Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 22. April 2023 in St. Gallen (SG)
Am 24. Februar 2022 marschierte Russland in der Ukraine ein. Seither hat der russische Angriffskrieg innerhalb der Linken zu vielen Diskussionen geführt. Aufgrund der asymmetrischen Kräfteverhältnisse war die Frage der Kriegsmaterialexporte eine der ersten, die sich stellte.
Die JUSO Schweiz anerkennt das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung und damit auch die grundsätzliche Legitimität von Kriegsmaterial-Lieferungen an die Ukraine. Wäre die militärische Unterstützung für die Ukraine ausgeblieben, hätte dies einen schnellen Sieg Russlands zur Folge gehabt. Dies hätte ein katastrophales internationales Signal gesendet: Autoritäre Mächte könnten ungestraft und ohne Widerstand der internationalen Gemeinschaft in ein Nachbarland einmarschieren. Verheerende Auswirkungen auf den Weltfrieden wären die Folge gewesen. Putin will ausserdem nicht "nur" Gebiete in der Ukraine erobern oder Rohstoffe kontrollieren, sondern strebt die Zerstörung der ukrainischen Gesellschaft an. Die Deportation tausender ukrainischer Kinder durch Russland - ein Kriegsverbrechen für das der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt hat - und die systematische Gewalt gegen Zivilist*innen bei Eroberungen durch die russische Armee sind nur ein paar Beispiele dafür. Angesichts von Unterdrückung und Gewalt kommt es einer Parteinahme für die Unterdrückenden gleich, unterstützt man die Unterdrückten nicht aktiv. Eine radikal pazifistische Position, die dazu neigt, den Krieg ungeachtet seines Ausgangs so schnell wie möglich beenden zu wollen, ist in diesem Zusammenhang also unhaltbar.
Bedeutet dies aber, dass die Schweiz auch Waffen in die Ukraine exportieren sollte? Die Schweiz ist ein Sonderfall: Über die Frage der Kriegsmaterialexporte wurden in den letzten Jahren zahlreiche Debatten geführt und die Linke konnte dabei mehrere Siege erringen. So zuletzt die Verankerung von Exportkriterien in einem Gesetz statt einer Verordnung, sowie die Rückkehr zu einem strikten Exportverbot für Länder, die die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzen. In der aktuellen Diskussion zu Exporten in die Ukraine konnte die SP die Widerspruchs-Falle der Rechten vermeiden, indem sie einen fairen Vorschlag machte, Wiederausfuhren nur unter bestimmten strengen Bedingungen zuzulassen,1 auch wenn betont werden muss, dass die Rechten dieses Schlupfloch später hätten ausnutzen können. Schlussendlich ist die Frage der Waffenexporte aber auch abgesehen von den Risiken, die eine Erleichterung mit sich bringen kann, ganz einfach die falsche. Ihre Bedeutung wird aufgeblasen von den Rechten, die einzig die Interessen der herrschenden Klasse stärken wollen. Tatsächlich verfügt die Schweiz über andere, viel wichtigere Hebel, um die ukrainische Bevölkerung zu unterstützen und Putins Angriffskrieg nicht länger zu befeuern: das Geld der Oligarchen, den Rohstoffhandel und Dual-Use-Güter.
Russische Oligarch*innen enteignen, um die Ukraine wieder aufzubauen!
Von den rund 200 Milliarden Franken russischen Geldern in der Schweiz wurden nur gerade 7,5 Milliarden eingefroren. Dieses Oligarch*innen-Geld bildet aber die finanzielle Grundlage für den russischen Angriffskrieg. Wir fordern daher, dass alle Mittel eingesetzt werden, damit wir über diese Gelder verfügen können. Sie düfen dabei nicht nur eingefroren, sondern enteignet werden. Anschliessend muss das Geld für humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden.
Besteuerung von Superprofiten reicht nicht aus - enteignen wir die mit Putin verbündeten multinationalen Konzerne!
Vor dem Krieg stammte ein Drittel des russischen Haushalts aus dem Export von fossilen Energieträgern. Die Schweiz war und ist dabei eine Drehscheibe für den Handel mit Rohstoffen. Aufgrund des Krieges stiegen die Preise für fossile Brennstoffe, was den multinationalen Handelskonzernen astronomische Gewinne bescherte und Putin zusätzliche Gelder verschaffte. Glencore ist für die Nähe zum Putin-Regime bekannt und mehrere andere multinationale Unternehmen mit Präsenz in der Schweiz, wie Gazprom oder Gunvor befinden sich zu grossen Teilen oder sogar mehrheitlich in russischem Besitz. In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, nur ihre Megaprofite zu besteuern; die multinationalen Konzerne, die den russichen Angriffskrieg anheizen, müssen enteignet und alle Verbindungen zu Russland gekappt werden.
Exportstopp für Dual-Use-Güter nach Russland
Dual-Use-Güter sind Güter, die sowohl für zivile, als auch militärische Zwecke verwendet werden können und für die deshalb andere Regeln als für explizites Kriegsmaterial gelten. Für bestimmte Waffen sind allerdings Dual-Use-Komponenten zwingend notwendig. In den letzten Jahren wurden viele Dual-Use-Güter nach Russland exportiert und dann in Waffen verwendet. Dies setzt sich auch heute fort. Wir fordern deshalb strenge Kontrollen und einen Ausfuhrstopp für Dual-Use-Güter nach Russland.
[1] Die Motion der SP wollte die Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial ermöglichen, sofern der UNO-Sicherheitsrat oder eine Zweidrittelmehrheit der UNO-Generalversammlung eine Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots feststellt. Sie wurde vom Nationalrat ihres Inhalts entleert.