Gegen noch mehr (B)Irrsinn: Keine weiteren Gas-Infrastrukturen in der Schweiz, keine neuen fossilen Energien irgendwo!

03.05.2023

Resolution verabschiedet an der Delegiertenversammlung der JUSO Schweiz vom 22. April 2023 in St. Gallen (SG)

Unter dem Deckmantel der Versorgungssicherheit beginnt die Schweiz wieder auf fossile Energien zu setzen. In Muttenz (BL) soll noch dieses Jahr ein Flüssiggas-Terminal gebaut werden, ein Gasspeicher und -Kraftwerk sollen folgen. So hat es der federführende Gasverbund Mittelland (GVM) zwar noch nicht beschlossen, aber schon medial kommuniziert. Das ist Teil eines nationalen Trends: Der Bundesrat gab schon 2022 den Auftrag, regional neue Standorte für Reserve-Gaskraftwerke zu prüfen. Darauf folgen nun Taten: Zusätzlich zum Gas-Terminal in Muttenz, gibt es in Perlen (LU) Bestrebungen ein neues Gaskraftwerk zu bauen, in Birr (AG) ist ein Öl- und Gaskraftwerk schon wieder einsatzbereit und Bundesrat Albert Rösti will 2023 noch mehr Gaskraftwerke bauen lassen. Klar ist: Diese Entwicklung muss umgekehrt werden. Wir dürfen keine neuen Infrastrukturen für Flüssigerdgas (LNG) oder andere fossile Energien zulassen, der Ausstieg aus fossilen Energien muss so schnell wie möglich erfolgen.

Klimaschädliche fossile Infrastruktur und die Scheinnachhaltigkeit der Gasbranche

Diese neuen Gasspeicher, Kraftwerke und Terminals sind Infrastrukturen für fossile Energien. Öl und fossile Gase erzeugen grosse Treibhausgasemissionen und sind daher massiv klimaschädlich. Gerade Flüssigerdgas (LNG) wird häufig durch Fracking1 gewonnen. Bei Fracking wird einerseits häufig das Treibhausgas Methan freigesetzt und andererseits umwelt- und gesundheitsschädigende Substanzen in den Boden gepumpt, die das Grundwasser verunreinigen können. Für den Transport muss LNG unter massivem Energieaufwand auf unter -160 Grad heruntergekühlt werden.

Die Verantwortlichen werben deshalb mit Scheinnachhaltigkeit: Die Infrastrukturen sollen angeblich irgendwann für “nachhaltige” Gase, wie Biogas oder synthetisches Methan, genutzt werden. Ob diese Infrastrukturen dann tatsächlich für “nachhaltige” Gase verwendet werden, ist fraglich. Die Produktion von Biogas bedroht ausserdem die Biodiversität, verschwendet grosse Flächen an Boden und Ackerland und beschleunigt Waldrodung2, die Produktion von synthetischem Methan ist nur unter grossem Energieaufwand möglich, teuer und ineffizient3. Fakt ist: Für Netto Null 2030 reicht das bei Weitem nicht. Dieses Greenwashing dient einzig dem Profiterhalt der Gasbranche und verhindert einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien.

Gasbranche sichert Profite unter Deckmantel der Versorgungssicherheit

Die Pläne für neue fossile Infrastrukturen trotz der Klimakrise rechtfertigen der Bund, die Kantonsregierungen, der Gasverbund Mittelland und General Electrics mit der “gefährdeten” Versorgungssicherheit. Dabei werden erneuerbare Energiequellen, wie Solar-, Wasser- und Windkraft, völlig aussen vorgelassen. Zudem zeigt eine Analyse der ZHAW4, dass die Schweiz zur Versorgungssicherheit keine weiteren fossilen Reservekraftwerke benötigt. Die Angst der Bevölkerung vor einer Strommangellage wird instrumentalisiert, damit die Gasbranche langfristig ihre eigenen Profite sichern kann. Neue Infrastruktur für LNG und Flüssiggas festigt den Stellenwert von fossilen Energien: Weil die Anlagen mindestens 20 Jahre lang genutzt werden können, rückt der Ausstieg aus fossilen Energien in weite Ferne.5

Erneuerbare Energien ausbauen

Wieder auf fossile Energie zurückzugreifen sollte keine Option darstellen, denn Alternativen sind vorhanden: Erneuerbare Energiequellen wie Solar-, Wasser- und Windkraft sind in der Schweiz noch lange nicht ausgeschöpft. Während das klimaschädliche Gasterminal in Muttenz einfach so gebaut werden soll, wird gleichzeitig am selben Ort der Bau eines Windrads von bürgerlicher Seite verhindert. Diese Prioritätensetzung ist inakzeptabel und wird der Klimakrise nicht gerecht. Es braucht eine schnelle und weitreichende Offensive für erneuerbare Energien, die unter anderem durch staatliche Investitionen finanziert wird.

Die JUSO Schweiz stellt deshalb folgende Forderungen:

  • Die Energiebranche darf keine neue Infrastruktur für fossile Energieträger bauen.
  • Die Schweiz muss ein robustes Stromnetz aufbauen, das auch in Mangellagen ohne fossile Energien auskommt. Für Notsituationen müssen Notfallpläne ohne fossile Energien ausgearbeitet werden. Fossile Energien dürfen nur in ausweglosen Situationen, beispielsweise für Notnetzwerke für Spitäler, verwendet werden.
  • Der Bund muss die Offensive für erneuerbare Energien fortsetzen und deutlich ausbauen. Wo Fachkräfte fehlen, müssen die Arbeitsbedingungen verbessert, Löhne angehoben und Umschulungen subventioniert werden.
  • Der Bau von Infrastruktur für Solar-, Wind- und Wasserkraft muss für Kantone und Gemeinden vereinfacht, finanziell unterstützt und beschleunigt werden.
  • Die Energieversorger müssen demokratisiert werden. Gewinne aus fossilen Energieträgern müssen stark besteuert werden und der Steuerertrag muss in erneuerbare Energien fliessen.

[1] https://www.zhaw.ch/de/medien/medienmitteilungen/detailansicht-medienmitteilung/event-news/es-geht- auch-ohne-gaskraftwerke/

[2] https://environmentaldefence.ca/2022/10/26/dont-buy-the-hype-lng-is-bad-for-the-climate/

[3] Fracking ist ein Prozess, um Gas aus Gesteinsschichten im Boden zu lösen. Dabei wird Wasser mit Chemikalien versetzt und mit grossem Druck in die Gesteinsschichten gepumpt, um das Gas freizusetzen. (https://www.geo.de/natur/oekologie/2906-rtkl-erdgasfoerderung-fracking-das-sollten-sie-wissen)

[4] https://news.mongabay.com/2023/03/a-liquid-biofuels-primer-carbon-cutting-hopes-vs-real-world-impacts/

[5] https://www.forbes.com/sites/jamesmorris/2021/03/27/synthetic-fuels-wont-save-the-planet-so-dont-say- they-could/?sh=5287d5b069a4