Resolution verabschiedet an der Jahresversammlung der JUSO Schweiz vom 15. Februar 2025 in Bern.
Einleitung
Seit April 2023 wird der Sudan von einem erbitterten und blutigen Krieg zwischen der sudanesischen Armee (SAF) unter General Abdel Fattah al-Burhan und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), angeführt von General Mohamed Hamdan Dagalo, erschüttert. Dieser Machtkampf hat nicht nur Tausende von Menschenleben gefordert, sondern auch Millionen in die Flucht getrieben und eine humanitäre Katastrophe unvorstellbaren Ausmasses hervorgerufen. Die Eskalation von Gewalt ist jedoch nicht nur Ausdruck eines internen Machtkampfes, sondern auch das Resultat jahrzehntelanger struktureller Probleme und externer Einflussnahmen, die eine demokratische Entwicklung im Sudan systematisch behindert haben.[1]
Historischer Kontext
Die Geschichte des Sudan ist geprägt von einer langen Tradition der Ausbeutung und Unterdrückung, die ihre Wurzeln in der Kolonialzeit hat. Während der britisch-ägyptischen Herrschaft (1899–1956) wurden die wirtschaftlichen Ressourcen des Landes systematisch geplündert, und die kolonialen Machthaber förderten gezielt soziale und regionale Ungleichheiten, um ihre Kontrolle aufrechtzuerhalten.[2] Diese tiefgreifenden Ungleichheiten setzten sich auch nach der Unabhängigkeit des Landes 1956 fort, da politische und wirtschaftliche Macht weiterhin von Eliten dominiert wurde. Anstatt inklusiver staatlicher
Institutionen entstanden oligarchische Strukturen, die von Korruption und Klientelismus durchzogen waren.[1] Diese Umstände verschärften sich besonders auch unter der Herrschaft von Omar al-Baschir bis 2019 immer mehr.[2]
Der Sturz al-Baschirs im Jahr 2019 durch eine Volksbewegung stellte zunächst einen Hoffnungsschimmer dar. Millionen Menschen gingen auf die Strasse, um Demokratie, soziale Gerechtigkeit und einen echten politischen Wandel zu fordern.[3] Doch diese Hoffnungen wurden durch die erneute Machtergreifung des Militärs im Jahr 2021 zunichtegemacht. Der gegenwärtige Konflikt zwischen SAF und RSF ist nicht nur ein Machtkampf zwischen zwei Fraktionen, sondern ein Symptom eines tiefergehenden Problems: eines Staates, der von seinen Eliten für persönliche Bereicherung und Machtkämpfe instrumentalisiert wird, während die Bedürfnisse der Bevölkerung ignoriert werden. Die Schwäche zivilgesellschaftlicher Strukturen und die anhaltende Militarisierung des Landes haben den Weg für diese Krise geebnet.[4]
Die Rolle des Westens
Die Krise im Sudan kann nicht analysiert werden, ohne die kontinuierlichen Einflussnahmen des Westens zu berücksichtigen. Statt die demokratischen Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung zu unterstützen, haben westliche Staaten widerholt autoritäre Regime gefördert, um geostrategische und wirtschaftliche Interessen zu sichern.[5] Über Jahrzehnte hinweg lieferten westliche Staaten Waffen in den Sudan, die heute von der SAF und RSF gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden.[6] Länder wie die USA, Grossbritannien und Frankreich unterstützten autoritäre Strukturen entweder direkt oder durch passives Wegsehen bei Menschenrechtsverletzungen, um ihre Interessen nicht zu gefährden.
Parallel dazu hat die wirtschaftliche Ausbeutung durch multinationale Konzerne die Situation weiter verschärft. Gold, Öl und andere Rohstoffe werden unter katastrophalen Bedingungen abgebaut, wobei die Gewinne in die Taschen internationaler Unternehmen und lokaler Eliten fliessen.[7] Besonders zynisch ist die Zusammenarbeit der EU mit der RSF im Rahmen der Migrationskontrolle. Im sogenannten Khartoum-Prozess arbeitete die EU eng mit sudanesischen Sicherheitskräften zusammen, um Migration nach Europa zu verhindern, und unterstützte dabei indirekt Akteur*innen, die für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Dies verdeutlicht, wie wirtschaftliche und politische Interessen des globalen Nordens systematisch über Menschenrechte gestellt werden.[8]
Solidarität mit den Menschen im Sudan!
Der Westen trägt eine massgebliche Verantwortung für die katastrophalen Entwicklungen im Sudan. Es ist an der Zeit, in Solidarität mit der sudanesischen Bevölkerung zu handeln. Um die Krise im Sudan nachhaltig zu bewältigen und den Weg für eine gerechte und demokratische Zukunft zu ebnen, ist entschiedenes politischen Handeln auf internationaler Ebene nötig.
Wir fordern:
- Ein sofortiges Ende aller Waffenlieferungen in die Region und eine konsequente Kontrolle des internationalen Waffenhandels.
- Die Aufnahme von Geflüchteten sowie umfassende humanitäre Hilfe vor Ort.
- Langfristige Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Strukturen und demokratischen Bewegungen im Sudan.
- Strenge Kontrollen multinationaler Konzerne; Konsequentes Einhalten von Menschenrechten.
[1] https://knowledgehub.transparency.org/assets/uploads/helpdesk/342_Corruption_and_anti-corruption_in_Sudan.pdf
[2] https://www.britannica.com/biography/Omar-Hassan-Ahmad-al-Bashir
[3] https://freedomhouse.org/report/special-report/2022/civic-mobilizations-authoritarian-contexts/Sudan-summary
[4] https://www.cfr.org/blog/sudans-coup-one-year-later
[5] https://carnegieendowment.org/research/2024/10/us-democracy-assistance-sudan-ethiopia
[6] https://www.amnesty.org/en/latest/research/2024/07/new-weapons-fuelling-the-sudan-conflict/
[7] https://www.files.ethz.ch/isn/19131/Complex_Reality_sudan.pdf
[8] https://migration-control.info/en/blog/how-the-european-union-finances-oppression/
[1] https://www.jstor.org/stable/resrep60132
[2] https://www.britannica.com/place/Sudan/The-British-conquest