnengesellschaft unterstehen, müssen eingeführt werden: Recht auf Wohnen, Recht auf Gesundheit, Recht auf Bildung, Recht auf Arbeit, Recht auf ökologische und sichere Energieversorgung, usw. Ein erster Schritt besteht darin, alle Liberalisierungs- und Privatisierungsbestrebungen zu stoppen. Die öffentlichen Dienste in der Schweiz gilt es zu vereinigen (z.B. Elektrizität). Die Koordination muss demokratisch und zukunftsorientiert geschehen und die Leistungen müssen für alle garantiert werden. Auch müssen die Umweltschutzbedingungen eingehalten werden. Nach einer Phase in der Defensive, muss die Offensive in einer Ausdehnung des Service public bestehen. Wir müssen unsere nationalen Grenzen überschreiten. So weit als möglich müssen wir die europäischen Einrichtungen des Service public vernetzen, sie im Sinn einer Verbesserung der BürgerInnenrechte und der Leistungen harmonisieren und eine demokratisch kontrollierte, europäische Regulierungsinstanz schaffen. Ein solches Vorgehen würde es ermöglichen, Sozialpolitik und Strukturpolitik auf europäischem Niveau zu koordinieren.

Diese stärkere Vergesellschaftung unserer Wirtschaft kann nicht ohne eine aktive Beteiligung der ArbeitnehmerInnen durchgeführt werden. Die Demokratisierung und die Kontrolle der Wirtschaft durch die grösstmögliche Anzahl von BürgerInnen ist eine Notwendigkeit. Der Staat soll zu einem Modell-Arbeitgeber werden und seinen Angestellten die Möglich keit zur Mitbestimmung geben. Diese Dynamik wird es uns erlauben, den gemeinsamen und demokratischen Besitz der öffentlichen Güter neu zu definieren.

Die Forderungen der JUSO:

1. Liberalisierungen und Privatisierungsbestrebungen in allen Bereichen müssen gestoppt werden. Halbprivate Betriebe werden vergesellschaftet und die bereits „liberalisierten“ Märkte zugunsten einer Rückkehr zu öffentlichen Monopolen aufgegeben.

2. Alle Verhandlungen rund um das GATS-Abkommen müssen sofort abgebrochen werden. Der Kampf gegen das GATS muss auf allen Ebene geführt werden: Auf internationaler Ebene (in Zusammenarbeit mit anderen Anti-GATS Organisationen in anderen Ländern), national, kantonal und kommunal (in dem der Kreis GATS-freier Gemeinden vergrössert wird).

3. Im Bereich Kabelnetz-Fernsehen muss das öffentliche Monopol wieder garantiert werden.

4. Neue Telefonie-Anbieter lehnen wir ab, die drei mobilen Telefonnetze sollen vergesellschaftet werden. Das öffentliche Monopol beim Fixnetz muss garantiert werden.

5. Der öffentliche Nachtverkehrs soll in Absprache mit den Gewerkschaften des öffentlichen Verkehrs verbessert werden.

6. Es wird eine öffentlicher AutobenutzerInnendienst mit Mietmöglichkeiten im ganzen Land geschaffen. So soll die Verfügbarkeit eines Parks schadstoffarmer Fahrzeuge garantiert werden.

7. Die Umweltfreundlichkeit des Service public und des Pendlerverkehrs müssen gefördert werden

8. Der Abbau des Service public in den Randregionen muss energisch bekämpft werden.

9. In vom Abbau des Service Public bedrohten Randregionen ist die Schaffung effizienter Dienstleistungszentren zu fördern, welche die geografische Zusammenführung von Post-/SBB-Dienstleistungen, der öffentlichen Verwaltung und evtl. privatwirtschaftlichen Dienstleistungen unter einem Dach ermöglichen können. Ein öffentlicher, kundennaher und ökologischer Postdienst muss garantiert werden.

10. Die öffentlichen Betriebe und Betriebe im mehrheitlichen Besitz der öffentlichen Hand sollen sich nicht konkurrenzieren, sondern zusammenarbeiten. Besonders die Zusammenarbeit zwischen SBB und Post muss verbessert werden, beispielsweise beim Gepäckverkehr.

11. Die Kantonalbanken müssen eine soziale und ökologische Politik verfolgen, die sich auf die lokale Wirtschaft stützt.

12. Allenfalls soll die staatlich organisierte Herstellung medizinischer Generika an die Hand genommen werden.

13. Das Stromversorgungsgesetz muss die Förderung der grünen Energien und den Aufbau einer nationalen Netzgesellschaft beinhalten. Es darf auf keinen Fall eine Liberalisierung beinhalten, gegen die sich das Volk bereits ausgesprochen hat.

14. Die Einrichtungen im Service public auf europäischem Niveau müssen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips vernetzt werden.

15. Die Gewinne des Service public fliessen ausschliesslich dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden zu. Dadurch können die Einrichtungen des Service public finanziert, verbessert und ausgebaut werden.

16. Der Service public muss demokratisiert werden, indem die BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen und BenutzerInnen in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

3. Umverteilung

Die Schweiz hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts von einem ärmlichen Agrarstaat hin zu einem der reichsten Industrie- und Dienstleistungsstaaten der Gegenwart entwickelt. Getrieben von Armut und Perspektivlosigkeit versuchten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele SchweizerInnen ihr Glück in der Ferne, so dass bis zu diesem Zeitpunkt mehr Menschen aus der Schweiz emigrierten als in die Schweiz immigrierten. Die Schweiz war nach dem 2. Weltkrieg eines der wenigen Ländern Europas, welches von den Kriegswirren verschont worden war, weshalb sie dementsprechend stark vom nachfolgenden Wirtschaftswachstum profitierte, welches bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts anhielt. Somit wurde die Schweizer Wirtschaft, gemessen am durchschnittlichen ProKopf-Einkommen, zu einer der weltweit stärksten Volkswirtschaften wurde. Zunehmend spezialisierte sich die Schweiz zu einem Dienstleistungsanbieter im Finanzbereich. Neben dem Bereich der Hochpräzisionstechnologie und der Pharmaindustrie geniesst der Schweizer Finanzplatz weltweit einen hervorragenden Ruf. Der Erfolg des schweizerischen Finanzplatzes wäre jedoch nicht derselbe, wenn die Schweiz nicht mit dem Bankgeheimnis Steuerhinterzieher aus In- und Ausland hegen und pflegen würde.

Diese Entwicklung und der Ausbau der Sozialwerke, welcher auf Druck der ArbeiterInnenbewegung und aus Furcht vor dem konkurrierenden sowjetsozialistischen Staatenkonzept erreicht werden konnte, führte zu einer Zunahme des Wohlstandes für die meisten SchweizerInnen. Selbst im Vergleich mit westeuropäischen Staaten ist der durchschnittliche Reichtum der in der Schweiz lebenden Menschen hoch. Diese Bild mag von aussen betrachtet und ohne die Realität zu kennen zutreffen. Wir JungsozialistInnen wissen aus unserem Alltag, dass dieses Bild trügt. Nach wie vor leben in unserem Land viele Menschen unter dem Existenzminimum, selbst solche die einer regelmässigen Arbeit nachgehen. Und die Zahl dieser Menschen wächst. Dank dem Ausbau der Altersvorsorge konnte zwar das Armutsrisiko für ältere Menschen gemildert werden, dafür entwickelten sich neue Formen der Armut. So sind Alleinerziehende, AusländerInnen, junge Familien, Jugendliche aber auch ältere Menschen überproportional von der Armut betroffen. Zugenommen hat im speziellen die Jugendarmut. Lehrstellenmangel und Jugendarbeitslosigkeit haben ihre Spuren hinterlassen. Es gibt in der Schweiz viele Jugendliche, deren Leben von Perspektivlosigkeit geprägt ist. Diese jungen Menschen stecken in der Armutsfalle. Gleichzeitig werden in der Schweiz die Reichen immer reicher. Die exorbitanten Abzockerlöhne, welche sich die Spitzenmanager auszahlen lassen, veranschaulichen diese drastischen Disparitäten. Anstatt neue Ausgleichsmechanismen einzuführen, verschärft die Politik diese Ungerechtigkeiten noch, indem sie Reiche mit degressiven Steuern oder Pauschalbesteuerungspraktiken nochmals massiv privilegiert. Diese Zustände, welche durch die Logik des herrschenden Wirtschaftssystems bedingt sind, müssen bekämpft werden.

Auch wenn die Fabriken und Manufakturen neueren, produktiveren und humaneren Formen der Produktion gewichen sind, ist die Klasse des Proletariats nicht verschwunden. Die Produktionsmittel sind unverändert im Besitz einer kleinen Minderheit, die den Mehrwehrt in die eigenen Taschen abführt, der durch die ArbeitnehmerInnnen tagtäglich geschaffen wird. In diesem System, in welchem die Minderheit über das Kapital verfügt und die Mehrheit als ArbeitnehmerInnen ohne Mitbestimmung Wert schafft, ist eine gerechte Reichtumsverteilung unmöglich. Sich dieser Tatsache bewusst seiend, streben die JungsozialistInnen in der Tradition der sozialdemokratischen Bewegung nach der Erreichung des demokratischen Sozialismus. Erst dann, wenn die Mehrheit der EinwohnerInnen eines Staates in einem demokratischen System über die Verwendung der Produktionsmittel bestimmen kann, kann eine Gesellschaft entstehen, welche auf Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit aufbaut. Wir sind uns bewusst, dass wir dieses Ziel nicht kurzfristig erreichen können, und dass es sich um ein sich hierbei über mehrere Generationen hinziehendes Projekt handelt. Dennoch ist es unabdingbar, dass wir im Interesse der Menschen in der Schweiz Reformen anstreben müssen. Es wäre nichts anderes als zynisch, sich dem bürgerlichen Demokratieverständnis und dem Reformprozess des Kapitalismus zu entziehen.

Um das Ziel des demokratischen Sozialismus zu verwirklichen, bedienen wir uns sowohl der Instrumente der direkten und parlamentarischen Demokratie, als auch anderer, nicht institutioneller Formen des öffentlichen Druckes.

Die Forderungen der JUSO:

1. Jeglicher Formen von Kopfprämien sollen durch einkommens- und vermögensabhängigen Prämien ersetzt werden.

2. Die Kapitalgewinnsteuer ist auch auf beweglichen Gütern vollumfänglich einzuführen.

3. Degressive Steuersätze sowie Pauschalbesteuerungen sind zu verbieten.

4. Harmonisierung sämtlicher kantonaler Steuergesetze mit dem Ziel eines einheitlichen schweizerischen Steuergesetzes.

5. Dem Steuerwettbewerb, welcher die urbanen Zentren stark belastet, ist ein Riegel vorzuschieben. Die Lasten der urbanen Zentren sind durch die Allgemeinheit abzugelten.

6. Die sozial unverträgliche Mehrwertsteuer ist auf Luxusgüter zu beschränken und der Steuerausfall auf die progressive Einkommenssteuer umzuverteilen.

7. Eidgenössische Erbschaftssteuer.

8. Die Steuereinnahmen von Steuerpflichtigen sind gerecht auf die Wohn- und die Arbeitsplatzgemeinde aufzuteilen.

9. Die Steuerhinterziehung ist in Bezug auf die Bestrafung und die Offenlegung des Bankgeheimnisses dem Steuerbetrug gleichzustellen. Abschaffung des Bankgeheimnisses.

10. Bezüge von Unternehmensspitzen (Management, Verwaltungsrat) müssen von der Generalversammlung festgelegt werden und dürfen im Vergleich zu den tiefsten Löhnen im Unternehmen nicht mehr als zehn Mal höher sein.

11. Ausbau der pauschalen Sozialabzüge bei der Errechnung der Steuerpflicht.

12. Die Schuldenbremse ist abzuschaffen.

13. Der Bund verfolgt konsequent eine aktive Wirtschaftspolitik über den Konjunkturzyklus – vorab muss diese dem Ziel der Vollbeschäftigung genügen.

4. Bildung

Sparmassnahmen und Bildungsabbau

Die Bildungspolitik muss das Prinzip der Chancengleichheit anstreben. Der Zugang zur Bildung muss allen Menschen offen stehen. Bildung ist nicht nur für das Individuum von grossem Wert, sondern muss auch für eine gut funktionierende Gesellschaft im Zentrum stehen.

In der Schweiz hat in den letzten Jahren jedoch ein massiver Abbau im Bildungswesen stattgefunden: Sparmassnahmen und Ökonomisierungstendenzen (die Ausrichtung der Bildung auf die Privatwirtschaft) verringerten das finanzielle und ideelle Engagement des Staates im Bildungssektor auf allen Ebenen. Es lassen sich Rückschritte in der Qualität der Bildung (wie durch die PISA-Studien dokumentiert) und bei der Chancengleichheit aufzeigen: Wer aus sozial schlechter gestellten Verhältnissen stammt, hat weniger Chancen in der Schule. Die Eltern können oft weder bei Schulaufgaben helfen, noch eine teuere Ausbildung bezahlen. Lehrstellen sind für unterprivilegierte Jugendliche ebenfalls schwieriger zu finden, haben die Eltern doch oft keinen gut vernetzten, einflussreichen Freundes- und Bekanntenkreis, der helfen kann. Auch der Anteil der Studierenden, die aus sozial schlechter gestellten Verhältnissen stammen, nimmt seit einigen Jahren wieder ab. Studien belegen, dass für den beruflichen Erfolg nach wie vor die Netzwerke der Eltern ein entscheidender Faktor sind. Der Frauenanteil bei den Professuren ist mit landesweit knapp zehn Prozent immer noch erschreckend gering.

Der Sparwahn im Bildungsbereich trifft jeweils zuerst Bereiche wie Handarbeits- oder Hauswirtschaftskurse, musische Bildung, Freifächer oder Förderkurse, die für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen wichtig wären.

Ein erschreckendes Bild zeigt sich bei der Berufsbildung: Der Lehrstellenmangel führt dazu, dass immer mehr Jugendliche nach Übergangslösungen suchen müssen oder nach der Schule gar keinen Anschluss finden. Besonders dramatisch gestaltet sich die Situation bei Jugendlichen ausländischer Herkunft, die selbst mit guten Zeugnissen grösste Mühe haben, einen Ausbildungsplatz zu erhalten.

Die Schweiz wird sich in naher Zukunft die Frage stellen müssen, woran sie sich in der Bildungspolitik orientieren will: An einem auf den globalen Markt ausgerichteten, von ökonomischen Interessen bestimmten Bildungssystem oder an einer eigenständigen Bildungspolitik, welche die Chancengleichheit garantiert.

Bildung für alle - die einzelnen Ebenen

Die Anforderungen an die Schule haben sich geändert: Die Erziehung, die grundsätzlich Sache der Eltern ist, wird zunehmend an die Schule delegiert. Diese Entwicklungen stellt die Schule vor neue Herausforderungen und Probleme. In manchen Schulkreisen ist der Anteil an fremdsprachigen Kindern sehr hoch. Um Integration zu gewährleisten, braucht es spezielle Massnahmen. Im Sinne einer umfassenden Bildung dürfen soziale Kompetenzen sowie handwerkliche und musische Förderung nicht vergessen gehen.

Anspruch auf Bildung heisst auch Anspruch auf eine qualitativ genügende Berufsausbildung. Die neuen Technologien fordern neue Basisausbildungen: Der Staat muss allen SchülerInnen im Sinne der Chancengleichheit die Möglichkeit geben, sich in der technologisierten Welt zurechtzufinden. Der Misere im Lehrstellenbereich muss entschieden entgegen getreten werden.

Die Universitäten und Hochschulen haben in den nächsten Jahren mit neuen Herausforderungen zu kämpfen, da das Ideal der Chancengleichheit von den Ökonomisierungsbestrebungen (insbesondere GATS, TRIPS) angegriffen wird. Mit der Bologna-Deklaration werden die grundsätzlich begrüssenswerten Ziele von Mobilität und vergleichbaren Bildungsstandards angestrebt.

Das neue System führt heute aber unter dem Druck wirtschaftspolitischer Überlegungen in erster Linie zu einer Straffung und Verschulung des Studiums, was insbesondere WerkstundentInnen benachteiligt. Für eine chancengleiche Umsetzung der Reformen sind flankierende Massnahmen im sozialen und uni-politischen Bereich notwendig. Das Teilzeitstudium erleichtert, das Stipendienwesen auf nationaler Ebene harmonisiert und die Stipendien müssen auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben werden.

Das lebenslange Lernen ist in unserer schnelllebigen Gesellschaft in allen Berufsgattungen zum absoluten Muss. Deshalb ist die Erwachsenenbildung ein Förderinstrument der Chancengleichheit, welches nicht Sparübungen zum Opfer fallen darf.

Die Forderungen der JUSO:

1. Um die Chancengleichheit sicherzustellen ist das Recht auf Bildung einerseits in der Verfassung und andererseits als einklagbares Recht in der schweizerischen Gesetzgebung zu verankern.

2. Das Bildungswesen soll landesweit so weit wie möglich harmonisiert werden. Auf Hochschulebene braucht es eine klar strukturierte Zusammenarbeit und landesweite Koordination, die aber nicht die Autonomie der Universitäten gefährdet.

3. Demokratisierung der Bildung: Die Auszubildenden müssen auf allen Stufen paritätisch und auf ihrem Alter angemessene Art und Weise mitbestimmen und mitgestalten können.

4. Das GATS-Abkommen definiert Bildung als handelbares Gut: Diese weitere Ökonomisierung im Bildungsbereich ist abzulehnen.

5. Der Austausch von SchülerInnen und Auszubildenden zwischen den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz ist zu fördern.

6. In sämtlichen Schulstufen sind Trennungen zwischen den Geschlechtern oder verschiedenen Nationalitäten zu vermeiden.

7. Schuldispense aus religiösen Gründen, z.B. für den Biologie- und Turnunterricht hindern Kinder in ihrer Entwicklung und sind aus dem Blickwinkel der gesellschaftlichen Integration abzulehnen. Dies gilt für alle Religionsgemeinschaften gleichermassen.

8. Die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungsstufen ist zu verbessern.

9. Die Einführung von Grundstufen, Tagesschulen und Blockzeiten soll möglichst rasch landesweit erfolgen. Die gesellschaftliche Integration kann so gefördert und die Familie entlastet werden.

10. Die erste Fremdsprache muss in der Schule eine Landessprache sein.

11. Der Schulunterricht darf nicht zu kopflastig sein: Die Jugendlichen sollen auch im sozialen, handwerklichen, hauswirtschaftlichen, sportlichen und musischen Bereich gefördert werden.

12. Es werden weitere obligatorische Schulfächer in den Lehrplan aufgenommen: Gewaltfreie Konfliktlösung, Friedenserziehung (Aufklärung in der Grundschule über Grundbegriffe wie Frieden und Solidarität) sowie Ethik.

13. Der Bund muss den Staatskundeunterricht und reformieren und ausbauen. Dabei wird auf die Sensibilisierung für soziale und wirtschaftliche Fragen geachtet.

14. Es wird ein nationaler Berufsbildungsfonds eingerichtet, welcher alle Betriebe in die finanzielle Ausbildungsverantwortung mit einbezieht und nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der angebotenen Lehrstellen sicherstellt.

15. Die öffentliche Hand unterstützt Projekte zur Entspannung der Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Sie verbessert die Betreuung und Hilfe für Jugendliche, die eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz nach der Lehre suchen. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Situation der Migrantinnen und Migranten gelegt.

16. Die Qualität der Lehrstellen muss strenger kontrolliert werden: Dazu sollen regionale, paritätisch zusammengesetzte Ausbildungsverbünde aus ArbeitnehmerInnnen, Behörden und Arbeitgebern geschaffen werden.

17. Lehrlinge und PraktikantInnen sind angemessen zu entlöhnen, ein verbindlicher Mindestlohn ist auch hier einzuführen. Der Gesetzgeber garantiert ihnen mindestens sieben Wochen Ferien.

18. Der Besuch der Berufsmaturitätsschule soll den Lehrlingen ermöglicht werden, sofern sie dies wünschen.

19. Der Bund hat seine Harmonisierungskompetenz im Stipendienwesen wahrzunehmen. Die Stipendien sind stark zu erhöhen und auf gar keinen Fall weiter zu kürzen. Stipendien sollen bis zum wirklichen Ausbildungsende bezahlt werden (z.B. Master an der Universität) sowie auch für Zweit- und Weiterbildungen möglich sein. Es soll keine Alterslimite für den Erhalt von Stipendien geben.

20. Darlehen sind ein untaugliches Mittel um einen für alle gerechten Zugang zur höheren Bildung zu gewährleisten, da sie zu früher Verschuldung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen führen und sind daher abzulehnen.

21. Jede Form eines Numerus Clausus ist abzulehnen.

22. Grundsätzlich werden Studiengebühren als Einschränkung der Chancengleichheit abgelehnt, dies gilt insbesondere auch für weiterführende Fachschulen.

23. Die Betreuungsverhältnisse an den Hochschulen müssen verbessert werden, unter anderem auch mittels mehr Assistenz- und Hilfsassistenzstellen. Durch letztere ist eine frühe Einbindung der Studierenden in die Forschung und Lehre möglich.

24. Die akademische Nachwuchsförderung ist zu intensivieren; es soll dabei besonders auch auf den weiblichen Nachwuchs geachtet werden. Der sehr tiefe Frauenanteil bei den Professuren muss erhöht werden. Es braucht deshalb den Ausbau der bestehenden Anreizsysteme und eine ausreichende Anzahl Tagesstätten.

25. Die Geistes- und Sozialwissenschaften bilden im schweizerischen Vergleich mit den geringsten finanziellen Mitteln die meisten Studierenden aus. Gerade im Hinblick auf Ökonomisierungstendenzen und durch die Kopplung von Geldern an den Erwerb von Drittmitteln muss es im fundamentalen Interesse der Gesellschaft sein, die Geisteswissenschaften den anderen Wissenschaften gleichzustellen.

26. Die Finanzierung von Unterrichtseinheiten oder Drittmitteln durch die Privatwirtschaft gefährdet die Unabhängigkeit von Schule, Lehre und Forschung und ist deswegen abzulehnen.

27. An einer Hochschule entstandenes geistiges Eigentum und Patente müssen der Hochschule gehören.

28. Der Bologna-Prozess ist so umzugestalten, dass er die Chancengleichheit der Studierenden nicht tangiert. Die dafür nötigen flankierenden Massnahmen im sozial- und unipolitischen Bereich sind sofort umzusetzen.

29. Der Bund soll seine Verantwortung im Bereich Weiterbildung wahrnehmen und lebenslanges Lernen fördern. Dieses muss für alle zugänglich sein.

30. Für Jugendliche bis 18 Jahre besteht eine Ausbildungspflicht. Der Bund und die Kantone stellen zahlenmässig und qualitativ ausreichende Ausbildungsangebote zur Verfügung, wo die Anzahl Ausbildungsplätze in der Wirtschaft nicht ausreichten um für alle Jugendlichen eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen.

31. Die Schulen haben konfessionell neutral zu sein. Jede Propagierung religiöser Ideen, ob aktiv (Religionsunterricht) oder passiv (religiöse Symbole), ist zu unterbinden. Anstelle von religiösen Dogmen sollen allgemeingültige ethische Werte und Normen vermittelt werden.

32. Ein sozialer Mix auf allen Stufen der Ausbildung gehört zu den obersten Zielen. Welcher Ausbildungsweg gewählt wird, hängt teilweise von der sozialen Herkunft ab. Das Recht und die Möglichkeit für alle, eine höhere Ausbildung zu absolvieren, soll im Vordergrund stehen, sonst reproduzieren sich die sozialen Schichten automatisch.

33. Die finanzielle Unterstützung für eine qualitativ hoch stehende Ausbildung für behinderte Menschen muss erhöht werden.

34. Eliteprojekte (Elite Gymnasium Aargau, Elite Unis etc.) werden vehement abgelehnt.

35. Die Noten sollen abgeschafft und durch ausführliche schriftliche Bewertungen ersetzt werden.

36. Selektionen in der obligatorischen Schulzeit sind abzuschaffen und flächendeckend Gesamtschulen einzuführen.

37. Die öffentliche Hand darf keine Gelder an private Bildungseinrichtungen geben, welche die öffentlichen Bildungseinrichtungen konkurrenzieren.

38. Der Unterricht soll weg kommen vom reinen passiven Frontalunterricht durch eine Lehrkraft und auf aktive Formen wie Gruppen-, Projekt- oder problemorientiertes Lernen umsteigen.

39. Die Klassengrössen sind auf allen Stufen aus maximal 20 SchülerInnen zu begrenzen.

5. Soziale Sicherheit und Gesundheit

Menschen waren immer schon gewissen Risiken ausgesetzt, die ihre Lebensgrundlage massiv beeinträchtigen konnten. Neben Krankheit und Altersschwäche waren und sind es Unfälle und Arbeitslosigkeit. Durch den Industrialisierungsprozess des 19. Jahrhunderts wurden bestimmte Risiken noch verschärft: Das Arbeitslosigkeits- und das Unfallsrisiko nahm trotz des durch die Industrialisierung entstandenen grossen Reichtums zu. Traditionelle Sozialstrukturen, welche ein gewisses Mass an sozialer Sicherheit garantiert hatten, wurden durch diesen Prozess sehr geschwächt. In vielen Industriestaaten wurden unter dem Druck einer erstarkenden internationalen Arbeiterbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts erste Sozialversicherungen eingeführt, um einigen Risiken abzuhelfen.

In den 1880er Jahren führte unter Reichskanzler Bismarck das deutsche Kaiserreich die ersten obligatorischen und gesetzlichen Sozialversicherungen ein. Es handelte sich um eine Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung. Die Absicht dahinter war, der aufkommenden sozialistischen Arbeiterbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zeitgleich mit diesem sozialpolitischen Fortschritt wurden deshalb freie Gewerkschaften und sozialistische Parteien in Deutschland durch ein «Sozialistengesetz» unterdrückt. Dieses Gesetz wurde 1890 wieder aufgehoben und unter dem währenden Druck von Gewerkschaften und Sozialisten der Sozialstaat Schritt für Schritt weiter ausgebaut. Im Zuge der Arbeiterbewegung entstanden nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen europäischen Industriestaaten Sozialversicherungsnetze.

Eine der zentralen Forderung der aufkommenden Arbeiterbewegung war der Aufbau eines umfassenden und solidarisch finanzierten Sozialstaates, welcher die Angestellten und Lohnabhängigen gegen die oben erwähnten Risiken absichern konnte. In vielen – insbesondere europäischen - Industriestaaten war es in unzähligen gewerkschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen der Arbeiterbewegung gelungen einen Wohlfahrtsstaat zu erkämpfen, der allen Menschen nicht nur Aufstiegs möglichkeiten, sondern auch eine umfassende soziale Sicherheit bot. Am weitesten ging dieser Fortschritt in den skandinavischen Ländern. Dort wurde nicht nur eine universelle Risikoabdeckung für die ganze Bevölkerung geschaffen, sondern auch deren Finanzierung sehr progressiv, solidarisch und effizient ausgestaltet.

In manchen anderen modernen Industrienationen ist die Absicherung gegen soziale Risiken lange Zeit sehr gering geblieben. Zu diesen anderen Ländern gehört auch die Schweiz. Die Unfallversicherung blieb auf Bundesebene bis nach dem 2. Weltkrieg die einzige obligatorische Sozialversicherung. Die AHV wurde 1948 eingeführt, die IV 1960 und 1977 die gesamtschweizerische Arbeitslosenversicherung. Das Krankenversicherungsobligatorium gibt es erst seit 1996. Heute verfügt die Schweiz auch über ein umfassendes soziales Sicherungsnetz.

Die bestehenden Sozialversicherungen der Schweiz sind jedoch teilweise unsolidarisch finanziert, weisen teils Lücken auf und sind teils mit privaten Kapitalinteressen verflochten. So kann in der Schweiz keinE RentnerIn nur mit der AHV wirklich in Würde leben, sondern die Betroffenen sind auf ihre Pensionskasse oder ihre privaten Ersparnisse angewiesen. Das «Wohlergehen» der Pensionskasse hängt von ihrem Management und den Kapitalmärkten ab. Ein wesentlicher Teil des Gesundheitssystems wird mittels unsolidarischer Kopfprämien finanziert, die für viele Haushalte zu einer schweren Belastung geworden sind. Von diesen Prämien werden nicht nur Gesundheitsleistungen finanziert, sondern es profitieren auch die Krankenkassenbürokratie, die Werbebranche und die Pharmaindustrie.

Trotz der bestehenden Sozialversicherungen sind in der Schweiz viele Menschen von Armut betroffen. Während heute die Altersarmut dank der AHV weitestgehend behoben wurde, sind andere Bevölkerungsgruppen von Armut bedroht oder betroffen. Dazu gehören vor allem Junge mit ungenügender Bildung und Ausbildung, allein erziehende Mütter mit Teilzeitanstellung, Langzeitarbeitslose und auch die so genannten «working poors». Die Zahl derjenigen, die auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind, hat in den letzten Jahren stark zugenommen.

Die Sozialausgaben sind auf allen Staatsebenen, vor allem aber für Gemeinden und Kantone der Grossagglomerationen, in den letzten Jahren stark angestiegen. Gründe dafür sind unter anderen die zunehmende Alterung von Gesellschaft und die steigende versteckte Sockelarbeitslosigkeit. Die Bourgeoisie hat kein Interesse an Vollbeschäftigung, sowie an steigenden Löhnen und hat daher den Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit und der Sozialausgaben auf Kosten der Allgemeinheit durch neoliberale Sparpolitik toleriert und teilweise sogar bewusst angestrebt. Die neoliberale Rechte hat die Errungenschaften des Sozialstaates in den letzten Jahren in der Schweiz wie in anderen europäischen Staaten radikal in Frage gestellt. Ihren Versuchen Teile des Sozialstaates abzubauen, respektive zu privatisieren widersetzen wir uns mit Entschlossenheit

Wir wollen uns aber nicht nur damit begnügen, die bestehenden Sozialleistungen zu verteidigen. Wir erstreben einen gezielten Ausbau des Sozialstaates, um den neuen Armutsrisiken begegnen zu können. Mehrausgaben sind insbesondere für Kinderzulagen, familienergänzende Kinderbetreuung und eine aktivere Arbeitsmarktpolitik dringend notwendig. Die IV, die ALV und die Gemeinden als Trägerinnen der Sozialhilfe müssen finanziell durch einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik entlastet werden. Eine nachhaltige Sanierung ohne Leistungsabbau der Sozialwerke und die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung sehen wir in der Erhöhung von öffentlichen Investitionen und einer kollektiven Arbeitszeitverkürzung. Im Bereich der Altersrenten wollen wir die AHV zu Lasten der 2. und der 3. Säule ausbauen.

Die Forderungen der JUSO:

1. Es muss eine solidarische Krankenversicherungsfinanzierung aufgebaut werden, welche über Prämien finanziert wird, die sich proportional an Einkommen und Vermögen orientieren.

2. Wir wollen eine einheitliche öffentliche Krankenkasse, die demokratisch kontrolliert wird und deren Betriebskosten im Vergleich zu heute bedeutend niedriger sein werden.

3. Der Grundleistungskatalog muss auch gewisse Methoden der alternativen Medizin beinhalten.

4. Der AHV-Finanzierungsanteil über die direkten Steuern muss erhöht werden.

5. Die 1. Säule (AHV), welche paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird, soll gestärkt werden. Die Rechnungsführung soll vom allgemeinen Staatsbudget getrennt vorgenommen werden, um so eine nachhaltige und transparente Geschäftsführung zu garantieren.

6. Unentgeltliche Krankenversicherung für Kinder und Jugendliche in Ausbildung bis zum Alter von 25 Jahren müssen eingeführt werden.

7. Die Arbeitslosenversicherung muss aufgestockt werden. Der Ausbau soll vor allem bei den Leistungen vorgenommen werden. Qualifizierte Weiterbildung, welche mehr auf die betroffene Person ausgerichtet ist muss gefördert werden.

8. Die soziale Sicherheit muss alle Arbeitsformen berücksichtigen (Teilzeitarbeit, Freiwilligenarbeit, künstlerisches Schaffen, usw.).

9. Es sollen breit angelegte Kampagnen zur Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten lanciert werden.

10. Informationskampagnen zur Aufklärung über Sexualität und Verhütungsmittel werden öffentlich finanziert und die Mittel zur Empfängnisverhütung für Frauen und Männer vollumfänglich durch die Krankenversicherung bezahlt.

11. Es sollen Präventionskampagnen zu diversen Gesundheitsrisiken lanciert werden (mangelhafte Ernährung, Gesundheit am Arbeitsplatz, Zigaretten, Alkohol, Betäubungsmittel usw.).

12. Bund und Kantone müssen die Regulierung und Koordination der medizinischen Anbieter in der Schweiz sicherstellen. Spitzenmedizin wird Sache des Bundes.

13. Es soll eine Steuer für jene Arbeitgeber erhoben werden, die nicht genügend Behinderte beschäftigen. Diese Massnahme ermöglicht die Kassen der IV zu füllen.

14. Im Krankheitsfalle soll es eine Erwerbsausfallversicherung (EAV) nach dem Vorbild der Unfallversicherung geschaffen werden.

15. Die Mittel der Invalidenversicherung sind zu erhöhen, damit behinderte Personen auch ausserhalb der Institutionen normal leben können.

16. Die Sozialhilfe als unterstes soziales Netz muss eine lebenswürdige Mindestsicherung garantieren. Fragwürdige Zwangsmassnahmen sind aufzuheben und die Herabsenkung des Existenzminimums zu stoppen.

6. Wohnbaupolitik und Raumplanung

Das Eigentum: Ein Privileg für Spekulanten

Während in Schweizer Städten regelmässig Wohnungsnot herrscht, stehen in reichlicher Anzahl Geschäftsimmobilien, die nicht mehr genutzt werden, für lange Zeit leer. Der Zugang zu privatem Wohneigentum ist nach wie vor eine durchaus elitäre Angelegenheit und somit kaum ein realistischer Anspruch für eine Mehrheit der Gesellschaft. MieterInnen sind oft den HauseigentümerInnen ausgeliefert, welche weit mehr am Finanzertrag ihrer Liegenschaft als an der Lebensqualität der MieterInnen interessiert sind.

Wohnungsnot wiederholt sich regelmässig in der Schweiz und die Mieten sind sehr hoch. Dieser Zustand wird dadurch verstärkt, indem man absichtlich Wohnraum leer stehen lässt. Davon sind insbesondere Städte und ihre Agglomerationen betroffen. Unternehmer kaufen zu Spottpreise umliegendes Agrarland auf, warten bis es eingezont wird und verkaufen es dann zu einem massiv höheren Preis. Die meisten Gemeinden bauen ausserdem nicht genügend Sozialwohnungen und siedeln finanziell schlechter gestellte Menschen in Wohnblöcke am Stadtrand aus. Ärmere Menschen, insbesondere Familien und junge Leute in Ausbildung, finden so nur schwer Wohnungen zu erschwinglichen Preisen.

Für eine soziale Wohnpolitik

Jede und jeder hat ein Recht auf Wohnraum: Der Bund muss anstatt einer Sozialwohnungs-Politik eine soziale Wohnpolitik betreiben. Die Wohnungspolitik muss neben Sozialwohnungen auch Genossenschaften fördern. Diese bieten Wohnungen mit einem guten Kosten-Nutzenverhältnis an. Für Familien müssen günstige, komfortable und geräumige Wohnungen zur Verfügung stehen.

Die Behörden müssen genug Sozialwohnungen bereitstellen und einen permanenten Bestand an Sozialwohnungen zusichern. Wir können uns nicht mit dem heutigen Minimalismus begnügen. Die Subventionen zum Erwerb einer Wohnung und zur Begleichung der Mieten für die ersten Jahre bringen langfristig keine Hilfe. Die Grundstücksbeiträge stellen eher eine Unterstützung für Immobilenunternehmer dar, indem sie zur schnellen Rentabilität der Investitionen führen, und sind weniger eine Unterstützung der MieterInnen.

Sozialwohnungen müssen planvoll erstellt werden und sollen dazu beitragen, dass sich die MieterInnen in die Gesellschaft integrieren können. Bei jedem Neubau soll eine maximale soziale Durchmischung angestrebt werden. Deshalb sollten in allen Mehrfamilienhäusern Sozialwohnungen existieren. Auf gute soziale Durchmischung muss in jeder Region und jedem Quartier hingearbeitet werden. Die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen wird vereinfacht, sobald die Trennung von ärmeren und besser gestellten Menschen nach Wohngebiet vermieden wird. Jegliche «Ghettoisierung» in einer Region oder einem Quartier verringert nur die Lebensqualität.

Raumplanung und Urbanismus

Städtische Räume (Einzelstädte, Agglomerationen und Metropolitanräume) bilden heute den Lebensraum für rund 70 Prozent der schweizerischen Wohnbevölkerung. Heute dominieren in der Schweiz ein paar Metropolitanräume. In ihnen konzentrieren sich Bevölkerung und Kultur und noch stärker Arbeitsplätze. Die Nutzungskonkurrenz und unterschiedliche Standortansprüche ziehen eine Trennung der Funktionen Wohnen, Arbeiten und Freizeit nach sich, was wiederum grosse PendlerInnenströme verursacht. Immer weitere Teile der heutigen Grünflächen, vor allem rund um Städte und Agglomerationen, werden verbaut. In der Schweiz muss dem Boden mehr Sorge getragen werden: Zu viel Kultur- und naturnahes Land wird unüberlegter Bauweise geopfert. Die fortschreitende Zersiedelung bedroht die Natur, die Naherholungsgebiete und die Landwirtschaft.

Die Forderungen der JUSO:

1. Alle Gemeinden müssen mit der Unterstützung von Bund und Kantonen eine genügende Anzahl an Sozialwohnungen bereitstellen.

2. Es muss ein ständiger Bestand an Sozialwohnungen, die nicht auf dem freien Markt gehandelt und die von den Gemeindebehörden unter Einbezug der BewohnerInnen demokratisch verwaltet werden, geschaffen werden.

3. Bei wichtigen Renovationen oder Neubauten sollen die Wohnungen bezüglich der Energiewirtschaft dem neuesten Stand der Technik angepasst werden.

4. Die Behörden sollen Gründungen und den Ausbau von Baugenossenschaften fördern. Die BewohnerInnen werden damit GenossenschafterInnen und beteiligen sich demokratisch an der Verwaltung ihres Hauses.

5. Die BewohnerInnen müssen bezüglich Verwaltung der Häuser regelmässig konsultiert werden.

6. Das MieterInnenrecht muss völlig überarbeitet und zu einem eigentlichen Bollwerk gegen das Diktat der BesitzerInnnen werden.

7. Die Richtpläne müssen auch für kommerzielle Zonen Wohnungen vorsehen.

8. Alle Immobilienprofite sind mit hohen Steuern zu belegen.

9. Der Bund muss alles Notwendige tun, um die Bodenspekulation zu bekämpfen.

10. Die Mieten sind vom Landesindex der Konsumentenpreise abzukoppeln.

11. Einfamilienhauszonen sind aufzuheben.

12. Der Bau neuer Mehrfamilienhäuser soll nur bewilligt werden, wenn die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr und ein gewisses Infrastrukturniveau (Schulen, Läden, Service public) gewährleistet ist.

13. Alternative Wohnformen sollen unterstützt werden.

14. Bei Wohnungsnot muss der Staat leer stehende Wohnungen beschlagnahmen.

15. Ausweisungen bei Verkäufen werden verboten, solange nicht eine valable Alternative angeboten wird.

16. Kantonale Richtpläne müssen effektiver die Zersiedelung von Landwirtschafts- und Naturland verhindern. Bau- und Nutzungspläne sind nicht mehr von den Gemeinden zu bestimmen, sondern von einem kantonalen Amt für Landnutzung und Umwelt.

17. Neue Siedlungsgebiete sind vorgängig ans ÖV-Netz anzuschliessen.

18. Um «Leben» in die neuen Siedlungsgebiete zu bringen und eine ideale Belebung zu allen Tages- und Abendszeiten zu garantieren, ist auf eine funktionelle Durchmischung (Wohnen, Arbeiten, Einkaufen) zu achten.

19. Der konzentrierten Bauweise ist der Vorzug zu geben, um Landreserven möglichst zu schonen.

20. Bürobauten müssen möglichst wenig Platz einnehmen. Hier ist grundsätzlich eine Hochbauweise vorzuziehen, um mit Stapelung von Büroräumen möglichst wenig Land zu verbrauchen.

21. Der Bund und die Kantone sollen die Gemeinden dazu verpflichten können, bereits als Wohnzonen ausgewiesene Gebiete gegen eine eventuelle Entschädigung wieder auszuzonen.

22. Die Besteuerung des Eigenmietwertes ist schweizweit zu harmonisieren oder - und dies nur zusammen mit dem Hypothekarzinsabzug - abzuschaffen. Staatliche Anreizprogramme zur Förderung des Eigenheimbaus sind zu stoppen.

7. Internationale Solidarität und Globalisierung Standortwettbewerb gefährdet Sozialstaat

Die von der ArbeiterInnenbewegung erkämpfte ansatzweise Bändigung des Kapitalismus durch nationalstaatlich organisierte Sozial- und Umverteilungspolitik wird durch die Globalisierung der Märkte zunehmend in Frage gestellt. Im Rahmen des Standortwettbewerbs gehen politische Gestaltungsmöglichkeiten verloren. Die Sachzwänge des Weltmarktes bestimmen mehr und mehr die Gesetzgebung im Einzelstaat. Sozial- und Umweltstandards geraten beim Buhlen um transnationale Investoren unter Druck, und die ungleiche Mobilität von Kapital und Arbeit tut ihr übriges bei der Verschiebung des Kräftegleichgewichts zu Ungunsten der Lohnabhängigen.

Diese Entwicklung ist nicht von selbst zu Stande gekommen, wie die Neoliberalen oft behaupten. Die ökonomische Globalisierung ist ein politisches Projekt, das von den Eliten vor allem im reichen Norden vorangetrieben wurde und durch transnationale politische Institutionen abgesichert wird.

Die Heilsversprechen, welche den armen Ländern des Südens im Zusammenhang mit der Öffnung der Märkte gemacht wurden – «Der Norden schätzt dass die Öffnung der Märkte schlussendlich die Armut auslöscht.» – stehen in scharfem Kontrast zu den traurigen Realitäten auf diesem Planeten. Pro Tag sterben weltweit Zehntausende von Menschen an den Folgen von Unter- und Fehlernährung. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine unvermeidbare «humanitäre Katastrophe» – die Menschheit produziert genügend Nahrungsmittel für alle – sondern vielmehr um das Ergebnis einer gnadenlosen Interessenspolitik der reichsten Länder.

Fragwürdige Rollen der internationalen Organisationen

Diktatur, Korruption und Bürgerkrieg in Afrika und anderswo sind nicht nur hausgemacht. Das geltende Völkerrecht begünstigt Putschversuche und Autoritarismus, indem es jedem machthabenden Regime das Recht zugesteht, die Ressourcen des Landes zu verkaufen, Waffen zu importieren und im Namen der Bevölkerung Kredite auf dem internationalen Finanzmarkt aufzunehmen.

Die durch «kleptokratische» Regimes ausgeplünderten Länder sind heute oft so stark verschuldet, dass sie nur bereits neue Kredite für ihre Zinszahlungen vom internationalen Währungsfond (IWF) und der Weltbank benötigen. Bedingung für solche Kredite sind so genannte Strukturanpassungsprogramme, die oft verheerende Folgen haben: Der Sozialstaat wird abgebaut, ebenso die Gesundheitsversorgung und das Bildungswesen.

Die Privatisierung wichtiger öffentlicher Dienste wie der Wasserversorgung macht lebenswichtige Güter und Dienstleistungen für die ärmeren Bevölkerungsschichten unerschwinglich. Profiteure der neoliberalen Reformen sind die transnationalen Konzerne und allenfalls noch schmale lokale Eliten, während die breiten Unterschichten verarmen.

Ein weiteres Machtinstrument der Industrienationen ist die Welthandelsorganisation (WTO), die ein Handels- und Patentrecht durchsetzt, welches die wirtschaftliche Entwicklung der dritten Welt weitgehend verunmöglicht. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass die WTO über Sanktionsmechanismen (Strafzölle) verfügt, während beispielsweise die internationale Arbeitsorganisation ILO keinerlei Möglichkeiten hat, Verstösse gegen das Vertragswerk zu ahnden.

Gerechtigkeit globalisieren!

Ein globaler Kapitalismus kann nur durch eine Globalisierung der Politik gebändigt werden. Das soll nicht heissen, dass ein homogener Weltstaat errichtet werden soll. Doch gerade damit lokale und nationale Politik wieder mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommt, müssen in Bereichen wie Arbeitsrecht, Umwelt- und Steuerpolitik verbindliche globale Standards geschaffen werden.

Mit den Weltsozialforen, aber auch durch neue Kommunikationsmittel wie das Internet hat sich ansatzweise so etwas wie eine Weltzivilgesellschaft herangebildet. Was es braucht, sind aber verbindliche Entscheidungsmechanismen. Dafür ist ein tief greifender Umbau der UNO unabdingbar.

Die europäische Union ist bezüglich der «Globalisierung der Gerechtigkeit» ein ambivalentes Projekt. Einerseits macht sie Hoffnung, dass postnationale Demokratie und Verteilungspolitik über Staatsgrenzen hinaus möglich ist. Andererseits hat die EU eine weitgehend neoliberale Programmatik, ist intransparent und verteidigt als «Festung Europa» den Besitzstand des reichen Nordens mit einer repressiven Migrationspolitik. Die politische Orientierung der Regierungen erklärt zu einem guten Teil diesen neoliberalen Kurs, der im Gegensatz zum Projekt der europäischen Union steht.

Die JUSO setzt sich für eine solidarische Weltgemeinschaft ohne Krieg ein, in der wirtschaftsschwächere Regionen von den stärkeren unterstützt werden. Deshalb versteht sich die JUSO als Teil der Bewegungen gegen die neoliberale Globalisierung und den Krieg.

Die Forderungen der JUSO:

1. Die internationalen Beziehungen sind zu verrechtlichen. Alle Staaten sind den Beschlüssen des internationalen Strafgerichtshofes und dem internationalen Gerichtshof zu unterstellen. Menschenrechtsverletzungen müssen konsequent verfolgt und entsprechend sanktioniert werden.

2. Die UNO-Vollversammlung soll zu einem demokratischen Weltparlament umgebaut werden. Das Parlament soll sich aus zwei Kammern zusammensetzen. Eine besteht aus Regierungsdelegierten, die andere aus direkt vom Volk gewählten ParlamentarierInnen. Gesetzesvorlagen müssen beide Kammern passieren. Das Vetorecht der ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat ist abzuschaffen. Der Sicherheitsrat soll durch das Parlament gewählt werden - mit einer fairen Vertretung aller Kontinente. Das Parlament soll Kontrollkompetenzen über die Sicherheitsratsbeschlüsse erhalten. Durch die Erhebung einer internationalen Steuer soll die UNO gegenüber reichen Mitgliedsstaaten weniger erpressbar werden.

3. Es soll eine UNO-Organisation für den Service Public geschaffen werden.

4. Die Weltbank, der IWF und die WTO sollen der Handels- und Entwicklungskonferenz der UNO (UNCTAD) unterstellt werden.

5. Die Stimmrechte innerhalb der Weltbank sollen demokratisiert werden. Alle Strukturanpassungsprogramme, welche die Erteilung von Krediten an den Abbau von staatlichen Regulierungsmechanismen binden sind sofort zu stoppen.

6. Globale verbindliche Mindeststandards in den Bereichen Arbeitsrecht, Umweltschutz und Steuerpolitik sind einzuführen und durchzusetzen. Die Verträge und Normen der ILO (International Labour Organisation) sind konsequent umzusetzen und auszubauen.

7. Die Schweizer Stimmrechte in WTO, Weltbank und IWF werden vom Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten nach genauen Vorgaben aus dem Parlament ausgeübt. Entwicklungspolitische Ziele sind gegenüber den Interessen der Schweizer Wirtschaft stärker zu gewichten.

8. Die Schweiz soll der Europäischen Union (EU) beitreten. Bei den Beitrittsverhandlungen muss sich der Bundesrat für Ausnahmeregelungen im Bereich des Service Public einsetzen. Innerhalb der EU hat sich die Schweiz für folgende Reformen einzusetzen: Einführung direkt demokratischer Instrumente, mehr Transparenz, keine «Festung Europa», Einführung eines europäischen Service Public.

9. Es muss eine internationale Steuergesetzgebung für transnationale Konzerne geschaffen werden. Kapitalgewinne und finanzielle Transaktionen sowie hohe Vermögen und Einkommen sind global zu besteuern. Ein Ausgleichsfonds, der den Zugang zu lebensnotwendigen Gütern für alle sicherstellt, soll geschaffen werden.

10. Den Entwicklungs- und Schwellenländern sind ihre Schulden vollständig zu erlassen, wenn sie die Prinzipien der Demokratie respektieren.

11. Die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit sind ohne Vorbedingungen auf mindestens ein Prozent des Bruttoinlandproduktes zu erhöhen.

12. Ein neues Handelsrecht mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung der Länder des Südens wie des Nordens soll geschaffen werden.

13. Das TRIPS-Abkommen über geistiges Eigentum muss so geändert werden, dass die Patentierung von Leben weltweit verboten wird, ärmere Länder das Recht auf ein ihrem Entwicklungsstand angemessenes Patentrecht erhalten und Patente in gesellschaftlichen Notsituationen (z.B. bei Epidemien) ausser Kraft gesetzt werden können.

14. Die staatliche Unterstützung für das World Economic Forum (WEF) und andere Konferenzen, die das Primat der Wirtschaft über die Politik zementieren, ist zu stoppen.

8. Globale Sicherheit und Friedenspolitik Globale Aufrüstung und zivile Konfliktbewältigung

Nach Ende des Kalten Krieges gingen die Militärausgaben weltweit zurück. Seit dem 11. September 2001 steigen die Ausgaben jedoch wieder an und haben im Jahr 2004 über eine Billion (1'000 Milliarden) Dollar erreicht. Dies bedeutet einen Anstieg von mehr als 30 Prozent seit 1998. Die USA sind für rund die Hälfte aller Rüstungsausgaben verantwortlich. Bei praktisch allen Konflikten, in welche die internationale Gemeinschaft involviert ist, wird auf militärische Mittel zurückgegriffen. Die JUSO Schweiz ist der Auffassung, dass sehr viel mehr Geld eingesetzt werden müsste, um vorhandene Konflikte mit zivilen Mitteln zu lösen, unabhängig davon, ob diese lokalen oder zwischenstaatlichen Charakter haben. Die zivilen Wege der Konfliktbewältigung (Diplomatie, Mediation, Entwicklung) werden viel zu wenig genutzt.

Krieg um Ressourcen

Der vermeintliche «Krieg gegen den Terror» ist in Wahrheit ein Krieg um Ressourcen. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung müssen Millionen von Menschen unter den Folgen von Krieg leiden. Der so genannte «Kampf der Kulturen», welcher von den neoliberalen Kräften gerne als Ursache von Krieg und Terror heraufbeschworen wird, entpuppt sich beim näheren Hinsehen als Konflikt zwischen Arm und Reich. Pseudoreligiöse Führer in der westlichen und arabischen Welt bauschen den imaginären «Kampf der Kulturen» auf und instrumentalisieren ihn für ihre persönlichen Zwecke. Machthaber in West und Ost sichern sich ihren Machtstatus durch ein permanent von Terror und Bedrohung geschwängertes Klima der Angst und begründen dadurch ihre immer breiter ausgelegten Sonderbefugnisse wie staatliche Überwachung, militärische Aktionen, faktische Alleinherrschaft etc. Die herrschenden Schichten haben kein Interesse an der Beilegung dieser Konflikte, weil sie ihnen ihre ausserordentlichen Machtbefugnisse auf unbestimmte Zeit sichern.

Die immer knapper werdenden fossilen Energieträger (Erdöl, Erdgas) und ihr steigender Bedarf haben das internationale Wettrüsten beschleunigt. Beste Beispiele für gewalttätige Eskalationen um Ressourcen und deren Transportwege sind die von den USA geführten Kriege im Irak sowie in Afghanistan.

Die immer grösser werdende Wasserknappheit in vielen Teilen der Erde stellt uns zunehmend vor Probleme. Sie wird in Zukunft eine weitere Ursache für Kriege sein. Noch immer leben ca. 1.1 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Insbesondere in südlichen Ländern mit hohem Bevölkerungswachstum und wenig Volkseinkommen wird Wasser als Grundnahrungsmittel wie auch als benötigter Zusatz für die Landwirtschaft immer rarer.

Frieden und Schweizer Aussenpolitik

Die JUSO Schweiz bekennt sich zu einer aktiven Schweizer Neutralitätspolitik. Die Schweizer Diplomatie muss sich für friedliche und zivile Lösung von Konflikten stark machen. Wir erwarten von der Schweizer Regierung, dass sie die vorhandenen Mittel so einsetzt, dass sie zu nichtmilitärischen Konfliktlösung beitragen kann. Hingegen halten wir an einer strikten Neutralität in militärischen Angelegenheiten fest. Friedenserhaltende Militäreinsätze in Notsituationen darf die Schweiz nur dann billigen, wenn eine Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten diese unterstützt und sie unter Kontrolle der UNO stattfinden. Auslandeinsätze der Schweizer Armee lehnt die JUSO unter dem Motto «Solidarität statt Soldaten» strikt ab. Ebenso lehnen wir aus friedenspolitischen Überzeugung Waffenexporte strikte ab.

Frieden

Frieden bedeutet für die JUSO nicht nur Abwesenheit von Krieg. Frieden umfasst auch soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit. Es gibt keinen Frieden in Freiheit ohne Frieden in Gerechtigkeit. Die Schweiz hat sich aktiv für Frieden in aller Welt einzusetzen. Und darf sich nicht hinter dem Deckmantel «Neutralität» verstecken.

Die Forderungen der JUSO:

1. Die JUSO fordert eine gerechte Ressourcenverteilung weltweit. Zur Umsetzung dieses Zieles ist die UNO mit umfassenden Kompetenzen auszustatten.

2. Die JUSO will eine aktive Schweizer Friedens- und Aussenpolitik, welche sich nicht den wirtschaftlichen Interessen beugt, sondern Frieden schaffen will.

3. Die Mittel zur zivilen Konfliktbewältigung sind weltweit massiv aufzustocken.

4. Ein Verbot für Kriegsmaterial-Exporte aus der Schweiz ist unverzüglich einzuführen.

5. Die JUSO fordert den sofortigen Stopp aller Auslandeinsätze der Schweizer Armee.

6. Auf «zivil-militärische Kooperationen» im Sinne des CIMIC der NATO ist grundsätzlich zu verzichten.

7. Konventionelle und atomare Waffen sind weltweit unverzüglich abzurüsten.

8. Der Atomsperrvertrag ist durch ein internationales Atomausstiegsprogramm im zivilen und militärischen Bereich zu ersetzen.

9. Migration und Integration

Die weltweit zunehmenden wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten, die nationalen und internationalen Konflikte und die daraus resultierende Migration führen zu einer grossen Anzahl von Flüchtlingen und MigrantInnen. Im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Emigration aus Europa grösser als die Immigration. Dies geschah aufgrund wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit der ärmeren Schichten. Heute nimmt die Quote der Einwanderungen aber zu, da die europäischen Länder politische Stabilität haben und sozialen Wohlstand versprechen. Für die aktuelle weltweite Wirtschaftsordnung, welche die Reichtumsunterschiede verschärft, ist auch unsere kapitalistische Elite mitverantwortlich und somit auch für die ansteigende Migration. Was sie aber leider nicht bereit ist: die Konsequenzen ihrer Wirtschafts- und Handelspolitik zu tragen.

Diskriminierungen und staatlicher Rassismus

Die Lebensbedingungen für AusländerInnen in der Schweiz sind heute sehr besorgniserregend. Sie sind Opfer vielfältiger Diskriminierungen wie Fremdenfeindlichkeit, Lohnungleichheiten und polizeilicher Repression. AusländerInnen werden hier allzu oft zu Sündenböcken von frustrierten und verunsicherten SchweizerInnen gemacht. Die durch soziale Ungerechtigkeit entstandenen Ängste nützen darüber hinaus noch die bürgerlichen Parteien aus und heizen staatlichen Rassismus und Diskriminierung an. Sie vertreten eine menschenverachtende Ideologie im Sinne des «Das-Bootist-voll». Dieselben Kreise zögern nicht, AusländerInnen in der Wirtschaft als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen und gleichzeitig die Betroffenen durch restriktive Aufenthaltsbewilligungspolitik in die Illegalität zu treiben.

Billige Arbeitskräfte für schlechte Arbeitsplätze

Mehrheitlich kommen heute MigrantInnen aus den EU-Ländern in die Schweiz, um hier zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren. Schweizer Arbeitgeber holen sich teils bewusst Arbeitskräfte aus der EU, weil sie billiger sind oder Stellen füllen, die nicht durch SchweizerInnen besetzt werden können.

Die bilateralen Abkommen zur Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) stehen in dieser Logik. Auch wenn unter dem Druck der Gewerkschaften und der Linken die «flankierenden Massnahmen» umgesetzt wurden, schaffte es die Rechte, ihr Modell in die Tat umzusetzen: Der Arbeitsmarkt soll für alle MigrantInnen aus der EU ohne Regulierungen offen stehen und für alle anderen geschlossen sein.

Auf dieser Logik beruht auch das neue Schweizer Ausländergesetz (AuG), welches die Diskriminierung durch den Staat legalisiert. Die extreme Rechte hat zur gleichen Zeit ein Asylgesetz (AsylG) durchgesetzt, welches ohne Zweifel das Völkerrecht verletzt. Auch wenn der Zielartikel sich gleich geblieben ist (Non-Refoulement-Gebot der Genfer Konventionen), widmet sich der Rest des Gesetzes dessen Aushöhlung. Die extreme Rechte, allen voran der amtierende Justizminister, kriminalisieren alle Asylsuchenden und betreiben dadurch populistische Politik. Auch die Europäische Union folgt einer solchen Abschottungspolitik. Ihre Migrationspolitik besteht im Wesentlichen aus der Grenzenschliessung und der Einführung von elektronischen Datensammlungen zur Kontrolle von MigrantInnen. Die Schweiz arbeitet in diesen Belangen immer enger mit der EU zusammen. Ein Beispiel hierfür sind die Verträge von Schengen Dublin, die sich für eine erhöhte polizeiliche Überwachung einsetzen und sich dem Asylrecht kaum widmen.

Trotz allem befürworten wir die Übernahme des europäischen Asylrechtes durch die Schweiz. Die Situation in der Schweiz kann sich dadurch nur verbessern, wenn sie die Standards ihres grossen Nachbarn übernimmt.

Integration ist die wichtigste Herausforderung in der Migrationspolitik

Unter Integration verstehen wir ein Miteinander von Kulturen, welches die Bewahrung der je eigenen Kultur ermöglicht. Keine Kultur soll sich vor der anderen verschliessen und Differenzen müssen auch nicht aufgehoben werden. Integration von jugendlichen MigrantInnen muss gezielt angepackt werden, denn diese haben in unserer Gesellschaft häufig die grössten Startschwierigkeiten. Chancenungleichheit führt bei SchweizerInnen wie auch bei ausländischen Jugendlichen zu vermehrter Kriminalität. Integration ist nur möglich, wenn Chancengleichheit besteht: Dafür setzt sich die JUSO ein.

Die Forderungen der JUSO:

1. Auf internationaler Ebene soll die volle Personenfreizügigkeit nach wie vor angestrebt werden.

2. Die JUSO fordert die kollektive Regulierung aller Sans-Papiers und strenge Kontrolle der ArbeitgeberInnen.

3. Ein kostenloser Integrationskurs inklusive Sprachkurs in der Sprache der jeweiligen Region soll eingeführt werden. Dies muss insbesondere auch für die nicht-arbeitenden LebenspartnerInnen, für Kinder und Jugendliche ermöglicht werden. Diese Regelung soll auch für nicht-arbeitende LebenspartnerInnen gelten. Die Arbeitgeber haben sich an den Kosten zu beteiligen. Diese Integrationskurse sollen, wenn nicht schon eine genügende Integration nachgewiesen werden kann, für obligatorisch erklärt werden. Eine solche Regelung darf jedoch keinen Einfluss auf die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben.

4. Rehabilitationsangebote für Gewaltopfer müssen vom Staat angeboten werden.

5. Der Zugang zur Schweizer Staatsbürgerschaft ist zu vereinfachen und hat grundsätzlich gebührenfrei zu erfolgen. In der Schweiz geborene AusländerInnen sollen automatisch die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten.

6. Die Kontrolle der ArbeitgeberInnen, um die Ausbeutung von AusländerInnen als billige Arbeitskräfte zu verhindern, soll verbessert werden. Personenfreizügigkeit darf nicht zum Abbau von Löhnen und sozialer Sicherheit führen.

7. Die JUSO fordert Gleichstellung zwischen SchweizerInnen und AusländerInnen im Bereich der Sozialleistungen.

8. Auf allen Ebenen müssen die Verwaltungen eine Anlaufstelle einrichten, welche für die Integration der ImmigrantInnen zuständig ist. Sie soll den ImmigrantInnen durch Hilfestellungen in allen Bereichen die Integration erleichtern. Die Behörden müssen den engen Kontakt mit den MigrantInnen-Organisationen suchen, um echte Integration zu ermöglichen.

9. Die Integration von Jugendlichen muss gezielt angegangen werden.

10. Nachgezogene ausländische Jugendliche müssen einen hintergrundspezifischen und obligatorischen Integrationskurs absolvieren. Kostenlose Sprachkurse in der Sprache der jeweiligen Region und Stützkurse müssen an allen Schulen angeboten werden.

11. Das Arbeitsverbot für Asylsuchende soll aufgehoben werden.

12. Mit allen Mitteln ist gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zwangsverheiratung vorzugehen.

13. Insbesondere Bürgerkriege, wirtschaftliche Not, sexuelle Diskriminierung, Naturkatastrophen und politische Verfolgung müssen neu als Fluchtgründe anerkannt werden.

10. Armee und Repression Staatsrepression

Die bürgerlichen und konservativen Kräfte verbreiten mit Absicht ein Gefühl der Unsicherheit, um ihre menschenfeindliche Politik abzustützen. Schuldig an dieser (künstlich erzeugten) Unsicherheit sollen die sozial Unterprivilegierten, Jugendliche, AusländerInnen und die sozialen Bewegungen sein. Dieses System wird seit Jahrzehnten aufrechterhalten. Es besteht einerseits aus einer wachsenden Kriminalisierung immer grösserer Bevölkerungsteile und andererseits aus einer aktiven Verschärfung der Repression zu Lasten des Sozialstaates.

Durch den Einsatz von Staatsschutz und Bundespolizei beschneidet der Staat die Privatsphäre und die Meinungs-, Versammlungs- und Organisationsfreiheit der Menschen in der Schweiz. Eine weitere besorgniserregende Tendenz ist die Tatsache, dass immer mehr polizeiliche Aufgaben durch die Armee oder private Sicherheitsdienste wahrgenommen werden. Dies liegt daran, dass wegen der blinden Sparpolitik der Bürgerlichen die Polizeikorps abgebaut wurden. Diese Veränderungen der öffentlichen Sicherheit lehnen wir entschieden ab. Die dissuassive Videoüberwachung des öffentlichen Raumes, ausgeübt sowohl durch Privatpersonen als auch durch den Staat, ist eine unnötige Form von Repression und muss grundsätzlich eingeschränkt werden. Die polizeiliche Datensammlung über nicht straffällige Personen sowie «Präventiv-Verhaftungen», beispielsweise im Vorfeld von Fussballspielen, sind zu verbieten.

Die grösste Gefahr für die Schweiz ist die soziale Unsicherheit; und es sind nicht AusländerInnen und Randständige wie von der bürgerlichen Mehrheit behauptet wird. Denn gerade die Opfer dieser Unsicherheit werden meist auch Opfer der Staatsrepression. Repression ist die politische Waffe der Unverantwortlichen. Durch Anwendung von Repression werden Folgeschäden der eigenen, unsozialen Politik zu beheben versucht. Die soziale Situation wird dabei jedoch nicht verbessert. Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Jugendarmut führen weltweit zu einer Zunahme von Gewalt unter Jugendlichen. Dieser Situation soll präventiv und grundsätzlich begegnet werden.

Legitimationssuche

Mit dem geschürten Unsicherheitswahn wird auch der Erhalt der Armee gerechtfertigt. Während des Kalten Krieges konnte die Schweizer Armee ihre absurde Aufrüstung mit einer propagandistisch inszenierten Bedrohung durch die Staaten des Warschauer Pakts rechtfertigen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fehlt ihr nun jegliche Legitimation. Deshalb übernimmt die Armee nun zweckfremde Aufgaben innerhalb unseres Landes wie Bewachungen, Einsätze bei Demonstrationen und Aufgaben im Katastrophenschutz. Nicht selten werden diese Aufgaben als Vorwand benutzt, um mit dem Armee-Einsatz gegen friedliche DemonstrantInnen zu drohen. Die Armee übernimmt ausserdem Aufgaben, für welche eigentlich zivile Institutionen zuständig wären wie zum Beispiel der Zivilschutz. Die Rolle der Armee als «Schule der Nation» ist überholt. Auslandeinsätze der Armee dienen ebenfalls der Legitimationssuche. Die JUSO Schweiz will stattdessen friedliche und zivile Konfliktlösungen.

Nachhaltige Sicherheit und Prävention

Die JUSO Schweiz will die falsche Sicherheitspolitik unseres Landes durchbrechen. Denn nicht staatliche Repression, sondern ein Sozialsystem, welches allen BewohnerInnen unseres Landes eine würdige Existenz garantiert, gewährleistet eine nachhaltige Sicherheit. Die zunehmende Repression gegen friedliche Protestbewegungen ist strikte abzulehnen. Die Kriminalisierung des Drogenkonsums lehnen wir ab.

Durch das lasche Waffengesetz und die Tatsache, dass Ordonanzwaffen zu Hause aufbewahrt werden, sind Kinder und Frauen oft an Leib und Leben bedroht. Das Recht auf Waffenbesitz soll abgeschafft und durch ein restriktives Waffenrecht ersetzt werden .

Der Staat hat die Aufgabe, die Rechte aller BewohnerInnen dieses Landes, unabhängig von ihrer sozialen Situation, Herkunft, Nationalität, Geschlecht, Weltanschauung oder Religion zu garantieren und zu schützen. Dafür obliegt ihm das Gewaltmonopol. Zur Sicherung der positiven und negativen Freiheiten delegiert er bestimmte Aufgaben an die Polizeikräfte. Die Vision der kollektiven und individuellen Freiheit beruht aber ausdrücklich auf dem Prinzip der Priorität der Prävention anstelle der grundsätzlich kontraproduktiven Repression. Repression darf nur das letzte Mittel zum Schutz von Menschen sein. Die Herstellung einer umfassenden Sicherheit für alle muss auf dem massiven Ausbau des sozialen Netzes, einer Intensivierung der Bildungsanstrengungen, der umfassenden Toleranz gegenüber verschiedenen Kulturen und Lebensformen und der Selbstverwirklichung aller BewohnerInnen unseres Landes basieren. Die JUSO engagiert sich für die Aufhebung von Repression, worin sie den Lösungsansatz für sämtliche Probleme sieht, und fordert die Gesellschaft auf alle Probleme nachhaltig an der Wurzel anzupacken.

Die Forderungen der JUSO:

1. Die Schweizer Armee ist abzuschaffen.

2. Die Militärkosten sind an andere Budgetstellen des ordentlichen Bundesbudgets zu überführen.

3. Die allgemeine Wehrpflicht ist abzuschaffen und stattdessen ein freiwilliger ziviler Friedensdienst einzuführen.

4. Alle Dienstpflichtigen sollen die freie Wahl zwischen Zivil- und Militärdienst mit gleicher Dienstdauer erhalten.

5. Armee-Einsätze für die «Innere Sicherheit» sind grundsätzlich zu verbieten.

6. Die Militärjustiz soll abgeschafft werden.

7. Die Polizeikorps sollen für AusländerInnen geöffnet werden.

8. Polizeiliche Datensammlungen über nicht straffällige Personen müssen verboten werden.

9. Repressiven Überwachungsmittel (Drohnen, Videokameras) sind zu verbieten.

10. Dissuasive Videoüberwachung ist grundsätzlich zu verbieten. Wohlbegründete Ausnahmen müssen von den kantonalen Parlamenten bewilligt werden.

11. Der freie Zugang zu öffentlichem Territorium muss für alle BewohnerInnen garantiert sein. Rayonverbote lehnt die JUSO Schweiz strikt ab.

12. Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebenen Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit ist einzuhalten.

13. Die politischen Rechte müssen uneingeschränkt bewahrt werden. Beispielsweise sind Einschränkungen beim Unterschriftensammeln zu unterlassen.

14. Das Recht aus Waffenerwerb, -besitz und –tragen soll auf Personen beschränkt werden, welche den Nachweis der Notwendigkeit erbringen können und über eine entsprechende Ausbildung verfügen (Polizei, Jäger, Sportschützen).

15. Landesweit sollen Anlaufstellen für Jugendliche geschaffen werden. Diese sollten einerseits als Beratungsstellen für psychische Schwierigkeiten von Jugendlichen, andererseits als Möglichkeit zur Vernetzung von Jugendarbeit auf verschiedenen Ebenen dienen.

16. Der Drogenkonsum ist zu entkriminalisieren.

17. Die Produktion und der Verkauf von Drogen sind zu legalisieren und staatlich zu kontrollieren.

11. Landwirtschaft und Ernährung Überproduktion und Hunger

Wir sind heute knapp 7 Mrd. Menschen auf der Erde und es gäbe genügend Lebensmittel, um 12 Mrd. Menschen ohne Probleme zu ernähren. Trotzdem sterben täglich 100'000 Menschen an Hunger oder an seinen unmittelbaren Folgen. Dies zeigt deutlich, dass Hunger eine Folge der ungerechten Verteilung der Nahrungsmittel und damit eine Folge von sozialer Ungleichheit ist. Das strukturelle Macht-Ungleichgewicht wird jedoch nicht verkleinert, stattdessen setzen internationale Agrarforschung und Entwicklungsagenturen wie die Weltbank immer mehr auf rein technologische Ansätze, um mehr Nahrung zu produzieren.

Die internationalen Wirtschaftsorganisationen mit ihrer Glorifizierung des freien Marktes verhindern im Moment gemeinsam mit den starken westlichen agrarexportierenden Staaten erfolgreich eine faire Landwirtschaftspolitik. Die Welthandelsorganisation (WTO) macht sich für einen Abbau von Subventionen, Zöllen und Importbeschränkungen stark, doch die WTO-Mitglieder USA und EU-Länder beharren auf ihren Subventionen. So verlieren die Länder des Südens ihre Schutzinstrumente vor den Dumpingimporten und die regionalen Produkte haben keine Chance gegen die subventionierten Lebensmittel aus dem Norden, wodurch die lokalen Märkte zerstört werden

Zudem geben die westlichen Länder ihren Agrarkonzernen in den internationalen Organisationen gerne Rückendeckung. So setzten die Länder des Nordens im TRIPS-Abkommen (Abkommen über den Handel mit geistigem Eigentum der WTO) durch, dass genetisch veränderte Pflanzen patentierbar sind. Durch das UPOV-Abkommen (Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen) wird sogar gezüchtetes Saatgut patentierbar. Aufgrund der Patentierung von Pflanzen und im Speziellen von Saatgut werden diese zum Eigentum der Agrarkonzerne. Die Bauern verlieren die Rechte an ihrem eigenen Erzeugnis. So werden die Bauern in die Abhängigkeit getrieben.

Abgesehen davon birgt für das sensible System «Erde» die Gentechnologie grosse Risiken, die bis heute nur schlecht erforscht wurden. Dabei wurde unser Lebensraum bereits durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion, den unverhältnismässigen Wasserverbrauch, die Monokulturen und den riesigen Mengen an Chemikalien, die seit der grünen Revolution in die Natur gesprüht werden, verschmutzt und übernutzt.

Die Landwirtschaft hat mit 80% den grössten Anteil am weltweiten Wasserverbrauch, oft hängen gerade die wasserärmsten Länder des Südens von der Landwirtschaft ab und verschwenden so ihr kostbares Wasser für Produkte, welche letztendlich in den wasserreicheren Westen exportiert werden. Überhaupt haben heute immer noch über eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Lebensmittelsicherheit und Ernährungssouveränität

Wasser und Nahrung als unsere Lebensgrundlage sind bedeutungsvoller als andere Produkte. Jeder hat ein Recht auf Nahrung und Wasser, doch der freie Markt kann den Zugang offensichtlich nicht für alle garantieren. Um Ernährungssicherheit für alle zu schaffen, muss die Landwirtschaft den internationalen Machtspielen und der WTO entzogen und der UNO unterstellt bzw. die gesamte WTO in die UNO integriert werden. Die UNO ist dann für faire Regeln und die internationale Koordination verantwortlich.

Die JUSO steht für eine Ernährungssouveränität im Bereich der Grundnahrungsmittel ein: Jedes Land soll die Möglichkeit erhalten, diese selber anzubauen und mit Zöllen vor Billigimporten zu schützen. So können unsinnige Transporte verhindert werden, die Bevölkerung verliert nicht völlig den Bezug zur Entstehung und Herkunft der Nahrungsmittel und eine gewisse Kontrolle über die Nahrungsmittelproduktion bleibt gewahrt. Ergänzt werden die regionalen Grundnahrungsmittel durch Importe aus fairem Handel. Exportsubventionen sind vollständig abzubauen, um die Länder des Südens im internationalen Handel nicht länger zu benachteiligen. Unterstützungszahlungen sind nur noch für den inländischen Markt und nur in Form von ökologischen oder sozialen Direktzahlungen erlaubt. Diese sind in unseren Augen gerechtfertigt, da sie die Umwelt vor Verschmutzung durch Chemikalien schützen. Durch einen Abbau der Subventionen kann zudem die Überschussproduktion vermindert werden.

Leben darf nicht patentierbar sein. Die Bauern sollen das Recht an ihren eigenen Produkten behalten. Das TRIPS-Abkommen muss entsprechend angepasst und das UPOV-Abkommen aufgehoben werden. Die Agrarkonzerne sollen klaren, verbindlichen Richtlinien unterstehen, um soziale und ökologische Katastrophen in Zukunft zu verhindern.

Um die Umweltzerstörung einzuschränken, sollte vermehrt auf Bioproduktion gesetzt werden. Dazu können Erfahrungen und das traditionelle Wissen aus der regionalen Landwirtschaft einiges beitragen. Biolabels und soziale Labels sollen hohen internationalen Deklarationsstandards unterstehen. Auf Gentechprodukte sollte ganz verzichtet werden, sie steigern weder die Produktion noch verbessern sie die Qualität, im Gegenteil, die Risiken sind zu gross. Falls sich das nicht durchsetzen lässt, müssen sie klar als solche gekennzeichnet werden.

Die Forderungen der JUSO:

1. Hunger muss mit allen nötigen Mitteln bekämpft werden. Die Schweiz soll sich international für eine Welt einsetzen, in der niemand zu hungern braucht. Unter anderem soll in allen Verfassungen ein Recht auf Nahrung festgeschrieben werden.

2. Allen Menschen soll der Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht werden. Ein Recht auf Wasser muss in alle Verfassungen aufgenommen werden. Wasser als öffentliches Gut muss vor Privatisierung und Verschmutzung geschützt werden.

3. Die UNO soll neu anstelle der WTO für sämtliche internationale Übereinkommen und Regelungen im Bereich der Landwirtschaft verantwortlich sein.

4. Ernährungssouveränität im Bereich der Grundnahrungsmittel soll für alle Länder gewährleistet sein. National hergestellte Grundnahrungsmittel können durch Zölle oder Importbeschränkungen geschützt werden. Exportsubventionen sind verboten, nur noch soziale und ökologische Direktzahlungen fürs Inland sind erlaubt. Lebensmittel dürfen nicht mehr unter dem Preis der Produktion exportiert werden.

5. Regionale landwirtschaftliche Strukturen sollen gefördert werden. Unsinniger Energieverbrauch durch lange Transportstrecken und der Export von virtuellem Wasser in wasserreiche Länder soll vermieden werden.

6. Patente auf Leben sind zu verbieten. Das TRIPS-Abkommen muss entsprechend angepasst werden und das UPOV-Abkommen soll aufgegeben werden.

7. Die ökologische und soziale Lebensmittelproduktion soll international gestärkt werden. Der Einsatz von für den Menschen gefährlichen Substanzen soll ganz verboten werden.

8. Es sollen international gültige Standards zur artgerechten Tierhaltung durchgesetzt werden.

9. In der Schweiz soll das Gentechmoratorium so lange verlängert werden, bis die Risiken geklärt sind bzw. sie soll ganz auf die Gentechnologie in der Landwirtschaft verzichten und zudem auf eine weltweite gentechfreie Landwirtschaft hinwirken.

10. Die Schweiz soll Vorschriften zur Deklaration von Herkunft, Qualität, Produktionsmethode und Verarbeitungsverfahren für Lebensmittel erlassen und sich für eine internationale Deklarationspflicht einsetzen.

11. Die Schweizer Landwirtschaft muss auf Bioproduktion und Qualität setzen.

12. Produktionsgebundene Zahlungen sollen in der Schweiz zugunsten von ökologisch-sozialen Direktzahlungen aufgegeben werden. Dabei werden die biologische und soziale Produktionsart und gemeinnützige Leistungen wie Landschaftspflege und Naturschutz berücksichtigt.

13. In der Schweiz soll traditionelles Wissen im Bereich der Landwirtschaft weitergegeben werden.

14. Die Schweizerische Landwirtschaftspolitik soll sich primär am Binnenmarkt und weniger am Export orientieren.

15. Billige Parallelimporte sollen den Schweizer Bauern zu billigerer Produktion verhelfen.

16. Die Schweiz importiert nur noch Produkte aus fairem Handel.

12. Soziale Ökologie Ausbeutung der Natur ohne Ende?

Unsere Wirtschaft basiert auf der steten Zufuhr fossiler Brennstoffen und anderer Ressourcen. Mehrwert wird durch Ausbeutung von Mensch und Umwelt geschaffen. Zur Profitmaximierung und Konsumsteigerung im freien Markt werden die natürlichen Ressourcen stetig abgebaut. Auf globaler Ebene sind die Ergebnisse der internationalen Umweltkonferenzen (z.B. Kyoto-Protokoll) enttäuschend. Jedes Land versucht sich aus der globalen Verantwortung für die Umwelt und damit für die kommenden Generationen zu ziehen. Heute wird Ökologie bloss für Marketing und Imagepflege instrumentalisiert. Eine Entwicklung hin zu einer ökologischeren Wirtschaft wird jedoch auf allen Ebenen abgeblockt.

Die Umweltzerstörung auf der ganzen Welt, aber auch in unserem Land, nimmt ständig zu. Immer mehr Flächen werden durch Strassenbau und Zersiedelung versiegelt, Wälder werden abgeholzt und Wasser wird verschmutzt. Der motorisierte Individualverkehr nimmt stetig zu, so dass die Luftgrenzwerte für Ozon, Stickoxide und Feinstaub regelmässig überschritten werden. Dies kann unter anderem zu Atemwegbeschwerden führen.

Unser stetig steigendes Konsumbedürfnis führt zu einer Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Die meisten der heutigen Produkte haben nur eine kurze Lebensdauer, da uns der Fortschritt der Technik dazu zwingt, alles gleich wieder neu zu kaufen, um so das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. So werden nicht-erneuerbare Ressourcen verschwendet. Speziell zu erwähnen ist hier unser nicht zu stillender Hunger nach Energie. Obwohl bekannt ist, dass sich die Ölvorräte langsam dem Ende zu neigen, werden erneuerbare Energien und energiesparende Technologien vernachlässigt. Das Verbrennen fossiler Brennstoffe und der damit verbundene CO2-Ausstoss führen zusammen mit anderen Treibhausgasen zur Erwärmung der Erde. Die Klimaveränderung hat das Gleichgewicht der Erde bereits langfristig gestört. Es ist schon jetzt zu beobachten wie Gletscher, Meereis und die polaren Eiskappen immer schneller schmelzen. Viele Ökosysteme nehmen Schaden. Speziell gravierende Folgen für den Menschen haben Veränderungen im Wasserkreislauf: Einige Länder werden beispielsweise mit Dürren, andere mit Überschwemmungen und Erdrutschen zu kämpfen haben. Da sich die Klimaveränderung regional sehr unterschiedlich auswirkt, dürfen auch daraus entstehende soziale Unterschiede nicht unterschätzt werden.

Falsch wäre es nun, auf Atomenergie zu setzen. Atomkraftwerke stellen eine ständige Gefahr dar: Jederzeit kann ein Unfall geschehen, mit kurzund langfristigen Folgen für Mensch und Umwelt. AKWs produzieren ausserdem radioaktiven Abfall. Das Problem der Entsorgung ist immer noch nicht gelöst. Die Wiederaufbereitung führt zu einer starken radioaktiven Belastung, der Transport hochradioaktiver Abfälle ist äusserst gefährlich und teuer. Die Endlagerung überlässt das Problem den kommenden Generationen. Manche der in Atomkraftwerken entstehenden Isotope werden noch mehrere 10’000 Jahre radioaktiv strahlen.

Für eine sozial und ökologisch nachhaltige Gesellschaft

Die Verschmutzung, Ausbeutung und Verschwendung unserer Lebensgrundlage Umwelt muss aufhören. Die JUSO wünscht sich einen respektvollen, bewussten und nachhaltigen Umgang mit der Natur. Dazu müssen wir unsere Abhängigkeit von nicht-erneuerbaren Ressourcen reduzieren. Ein primäres Ziel ist der massive Abbau des Verbrauchs fossiler Energieträger, um die Luftverschmutzung zu vermindern und die Klimaveränderung einzugrenzen. An die Stelle der fossilen Brennstoffe treten erneuerbare Energien, gewonnen aus Sonne, Wind oder Erdwärme. Zudem soll mit effizienten, energiesparenden Technologien die 2000-Watt-Gesellschaft verwirklicht werden. Doch unsere westliche Gesellschaft muss ihr Konsumverhalten ändern, indem wir auf nachhaltige Produkte umsteigen und weniger Abfall produzieren.

Eine lebensfreundliche Mobilität soll allen eine hohe Lebensqualität garantieren. Wir wollen mehr Velowege, einen kostenlosen und besser ausgebauten ÖV sowie einen massvollen Individualverkehr, der weder unsere Luft verpestet noch unser Klima verändert. Dieser Umbau muss gesetzlich durchgesetzt werden, da mit Freiwilligkeit nicht genug erreicht werden kann, und er darf nicht auf Kosten der schwächsten Gesellschaftsschichten geschehen. Ökologische Massnahmen müssen sozialverträglich umgesetzt und einkommensabhängig und gerecht finanziert werden. Natürliche Ressourcen müssen allen zugänglich sein. Externe Kosten (z.B. die Luftverschmutzung durch den motorisierten Verkehr) müssen gemäss dem Verursacherprinzip internalisiert werden. Die Verursacher der Umweltzerstörung sollen für den Schaden aufkommen, nicht die Geschädigten.

Eine ökologisch und sozial nachhaltige Schweiz setzt sich auch international für einen rücksichtsvollen Umgang mit der Umwelt ein. Die Natur ist ein komplexes globales System und richtet sich nicht nach den von Menschen gezogenen Grenzen. - Eingriffe haben langfristige Folgen. Auch Menschen anderer Erdteile und kommende Generationen sind auf die Natur als Lebensgrundlage angewiesen.

Die Forderungen der JUSO:

1. Die Schweiz soll sich in internationalen Gremien wie der WTO für global verbindliche Umweltstandards einsetzen z.B. im Bereich Gewässerschutz, Walderhaltung.

2. Die Schweiz muss ihren Teil zur Eingrenzung der Klimaveränderung leisten. Dazu gehört die Erfüllung der im Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungen und alle weiteren nötigen Massnahmen.

3. Eine hohe Steuer auf die CO2-Produktion und Emissionsbeschränkungen sollen den CO2-Ausstoss in der Schweiz senken. Zusätzlich muss sich die Schweiz auf internationaler Ebene für eine CO2- Abgabe einsetzen.

4. Die Schweiz soll so schnell wie möglich ganz auf Energie aus fossilen Brennstoffen verzichten.

5. Aus der Atomenergie ist so schnell wie möglich auszusteigen. Die Wiederaufbereitung von radioaktivem Abfall muss gestoppt werden.

6. Die Bevölkerung der vorgesehenen Standortkantone muss über den Bau von Atomanlagen abstimmen können.

7. Atommüll darf nicht im Ausland entsorgt werden. Für die Entsorgung in der Schweiz müssen sehr hohe Sicherheitsstandards erfüllt sein.

8. Erneuerbare Energien und energiesparende Technologien sollen gefördert werden. Dabei soll darauf geachtet werden, dass kleinere, lokale Energiespender gegenüber grossen Projekten bevorzugt werden.

9. Durch Förderung effizienter, energiesparender Technologien soll die 2000-Watt-Gesellschaft verwirklicht werden.

10. Bei der Erstellung neuer Immobilien oder bei Renovationen muss man neue Technologien nutzen, um Energie zu sparen oder selbst umweltschonend Energie zu nutzen (z.B. Sonnenkollektoren). Energiespar-Standards (wie z.B. Minergie) sollen verbindlich werden.

11. Eine weitere Ausweitung des Flugverkehrs, welcher im grossen Masse zur globalen Erwärmung beiträgt, ist zu verhindern und eine internationale Kerosin-Steuer einzuführen.

12. Der Anschluss an ein ökologisch vertretbares, europäisches Eisenbahn-Hochleistungsnetz muss geschaffen werden.

13. Der Güterverkehr gehört ausser für die Feinverteilung (Radius 20 km) auf die Bahn.

14. Motorfahrzeuge sind auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen zu blockieren.

15. Die Luftverschmutzung ist zu senken, insbesondere durch Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs. Bei Überschreitung der Grenzwerte für Luftschadstoffe (z.B. Feinstaub oder Ozon) wird zu Sofortmassnahmen, wie die Einführung einer Tempo-Limite, gegriffen.

16. Innenstädte müssen autofrei sein. Der 22. September und mindestens ein Sonntag pro Monat sind im ganzen Land autofrei.

17. Es dürfen keine verkehrsintensiven Strassen mitten durch Wohnquartiere führen. Die Bevölkerung hat ein Anrecht auf Schutz vor Verkehrslärm und Luftverschmutzung.

18. Autos mit übermässigem Schadstoffausstoss oder Fahrzeuge, die ein erhöhtes Verletzungsrisiko darstellen, werden verboten. Ausnahmen für Personen, die darauf angewiesen sind (z.B. Land- und Forstwirtschaft), sind möglich. Im Gegenzug sollen Ökoautos und speziell für Ökoautos eingerichtete Parkplätze gefördert werden.

19. Die öffentliche, genossenschaftlich organisierte Autoteilung, wie z.B. Mobilitiy, soll gefördert werden, um längerfristig den privaten Autoverkehr zu ersetzen. Die öffentliche Hand unterstützt die Genossenschaften, um das Angebot zu verbessern.

20. Die Preise für den öffentlichen Verkehr müssen generell stark gesenkt werden, primär für die unter 18jährigen und für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Ziel ist ein kostenloser öffentlicher Verkehr für alle als Grundlage einer fairen Umweltpolitik.

21. In den Städten soll Road-Pricing eingeführt werden. Diese Einnahmen sind für den Ausbau und die Verbilligung des ÖV zu gebrauchen.

22. Das Velowegnetz muss massiv ausgebaut werden.

23. Gratis-Verleih von Velos in den Städten muss gewährleistet sein.

24. In den Städten braucht es mehr Grünflächen und Fussgängerzonen.

25. Generell soll weniger Abfall produziert werden: Senken des Verpackungsaufwandes und Verzicht auf Aluminium, Depotgebühr auf Verpackungen (z.B. Getränkeflaschen), Förderung des Recyclings und nachhaltig nutzbarer Produkte.

26. Die Abfalltrennung muss verbessert werden.

27. Tourismus darf nur nachhaltig, mit Rücksicht auf die Natur betrieben werden.

28. Wichtige ökologische Systeme dürfen auf keinen Fall Bauprojekten oder der Zersiedelung zum Opfer fallen.

29. Das Verbandsbeschwerderecht darf nicht eingeschränkt oder gar abgeschafft werden.

30. Bund und Kantone fördern das ökologische Bewusstsein in der Schule und in der Öffentlichkeit.

31. Die sichere Versorgung der Bevölkerung mit natürlichen Ressourcen in hoher Qualität, allen voran Wasser, ist Aufgabe des Staates.

32. Die Alpeninitiative soll endlich umgesetzt werden.

33. Spurenelemente in technischen Geräten sollen recycliert werden.

34. Gaskombikraftwerke sind grundsätzlich und als Übergangslösungen abzulehnen.

35. Energieträger für den wirtschaftlichen Gebrauch sollen besteuert werden. Diese finanziellen Mittel werden in Energiesparmassnahmen und erneuerbare Energien investiert.

13. Gleichstellung Von der gesetzlichen zur effektiven Gleichstellung

In der neueren Schweizer Geschichte sind zwei Daten für die politische Gleichstellung der Geschlechter wichtig: 1971 wurde nach jahrzehntelangem Kampf das aktive und passive Wahl- und Stimmrecht für Frauen auf Bundesebene eingeführt, 1981 wurde in der Bundesverfassung die Gleichberechtigung gesetzlich verankert. Obwohl in der Bundesverfassung die Gleichstellung der Geschlechter verankert ist, hat sie noch lange nicht Einzug in die Realität gehalten. Es gehört zu unseren Aufgaben als JungsozialistInnen, für die effektive Gleichstellung in allen Lebensbereichen zu kämpfen.

Eine der offensichtlichsten Benachteiligungen der Frauen ist die ungleiche Entlöhnung der Geschlechter. Nach wie vor verdienen Frauen in allen Berufen und Positionen substantiell weniger als Männer, wie sämtliche Lohnstudien der letzten Jahre belegen. Eine Tatsache, die zwar durch die Einführung des Verfassungsartikels «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit» gemildert, aber noch lange nicht beseitigt werden konnte. Um diese Lohnungerechtigkeit abzuschaffen, müssen zwingend folgende Themen aufgegriffen werden.

Typische Frauenberufe

Bei so genannten «Frauenberufen» entwickelt sich von Anfang an ein viel tieferes Lohnniveau im Vergleich zu den typischen «Männerberufen». Diese Entwicklung ist umgehend so zu korrigieren, dass die Löhne der Frauenberufe jenen der Männerberufe angepasst werden, ohne dass eine Stagnation oder gar Rückentwicklung bei den Löhnen der Männerberufe entsteht. Grundsätzlich lehnen wir die Trennung von so genannten Frauen- und Männerberufen ab, da diese Trennung festgefahrene Rollenbilder zementiert und Individuen nach Geschlecht einteilt und nicht nach Fähigkeiten und Neigungen.

Lohntransparenz

Damit Frauen ihr Recht auf gleiche Entlöhnung durchsetzen können, müssen sie wissen, wie viel ihre männlichen Berufskollegen verdienen. Dies bedingt vollständige Lohntransparenz. In unserem Land scheint es für Berufstätige nach wie vor ein Tabu zu sein, über ihren Lohn zu sprechen. Um Lohntransparenz zu erreichen, ist hier ein Umdenken und Aufklärungsarbeit seitens der Gewerkschaften und der Partei notwendig. Schliesslich dient die in der Schweiz verbreitete Lohnverschwiegenheit einzig und allein den Arbeitgebern, die so das ungerechtfertigte Lohngefälle nie plausibel machen müssen. Es darf nicht vergessen werden, dass ein tieferer Lohn sich auch in einer tieferen Altersvorsorge und einer tieferen Arbeitslosenrente niederschlägt, so dass Frauen meist neben einem tieferen Lohn auch über eine schlechtere soziale Absicherung verfügen. Die Mehrheit der schweizerischen Wohnbevölkerung sind Frauen. Dennoch besetzen diese nur einen Bruchteil der Kaderpositionen in Betrieben, in öffentlich-rechtlichen Anstalten sowie in den Verwaltungen. Diese Untervertretung lässt sich nicht durch objektiv messbare Kriterien erklären. Vielmehr spielen hier gesellschaftliche Schranken sowie starre Rollenbilder eine entscheidende Rolle. Obschon mittlerweile weibliche Studierende in der höheren Bildung die Mehrheit stellen, sind die Möglichkeiten nach einem akademischen Abschluss für männliche Studierende grösser. Auch werden Lehrstühle nur zu einem Bruchteil von Frauen besetzt. Nach wie vor scheint das klassische Rollenverhältnis zwischen den Geschlechtern ein wichtiger Bestandteil der Erziehung zu sein. Den Töchtern wird eine höhere Ausbildung zwar nicht verboten, aber es wird oftmals suggeriert, dass eine solche Ausbildung für die zukünftige Aufgabe als Hausfrau und Mutter nicht notwendig ist. Auch in Schulbüchern und beim Kinderspielzeug werden oft noch starre Rollenbilder portiert. Heute müssen sich immer noch viele Frauen zwischen Karriere und Familie entscheiden. Den Frauen oder Männern, die sich für Karriere und Familie entscheiden, nützt das gestiegene Angebot an Teilzeitstellen nichts, solange für eine Karriere eine Vollzeitanstellung notwendig ist. Da das Angebot von Teilzeitstellen für Männer klein ist und diese meist mehr verdienen als Frauen, bekommt die Entscheidung der Frau, ob Karriere oder Familie, eine ökonomische Komponente. Nach wie vor ist die Bereitschaft der meisten Männer sich an der Hausarbeit und der Kinderbetreuung angemessen zu beteiligen gering. Daraus resultiert, dass Frauen, welche einer Erwerbsarbeit nachgehen und eine Familie haben, einer Doppelbelastung ausgesetzt sind. Dies zeigt, dass es mehr als nur Gesetze braucht, um die tatsächliche Gleichberechtigung zu erreichen.

Die Frauen werden in allen Belangen auf verschiedenste Art und Weise diskriminiert. Beispielsweise gibt es weniger Frauen als Männer, die sich für eine berufliche Karriere entscheiden können, da die Frauen innerhalb der Unternehmen und während ihrer Ausbildung auf zahlreiche Hindernisse stossen. In Politik und Wirtschaft müssen die Frauen viel mehr leisten, als ihre männlichen Kollegen, um anerkannt zu werden. Auch im Mannschaftssport werden die Männer von den ZuschauerInnen stärker zur Kenntnis genommen als die Frauen. Dies zeigt deutlich, dass die weiblichen Leistungen einen tieferen Stellenwert haben.

Aber das ist noch nicht alles! Um die gesamte Problematik der Ungleichheiten zwischen Mann und Frau zu verstehen, müssen wir verstehen, dass auf Grund der langen Geschichte männlicher Dominanz, sich die Frauen «daran gewöhnt» haben, sich nicht vorzudrängen. So ist es aus soziologischer Perspektive erklärbar, dass es für eine Frau schwieriger ist als für einen Mann, sich in Politik, Wirtschaft oder Sport zu profilieren. Aus den gleichen Gründen interessieren sich die Frauen eher für soziale Berufe als für technische. Es geht also in erster Linie darum, die Ursachen des Problems anzugehen. Wir müssen die Einstellung der Menschen und die Traditionen verändern und gegen jegliche Form von Stereotypen vorgehen. Sei dies nun in der Schule, in der Arbeitswelt, in der Politik oder in den Medien.

Homosexualität/ Transsexualität/ Bisexualität

Nicht nur auf die Gleichstellung von Frau und Mann hin muss gearbeitet werden, sondern auch derjenigen von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen. Es braucht die Möglichkeit zur Eheschliessung für homosexuelle Paare, sowie auch diejenige zur partnerschaftlichen Registrierung für heterosexuelle. Lesbische, Schwule, bi- und transsexuelle Menschen sind im Alltag oft Diskriminierungen ausgesetzt, die Heterosexuelle nicht erfahren. Um dem entgegenzuwirken, braucht es Massnahmen, welche die Öffentlichkeit sensibilisieren. In Schulen muss dieser Themenbereich im Lehrplan verankert werden und neutral bzw. positiv auch ausserhalb des Biologie- bzw. Sexualkundeunterrichts behandelt werden.

Die Forderungen der JUSO:

1. Die Möglichkeit zur Registrierung aller partnerschaftlichen Verbindungen ist einzuführen. (Partnerschaftsgesetz für heterosexuelle Paare.)

2. Massnahmen zur Sensibilisierung von Homosexualität sind im Lehrplan zu integrieren.

3. Bund und Kantone müssen Massnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bezüglich Homosexualität ergreifen.

4. Die Entschädigung zur Ausführung eines politischen Amtes muss existenzdeckend angesetzt werden.

5. Krippen- und Hortplätze für alle Kinder sollen zu einem Recht werden. Krippenplätze werden vom Betrieb bzw. von der AusbildnerIn oder vom Staat finanziert und sind im nahen Umkreis vom Arbeitsplatz/ Studienplatz angesiedelt.

6. Einkommensabhängige Kinderzulagen sind einzuführen.

7. Die AHV muss ihrem Verfassungsauftrag endlich gerecht werden. Ihre Leistungen sind dementsprechend zu erhöhen.

8. Eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter in sämtlichen politischen Ämtern und in den Verwaltungen mittels Quoten soll gesetzlich verankert werden.

9. Ein wählbarer kumulierter Mutter- und Vaterschaftsurlaub von insgesamt 1,5 Jahren ist einzuführen.

10. Der Gesetzgeber soll die Arbeitgeber zu voller Lohntransparenz verpflichten.

11. Ein Förderungsfonds für die Aufhebung der Unterscheidung zwischen frauen- und männerspezifischen Berufen (Kampagnen, Sensibilisierung, usw.) ist einzurichten.

12. Lehrstühle an Hochschulen müssen paritätisch nach Geschlecht besetzt werden. Ausserdem muss auf allen akademischen Karrierestufen die Gleichstellung gefördert werden.

13. Arbeit und Bildung müssen flexibler gestaltet werden: Frauen und Männer sollen ihre Arbeits- und Studienzeiten individuell gestalten können. Es braucht vermehrt Ausbildungsstätten mit Halbtagesunterricht. Teilzeitarbeitende sollen wählen können wie sie ihre Arbeitszeit einteilen und die Heimarbeit soll gefördert werden.

14. Eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter auf allen Karrierestufen und Entscheidungsebenen ist anzustreben.

15. Die sich-zur-Wahl-stellenden Parteien sollen dazu verpflichtet werden, dass beide Geschlechter mehr oder weniger zu je 50% auf ihren Wahllisten vertreten sind.

16. Kinder und Jugendliche sollen unabhängig ihres Geschlechts gefördert werden. Mädchen sollen vermehrt technische Ausbildungen geniessen und Knaben leichter «typische Frauenberufe» erlernen.

17. Die Möglichkeit zur Eheschliessung für gleichgeschlechtliche Paare ist einzuführen. Dies zieht selbstverständlich die Erlaubnis zur gemeinschaftlichen Adoption nach sich.

18. Alle öffentlich-rechtlichen und konzessionsnehmenden Medien sollen in ihren Eigenproduktionen eine geschlechtergerechte Sprache gebrauchen.

19. Die Missachtung des Gleichstellungsgesetzes muss bestraft werden.

20. Patriarchale Strukturen innerhalb der Familie sind zu bekämpfen.

21. Die umgekehrt proportionale Kinderzulage wird eingeführt. Die Zulagen müssen erhöht werden.

14. Zivilgesellschaft und politische Demokratie Lückenhafte Volksrechte

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden die Volksrechte für alle Bevölkerungsschichten ausgebaut. Doch stehen wir heute vor einem Vertrauensverlust und einem steigenden Desinteresse an Politik. Es muss festgestellt werden, dass ein Grossteil der Bevölkerung in der Schweiz kaum an den Entscheidungsprozessen beteiligt und in staatlichen Institutionen stark unterrepräsentiert ist. Von dieser Unterrepräsentation sind die Frauen, die Jungen, die AusländerInnen sowie die sozial Schwächsten betroffen.

Andererseits werden immer mehr Entscheidungen einer demokratischen Kontrolle entzogen. Die geheimen Verbindungen zwischen Wirtschaftskreisen und gewissen PolitikerInnen schwächen unsere Demokratie und verstärken die Distanz zwischen den BürgerInnen und dem politischen System. Angesichts dieser Situation fühlen sich die BürgerInnen machtlos, verlieren das Interesse am Funktionieren der Gesellschaft und enthalten sich ihrer Stimme. Dieses Defizit an Beteiligung schwächt die Demokratie.

Damit alle sich als Teil eines Gesellschaftsprojektes fühlen und an allen Entscheidungen partizipieren können, ist es notwendig, bessere Strukturen zu schaffen, in denen alle ihrem Willen Ausdruck geben können. Deshalb ist es nötig, die demokratischen Rechte auszubauen.

Beteiligung aller

Die JUSO Schweiz strebt eine Gesellschaft an, in der alle auf einer gleichberechtigten Grundlage unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität, Ausbildung und Einkommen partizipieren; mit anderen Worten, dass eine pluralistische Demokratie entsteht. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, dass alle Teile der Bevölkerung integriert sind und dass neue Beteiligungsstrukturen geschaffen werden.

Die Jugendlichen sollen verstehen, dass sich Politik nicht nur auf die institutionelle Ebene beschränkt, sondern auch Teil des Vereins- und kulturellen Lebens ist. Etwa 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung verfügen über keinen Schweizer Pass, obwohl die meisten dieser Menschen seit vielen Jahren in unserem Land leben, hier arbeiten und Steuern bezahlen. Da sie die gleichen Pflichten wie die SchweizerInnen haben, gibt es keinen Grund, sie vom demokratischen Prozess auszuschliessen. Sie sind vom Funktionieren unserer Gesellschaft genauso betroffen wie die SchweizerInnen. Ihre Beteiligung wäre eine Bereicherung für die Schweiz. Bemühungen in diese Richtung müssen also unterstützt und beschleunigt werden.

Das Vereinsleben spielt eine wichtige soziale Rolle für den Kontakt und die Integration. In der heutigen Situation sozialer Kälte ist dies zu einem wichtigen Faktor geworden. Jugendorganisationen, Sozial-, Quartier- und Jugendzentren widerspiegeln die Wünsche und Sorgen der BürgerInnen und zeigen ihr Engagement und ihre Gesellschaftsprojekte. Für die Politik sind sie zu einer Quelle der Informationen und Experimente geworden, was die BürgerInnenbeteiligung in der Gesellschaft angeht, und ein Ort, um die Forderungen aus dem Volk aufzunehmen. Jugendorganisationen, Sozial-, Quartier- und Jugendzentren stellen Räume dar, wo Meinungen ausgetauscht werden können, dies vor allem auch für Jugendliche. Der Staat sollte also die Jugendorganisationen, Sozial-, Quartier- und Jugendzentren anerkennen und unterstützen, und zwar sowohl finanziell als auch strukturell, ohne ihnen aber die Autonomie, die sie so stark macht, zu entziehen.

Ausweitung der Volksrechte

Um die Beteiligung der Menschen am öffentlichen Leben zu erhöhen, muss die Demokratie aufgewertet werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Rolle der Wirtschaft neu definiert und von der Politik kontrolliert wird. Auch müssen die direkten und indirekten Volksrechte ausgebaut werden. Transparenz der Funktion und der Finanzen muss hergestellt werden. Es ist von grösster Wichtigkeit, dass die Finanzierung von Abstimmungs- und Wahlkampagnen strikt kontrolliert wird.

Auf lokalem Niveau sollen Quartierräte mit finanzieller Kompetenz eingerichtet werden. Auf nationaler Ebene soll die Einführung von neuen direktdemokratischen Instrumenten den BürgerInnen erlauben, sich näher und konkreter mit anstehenden Entscheidungen zu befassen. Solche Instrumente wären zum Beispiel konstruktives Referendum oder gewichtigere Petitionen auf allen Ebenen.

Auch die Transparenz ist ein unabdingbares Element jedes demokratischen Systems. Damit die BürgerInnen in einer Angelegenheit entscheiden können, ist es unerlässlich, dass sie über die Finanzmittel der politischen Parteien und der politischen Kampagnen informiert sind. Auch die Interessenverbindungen der PolitikerInnen sind offenzulegen.

Die Forderungen der JUSO:

1. Vereine – insbesondere Jugendorganisationen, Sozial-, Quartierund Jugendzentren – müssen von der öffentlichen Hand anerkannt und unterstützt werden, finanzielle und strukturelle Hilfe erhalten.

2. Die ausformulierte Gesetzesinitiative soll eingeführt werden.

3. Ein Recht auf das konstruktive Referendum (50'000 Unterschriften innerhalb von drei Monaten) muss eingeführt werden.

4. Petitionen sind auszuweiten: Ab 10'000 Unterschriften muss eine Petition verbindlich sein, d.h. eine parlamentarische Kommission muss mindestens einen Bericht zum Thema verfassen.

5. Das Ständemehr ist abzuschaffen.

6. Die Transparenz betreffend Parteifinanzen und politischer Kampagnen ist zu garantieren und eine Ausgabenlimite für Kampagnen einzuführen.

7. Die Gründung von Quartierräten ist zu fördern, welche aus öffentlichen Geldern ihre eigenen Projekte realisieren können.

8. Das aktive und passive Stimm- und Wahlrechts ab 16 Jahren ist auf alle Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) einzuführen.

9. In allen Kantonen ist die briefliche Stimmabgabe einzuführen.

10. Die Anzahl Unterschriften für Initiativen und Referenden sind zu senken.

11. Das aktive und apssive Stimm- und Wahlrecht für AusländerInnen muss auf allen Ebenen (Bund, Kantone und Gemeinde) analog zum Stimm- und Wahlrecht für SchweizerInnen eingeführt werden.

12. Der Ständerat ist abzuschaffen und durch ein Einkammerparlament nach norwegischem Vorbild zu ersetzen.

13. Der Staat soll die Parteien proportional zu ihrer WählerInnenstärke finanzielle unterstützen.

Nachwort

Auf in die Zukunft!

Hundert Jahre nach ihrer Gründung gibt sich die JUSO Schweiz ein neues Programm. Sie bestätigt damit erneut ihren Willen und ihre Überzeugung, dass die Welt verändert werden kann. Ja, die Welt muss es sogar! Es ist der Sinn des vorliegenden Programms: Die JUSO Schweiz hat hier ihre Forderungen vorgelegt, die zum Ziel haben, die Welt radikal zu verändern und sie gerecht, solidarisch und demokratisch zu gestalten. Wenn wir im Interesse aller handeln wollen, müssen wir jetzt damit beginnen.

Die vorliegenden Seiten zeigen auf, wie unsere Welt von tief greifender Ungerechtigkeit regiert wird. Sie zeigen auch Lösungen um dem abzuhelfen. Einige Lösungen sind dazu gedacht, kurzfristig zu wirken, andere eher langfristig. Eine Sache ist sicher: Wir wollen diese Welt verändern.

Globalisierung

Unsere tiefste Überzeugung ist «international»: Auch in einer Zeit, in der viele Menschen in einer grenzenlosen, globalisierten Welt nach Halt suchen, kann eine sozialistische Antwort nie die Suche nach einem linken Nationalgefühl sein; Sozialismus ist international. Unser Blick darf nicht an Landesgrenzen oder Bergketten hängen bleiben.

Als demokratische SozialistInnen begegnen wir anderen Projekten des demokratischen Sozialismus auf allen Erdteilen mit kritischer Solidarität. Kein sozialistisches Projekt ist vollkommen, aber sie sind ein Beweis dafür, dass eine andere Welt möglich ist. Wir unterstützen alle emanzipatorischen Projekte hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und gegen alle Formen von Unterdrückung. Es gibt Hoffnung in dieser Welt, und sie verdient unsere Unterstützung. Wir brauchen eine grosse, internationale Bewegung, welche zu einer gerechten und friedlichen Welt und der Überwindung des Kapitalismus führt.

Wir JungsozialistInnen stehen für echte Freiheit in Gleichheit, die auf Solidarität, einer gerechten Verteilung der Produktionsmittel und des Wohlstandes und einer Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft beruht. Für die Verwirklichung dieser Ideale lohnt es sich zu kämpfen – in der Schweiz und weltweit!