Migration

Für eine Welt ohne Flucht!

Über 100 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – so viele wie noch nie. Diese Menschen müssen ihr Zuhause verlassen, weil sie vor Krieg, Verfolgung, Klimakatastrophen oder Perspektivlosigkeit flüchten müssen. Auf ihrer Flucht erfahren sie physische und psychische Gewalt und riskieren den Tod. Die Schweiz und andere Länder des «globalen Nordens» tragen dabei eine direkte Verantwortung. Nicht nur die repressive und menschenunwürdige Migrationspolitik in Europa sorgt für grosses Leid, dazu kommt auch die aggressive Steuerdumpingpolitik, welche zu Kapitalflucht führt, und die globale Migration antreibt. Viele Menschen sind gezwungen zu flüchten, um der systembedingten Armut zu entkommen. Sie ziehen dem Kapital dorthin nach, wo es sich aufgrund des kapitalistischen Wirtschaftssystems akkumuliert hat: in den «globalen Norden». Die Profitgier des reichsten 1% ist auch verantwortlich für bewaffnete Konflikte auf der ganzen Welt. Mit Krieg wird Geld verdient. Multinationale Konzerne beuten neue Territorien aus und befeuern damit die Klimakrise. Die Folgen der Umweltausbeutung berauben unzählige Menschen ihrer Lebensgrundlagen. Migration bleibt oft die einzige Überlebenschance. Die Schweizer Migrationspolitik wird durch rassistische Angstkampagnen der SVP gelenkt. Kontingente, willkürliche Kriterien für die Bewilligung eines Asylantrags oder das Platzieren von Menschen in Randregionen sind nur einige Beispiele für die menschenunwürdige Politik. Immer mehr übernehmen private und unqualifizierte Unternehmen den Sicherheitsdienst und die Betreuung in Unterkünften für Asylsuchende. Dazu kommt, dass die Schweiz die abschottende Europäische Migrationspolitik durch die Mitfinanzierung der kriminellen Grenzschutzorganisation Frontex direkt unterstützt. Geflüchtete Menschen haben in der Schweiz kaum Rechte, sondern werden diskriminiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Um das Leid von flüchtenden Menschen zu verringern, fordert die JUSO eine Öffnung der Grenzen, eine angemessene Finanzierung des Asylsystems, die Wiedereinführung des Botschaftsasyls, den Boykott der Europäischen Migrationspolitik und Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterial.

Unsere Hauptforderungen

Stimm- und Wahlrecht für alle in der Schweiz lebenden Personen

Demokratie ist ein grundlegendes Gut für eine freiheitliche Gesellschaft. Wie wir uns für die demokratische Verwaltung aller Unternehmen durch die Arbeiter*innen einsetzen, setzen wir uns auch für eine grundlegend demokratisch organisierte Gesellschaft auf allen Ebenen ein.

In der Schweiz gibt es grosse Defizite, was die demokratische Beteiligung der Bevölkerung anbelangt. Auch nach der Einführung des Frauenstimm- und Wahlrecht vor etwas mehr als 50 Jahren, ist heute ein relevanter Teil der Schweizer Bevölkerung von der Demokratie ausgeschlossen. Mehr als ein Viertel der in der Schweiz lebenden Personen hat keinen Schweizer Pass. Obwohl ein grosser Teil der migrierten Bevölkerung seit Jahren oder sogar Generationen in der Schweiz lebt, hier arbeitet und den selben gesellschaftlichen Pflichten nachkommt wie Menschen mit Stimm- und Wahlrecht, werden sie von politischen Mitgestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Über 2.2 Millionen Personen müssen also über sich und ihr Leben entscheiden lassen, ohne mitreden zu können.

Für uns ist klar: Alle Menschen sollen dort, wo sie leben, auch mitbestimmen dürfen. Einige Kantone und Gemeinden, vor allem in der Westschweiz gewähren Niedergelassenen bereits das aktive und passive Stimm- und Wahlrecht. Wir fordern, dass alle Menschen, die ihren Wohnsitz seit einem Jahr in der Schweiz haben, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus das Wahl- und Stimmrecht auf allen staatspolitischen Ebenen erhalten. Wer in der Schweiz lebt, soll auch in der Schweiz mitbestimmen können.


Automatische Einbürgerung

Die Einbürgerungsquote bleibt in der Schweiz weiterhin tief. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie die Wehrpflicht oder die Pflicht, eine Staatsbürgerschaft (je nach Land) bei einer Schweizer Einbürgerung abgeben zu müssen. Der Hauptfaktor ist ganz klar der überaus teure, rassistische und somit unzugängliche Einbürgerungsprozess.

Die Bürgerlichen vergrössern die finanziellen und administrativen Hürden zur Einbürgerung bereits seit Jahren. Selbst Nachfahren der dritten und vierten Generation von Migrant*innen müssen ein aufwändiges Einbürgerungsverfahren durchlaufen, um die Staatsbürgerschaft zu erlangen. In vielen Gemeinden entscheidet weiterhin die Gemeindeversammlung direkt über Einbürgerungen. Wiederholt wurden Einbürgerungen aufgrund persönlicher Differenzen und fremdenfeindlicher und rassistischer Vorurteile abgelehnt - ein unhaltbarer Zustand. In allen Fällen muss ein Gesuch gestellt und bezahlt werden, welches an hohe Anforderungen und ein grosses Mass an Einsicht ins Privatleben der Antragsstellenden geknüpft ist. Dieser willkürliche Prozess ist demütigend und stellt gerade für viele Lohnabhängige eine grosse Hürde dar.

Der Geburtsort kann nicht gewählt werden - diese Geburtslotterie entscheidet über das Schicksal aller. Wer Glück hat kriegt die Schweizer Staatsbürgerschaft zur Geburt geschenkt und hat Rechte, die anderen für immer verwehrt bleiben. Für uns ist klar: Wer hier lebt und damit Teil unserer Gesellschaft ist, soll neben den gleichen Pflichten auch die gleichen Rechte haben. Wir fordern deswegen, dass niedergelassene Personen nach 5 Jahren automatisch in der Schweiz eingebürgert werden. In der Schweiz geborene Kinder sollen ebenfalls automatisch die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten. Es soll keine weiteren Anforderungen, Prüfungen oder Tests als Hürde zu gleichen Rechten und Pflichten geben.


Bessere Behandlung Asylsuchender

Für uns ist klar: Wenn die Aussicht auf eine sichere Zukunft vor Ort nicht mehr gegeben ist und das bisherige Leben nicht mehr in physischer, psychischer und materieller Sicherheit weitergeführt werden kann, ist eine Flucht an einen sicheren Ort unumgänglich. Ob dabei ein Krieg oder eine Hungersnot herrscht, ob politische Verfolgung, die wirtschaftliche Situation oder eine Naturkatastrophe das Leben in der Heimat verunmöglicht soll keine Rolle spielen. Menschen müssen wie Menschen behandelt werden.

Heute werden Asylsuchende schweizweit in Bunkern, abgelegenen Militärunterkünften oder schlecht gepflegten Gebäuden untergebracht. Es fehlt an Privatsphäre, Hygiene und Platz. Die Rechts-bürgerlich dominierten Politik handelt zutiefst menschenverachtend. In ihrem fremdenfeindlichen und rassistischen Weltbild sprechen sie Migrant*innen basierend auf Herkunft oder finanziellem Status, Menschenwürde zu oder ab. Sie möchten so wenig Geld wie möglich ins Asylwesen investieren und die Betroffenen so stark wie möglich aus der Öffentlichkeit fernhalten.

Die anhaltende Privatisierung macht dabei auch vor dem Asylwesen keinen Halt. Die Betreuung wird vor allem als Sicherheitsaufgabe gelesen und private Security-Unternehmen wie Securitas und andere private Unternehmen wie die ORS sind für die Führung der Unterkünfte zuständig. Das Sicherheitspersonal ist nicht oder ungenügend auf den Umgang mit traumatisierten Menschen geschult und erfüllt nicht die Rolle, die die betroffenen Geflüchteten nötig hätten. Insbesondere FLINTA-Personen werden im Schweizer Asylwesen nicht angemessen geschützt. Gewalttätige Übergriffe gegen Geflüchtete sind dabei keine Seltenheit, sondern haben System.

Wir fordern massive Mehrinvestitionen in das Schweizer Asylwesen zugunsten der Geflüchteten. Der Staat muss den Betrieb der Asylunterkünfte und -zentren in die eigene Hand nehmen und qualifiziertes Personal zur Unterstützung der Geflüchteten bereitstellen. Die Unterkünfte müssen genügend Platz für ein humanes Leben mit Tageslicht, Luft, Privatsphäre, Hygiene und Ausweichmöglichkeiten bieten.


Weitere Forderungen

Fluchtursachen effektiv bekämpfen

Um geflüchtete Menschen nicht in der Schweiz aufnehmen zu müssen, fordert Mitte-Rechts gerne, dass “Hilfe vor Ort” geleistet werden müsse. Mit Lösungen von Hilfswerkeinsätzen bis zu Geflüchteten-Lagern auf dem afrikanischen Kontinent wollen sie verhindern, dass Menschen nach Europa flüchten und dabei ihre eigene menschenfeindliche rechts-bürgerliche Politik legtimieren. Die systemischen Ursachen für Migration und Flucht, für welche der «globale Norden» verantwortlich ist, sehen sie dabei nicht.

Damit die Reichen reich sein können, müssen die Armen systembedingt arm sein. Um dieser Armut zu entkommen, sind viele gezwungen, dem Kapital dorthin nachzuziehen, wo es sich aufgrund des kapitalistischen Systems akkumuliert hat.

Dazu kommen die imperialistischen Einflüsse des globalen Kapitalismus. Um das für das System überlebenswichtige Wachstum zu ermöglichen, ist eine stetige Erweiterung der Absatzmärkte nötig. Zur Durchsetzung dieser wirtschaftlichen Interessen schrecken kapitalistische Grossmächte auch nicht vor bewaffneten Konflikten zurück. Auch für nicht direkt involvierte Länder wie die Schweiz sind solche Kriege lukrativ, da sie beispielsweise durch Waffenexporte davon profitieren können.

Ausserdem ist das Wirtschaftswachstum direkt mit einem erhöhten Energiekonsum und verstärkten Treibhausgas-Emissionen verbunden. Die Folgen der Klimakrise, aber auch Überfischung und Land-Grabbing wird Millionen von Menschen die Existenzgrundlage nehmen, sodass nur Flucht als Ausweg aus dem Elend übrig bleibt.

Wir fordern deshalb ein international solidarisches Steuersystem, das den Steuerdumping-Wettbewerb und die Kapitalflucht beendet. Konzerne müssen an die Leine genommen und für das Elend, welches sie verursachen oder von dem sie profitieren, zur Verantwortung gezogen werden. Weiter fordern wir einen sofortigen Stopp aller Kriegsmaterialexporte und ein Verbot der Finanzierung dieser.

Hilfe statt Gewalt an den EU-Aussengrenzen

Illegale Pushbacks, also die gewaltsame Zurückweisung und das Zurückdrängen von Schutz suchenden Menschen auf der Flucht, ohne ein effektives Verfahren oder eine ernsthafte Prüfung der Schutzgründe, stehen bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex an der Tagesordnung. Legitimiert werden diese Handlungen durch rassistische Behauptungen, die v.a. flüchtende Männer als «Sicherheitsproblem für Europa» darstellen lassen. Flüchtende werden an den Grenzen gewaltsam zurückgeschickt oder auf dem offenen Meer ausgesetzt, wo sie ihrem Schicksal überlassen werden. Die Konsequenz davon sind seit 1993 mindestens 44’000 Tote, wobei die genaue Zahl aufgrund der hohen Dunkelziffer unbekannt ist. Frontex ist dabei das Sinnbild für die tödliche Festung Europa.

Wir fordern aus diesem Grund die sofortige Abschaffung von Frontex und stattdessen eine angemessene Unterstützung der Flüchtenden in ihrer prekären Lage.

Langfristig wollen wir eine Welt, in der niemand flüchten muss und Migration freiwillig passieren kann. Rechte, Lebensbedingungen und Chancen werden in der heute herrschenden Ordnung grundlegend vom zufälligen Geburtsort beeinflusst. Grenzen dienen dazu, Unterschiede zu legitimieren und die Arbeiter*innenschaft zu teilen. Aktuell wird durch nationalistische Diskurse von den wirklichen Ursachen der Probleme abgelenkt. Dadurch, dass Sündenböcke hinter dem fiktiven Vorhang der nationalen Grenzen platziert werden können, gelingt es dem vom aktuellen System profitierenden reichsten 1%, eine grenzübergreifende Organisation der Arbeiter*innen zu verunmöglichen. Kampf für Bewegungsfreiheit und Klassenkampf sind daher unmittelbar mit der Überwindung der nationalistischen Ideen verbunden. Für uns als Linke ist daher klar, dass jegliche Formen von nationalen Grenzen und Gesetzen, welche diese erzwingen, zu bekämpfen sind. Daher kann eine linke Utopie nur antinational sein.

Langfristig fordern wir deshalb die Abschaffung aller Grenzen und die Überwindung des Konzeptes der Nationalstaaten.

Fluchtwege sichern

Durch das Fehlen offizieller und legaler Fluchtmöglichkeiten nach Europa, werden Menschen heute auf der Flucht in die Kriminalität gezwungen und grossen Gefahren ausgesetzt. Besonders prekär ist die Situation auf dem Mittelmeer. Die EU und die Mittelmeerstaaten haben gleichzeitig unter dem oft widerlegten Argument, Seenotrettung sei ein Pull-Faktor für Migration, staatliche Seenotrettung eingestellt. Die daraus resultierende Anzahl an Todesfällen ist horrend hoch - allein im Jahr 2022 sind laut offiziellen Angaben knapp 2000 Menschen auf und im Mittelmeer gestorben, die Dunkelziffer bleibt dabei noch unbeachtet. Die zunehmende Kriminalisierung der wenigen noch aktiven Seenotrettungs-NGOs droht die Situation noch weiter zu verschärfen und weitere abertausende Menschen zum unverschuldeten Tod im Mittelmeer zu verurteilen.

Wir fordern deswegen die komplette Entkriminalisierung privater Seenotrettung und den unmittelbaren Aufbau einer offiziellen staatlichen Seenotrettungsmission auf dem Mittelmeer. Um Flucht sicher zu machen, fordern wir ausserdem die Einführung des Botschaftsasyls für die Schweiz und alle EU-Staaten.

Unsoziale Aufnahmepraktiken beenden

Die Art des Aufenthaltsstatus macht gewaltige Unterschiede für das Wohlergehen von Migrant*innen in der Schweiz. Es existieren im Moment acht verschiedene Formen von Aufenthaltsbewilligungen für Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. Manche Aufenthaltsbewilligungen sind dabei besonders kritisch zu beachten. Die unsoziale «Vorläufige Aufnahme» wird vor allem Geflüchtete aus langjährigen Kriegs- und Krisengebieten erteilt, die eigentlich abgewiesen werden würden, dies für die Schweiz aber unzulässig, unzumutbar oder unmöglich ist. Diese Aufenthaltsbewilligung suggeriert eine nur kurzfristige Aufnahme, was die Situation für Betroffene enorm erschwert, gerade bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder Wohnung. Sie werden nicht als Geflüchtete anerkannt und daher mit der ständigen Gefahr konfrontiert, ausgeschafft zu werden.

Im Zuge des Ukraine-Krieges, bewies der Bund, dass es eigentlich auch anders gehen würde. Ukrainer*innen erhalten in der Schweiz den Schutzstatus S. Mit diesem erhalten die aus dem Kriegsgebiet Geflüchteten schnell ein vorläufiges Aufenthaltsrecht mit Recht auf Familien-Nachzug, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssen. Dieses Verfahren wäre auch in anderen Kriegs- und Krisenfällen möglich, wird aber nicht angewandt.

Da gerade Menschen aus Konfliktgebieten auf Schutz angewiesen sind, fordern wir die Abschaffung der vorläufigen Aufnahme und die Aktivierung des Schutzstatuses S für andere Krisen- und Kriegsgebiete.

Ausschaffungen stoppen

Die in der Schweiz praktizierten Zwangsausschaffungen sind menschenunwürdig. Personen, die sich nach Schweizer Gesetz “illegal” in der Schweiz befinden, können jederzeit ausgeschafft werden. Wiederholt sind dabei Menschen in der Ausschaffungshaft oder nach ihrer Ausschaffung an den Fluchtort gestorben.

Nicht nur Ausschaffungfen an den Fluchtort sind dabei problematisch, sondern insbesondere das Konzept der sogenannten “Sicheren Drittstaaten” setzt Geflüchtete grossen Gefahren aus und toleriert systematische Menschenrechtsverletzungen. Europäische Länder wie die Schweiz stufen eine Liste von Staaten (alle EU-Länder und eine festgelegte Liste von Nicht-EU-Ländern) pauschal als “Sicher” ein und schicken alle Asylsuchenden, welche aus einem dieser “sicheren Drittstaaten” einreisen wollen, ohne Einleitung eines Asylverfahrens dorthin zurück. Durch die pauschale und unsorgfältige Einstufung von Staaten als “sicher”, setzt die Schweiz Asylsuchende grossen Risiken aus, denn auch in demokratischen Ländern werden Menschenrechte verletzt. So wird zum Beispiel in Griechenland keine Grundversorgung gewährt, es herrschen menschenunwürdige Zustände in Asyl- und Haftzentren und der Zugang zum Asylverfahren fehlt. Auch andere Länder wie Ungarn oder Bulgarien missachten regelmässig die Menschenrechte Geflüchteter oder vernachlässigen ihren Schutzauftrag und werden trotzdem als “sicher” eingestuft.

Die Praktik der pauschal als “sicher” eingestuften Drittstaaten muss sofort beendet werden und wir fordern einen sofortigen generellen Ausschaffungsstopp.

Für weitere Informationen: